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Vendée Globe 2020/21



Vendée Globe - was ist das?
Extreme Suche nach individueller Ausdauer und ultimative Herausforderung für Einhandsegler ...
1989 gründet Philippe Jeantot das Einhand-Non-Stop-Rennen um die Welt und nennt es später nach dem Département Vendée, wo das Rennen in Les Sables-d'Olonne beginnt und endet. Es findet alle 4 Jahre statt. Am ersten Rennen nimmt Jeantot selbst teil und wird Vierter. Das Rennen ist offen für Einrumpf-Yachten der Open 60-Klasse.
Der Kurs ist Umrundung der Erde entlang der Clipper-Route: vom Start über den Atlantik bis zum Kap der Guten Hoffnung; dann im Uhrzeigersinn um die Antarktis, Kap Leeuwin und Kap Hoorn bleiben Backbord; dann zurück zum Startpunkt, ca. 24.000 sm von November bis Februar, damit die Teilnehmer das Südpolarmeer im australischen Sommer passieren. Sie dürfen keine fremde Hilfe in Anspruch nehmen oder Land betreten.
Folgende Prämien in € erhalten die Sieger:
1. 200.000
2. 140.000
3. 100.000
4. 80.000, usw. der 9. 20.000



Extreme Wind- und Wellen im Südpolarmeer, die Dauer des Rennens ohne fremde Hilfe und weit entfernte Notfallmaßnahmen sind gewaltige Herausforderungen. 1996/97 wird der Kanadier Gerry Roufs bei einem Orkan im Südpazifik vermisst.
Der Franzose Armel Le Cléac’h hält den aktuellen Rekord mit 74 Tagen, 3 Stunden. 2012/2013 ist François Gabart mit 29 der jüngste Sieger aller Rennen - 78 Tage, 2 Stunden.
20/21 ist Boris Herrmann von 33 gestarteten Seglern aus 8 Nationen (darunter 5 Frauen!) erstmals ein Deutscher.



Isabelle Joschke, geboren in München 1977, Tochter einer Französin und eines Deutsch-Österreichers, aufgewachsen in Frankreich, Studium klassische Literatur (Griechisch und Latein). Der Überführungstörn einer Yacht nach Brasilien weckt den Wunsch, professionelle Seglerin zu werden. Sie kuft ein Regattaboot, lebt 2 Jahre in einem Wohnmobil und betreibt Regattasegelei. 2005 Mini-Transat, trotz technischer Probleme 14. Platz. Gründerin des Vereins Horixon Mixité, der die Gleichstellung der Geschlechter fördert.

















NDR 21. Januar 2021







Frank Schönfeldt: Erfolgreichster deutscher Piratensegler,
20-facher Deutscher Meister, 3-facher Europameister und 1 Mal Weltmeister



Sogar Müllerchristen halten Boris die Daumen!

Sensation: Boris kreuzt am 77. Tag seiner Weltumsegelung die eigene Kurslinie vom Rennauftakt - und sehnt das Ende im Segel-Krimi herbei. "Das Rennen stand für mich unter einem guten Stern. Aber es war deutlich härter als gedacht", sagt der 39-Jährige in einem Interview. "Ich bin normalerweise glücklich auf See. Doch jetzt habe ich wirklich die Nase voll. Und bin froh, bald zurück zu sein. Ich bin im Moment positiv überrascht und stehe nach jetzigem Stand auf dem Podium. Das ist natürlich noch nicht sicher. Es ist in der Spitze sehr eng, da kann auch noch ein 7. Platz dabei rumkommen. Meine Erwartung ist, solide ins Ziel zu fahren." - wo Boris noch eine sechsstündige Zeitgutschrift bekommt für seine Teiklnahme an der Rettung Kevin Escoffiers.



Mit dem Kreuzen der eigenen Kurslinie hat Boris die Welt als 3. deutscher Segler nach Wilfried Erdmann und Susanne Huber-Curphey und als erster Regatta-Teilnehmer allein und nonstop umrundet. Nach all den Strapazen auf hoher See, den riesigen Wellen, der Kälte und der Einsamkeit freut er sich darauf, im Ziel seine Frau "in die Arme zu schließen" und die ganz normalen Dinge des Alltags wieder zu erleben. "Alles ist wieder neu. Der Supermarkt, die Umgebung, der Duft des Kaffees zu Hause. Darauf freue ich mich."



Nach 16 anstrengenden Navigationstagen mit defektem Kiel legt Isabelle gegen 17 Uhr (Ortszeit) am Sonntag in Brasilien mit ihrer IMOCA MACSF in Salvador de Bahia an. Teammanager und Kommunikationsleiter der MACSF sind vor Ort, um sie zu begrüßen.
Was für ein Empfang! Auf die Skipperin wartet am Liegeplatz ein großzügiger Frischobstkorb, ein Festmahl, von dem sie schon lange träumte! Dann genießt sie den Abend, das Wiedersehen mit ihrem Team und gönnt sich eine erholsame Nachtruhe.





siehe auch Hanna Oldendorff




HANNA OLDENDORFF, Massengutfrachter, gebaut 2017, unter portugiesischer Flagge, 300m lang, 13 kn, 18 m TG, Eigner: Oldendorff Carriers GmbH&Co, Lübecker Schifffahrtsunternehmen, größte deutsche Massengutreederei mit rund 500 Schiffen (Tragfähigkeit etwa 40 Mill. t)







Die Entscheidung bei der Vendée Globe naht. Wer gewinnt die härteste Solo-Regatta des Segelsports?
16:53 Uhr
Keine 50sm mehr für Charlie Dalin. Der Franzose hat das Ziel vor Augen. Louis Burton muss etwa noch die doppelte Distanz absolvieren. Boris Herrmann trennen noch 168sm von Les Sables-d’Olonne, der fünftplatzierte Yannick Bestaven hat aufgrund seiner Zeitgutschrift von 10:15 Stunden (Boris Herrmann: 6 Stunden) beste Aussichten, rund 264sm.
Vater Moritz Herrmann: "Wie soll ich den Tag überstehen?" Während Boris Herrmann um jeden Meter auf See kämpft, kämpft sein Vater Moritz mit den Nerven: "Wie soll ich bloß den Tag überstehen bis zum Abend hin? Das ist so eine knappe Geschichte, das wird noch richtig dramatisch"
"Kurz nach seiner Geburt haben wir das Bündel gepackt und auf einen Jollenkreuzer gelegt. Da hat er gut drin geschlafen."
Die Sache mit den Zeitgutschriften: Boris Herrmann, Yannick Bestaven und Jean Le Cam erhalten aufgrund ihrer Beteiligung an der Rettungsmission für den schiffbrüchigen Kevin Escoffier in der Nacht vom 30. November auf den 1. Dezember Zeitgutschriften.
Boris freut sich aber vor allem darauf, Ehefrau Birte Lorenzen-Herrmann und seine sieben Monate alten Tochter Malou im Ziel in die Arme schließen zu können.

























"Bonjour, Monsieur Président!" Das Gespräch von Staatspräsident Emmanuel Macron,
Jean Le Cam und Kevin Escoffier wurde zum Internet-Hit. Macron bedankt sich bei
Jean Le Cam für die Rettung von Kevin Escoffier und spricht mit beiden Seglern
an Bord der "Yes We Cam"



Quelle: YACHT

Boris bleibt unser Sieger! ntv

Yannick Bestaven gewinnt Vendée Globe
Ein harter Hund
Der "Maitre CoQ"-Skipper wurde zur prägenden Figur des stürmischen Südens. Als es auf Robustheit ankam, wuchs er über sich hinaus. (Kai Müller, Tagesspiegel)



Bis zuletzt war der Ausgang des Rennens ungewiss. Dass der führende Charlie Dalin es als Erster ins Ziel schaffen würde, zeichnete sich am Mittwochmittag ab, als er mit hoher Geschwindigkeit von Kap Finisterre kommend seinen Vorsprung sogar ausbaute. Er erreichte die Ziellinie um 20.35 Uhr. Von da an begann eine zweite Uhr zu ticken. Denn mit dem Wind einer Sturmfront näherte sich Yannick Bestaven von Osten. Seine Zeiterstattung von 10.15 Stunden nach der Rettungsaktion für Kevin Escoffier würde ihn zum Sieger machen, wenn er vorher nach Les Sables d'Olonne gelangte. Und so geschah es auch. Um 03.19 Uhr war er da, früher als erwartet. Aber das unterstrich nur noch einmal den ungezügelten Kampfgeist dieses Mannes, der das Rennen immerhin 23 Tage lang angeführt hatte und einen Vorsprung von 700 Meilen einbüßte, als er vor der brasilianischen Küste von einer Hochdruckbarriere gestoppt wurde.
Bestaven war die prägende Figur des "Grand Sud", mit den ungewöhnlich rauen Bedingungen im Südpolarmeer kam er am besten zurecht. Hier zeigte sich, dass Robustheit diesmal mehr wert war als berechnete Höchstgeschwindigkeiten.
Sein erster Versuch endete noch an der Haustür
Sein Boot, die vormalige "Safran", war 2015 das erste (von sechs Schwesterschiffen), das mit Foils versehen war. Es gelangte allerdings ebenso wenig ins Ziel wie Herrmanns "Seaexplorer". Danach wurde es von Bestaven weniger stark modernisiert. So ging er mit kleineren Foils ins Rennen, die zwar ebenfalls für Auftrieb sorgen, das Boot aber nicht gänzlich aus dem Wasser heben, wie es die jüngste Generation von Tragflächenschwertern vermag. Es ist, wie sich herausstellte, die robustere Variante, die bei Windstärken über 20 Knoten immernoch Vorteile bietet, während jüngere Boote in ihrem Drang gezügelt werden müssen, vor lauter Kraft nicht zu zerplatzen.



Yannick Bestaven hat nicht den üblichen Werdegang der Imoca-Elite hinter sich. Lange war er Halbtagsprofi. Yannick Bestaven hat nicht den üblichen Werdegang der Imoca-Elite hinter sich. Lange war er Halbtagsprofi.FOTO: REUTERS Die Genugtuung dürfte groß sein für den 48-jährigen Unternehmer aus La Rochelle. Acht Jahre zuvor hatte er es bei seinem ersten Vendée Globe nicht mal aus der Biskaya hinausgeschafft. Sein Mast knickte ab. Und Bestaven wendete sich hernach vor allem dem Aufbau seiner Firma zu, die Hydrogeneratoren entwickelt und vertreibt. Dass er es noch einmal versuchen würde, war nicht abzusehen.
Ein bisschen kam wohl der Zufall zu Hilfe. Denn der Lebensmittelkonzern Maitre CoQ, den eine lange Tradition als Sponsor mit den Vendée Globe verbindet, verlor nach einem grandiosen dritten Rang 2017 mit Skipper Jérémie Beyou einen Top-Favoriten an die Konkurrenz von Charal. So kam Bestaven ins Spiel, führte seine Kampagne wie sein Unternehmen und dürfte in den Augen vieler als zu alt gegolten haben, um bei den physischen Anstrengungen des Ozeanmarathons zu den Besten zu zählen. Doch erwies er sich als ausgesprochen harter Kerl. Schonungslos gegenüber sich selbst. In der dicken Daunenmontur, die er entlang der Eisbarriere trug, ähnelte er mit seinem weißen, wolkigen Bart genau dem Typus Seebär, den das Vendée Globe schon längst aussortiert hatte.



Seine Erfolge als Rennsegler reichen weit zurück. Ironischerweise triumphierte er in demselben Minitransat 2001, in dem Boris Herrmann als jüngster deutscher Teilnehmer bis dahin zwölfter wurde. In späteren Jahren startete der mehrfache Familienvater dann mit Class40-Yachten. Es war für ihn ein langer Weg zu dem Punkt, da man ihm das Budget einer Open-60-Kampagne anvertraute. 2015 empfahl er sich dafür allerdings auch mit einem Sieg beim Transat Jacques Vabre.
In der quälenden Windstille des St. Helena-Hochs hatten Boris Herrmann und Yannick Bestaven noch gleichauf gelegen. Sie waren einander sogar so nahegekommen, dass sie Fotos voneinander machten. "Wir waren kurz davor, einen Drink zusammen zu nehmen", erinnert sich Bestaven in seiner ersten Pressekonferenz. Nichts deutete darauf hin, dass Bestaven sich mit zwei geschickt platzierten Manövern absetzen und mit erstaunlicher Konsistenz an die Spitze des engen Feldes setzen würde. Am 38. Tag des Rennens löste er Chalie Dalin als Spitzenreiter ab. Oft hatte er zu viel Segelfläche gesetzt, bewegte das Boot an der Kante zum Whipe-out und zögerte dennoch sich aufdrängende Manöver hinaus. In Videos sah man ihn auf seinem Schalensitz unter Deck wild hin und her geschüttelt werden. Die Welt dieses erfolgreichen Ingenieurs und Geschäftsmanns hatte sich in etwas Unmenschliches verwandelt.



Doch selbst die größte Anstrengung wird erträglich, wenn man sie für normal hält. Wenn man davon ausgehen darf, dass sie sich auf ein gewisses Maß der Qual beschränkt, so dass ein Rest der Persönlichkeit sich damit arrangieren kann. Doch bei diesem Rennen folgte auf eine Herausforderung immer nur die nächste noch schlimmere, mit der man nicht rechnen durfte. Wie hätte Yannick Bestaven annehmen sollen, dass sein komfortabler Vorsprung von 700 Meilen, der in früheren Jahren locker für einen Sieg ausgereicht hatte, sich in Nichts verflüchtigen könnte?
So geschah es im Südatlantik unweit Rio de Janeiros. Bestaven musste hilflos mitansehen, wie seine Verfolge an ihm vorbeizogen. Alles sprach gegen ihn: sein altes Boot, und dass er sich hinter Kap Hoorn um seinen Satz an Schwachwindsegeln gebracht hatte, als Bugkorb und ein Teil der vorderen Segelbeschläge zerschmettert wurden; der spitze Winkel zum Wind, der ihn Tempo kostete; und dann war da der nagende Frust.
Trotzdem kam Bestaven zurück und wählte seine Route für den Schlusspurt genau so verwegen, wie es nötig war.
Dass er nun als erster in der 30-jährigen Geschichte des Vendée Globes nach berechneter Zeit gewinnt, ist kein Makel. Er hat sich diesen Eintrag ins französische Buch der Nationalhelden verdient. Und ganz überraschend ist es nicht, dass ein älteres Boot doch mal gewinnt. 2005 brachte Vincent Riou dasselbe Kunststück fertig. Er hatte danach nicht genug und trat drei weitere Male an. Das darf man wohl von Bestaven nicht erwarten.


Kollisions-Fischerboot



In 80 Tagen um die Welt: Doku auf ZDF:





lest hier:



Und das erzählt Boris bei Lanz:

Isa Joschke läuft am 24. Februar 2021 nach 107 Tagen und 21 Stunden ein:





Samantha Davies läuft ein und zieht mit dem Kiel ein Herz für Kinder ins Meer: Geschafft!
Nach einer Kollision mit einem UFO beim Kap der Guten Hoffnung
beendet Sam Davies - wie Isa Joschke - das Rennen außer Konkurrenz:





Zuletzt zählen nur noch die Herzen und die Zahl 100. Die Herzen der Kinder, die Sam Davies mit ihrer Tortour rund um die Welt rettet.
Mindestens 100 herzkranke Kinder wollte sie gemeinsam mit ihrem Sponsor „Initiative Coeur“ durch gespendete Operationen vor dem sicheren Tod bewahren. Das hat sich die britische Skipperin mit Wohnsitz im französischen Lorient felsenfest vorgenommen - und wenige Tage vor dem Ziel meldet „Initiative Coeur“, ein Zusammenschluss französischer Herzchirurgen und medizinischer Mäzene, Vollzug: Die 100 ist überschritten, Sam hat das für sie ganz offensichtlich wichtigste Ziel dieser Vendée Globe erreicht.
Samantha Davies, Britin, reift bei einem 4. Rang bei der Vendée Globe 2009 bei den sonst eher patriotisch eingestellten Franzosen zu einem Segel-Superstar.
Bei der jetzigen Vendée Globe brettert die Britin kurz vor dem Indischen Ozean am 2. Dezember 2020 in ein UFO. Sie nimmt an, dass sie einen Wal rammte, die Shore Crew glaubt aufgrund der Schäden am Boot eher an einen Baumstamm oder Container. Wie auch immer, Samantha muss mit schwerem Kielschaden das Kap der Guten Hoffnung anlaufen. Dort lässt sie das Boot von ihrem Team auskranen, um den tatsächlichen Schadensumfang zu eruieren.
Sam gibt nur nur das Rennen auf - nicht ihre Mission! Ohne Testschläge segelt die "Initiative Coeur" außer Konkurrenz ihren ehemaligen Konkurrenten hinterher. Mit 900 sm Abstand zum letzten Boot!
„Jedes Mal, wenn das Boot auf über 15 kn Fahrt beschleunigt, wurde es mir mulmig,“ schreibt Samantha auf Facebook. „Ich hatte kaum noch Vertrauen in das Boot“.
Als Konkurrentin und Freundin Isabelle Joschke aufgeben muss, schlägt Samantha sogleich vor, nach deren Reparatur gemeinsam heimzusegeln. Das funktioniert auch während der ersten 10 Tage relativ gut. Beide Boote segeln unweit voneinander durch lange Flauten-Passagen auf Äquator-Höhe und die beiden Frauen tauschen sich im stündlichen, wenn nicht sogar minütlichen Chat über „Gott und die Welt und natürlich über ihr Pech bei dieser Vendée Globe aus“.
Doch selbst diese gemeinsame Heimfahrt kann Samantha Davies nicht zu Ende bringen. Vor der Einfahrt in die Biskaya muss sie Isa ziehen lassen, weil die "Initiative Coeur" auf allen Vieren erschöpft den Hafen herbeisehnt.
Und die letzten sm segelt Samantha Davies wie auf Eiern, nachdem sich auch noch ihr Verklicker aus dem Dienst verabschiedet hat. Ohne Windanzeiger will Sam zwischen den Fischerei-Flotten kein Risiko eingehen (in memoria Boris H.).



Eine örtliche Künstlerinitiative harkt ihr riesiges Konterfei als Dankeschön in den Sandstrand von Les Sables d’Olonnes. Ein wunderbares Geschenk an die wohl charismatischste Seglerin dieser Vendée Globe.









Die YACHT schreibt:

Der letzte Vendée-Globe-Held: Ari Huusela mit "Sisu" im Ziel

Mit der Ankunft des "Stark"-Skippers in Les Sables senkt sich der Vorhang der 9. Vendée Globe. Daheim in Finnland wird der Pilot wie ein Nationalheld gefeiert
Die Finnen haben ein wunderbares Wort, das Eigenschaften wie Ausdauer, Kraft und klaglose Beharrlichkeit auf einen einzigen kurzen Nenner bringt: Sisu! Im Land der tausend Seen gilt Sisu als erstrebenswertes Lebenskonzept, in schwierigen Lagen weder den Kopf noch die Hoffnung zu verlieren. Das hat der erste finnische Vendée-Globe-Absolvent Ari Huusela in den vergangenen vier Monaten nie getan. Auch nicht nach dem frühen Beinahe-K.o.-Schlag zu Rennbeginn in der Biskaya, als sein Mast im ersten Sturm das Wasser berührte. In seiner Heimat ist Ari Huusela vor allem mit seiner beherzten Einstellung zum national bekannten Synonym für Sisu geworden. Als 25. der ursprünglich 33 gestarteten Teilnehmer kam der 58-Jährige am 5.3.2021 nach souverän gesegelter Nonstop-Runde um die Welt als Letzter ins Ziel. 8 ausgeschiedenen Skippern, darunter prominente Segler wie "Hugo Boss"-Skipper Alex Thomson, war das nicht vergönnt.
Mit der Ankunft des sympathischen Piloten aus Helsinki geht der sportliche Teil der 9. Auflage des Solorennens um die Welt zu Ende. Da ließen es sich die Gastgeber nicht nehmen, den letzten Helden noch einmal besonders stürmisch zu feiern. Und der Finne genoss die finalen Meilen auf dem Weg in den Start- und Zielhafen Port Olona sichtlich. Ari Huusela hat sich nach 116 Tagen, 18 Stunden, 15 Minuten und 46 Sekunden auf See mit herausragendem Durchhaltevermögen jeden Beifall verdient. Der 58-Jährige hat ziemlich genau ein Jahresdrittel für seine erste Einhand-Weltumsegelung ohne Zwischenstopp gebraucht und gehört nun dem kleinen feinen Kreis der erst 113 Vendée-Globe-Absolventen an, die das Rennen seit seiner Premiere 1989/90 auch beenden konnten. Zum Vergleich: Als "erster Letzter" war bei der Vendée-Globe-Premiere 1989/90 Jean-François Coste nach 163 Tagen, 1 Stunde und 19 Minuten ins Ziel gekommen.
Als Höhepunkt seiner Reise bezeichnete Huusela seine Kap-Hoorn-Passage: "Das war so sehr mein großer Moment, mein Traum für diese Reise. Das war so schön! Der atlantische Aufstieg dagegen hat sich dann als Kampf erwiesen. Wie für die meisten anderen Segler auch." Nachdem Huusela schon vor dem Rennen auf dem Weg nach Frankreich in Helsinki von Hunderten Begleitbooten und Tausenden Fans verabschiedet worden war, ist bei seiner baldigen Heimkehr in den finnischen Heimathafen mit einem noch viel größeren Auflauf zu rechnen. "Dieses Projekt ist so, so groß geworden in Finnland", erzählt Huuselas beeindruckt, "das erstaunt mich sehr. Mein Leben wird anders sein, wenn ich wieder zu Hause bin. Ich glaube, dass es da sehr viele Leute gibt, die mir gefolgt sind und jetzt wissen, wer Ari Huusela ist. Ich habe dieses Projekt ursprünglich für mich selbst begonnen, wollte mein ehrliches eigenes Ich auf dieser Reise sein und nicht viel Lärm darum machen. Dann ist das einfach alles passiert. Ich habe einfach nur diese Geschichten von Bord geschrieben. Und ich denke, dass sie für die Menschen im Lockdown befreiend waren. Die größte Comedy-Show Finnlands hat neulich einen Sketch mit mir gezeigt. Es ist unglaublich!"
Huuselas einst in Neuseeland bei Hakes Marine in Wellington für Dee Caffari gebaute Imoca "Stark" ist inzwischen fast 14 Jahre alt und hatte die Welt vor Huuselas Abenteuer schon dreimal umrundet – einmal mit der Vendée Globe, zweimal im Barcelona World Race. Unter der Segelnummer FIN 222 hat sich die "Stark" nach mehreren Umbauten erneut als solide und zuverlässig erwiesen. Genau wie der Skipper selbst. Als Pilot mit hoher Affinität zum Element Luft und gutem Verständnis für Wetterentwicklung vorgebildet, hat der zweimalige Mini-Transat-Steuermann sein Rennen ins Ziel gebracht. "Hyvin tehty", gut gemacht, würden die Finnen sagen. Wie Huusela sein Abenteuer erlebt hat, können sie ab August noch einmal ganz genau nachlesen. Dann soll Huuselas Vendée-Globe-Buch erscheinen, für das er während des Rennens ein tägliches Tagebuch auf Papier geschrieben hat. Im Ziel sagte Huusela: "Ich bin so glücklich, so stolz, dass ich es geschafft habe. Vergesst nicht, dass ich immer noch Flugzeugpilot bin und das hier mein Hobby ist. Ich denke, ich habe alles geschafft, was man als Amateur-Solosegler schaffen kann."

Tatjana Pokorny