An der Stelle, wo heute der Wasserturm an der Novotného lávka vor der Karlsbrücke steht, standen schon jahrhundertelang Vorläufer, auch aus Holz - oft Opfer von Bränden. Das erste Wasser liefert die Moldau durch Schwerkraft für die Brunnen der Altstadt. In den Wassertürmen brennt es häufig, weil die Wasserwarte während der eisigen Winter die Anlagen mit offenem Feuer auftauen. Auch Überschwemmungen und Kriege richten Schäden an. 1880 quittiert der Turm seinen Dienst als Wasserlieferant.
In der Nachbarschaft des Turms am Ende des Novotný-Stegs befindet sich das ehemalige Gebäude des Altstädter Wasserwerks (früher im Besitz der Familie des bekannten Komponisten Josef Mysliveček). Die dortige Vorrichtung pumpte das Wasser in den hoch im Turm untergebrachten Wasserspeicher. Mit Sgraffito reichlich verziert lautet sein Thema: "Verteidigung der Altstadt gegen die Schweden 1648", heute residiert dort das Bedřich Smetana Museum.
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30jähriger Krieg: Anfang und Ende in Prag
Am Vormittag des 23. Mai 1618 rennen zwei völlig verdreckte Männer unterhalb der Alten Schloss-Stiege
um ihr Leben. Sie schleifen einen Verwundeten mit sich. Schüsse krachen ihnen um die Ohren.
Wundersamerweise überleben die drei den Fenstersturz aus 16 m Höhe und den Beschuss.
Ihr Glück mündet in eine der größten Kastrophen Europas - den 30-jährigen Krieg.
Im Königreich Böhmen stoßen europaweite religiöse Gegensätze aufeinander. Das Land untersteht
dem katholischen Habsburger Kaiserhaus in Wien, das es durch Statthalter regieren lässt.
Obwohl der "Majestätsbrief" von 1609 den Böhmen Religionsfreiheit garantiert, mehren sich Übergriffe
und Zwangsmaßnahmen.
So lässt der Erzbischof 1617 die kürzlich erbaute evangelische Kirche von Klostergrabe
niederreißen. Gegen diese Missstände protestiert der böhmische Adel vergeblich bei den
Statthaltern und dann bei Kaiser Matthias. Sie ersuchen ihn um Garantie der Religionsfreiheit
und kündigen Ständeversammlungen zur Durchsetzung der Forderungen der Evangelischen an.
Kaiserliche Antwort: Die Bürger sollen sich vom Protestantismus abwenden, er werde ein protestantisches
Parlament nicht dulden.
Ein Gerücht taucht auf, Jaroslaw von Martinitz und Wilhelm von Slavata, die kaiserlichen Statthalter
- verhasst wegen ihrer Tyrannei gegen protestantische Bauern, die sie mit Hunden in die katholischen
Kirchen hetzen und ihnen den Mund gewaltsam aufreißen lassen, um die Hostie zu schlucken -
hätten die negative Antwort verfasst.
Die protestantischen Vertreter versammeln sich am 21. Mai 1618 öffentlich in Prag. In die aufgeheizte Atmosphäre
fällt die Meldung von der bevorstehenden Schließung der evangelische Kirche in Braunau.
Zwei Tage später sammelt sich vor dem Hradschin eine bewaffnete Volksmenge.
Adlige dringen in den großen Sitzungssaal ein. Dort befinden sich Martinitz, Slavata, Burggraf Adam
von Sternberg, Böhmens Kanzler Diepold von Lobkowitz, Geheimschreiber Philipp Fabricius Platter.
Nach erregtem Wortwechsel: "Wozu die Umstände? Man werfe sie nach altböhmischem gutem
Brauch zum Fenster hinaus!"
Sternberg und Lobkowitz werden aus dem Saal geleitet.
Ein Böhme hält dem um Gnade flehenden Martinitz die Hände auf den Rücken,
zwei andere packen ihn an den Beinen, der Statthalter fällt in die Tiefe, und gleich hinterher folgen Slavata
und der Schreiber.
Die drei landen auf einem hohen, weichen Müllhaufen, die Aufständischen schießen aus den Burgfenstern
auf die Flüchtenden. (Fabricius wird als "von Hohenfall" geadelt, Martinitz und Slavata kassieren
Entschädigungen und steigen in höchste Staatsämter auf).
Nach dem Prager Fenstersturz wählen die böhmischen Stände einen neuen König –
den Bayern Friedrich V. von der Pfalz, wegen seiner kurzen Regentschaft "Winterkönig" (Zimní král) genannt.
Ende 1620 rücken die Truppen des neuen Kaisers Ferdinand II. nach Prag vor;
in der Schlacht am Weißen Berg erleiden die Böhmen eine katastrophale Niederlage, fast alle Teilnehmer
am Fenstersturz werden hingerichtet.
Der 30-jährige Krieg steuert dem ersten Höhepunkt zu.
Wer Schloss Gripsholm in Schweden besucht, kann dort viele berühmte Gemälde
Kaiser Rudolfs II., Inbegriff fürstlichen Kunstverstandes europaweit, bewundern ...
Wir schreiben das Jahr 1648, die Verhandlungen zum Westfälischen Frieden
in der Endphase, noch wird gekämpft, große Schlachten finden nicht mehr statt.
Im Juli 1646 nimmt eine schwedische Armee unter General Königsmarck die Prager Kleinseite
im Handstreich, die kaiserliche Armee ist nach der Jankauer Niederlage fast wehrlos.
Königin Christina von Schweden weist sofort Vetter Pfalzgraf Karl X. Gustav,
Oberbefehlshaber der Schweden, an, die Prager Kunstschätze "zu reservieren".
Die Schweden räumen ab: Schätze aus dem Hradschin und den Palästen des Burgbergs,
etwa Rosenberg-Bibliothek oder Bronzeplastiken Adriaen de Vries'
aus dem Garten des Waldsteinpalais' oder Codex Argenteus und Codex Gigas.
Ende November kommt der Kunstraub in der Festung Dömitz an, wo er überwintert.
1649 beim ersten offenen Wasser erreicht die Beute über die Ostsee
Stockholm, wo Königin Christina die Gemälde in ihre Schlösser rund um Stockholm verteilt,
den Codex Argenteus bewahrt Uppsala auf.

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