1. November
RON WINKLER Fotomahlzeiten Silbergeschirr war das Zaumzeug des Sonntags, aus der Küche kamen dampfende Speisen, aus Liebe Servietten, nichts war uns so nah wie der Tisch, der den Fortbestand sicherte. geschlossene Hände beteten unter ihm hungrige Magerunser, echtes Stallfleisch, pure Brust, zum Abschluss ging es immer ans Eingemachte, die privaten Pflaumen nach vorwiegend volkseigenen Kartoffeln: kein Satz war so sauber geschält, auch wenn die Gespräche glänzten wie der Foto- Vater in seinen besten Jahren; nie zu verhindern am Ende der Magenbitter einer Müdigkeit wie von Eulen gemietet. |
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2. November
LAURENTIUS VON SCHNÜFFIS Des Miranten an sein in die Fremmde Räißfertiges Flötlein Ermahnungslehre |
Seh' hin nach fremmdem Land, hell-klingendes Buß-Flötlein Sey mir ein treues Böttlein, an jeden Sünder-Stand; Geh' hin mit meinem Gunst zur Welt, die Sünden voll Und lehre sie die Kunst, Wie man Buß würcken soll. Dein hallendes Gethön laß aller Orten hören Und dich gar nicht verstören das Momische Gehön: Nach grossen Höfen lauff zu der beglückten Schaar Spiel' ihnen kläglich auff ihr grosse Heyls-Gefahr. Trag' ihnen lieblich vor das Beyspiel der Clorinden Wie sie aus schwären Sünden geschwungen sich empor: Sag ihnen, daß die Freud der Welt sey Rosenart An wessen Dorn-Gestäud man sich verletze hart. Biß in die Seel hinein durchdringe ihre Ohren Auff daß sie nicht verlohren hingehn zur Höllen Pein; Sag' ihnen daß die Buß Ihr einigs Mittel sey Sich von dem Sündenruß und Kaht zu machen frey. Zum Dantz und Freuden-Spiel laß dich bey Leib nicht dingen Weil in dem eitlen Springen Offt wird gesündigt viel: Wie manches reines Hertz hat gähling bey dem Dantz (Wol sicher anderwerts) verlohren seinen Glantz. Das sey absönderlich und erstlich dir gebotten Wann deiner man wird spotten, daß du nicht rächest dich: Geselle dich auch nicht zu der Poetenschaar Auff daß dir kein Gedicht von ihnen wiederfahr'. Du weißst wohl, daß du nur ein schlechtes Hirtenflötlein (Und gar nicht ein Poetlein) Einfältig von Natur Von einem Hirten her, wessen Poeterey Nichts, als ein Schaafsgeplär uUnd wilde Waldwchallmey. Laß' dich mit keinem ein, mit in die Wett zu spielen Wilst du kein Unglück fühlen und ohne Kummer seyn: Gedenck' an Marsyas, was er durch solche That Für Ungunst, Spott und Haß hautloß erlitten hat. Und solt' es glücken schon, must du doch nicht vergessen Als eigen dir zumessen den nur entlehnten Thon: Du bist von schlechtem Holtz und einem dürren Ast Darumb zu werden stoltz du keine Ursach hast. Du bist ja ein Gemächt eEines vast immer Krancken Als wessen Geistsgedancken gar Sinnloß schwach und schlecht; Bist nur ein Mißgeburt Und armes Findelkind Drumb, wann man dich anmurrt, so geh' in dich geschwind. Geh' hin, doch nicht allein GOTT wöll' mit seinem Segen Auff allen Weg- und Stegen dein treuer Gläitsmann seyn: Geh' hin mit gutem Glück und halte dich sein wohl Kehr' aber nicht zurück, wie du geschieden hohl. Wann du wirst treffen an noch jemand von Bekandten Die gegen dem Miranten mit Neigung zugethan So melde meinen Gruß und bitte sie für mich Zu bätten, auff daß ich mög würcken wahre Buß. |
3. November
MICHAEL BASSE Wir werden immer jünger Wir werden immer jünger von jahr zu jahr schwinden die falten der kummer drückt nicht mehr so ins gesicht da ist was wie frühling in unsren blicken etwas wie übermut uns graut nicht mehr vor gipfeln die wir früher verschmähten in hundert jahren werden wir schweben schwereloser sternenstaub tanzende eiskristalle keiner ist vor uns sicher |
4. November
WILHELM WAIBLINGER Rückkunft nach Rom |
Seine Beute, die Schätze der Welt, hat der Feldherr, der Cäsar, Dankbar aufs Kapitol einst im Triumphe gebracht, Kronen bring' ich dir nicht, mir mangelt selbst noch der Lorbeer, Nimm meine Lieder dafür, Jupiter Xenius, an |
„Slâfest du, friedel ziere? man wecket uns leider schiere. ein vogellîn sô wol getân, daz ist der linden an daz zwî gegân.“ „Ich was vil sanfte entslâfen, nu rüefest du kint ‚Wâfen‘. liep âne leit mac niht gesîn. swaz du gebiutest, daz leiste ich, friundîn mîn.“ Diu frouwe begunde weinen: „Du rîtest und lâst mich eine. wenne wilt du wider her zuo mir? ôwê, du füerest mîn fröude sament dir!“ |
„Schläfst du, schöner Freund? Man weckt uns leider bald; ein Vöglein, ein so schönes, das hat sich der Linde ins Gezweig gesetzt.“ „Ich war ganz leicht eingeschlafen, als du, Kind; ‚O weh‘ riefst. Liebe ohne Leid kann es nicht geben. Was du befiehlst, Geliebte, das tue ich.“ Die Dame begann zu weinen: „Du reitest weg und lässt mich alleine. Wann willst du wieder her zu mir kommen? Oweh, du führst meine Freude mit dir fort!“ |
6. November
CHRISTOPH WENZEL wo genau liegt hartspann |
Wo genau liegt hartspann, dieses dorf im gelände? zwischen zufahrtsstraße, wirbelsäule, schulterblatt, von hier aus blickt man: auf den schongang verspannter landschaften, die haltungsschäden der krüppelkiefern. man grüßt sich auf dem weg mit einem nicken, einem knacken der sehnen, eine nackensteife haltung, die man hier findet, wenn man sie sucht. ansatz, ursprung, was nicht alles muskel sein kann: ja, herz, zwerch- fell, aber seele, hirn, das elternhaus am rande? du hältst den kopf so schief, ein träger säulenheiliger, der atlas, der sich nach einer schonung sehnt, eine lichtung, die du siehst, das nervöse leiden nadelnder bäume, spaziergänge, die das weichbild massieren, die flur, den trapezius, die siedlung bis hin zu den physiotherapeuten, die das dorf einrenken, gemeindegrenzen überdehnen, psychiatrien in den oberzentren, orthopäden, die kartieren, was dir fehlt: die rautenmuskulatur der seiten- straßen, das skelett der letzten fach- werkhäuser, alles facharztpraxen jetzt, von radiologen. kontrastmittel nach feierabend, die schnäpse, das bier, die relaxation, das ist hartspann, das dorf, die schlichte diagnose |
Wie sich minne hebt daz weiz ich wol; wie si ende nimt des weiz ich niht. ist daz ich es inne werden sol wie dem heræen herzeliep geschiht, sô bewar mich vor dem scheiden got, daz wæn bitter ist. disen kumber fürhte ich âne spot. Swâ zwei herzeliep gefriundent sich unde ir beider mmne em triuwe wirt, die sol niemen scheiden, dunket mich, al die wîle unz si der tôt verbirt. wær diu rede mîn, ich tæte alsô: verlüre ich mînen friunt, seht, sô wurde ich niemer mêre frô. Der ich diene und iemer dienen wil, diu sol mîne rede vil wol verstân. spræche ich mêre, des wurd alze vil. ich wil ez allez an ir güete lân. ir genâden der bedarf ich wol. und wil si, ich bin vrô; und wil si, so ist mîn herze leides vol. |
Wie Liebe beginnt, das weiß ich gut; wie sie endet, weiß ich nicht. Sollte ich erfahren, wie dem Herzen Herzensliebe zuteil wird, so bewahre mich Gott vor dem Scheiden, das gewiss sehr bitter ist. Diesen Kummer fürchte ich sehr. Wenn zwei einander von Herzen lieb haben und ihrer beider Liebe Treue wird, soll keiner sie scheiden, bis es der Tod tut. Beträfe es mich, erginge es mir so: Wenn ich meine Geliebte verlöre, sehet, würde ich nie mehr froh werden. Der ich diene und immer dienen werde, die wird gut verstehen, was ich meine. Sagte ich mehr, wäre es allzu viel. Über all das soll ihre Güte entscheiden. Ihre Zuneigung brauche ich sehr. Und will sie, so bin ich froh und zugleich ist mein Herz voll Leid. |
»Joseph, liber nefe min, hilf mir wiegen min kindelin, das got musse din loner sin in himilrich, der meide kint Maria.« »Gerne, libe mume min, ich helfe dir wigen din kindelin, das got musse min loner sin in himilrich, der meide kint Maria.« Nu frów dich, kristenliche schar, der himelische konig klar nam die menschheit offenbar, den uns gebar die reine meit Maria. Is súllen alle menschen zwar mit gánzen frouden komen dar, do man fint der selen nar, di uns gebar die reine meit Maria. Uns ist geborn Emanuel, als uns vorkundigit Gabriel, des ist geziug Ezechiel, o fronis el, dich hot geborn Maria. O éwigis vátirs éwigis wórt, wor gót, wor mensche, der togunden ort in hímil, in érde, hi und dort, der salden pfort, di uns gebar Maria. O sússer Jesu userkorn, du wéist wol, das wir wor verlorn, stille uns dines vatirs zorn, dich hot geborn die reine meit Maria. O kléinis kint, o grosser got, du lidist in der krippen not, der súnder hi vorhanden hot der engil brot, das uns gebar Maria. |
Joseph, lieber Joseph mein, hilf mir wiegen mein Kindelein, Gott, der wird dein Lohner sein im Himmelreich, der Jungfrau Sohn Maria. Eia! Eia! Gerne, liebe Maria mein, helf ich dir wiegen das Kindelein. Gott, der wird mein Lohner sein im Himmelreich, der Jungfrau Sohn Maria. Eia! Eia! Freu dich nun, o Christenschar, der himmlische König klar nahm die Menschheit offenbar, den uns gebar die reine Magd Maria. Eia! Eia! Süßer Jesu, auserkor’n, weißt wohl, dass wir war’n verlor’n, still uns deines Vaters Zorn, dich hat gebor’n die reine Magd Maria. Eia! Eia! |
10. November
AUGUSTA LAAR |
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11. November
WILHELM HEY |
Vöglein im hohen Baum Vöglein im hohen Baum, klein ist's, man sieht es kaum, singt doch so schön, dass wohl von nah und fern alle die Leute gern horchen und stehn, horchen und stehn. Blümlein im Wiesengrund blühen so schön und bunt, tausend zugleich; wenn ihr vorübergeht, wenn ihr die Farben seht, freuet ihr euch, freuet ihr euch. Wässerlein fließet fort immer von Ort zu Ort nieder ins Tal. Dürsten nun Mensch und Vieh, kommen zum Bächlein sie, trinken zumal, trinken zumal. |
Ich spür ain tier mit füssen brait, gar scharpf sind im die horen; das wil mich tretten in die erd und stösslichen durch boren. den slund so hat es gen mir kert, als ob ich im für hunger sei beschert, Und nahet schier dem herzen mein in befündlichem getöte; dem tier ich nicht geweichen mag. owe der grossen nöte, seid all mein jar zu ainem tag geschübert sein, die ich ie hab verzert. Ich bin erfordert an den tanz, do mir geweiset würt all meiner sünd ain grosser kranz, der rechnung mir gebürt. doch wil es got, der ainig man, so wirt mir pald ain strich da durch getan. Erst deucht mich wol, solt ich neur leben aines jares lenge vernünftiklich in diser welt, so wolt ich machen enge mein schuld mit klainem widergelt, der ich laider gross von stund bezalen müss. Darumb ist vol das herzen mein von engestlichen sorgen, und ist der tod die minst gezalt. o sel, wo bistu morgen? wer ist dein tröstlich ufenthalt, wenn du verraiten solt mit haisser buss? O kinder, freund, gesellen rain, wo ist eur hilf und rat? ir nempt das güt, lat mich allain hin varen in das bad, da alle münz hat klainen werd, neur güte werck, ob ich der hett gemert. Allmächtikait an anefangk noch end, bis mein gelaite durch all dein barmung göttlich gross, das mich nicht überraite der lucifer und sein genos, da mit ich werd enzuckt der helle slauch. Maria, maid, erman dein liebes kind des grossen leiden! seit er all cristan hat erlost, so well mich ouch nicht meiden, und durch sein marter werd getrost, wenn mir die sel fleusst von des leibes drouch. O welt, nu gib mir deinen lon, trag hin, vergiss mein bald! hett ich dem herren für dich schon gedient in wildem wald, so für ich wol die rechten far: got, schepfer, leucht mir Wolkensteiner klar! |
Ich spür ein Tier mit breiten Klauen und scharfen Hörnern, das will mich in den Boden stampfen und mit einem Stoß durchbohren. Es hat seinen Rachen auf mich gerichtet, als käme ich ihm zum Fressen gerade recht. Es nähert sich schnell meinem Herzen, das es offensichtlich töten will; ich kann ihm nicht entfliehen. Ach, welch große Not! Denn alle Jahre, die ich hier vertan habe, sind zu einem (einzigen) Tag aufgehäuft. Ich bin zu einem Tanz aufgefordert, wo man mir einen großen Kranz all meiner Sünden vorhalten wird. Die Rechnung muß ich bezahlen. Aber wenn es Gott, der Eine, will, dann wird ein Strich dadurch gemacht. Erst jetzt wird mir bewußt: Dürfte ich nur ein Jahr lang noch in dieser Welt vernünftig leben, dann könnte ich in kleinen Raten meine Schuld verringern, die ich leider nun mit einem Mal in ganzer Größe begleichen muß. Deshalb ist mein Herz voll drückender Sorgen, von denen die Angst vor dem Tod (noch) die kleinste ist. Wo bist du morgen, Seele? Wer gibt dir hilfreichen Schutz, wenn du mit heißer Reue die Abrechnung leisten mußt? Ihr Kinder, Verwandte, liebe Freunde, wo ist euer Rat und eure Hilfe? Ihr nehmt das Erbe in Besitz und laßt mich allein in das Bad fahren, in dem keine Münze einen Wert hat außer den guten Werken, wenn ich solche nur angesammelt hätte! Allmächtiger, der du keinen Anfang und kein Ende hast, gib mir um deiner großen göttlichen Barmherzigkeit willen dein Geleit, damit Luzifer und seinesgleichen mich (bei der Abrechnung) nicht als Schuldner erweisen und ich dem Rachen der Hölle entrissen werde! Maria, Jungfrau, erinnere dein liebes Kind an sein großes Leiden! Der alle Christen erlöst hat, er möge auch mich nicht verschmähen; seine Passion komme mir zur Hilfe, wenn meine Seele die Fesseln des Leibes verliert. Ach Welt, gibt mir jetzt deinen Lohn, geh deinen Weg, vergiß mich schnell! Wenn ich nicht dir, sondern dem Herrn im abgelegenen Wald (als Einsiedler) gedient hätte, dann wäre ich auf dem richtigen Weg. Gott, Schöpfer, gib mir, dem Wolkensteiner, dein helles Licht! |
13. November
RAJA LUBINETZKI |
Der Tag ein Funke Zynisumus, der du das Pflaster auf den Wunden verfaulen läßt, um deine widersprüchlichen, mißverstandenen Spiegel nicht zu sehen, du, der du im Dunkeln wohnst, die Sinnflut erwartend und das Kreuz deiner Sicherheit kreuzt so beständig deinen Weg, den du hättest einschlagen können, hättest du dich nicht erwartet. Wird es nicht Zeit, dich endlich selbst auf den Arm zu nehmen? |
14. November
NORBERT VAN TIGGELEN Männertypen Ein echter Mann ist jemand, der zu Gesagtem steht - nicht einer der wie’n Fähnlein sich mit dem Winde dreht. Er macht auch schon mal Fehler, doch gibt er sie auch zu - auf andre sie zu schieben, das ist für ihn tabu. Auch kämpft er für die Ehre und das mit eignem Mut - hetzt nicht mit böser Zunge, bis es ein andrer tut. Ein Hampelmann ist jemand, der hinterm Rücken spricht, dem schon bei kleinsten Sorgen das Rückgrat gleich zerbricht |
15. November
ULRICH VON HUTTEN |
Ain new lied herr Ulrichs von Hutten 1 Ich habs gewagt mit sinnen und trag des noch kain rew, mag ich nit dran gewinnen, noch muoß man spüren trew; dar mit ich main nit aim allain, wenn man es wolt erkennen: dem land zuo guot, wie wol man tuot ain pfaffenfeind mich nennen. 2 Da laß ich ieden liegen und reden was er wil; hett warhait ich geschwigen, mir wären hulder vil: nun hab ichs gsagt, bin drum verjagt, das klag ich allen frummen, wie wol noch ich nit weiter fliech, villeicht werd wider kummen. 3 Umb gnad wil ich nit bitten, die weil ich bin on schuld; ich hett das recht gelitten, so hindert ungeduld, daß man mich nit nach altem sit zuo ghör hat kummen laßen; villeicht wils got und zwingt sie not zuo handlen diser maßen. 4 Nun ist oft diser gleichen geschehen auch hie vor, daß ainer von den reichen ain guotes spil verlor, oft großer flam von fünklin kam, wer waiß ob ichs werd rechen! stat schon im lauf, so setz ich drauf: muoß gan oder brechen! 5 Dar neben mich zuo trösten mit guotem gwißen hab, daß kainer von den bösten mir eer mag brechen ab noch sagen daß uf ainig maß ich anders sei gegangen, dann eren nach, hab dise sach in guotem angefangen. 6 Wil nun ir selbs nit raten dis frumme nation, irs schadens sich ergatten, als ich vermanet han, so ist mir laid; hie mit ich schaid, wil mengen baß die karten, bin unverzagt, ich habs gewagt und wil des ends erwarten. 7 Ob dann mir nach tuot denken der curtisanen list: ain herz last sich nit krenken, das rechter mainung ist; ich waiß noch vil, wöln auch ins spil und soltens drüber sterben: auf, landsknecht guot und reuters muot, last Hutten nit verderben! |
16. November
HANS ASSMANN FREIHERR VON ABSCHATZ Ach Du fragst / was sagen will diß Ach! Das ich bey deiner Ankunfft sprach? Es sprach: Ach! seht die holden Wangen / Seht die beliebte Fillis an; Da kommt auff Rosen-voller Bahn Mein Tod / mein süsser Tod / gegangen. |
17. November
RENÉ OBERHOLZER |
Annäherungsversuch Einander gegenübersitzen Am grossen Esstisch Und Listen schreiben Was macht mich glücklich Einander gegenübersitzen Auch wegen der Kinder Und Stichworte vorlesen Ohne zu unterbrechen Einander gegenübersitzen Mit kalten Gesichtern Und vergeblich hoffen Den eigenen Namen zu hören |
18. November
KARL HEINRICH WACKERNAGEL An die deutschen Dichter Setzt vom Munde nun die Flöten, Legt die Lauten aus der Hand! Seht ihr nicht den Himmel röthen Wechselsreitend Blut und Brand? Fort mit euren Rosenkränzen! Andre Zierden thun euch Noth: Denn es streicht zu andern Tänzen Nun der alte Meister Tod. Heuer ziemt der Dichtergilde Schwert zur Hand und Harnisch an, Dass der Flammenschein vom Schilde Funkelnd wiederleuchten kann. Worte ziemen euch, die wettern Wie ein Schwert im Schlachtengang; Töne ziemen euch, die schmettern Wie der Kriegsdrommeten Klang. Zierlich lispelnd, zärtlich raunend Gienget ihr so manches Jahr: Jetzt mit lautem Ruf posaunend Schreit' einher die Priesterschaar! Lasst es tönen, laßt es dröhnen! Blaset, blaset, dass es gellt, Dass in Schutt ob ihren Söhnen Jericho zusammenfällt! |