1.Mai
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2.Mai
HERMANN HESSE Knarren eines geknickten Astes Splittrig geknickter Ast, Hangend schon Jahr um Jahr, Trocken knarrt er im Wind sein Lied, Ohne Laub, ohne Rinde, Kahl, fahl, zu langen Lebens, Zu langen Sterbens müd. Hart klingt und zäh sein Gesang, Klingt trotzig, klingt heimlich bang Noch einen Sommer, Noch einen Winter lang. |
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3.Mai
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Wo Faschisten und Multis das Land regieren, wo Leben und Umwelt keinen interessieren, wo alle Menschen ihr Ich verlieren, da kann eigentlich nur noch eins passieren: Deutschland muß sterben, damit wir leben können! ... Schwarz ist der Himmel, Rot ist die Erde, Gold sind die Hände der Bonzenschweine, doch der Bundesadler stürzt bald ab, denn, Deutschland: Wir tragen dich zu Grab Wo Faschisten und Multis das Land regieren, wo Leben und Umwelt keinen interessieren, wo alle Menschen ihr Ich verlieren, da kann eigentlich nur noch eins passieren Wo Panzer und Raketen den Frieden "sichern", AKWs und Computer das Leben "verbessern" Bewaffnete Roboter überall Doch Deutschland, wir bringen dich zu Fall Deutschland verrecke, damit wir leben können! ... Deutschland?! |
5.Mai
EDUARD MÖRIKE An einem Wintermorgen vor Sonnenaufgang O flaumenleichte Zeit der dunkeln Frühe! Welch neue Welt bewegest du in mir. Was ists, da ich auf einmal nun in dir Von sanfter Wollust meines Daseins glühe? Einem Kristall gleicht meine Seele nun, Den noch kein falscher Strahl des Lichts getroffen. Zu fluten scheint mein Geist, er scheint zu ruhn, Dem Eindruck naher Wunderkräfte offen, Die aus dem klaren Gürtel klarer Luft Zuletzt ein Zauberwort vor meine Sinne ruft. Und welch Gefühl entzückter Stärke, Indem mein Sinn sich frisch zur Ferne lenkt! Vom ersten Mark des heutgen Tags getränkt, Fühl ich mir Mut zu jedem frommen Werke. Die Seele fliegt, so weit der Himmel reicht. Der Genius jauchzt in mir! Doch sage, Warum wird jetzt der Blick von Wehmut feucht? Ists ein verloren Glück, was mich erweicht? Ist es ein Werdendes, was ich im Herzen trage? Hinweg, mein Geist! Hier gilt kein Stillestehen: Es ist ein Augenblick, und alles wird verwehn! |
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6.Mai
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7. Mai
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8. Mai
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9. Mai
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12. Mai
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KAI-UWE HAIN Osterspaziergang 2020
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14. Mai
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15. Mai
MARIE LUISE KASCHNITZ Hiroshima |
Der den Tod auf Hiroshima warf, Ging ins Kloster, läutet dort die Glocken. Der den Tod auf Hiroshima warf, Sprang vom Stuhl in die Schlinge, erwürgte sich. Der den Tod auf Hiroshima warf, Fiel in Wahnsinn, wehrt Gespenster ab. Hunderttausend, die ihn angehen nächtlich. Auferstandene aus Staub, für ihn. Nichts von alledem ist wahr. Erst vor kurzem sah ich ihn Im Garten seines Hauses vor der Stadt. Die Hecken waren noch jung und die Rosenbüsche zierlich. Das wächst nicht so schnell, dass sich einer verbergen könnte Im Wald des Vergessens. Gut zu sehen war Das nackte Vorstadthaus, die junge Frau, Die neben ihm stand im Blumenkleid, Das kleine Mädchen an ihrer Hand. Der Knabe, der auf seinem Rücken saß Und über seinem Kopf die Peitsche schwang. Sehr gut erkennbar war er selbst. Vierbeinig auf dem Grasplatz, das Gesicht Verzerrt von Lachen, weil der Photograph Hinter der Hecke stand, das Auge der Welt. |
16. Mai
RAPHAEL MÜLLER Realität Realität ist etwas sehr Seltsames, wenn Albert Einstein Recht hat, dann ist sie gar nicht das, was sie zu sein scheint. Wenn Materie nur Materie wäre, und Energie nur Energie, dann wäre Realität auch real. So aber ist Realität fiktiv, für jeden anders, entsprechend den Bildern in unseren Köpfen. So mancher behauptet, er könne nur Tatsachen glauben, wissenschaftlich fundiert und bewiesen, sicht- und greifbar für unsere fünf Sinne. Doch manche Realität entzieht sich unseren Blicken sehr real und doch nicht bewiesen, Wartet sie darauf geglaubt zu werden. Unglaublich! |
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17. Mai
RIA ÜBÜ Du bist doch zu etwas nutze |
O la la Caffè corretto* Über Makulatur Macedoine** Und Leipziger Allerlei * Espresso mit Likör ** Leipziger Allerlei, abgeleitet von Makdonien |
18. Mai
KURT SCHWITTERS An Anna Blume Oh Du, Geliebte meiner 27 Sinne, ich liebe Dir! Du, Deiner; Dich Dir, ich Dir, Du mir, - - - - wir? Das gehört beiläufig nicht hierher! Wer bist Du , ungezähltes Frauenzimmer, Du bist, bist Du? Die Leute sagen, Du wärest. Laß sie sagen, sie wissen nicht, wie der Kirchturm steht. Du trägst den Hut auf Deinen Füßen und wanderst auf die Hände, auf den Händen wanderst Du. Halloh, Deine roten Kleider, in weiße Falten zersägst, Rot liebe ich, Anna Blume, rot liebe ich Dir. Du, Deiner, Dich Dir, ich Dir, Du mir, - - - - - wir? Das gehört beiläufig in die kalte Glut! Anna Blume, rote Anna Blume, wie sagen die Leute? Preisfrage: 1.) Anna Blume hat ein Vogel, 2.) Anna Blume ist rot. 3.) Welche Farbe hat der Vogel. Blau ist die Farbe Deines gelben Haares, Rot ist die Farbe Deines grünen Vogels. Du schlichtes Mädchen im Alltagskleid, Du liebes grünes Tier, ich liebe Dir! Du Deiner Dich Dir, ich Dir, Du mir, - - - - wir! Das gehört beiläufig in die - - - Glutenkiste. Anna Blume, Anna, A - - - - N - - - -N- - - - -A! Ich träufle Deinen Namen. Dein Name tropft wie weiches Rindertalg. Weißt Du es Anna, weißt Du es schon, Man kann Dich auch von hinten lesen. Und Du, Du Herrlichste von allen, Du bist von hinten und von vorne: A - - - - - - N - - - - - N - - - - - -A. Rindertalg träufelt STREICHELN über meinen Rücken. Anna Blume, Du tropfes Tier, Ich - - - - - - - liebe - - - - - - - Dir! |
An Anna Blume |
19. Mai
EPHRAIM ROSENSTEIN Für Victor Jara |
Agnus Dei Sahst genagelte Stiefel, deine Gitarre brechen. Strichst liebevoll über ihres Leibes Splitter Sahst, dein Auge treffend, den Dolch ... Als der Schmerz denken ließ, tröstend die Genossen: Auch Homer sah blind... Man schlug Dir die Hände ab. Langsam, langsam verrann Dein Blut. Deine Stimme dringt seither aus allen Quellen. Bäche, Flüsse tragen es durchs Land wie du deine Lieder. |
20. Mai
EMMY BALL-HENNINGS Im Krankenhause Alle Herbste gehn an mir vorüber. Krank lieg ich im weißen Zimmer, Tanzen möchte ich wohl lieber. An die Geigen denk ich immer. Und es flimmern tausend Lichter. O, wie bin ich heute schön! Bunt geschminkte Angesichter Schnell im Tanz vorüberwehn. O, die vielen welken Rosen, Die ich nachts nach Haus getragen, Die zerdrückt vom vielen Kosen Morgens auf dem Tische lagen. An die Mädchen denk ich wieder, Die wie ich die Liebe machen. Wenn wir sangen Heimatlieder, Unter Weinen, unter Lachen. Und jetzt lieg ich ganz verlassen In dem stillen weißen Raum. O, ihr Schwestern von den Gassen, Kommt zu mir des Nachts im Traum! |
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21. Mai
KASPAR GOTTLIEB LINDNER |
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22. Mai
FRIEDRICH WILHELM GOTTER |
Wie der Tag mir schleichet, Ohne dich vollbracht! Die Natur erbleichet, Rings um mich wirds Nacht. Ohne dich hüllt alles Sich in Schwermut ein, Und zur öden Wüste Wird der grünste Hain. Kommt der Abend endlich Ohne dich heran, Lauf ich bang und suche Dich bergab, bergan. Hab ich dich verloren, Bleib ich weinend stehn, Glaub', in Schmerz versunken, Langsam zu vergehn. Wie ich ahnend zittre, Wenn dein Tritt mir schallt! Wenn ich dich erblicke, Wie das Blut mir wallt! öffnest du die Lippen, Klopft mein ganzes Herz, Deiner Hand Berühren Reißt mich himmelwärts. |
23. Mai
WALTER HELUT FRITZ Der Wal Dieser graue, schwarze, glänzende Kessel mit seinem Dampfstrahl, welches Experiment des Lebens, sagst du, diese Walze, dieser Felsen in Bewegung und dann dieser Tanz, den er mit andern zusammen aufführt, ehe er wieder wandert, mit seinen Augen – blau – von Email, seinem Gehirn, größer als das aller anderen Wesen, seinem Gesang, ohne Stimmband, seinem Lachen, seinem Gebrüll. Du kennst seine Arglosigkeit gegenüber den Menschen, die ihn besinnungslos jagen. Dem Wasser verdankt er alles. Diese Hinfälligkeit, wenn er strandet und erstickt, weil seine Kräfte nicht reichen, den Brustkorb zu dehnen. |
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24. Mai
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SABINE TECHEL Erinnerungsfoto vom Komparativ als es noch euphorien gab wie auch gestern und morgen und überfälle von ängsten aus den schränken kleiderhaufen hier und da arme voll kram sagbare dinge wenn ich dann du vielleicht und weil deshalb und damit hätte niemand gerechnet gestern noch konnte ich vergangenheit sagen niemand kann sagen was so sein muß und ob nicht dieses lächeln in den ecken immer ist |
25. Mai
MAY AYIM exotik nachdem sie mich erst anschwärzten zogen sie mich dann durch den kakao um mir schließlich weiß machen zu wollen es sei vollkommen unangebracht - schwarz zu sehen |
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26. Mai
ULF STOLTERFOHT eröffnet lebhaft |
eröffnet lebhaft: sätze gibt es. schließt behauptet: wörter füllen sie auf. das sei dann auch schon alles. im oberton ein lediglich wie was gewiß gemeinhin ist: die gute wahrnehmung des obsts - sie mag für manches andre stehen. die ganze wahrnehmung des guten obsts - hier wie sie funktioniert: wie äpfel augen und. von birnen ganz zu schweigen. vermeint gemäß bekräftens: der apfel sieht sich selber nicht. darin ist er dem auge gleich. dem einen ist nicht anzusehen (die bitte dies als satz zu sehen) daß ihn ein zweites sieht. "die bitte dies als satz zu sehen" als gleichfalls einen satz zu sehen usw. "will sagen" findet statt. aspekte satt. man schuldet/ dankt/vermuß. "soll heißen" legt sich quer. auch "später mehr" gehört hierher. ein starkes glücksgefühl durch obst. ein neueres. ein besseres. ein heiteres vielleicht. vielleicht strukturen nur doch dafür grob und pur. führt von bedarft zu ungefähr. das wort vom obst im auge des betrachters. der pfahl als balken oder splitter. der satz vom angestammten ast. das wort vom stamm ein zwitter. mal so: das falsche obst am rechten platz. dann so: der baum als wort - ein guter satz. dann wenn nicht alles täuscht der ganze baum als stärkster zweig zur linken. |
Ein Esel lag darnieder In einem Wald sehr krank. Ein Wolf der stellt sich bieder, Nahm für ihn seinen Gang, Tät ihm schmeichelnd zusprechen: "Leid ist mir dein Unfall. Sag, wo ist dein Gebrechen?" Begriff ihn überall. Der Esel lag in Sorgen, Forcht des Wolfes Hinterlist, Sprach zum Wolf unverborgen: "Wo du mich greifen bist, Ist am größten mein Schmerzen. Ich bitt dich, geh von mir, So wird Ruh meinem Herzen; Das fürchtet sich vor dir." Also wo los Gesellen Voll allerlei Bosheit Sich freundlich gen eim stellen, Der vertrau nit zu weit! Sorgfältig sei einzogen, Fürcht seine böse Tück. Kummt er ab unbetrogen, So sag er von Glück. |