Glorieta Schönbornská zahrada
Gloriette im Schönborn Garten








Ob sich Herr K. hätte träumen lassen, dass von der Gloriette am Nordhang des Petrin-Hügels, wo man früher Trauben kelterte, nahe dem Fußweg zum "Eiffelturm", einstmals Stars and Stripes wehen würden?
Kafka schwärmte von der Gloriette, von wo man schöne Aussichten auf Stadt und Land hat. Der US-Botschafter, seine Familie und Bedienstete entspannen sich dort, Garten und Pavillon gehören zum Schönborn Palais, heue Sitz der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika.




Kafka an Felice Bauer:
Es war wie die Erfüllung eines Traumes. Ich ging hin. Zimmer hoch und schön, rot und gold, wie etwa in Versailles. Vier Fenster in einen ganz versunkenen stillen Hof, ein Fenster in den Garten. Der Garten! Wenn man in den Torweg des Schlosses kommt, glaubt man kaum, was man sieht. Durch das Halbrund des von Karyatiden flankierten zweiten Tores sieht man von schön verteilten, gebrochenen verzweigten steinernen Treppen an den großen Garten eine weite Lehne langsam und breit hinaufsteigen bis zu einer Gloriette.
Kafka findet Anfang 1917 (neben seinem Arbeitszimmer in der "Goldenen Gasse") eine Wohnung im Schönborn Palais, er kann es kaum glauben: Zwei feuchte und modrige Zimmer, ohne Küche und mit lausiger Heizung. In der Nacht vom 12. auf 13. August 1917 widerfährt ihm dort ein Blutsturz. Der erst diagnostizierte Bronchialkatarrh erweist sich als Tuberkulose. Kafka gab daraufhin beide Wohnungen auf, und lebt, wenn nicht in Sanatorien, bis zu seinem Tod 1924 wieder bei den Eltern.
In diesem Jahr kaufen die USA ihre künftige Botschaft ihrem eigenen Botschafter ab.

Die US-Botschaft im Schönborn Palais hat eine bewegte Geschichte. 1917 wohnt Kafka hier, 1919 verkauft Carl Johann Schoenborn den Besitz für $ 117.000 an Richard Teller Crane II (1882 - 1938), erster Botschafter der USA in der Tschechoslowakei von 1919 bis 1921 (seine Schwester Francis heiratet den Sohn Tomáš Garrigue Masaryks, des ersten Päsidenten und Gründers der Tschechoslowakei, Jan Masaryk, den späteren Außenminister der Tschecholsowakei - dieser kommt 1948 unter ungeklärten Umständen beim "dritten Prager Fenstersturz" um), der wiederum das Palais 1924 an den US-Staat zur Einrichtung einer Botschaft zum Preis von $125.000 weiterverkauft.

1945 besetzen der deutsche General Toussaint, Stadtkommandant Prags, dann die sowjetischen und tschechoslowakischen Truppen den Palast und 1948 erhalten die USA ihre Botschaft zurück. (Toussaint wird 1948 in der Tschechoslowakei wegen seiner Mitverantwortung am Massaker von Lidice zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Dort fertigt er nach eigenen Angaben über 500 Ölgemälde für tschechoslowakische Behörden an, wird 1955 vom tschechischen Geheimdienst angeworben und 1961 freigelassen).
Für Generationen von Tschechen hat sich der Blick vom Hradschin auf den Schönborn Garten eingeprägt: die von der Gloriette flatternde angestrahlte US-amerikanische Flagge ist während der Zeit politischer Unfreiheit Leuchtfeuer der Hoffnung. Die US-Botschaft ist im Kalten Krieg Zufluchtsort für Dissidenten und Symbol für die amerikanische Unterstützung der antikommunistischen Bewegung. Schriftsteller, Dichter und Stückschreiber sind Gäste bei Essen, Vorlessungen und Konzerten. Der Freiraum endet aber am Tor, Vaclav Havel, Führer der "Samtenen Revolution" und späterer Präsident der Republik, wird - nur zwei Häuserblocks entfernt - verhaftet, als er von einer solchen Veranstaltung kommt.











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