Christians Mini-Kosmos




vor dem Krieg

Schloßkirche Chemnitz



heute

Gegründet als Marienkirche des Benediktinerklosters, bekommt sie 1688 nach dem Umbau des Klosters zum kurfürstlichen Schloß den Namen Schloßkirche.

1096 gründet Wiprecht von Groitzsch in Pegau ein Benediktinerkloster. Kaiser Lothar schenkt den Benediktinern ein Stück Land im Umkreis von etwa zwei Meilen in der heutigen Chemnitzer Region. Man bestimmt einen Abt und bald darauf treffen die Mönche in der Region ein. Sie roden den Wald und schaffen Platz für das Klostergelände. 1143 bestätigt Kaiser Konrad III. urkundlich die Gründung des Klosters "St. Marien auf dem Berge" und erteilt dem Kloster das Recht zur Errichtung und Unterhaltung eines Fernhandelsmarktes - Gründungsfunke für den "locus Kameniz dictus". 1539 führt Herzog Heinrich die Reformation ein.

Während der zweiten Visitation im April 1540 bekennt sich der Abt Hilarius von Rehburg zu der neuen Lehre und den reformatorischen Ideen. Er darf im Kloster als Verwalter bleiben, heiratet die Tochter des Bürgermeisters Heintze und führt fortan ein bürgerliches Leben. 1546 muss er jedoch das Kloster verlassen.

Eine erste Kirche am Ort der heutigen Schloßkirche entsteht im 12. Jahrhundert und nördlich das Benediktinerkloster. Mit groß angelegtem Umbau lassen die Äbte Heinrich von Schleinitz und Hilarius von Rehburg eine neue Kirche im Stil einer dreischiffigen spätgotischen Hallenkirche errichten. Werkmeister ist Andreas Günther aus dem böhmischen Komotau, der 1523/25 den Umbau vollendet.
Unter Leitung der beiden letzten Äbte entstand 1484 bis 1525 auf den Grundmauern der romanischen Klosterkirche St. Marien eine dreischiffige Hallenkirche. Für den massiven Teil lässt Abt Heinrich von den Mönchen Porphyr aus den Steinbrüchen des Zeisigwaldes herbefördern. Auf das Kirchendach setzen sie 1527 einen kleinen Turm und legen eine Büchse mit Reliquien in den Knauf.
Nachdem 1539 in Sachsen offiziell die Reformation eingeführt ist, verschwindet allmählich die bis dato bestehende Klosterlandschaft. Davon bleibt auch das Chemnitzer Benediktinerkloster nicht unberührt, das im Zuge der reformatorischen Umwälzungen nicht nur aufgelöst, sondern durch Kurfürst Moritz von Sachsen (1521-1553) einem grundlegenden Umbau in ein Jagdschloss unterzogen wird:
- Chor und Querschiff von der Kirche abgetrennt
- Oberkirche zu Wohnräumen umgebaut
- im Langhaus protestantische Schloßkapelle eingerichtet.

Während der Zeit der Napoleonischen Kriege wird die Kirche um 1806 Militärmagazin für Heu und Stroh und um 1813 Lazarett für die Franzosen.
Nutzung ab 1816:
Die Unterkirche wird Restaurant, Chorraum, Theatersaal, die Seitenkapelle Büfett und Garderobe. Im Kreuzgang des ehemaligen Klosters richtet man Pferdeställe und Wagenremisen ein. Das Obergeschoß im begonnenen Turmanbau wird zur Hauptsalzniederlage für den Amtsbezirk.
1864 bis 1875 umfassende Erneuerung des Sakralbaues mit 1.300 Sitzplätzen. 1895 bis 1897 führt man den in Kupfer gedeckten Mittelturm bis auf 86,5 m Höhe, der höchste Kirchturm von Chemnitz.
1945 erleidet die Schloßkirche schwere Bombenschäden am neogotischen Turmhelm, am Dach und der Nordfassade.

Heute ist die Schloßkirche kunstgeschichtliches Zeugnis spätgotischen Baustils. Seit der Demontage 1949 beschließt den nur noch etwa 50 m hohen Turm ein in Kupfer gedeckter Keil. Der ehemals erhebende Gesamteindruck dieses Bauwerks ist damit verfehlt.











Den gotischen Hauptaltar (Katharinenaltar) schafft 1499 Pankratius Grueber für die Großenhainer Katharinenkirche, seit 1995 befindet er sich als Dauerleihgabe in der Kirche. Das Altarretabel zeigt Heiligenbilder und vor allem Szenen aus dem Leben und Martyrium der heiligen Katharina.
Zentrale Figur im Mittelschrein ist Maria mit dem Kind, links von ihr Katharina (mit Buch) und rechts Barbara (mit Kelch). Darüber in der Mitte der Hl. Christopherus, links der Hl. Wolfgang, rechts ein Bischof, darüber die Skulptur eines Schmerzensmannes.









Die katholische und orthodoxe Kirche verehrt Katharina von Alexandrien als Märtyrerin, sie gehört zu den "Virgines capitales", den vier großen heiligen Jungfrauen und zu den 14 Nothelfern, gilt als Helferin bei Leiden der Zunge und Sprachschwierigkeiten. Sie ist Schutzpatronin der Schulen, der philosophischen Fakultäten, der Näherinnen und Schneiderinnen.

Katharina ist eine erfundene Gestalt, die vermutlich auf der Persönlichkeit und dem Schicksal der von Christen ermordeten Hypatia von Alexandria (ca. 355–415/416) beruht, wobei die Rollen von Christen und Heiden vertauscht wurden.

Die Legende: Katharina, die schöne Tochter des heidnischen Königs Costus und Sabinella aus Zypern, lebt um 300 n. Chr. im ägyptischen Alexandrien. Ein Eremit führt sie zum Glauben. Als Kaiser Maxentius Christen zum Märtyrertod verurteilt, tritt Katharina ihm entgegen und fragt, weshalb nicht er zum Christentum übertrete, statt von den Christen Götzenopfer zu verlangen. In einer öffentlichen Diskussion, zu der der Kaiser seine besten 50 Philosophen und Gelehrten aufbietet, bringt Katharina so einleuchtende und gelehrte Argumente für das Christentum vor, dass sich alle fünfzig zum Christentum bekehren. Weil sie nicht vermochten, Katharina vom christlichen Glauben abzubringen, schickt der Kaiser sie alle auf den Scheiterhaufen.

Von ihrer Intelligenz und Schlagfertigkeit beeindruckt, geht die gebildete Kaiserin Faustina selbst zu ihr ins Verlies, um sie zum Heidentum zu bewegen. Doch Katharina bekehrt die Kaiserin zum Christentum, sie wird hingerichtet.

Katharina lässt der Kaiser 12 Tage lang geißeln und ohne Nahrung in einem finsteren Verlies einkerkern. Jedoch leisten ihr Engel göttlichen Beistand, welche die Wunden salben, und eine weiße Taube bringt Nahrung. Auch Christus selbst kommt, um ihren Glauben zu stärken und sie auf das Martyrium vorzubereiten.

Folterwerkzeug ihres Martyriums soll das Rad sein, vier „mit eisernen Sägen und spitzen Nägeln“ gesäumte Räder. Zwei davon sollten nach unten bewegt werden und die anderen entgegengesetzt nach oben und somit die Märtyrerin zerreißen. Auf Katharinas Gebet hin kommt jedoch ein Engel und zerstört das Folterinstrument mit Wucht, die zugleich 4.000 Heiden tötet. Letztendlich wird Katharina enthauptet, und aus ihren Wunden fließt Milch statt Blut.

Hypatia, eine griechische spätantike Mathematikerin, Astronomin und Philosophin, unterrichtet öffentlich am Museion von Alexandria. Als Vertreterin einer nichtchristlichen philosophischen Tradition gehört sie im überwiegend christlichen Alexandria der bedrängten paganen Minderheit an. Während eines Machtkampfs mit dem Präfekten Orestes sammelt der Patriarch Kyrill von Alexandria, der seit 412 amtiert, die Parabolani (eine christliche militante Laienbruderschaft) sowie rund 500 gewaltbereite Mönche aus der Wüste in der Stadt. Nach einem vermutlich vom Patriarchen selbst gestreuten Gerücht bemächtigen sich die Christen der alten Philosophin, bringen sie in die Kirche Kaisarion, ziehen sie dort nackt aus, töten sie mit Scherben oder Ziegeln, und zerstückeln und verbrennen den Leichnam.

Der Kult der hl. Katharina ist ab dem 7. Jahrhundert bezeugt. Sie ist über Jahrhunderte eine der beliebtesten Heiligen. In der katholischen, anglikanischen und evangelischen Kirche ist ihr Gedenktag am 25. November, in Regensburg auch der 5. Juli als Tag der Übertragung der Gebeine.

Im Laufe des 15. und 16. Jahrhunderts unternehmen kirchliche Würdenträger mehrmals Anstrengungen, Katharina aus dem Heiligenkalender streichen zu lassen. Wegen des fehlender Belegen für die historische Existenz der Heiligen streicht man sie 1969 aus dem Allgemeinen Römischen Kalender, 2002 fügt man sie jedoch wieder ein. Das Martyrologium Romanum von 2004 führt sie am 25. November an erster Stelle auf.

Der Gedenktag der hl. Katharina ist eines der letzten Heiligenfeste vor dem Advent.

Im Volksmund ist der Merkspruch überliefert: „Kathrein stellt den Tanz ein“, weil der Advent als Bußzeit und sogenannte geschlossene Zeit zur Vorbereitung auf das Weihnachtsfest gilt. In diesen geschlossenen Zeiten sind früher öffentliche Tanzveranstaltungen verboten. Deshalb feierte man gerne vor dem Beginn des Advents den Kathreintanz.

Katharinas Bild findet sich auch in Stadtwappen, so im sächsischen Frankenberg. Im Volksglauben ist sie Beschützerin der Mädchen, Jungfrauen und Ehefrauen, der Philosophen, Theologen, Gelehrten, Lehrer, Studenten, Anwälte und Notare sowie der Handwerksberufe Wagner, Müller, Bäcker, Töpfer, Gerber, Spinner, Tuchhändler, Seiler, Schiffer, Buchdrucker, Waffenschmiede, Schuhmacher, Frisöre, Näherinnen und Scherenschleifer. Weiterhin schützt sie die Kirchengebäude, Universitäten und Hochschulen, Bibliotheken und Krankenhäuser. Schließlich wird ihr Beistand auch zum Schutz der Feldfrüchte, bei Migräne, bei Krankheiten der Zunge und bei der Auffindung Ertrunkener angerufen. Wegen ihrer Gelehrsamkeit ist sie Patronin vieler katholischer Bildungseinrichtungen wie der Katholischen Universität Eichstätt und der Theologischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.


Agatha und Agnes:
Agatha, Tochter wohlhabender Eltern auf Sizilien, lehnt als gottgeweihte Jungfrau den Heiratsantrag des heidnischen Statthalters Quintinianus ab. Deshalb lässt dieser sie für einen Monat in ein Freudenhaus verschleppen. Als sie danach ihn immer noch ablehnt, lässt Quintinianus ihr die Brüste abschneiden. Als Petrus nachts erscheint und ihre Wunden pflegt, lässt der Statthalter sie auf glühende Kohlen legen, sie stirbt.
Etwa ein Jahr nach ihrem Tod bricht der Ätna aus, die Einwohner von Catania ziehen mit dem Schleier der Heiligen dem Lavastrom entgegen, der daraufhin zum Stillstand kommt.
Agnes stammt aus einer römischen Adelsfamilie. Als der Sohn des römischen Präfekten die zwölfjährige Agnes zur Frau nehmen will, bekennt sie, dass sie ihn niemals heiraten könne, da sie Ehelosigkeit um Christi willen gelobt habe. Daraufhin wird sie angeklagt, doch auch die Drohungen des Richters vermögen nicht, sie von ihrem Gelübde abzubringen. Da das römische Recht die Hinrichtung von Jungfrauen verbot, will man Agnes entkleiden und vergewaltigen. Da bedeckt auf wundersame Weise ihr Haupthaar ihren gesamten Körper und der ganze Platz erstrahlt in weißem Licht. Den Sohn des Präfekten tötet ein Dämon beim Versuch, sie zu vergewaltigen. Agnes ruft ihn mit ihrem Gebet ins Leben zurück, worauf man sie, als Zauberin oder Hexe entlarvt, auf dem Scheiterhaufen verbrennen will. Da weicht selbst das Feuer vor ihr zurück. Schließlich enthauptet sie ein römischer Soldat mit dem Schwert in der Art, wie man Lämmer tötet. Daher erscheint sie in der Ikonographie in Verbindung mit einem Lamm (lat. agnus).

Barbara, die sehr schöne und kluge junge Frau, wird von ihrem Vater Dioscuros von der Außenwelt abgeschirmt, er sperrt sie in einen eigens dafür gebauten Turm. Viele junge Männer aus Nikomedia halten um ihre Hand an. Barbara weist sie zurück. In Abwesenheit ihres Vaters nimmt Barbara den christlichen Glauben an und entscheidet sich, als Eremitin in einem Badehaus zu wohnen, das ihr Vater erbaut hatte. Dort lässt sie - als Symbol der Dreifaltigkeitein - ein drittes Fenster hinzufügen. Als ihr Vater von ihrer Bekehrung zum Christentum erfährt, versucht er in rasender Wut, seine Tochter zu töten. Auf der Flucht öffnet sich vor Barbara ein Felsen. Ein Hirte verrät sie. Gefangen genommen bringt man sie vor einen Richter, der das Todesurteil ausspricht und sie foltern lässt. Dioscuros selbst enthauptet seine Tochter - er wird vom Blitz erschlagen: Anknüpfungspunkt für die Anrufung Barbaras in Gefahr eines plötzlichen Todes, zunächst durch Blitzschlag, dann aber auch im Bergbau und im Militär.
Die alten Bergbauregionen Sachsen, Schlesien und Böhmen sind schon im Spätmittelalter von der Barbaraverehrung geprägt. Zwar führt keine deutsche Bergstadt die heilige Barbara im Siegel oder Wappen, aber frühe Zeugen ihrer Verehrung durch Bergleute sind Barbarakirchen. Die heilige Barbara zählt zu den vierzehn Nothelfern, und ihr Verhalten im Angesicht von Verfolgung und Tod gilt als Symbol der Wehr- und Standhaftigkeit im Glauben. Die wichtigsten Attribute der Heiligen sind Turm und Kelch. Wegen ihres Attributs, dem Turm, wird Barbara als Patronin der Türme und der Festungsbauten verehrt. Sie gilt auch als Schutzheilige der Architekten und aller Arten von Bauarbeitern (Maurer, Zimmerleute, Dachdecker und Elektriker) sowie der Glöckner, Türmer und Glockengießer. Wegen der Ähnlichkeit ihres Namens zum lateinischen barba (Haar) stellen sich Berufe, die Haare oder haarähnliches Material verarbeiten, unter den Schutz von Barbara.
Die heilige Barbara wird oft mit zwei anderen jungfräulichen Märtyrerinnen und Nothelferinnen dargestellt, Katharina von Alexandrien und Margareta von Antiochia.

Die Rückseite der Klappflügel zeigen links oben Margareta (mit Kreuz und Drachen) und Dorothea (mit Blumenkörbchen), links unten Ursula (mit Pfeil) und Maria Magdalena (mit Salbenbüchse), rechts oben Katharina (mit Buch und Schwert) und Barbara (mit Turm), rechts unten Agatha (mit Zange) und Agnes (mit Lamm).



Oberhalb des Altares befindet sich eine Figur des leidenden Christus.

300 Jahre verstaubt diese Säule nach Auflösung des Klosters in einem Nebengelass.
HW, das Monogramm des Künstlers, ist rätselhaft. Seine Arbeiten erschafft er 1501/1502. Charakteristisch ist HWs Intention, uns durch lebensgroße, raumgreifende und besonders kommunikative Figuren mit einzubeziehen, virtuos ausgeführt in der Geißelsäule.
Das vollplastische, farbige Schnitzwerk besteht aus einem 4,43 m hohen Baumstamm, dessen kräftige Wurzeln aus dem Boden herauszuwachsen scheinen. Auf die Iebensgroße Figur Christi - an einen Baum gebunden - schagen Folterknechte von der Seite mit einer Geißel ein. Am Baum kauert ein Scherge, die Dornenkrone flechtend. Auf der Rückseite der Säule zerrt ein Büttel an einem Strick, der dem Gefesselten um die Brust gebunden ist.



Die vegetabile Konstruktion der Säule wie die figürliche Komposition der Szene offenbaren sich uns in all ihren Details erst, wenn wir die Säule umschreiten, wozu uns die gewundene Struktur der Baumzweige und der Astwerkgeflechte, die Rückenfigur und die seitlichen, in äußerst dynamischen Handlungen dargestellten Folterknechte auffordern. In der Figur Christi kommt jedoch jegliche Bewegung durch dessen suggestiven Blick und die zum Gebet zusammengefalteten Hände zum Stillstand. Der kniende Scherge stellt aufgrund seiner Nähe zum Betrachter und seines fesselnden, melancholischen Ausdrucks die Identifikationsfigur für uns dar.
Eine dominante Ansicht ist zwar durch die Wappenbekrönung und die Figur Christi angedeutet, ist aber zugleich dadurch relativiert, dass die fünfte Figur bei dieser Ansicht gänzlich verborgen bleibt.

An die Gründung der Kirche als Marienkirche des ehemaligen Benediktinerklosters erinnern drei Begegnungen mit der Mutter Jesu: Als zentrale Figur im Nordportal, die trauernde Maria unter dem Kreuz im rechten Seitenschiff und Maria mit dem Kind im Mittelschrein des Hauptaltars.





2006 bis 2011 baut Firma Orgelbau Vleugels (Hardheim) die große symphonisch-romantische Orgel ein. Das Instrument orientiert sich an Orgeln des französischen Orgelbauers Aristide Cavaillé-Coll. Es hat 48 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Spieltrakturen sind mechanisch, unterstützt durch eine historische Barker-Maschine für das Hauptwerk und die Manualkoppeln an das Hauptwerk. Die Registertrakturen sind elektrisch.

Albert Schweitzer verbindet den Höhepunkt im Orgelbau mit Cavaillé-Coll.: „dass einst die Engel des Jüngsten Gerichtes auf der Orgel von Notre-Dame das Gloria spielen würden.“ In der Schloßkirche kann der Kantor das Gloria auf der Vleugels-Orgel schon heute spielen, und wir können ein einmaliges Instrument hören und bestaunen. In der schlanken, architektonisch reizvollen und spannend gestaltete Skulptur, im Spiel mit Farben und den aufstrebenden Formen wird die Gotik sichtbar. Die strukturierten Farbflächen sind mit reinen Pigmenttinten bemalt und einer sanftmatten Firnis überzogen.

Die Orgel ist konzipiert nach Machart Aristide Cavaillé-Colls. Die Pfeifen sind in seinem Stile hergestellt. Materialauswahl, Wandungsstärken, Kernschrägen, Labierungen und Aufschnitthöhen, Stimmvorrichtungen und Intonation selbst nehmen seine Sprache auf. Der Vleugels-Orgelmanufactur ist es gelungen, eine historische Barkermaschine aus dem Hause Cavaillé-Coll in Chemnitz - wohl erstmals in Deutschland - zu integrieren.

Die Gestaltung des Spieltisches ist nicht einfach eine Kopie eines Cavaillé-Coll-Spieltisches. In der technischen Umsetzung stand auch James Bond Pate, als es um eine Umschaltung der Registeransteuerung ging. So findet der Spieler die klassisch-französische Registratur mit den Jeux de fonds, Jeux de combinaison und Appells nach Cavaillé-Coll vor. Daneben ist die Orgel mit einem modernen Setzer und Sequenzern für den „zeitgenössischen“ Gebrauch ausgestattet, mit drehbaren Blenden (Schildern) und verschwindenden Schalterleisten in Anlehnung an 007.

Die Praxis zeigt die Vielseitigkeit der musikalischen Möglichkeiten des Instruments. Nicht nur die französische Orgelliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts ist sehr gut darstellbar, sondern auch die Werke J. S. Bachs und die Musik der französischen Barock-Komponisten. In der Zusammenarbeit mit Chören und Solisten fühlen sich die Ausführenden vom Klang getragen. Bei dem in der Orgelfestwoche erklungenem Konzert für Orgel und Orchester war das Instrument als gleichwertiger Partner zu dem symphonischen Orchester zu hören.




Innerhalb der Kirche befindet sich das Nordportal, 1504–1505 von Meister HW erbaut, 1525 von Franz Maidburg vollendet und 1973 aus konservatorischen Gründen abgebaut.
Das ca. 11 m hohe Portal zeigt über drei Ebenen verteilt die Welterlösung. Die obere (göttliche) Ebene stellt die Dreieinigkeit dar: Gott-Vater auf dem Thron, der gekreuzigte Christus, auf dem Kreuz die Taube als Symbol des heiligen Geistes, umrahmt von musizierenden und anbetenden Engelsfiguren.

Die mittlere Ebene verbindet göttliche und weltlichen Ebene und zeigt Maria mit dem Jesuskind, die Patronin der Klosterkirche, umrahmt von Figuren des Evangelisten Johannes und des Täufers Johannes. Außen stehen die beiden Ordensheiligen, Benedikt und Scholastika von Nursia.

Die untere, weltliche Ebene enthält Löwengestalten, die den Wächterdienst vor dem Heiligtum versinnbildlichen.

Außerdem finden sich hier die Klostergründer (Kaiser Lothar und seiner Frau Richenza) sowie zwei Äbte (Heinrich von Schleinitz und Hilarius von Rehburg). Im Türbogen befindet sich Eva auf einem Baumstumpf, ihr gegenüber der Satan, und unter dem Spruchband halten zwei Engel die Erdkugel als Gegenstand der Erlösung.


Türmer (1942 - 2015)

1970 sitzen nach einer Chorprobe in der Schlosskirche Stefan Weber und der Kantor auf ein Pils in einem nahen Biergarten, als Weber im Kirchturm Licht erspäht. Dort oben wohne wohl jemand, fragte er versonnen den Orgelmann.
Der lächelt: "Nein, aber wenn Du willst, kannst Du sofort einziehen..."
Und ob der damals 28-Jährige wollte! Seit Kindesbeinen an liebt er alte Kirchen, ist er in Chemnitz und seine Historie vernarrt. Also kam die Stadt plötzlich wieder zu einem Türmer. Eine Tradition, die hier seit 1488 überliefert ist. Stück für Stück baut sich der gelernte Maschinenbauer den Turm des 800-jährigen Gotteshauses wohnlich aus - immerhin 60 qm, zu denen er jedes Möbelteil über eine enge Wendeltreppe 130 Stufen hinauf buckeln muss. Allerdings braucht er lange Zeit keine Miete löhnen. "Der Pfarrer hat sie bis zur Wende damit verrechnet, dass ich ihm die Turmuhr aufzog und vor Gottesdiensten die Glocken läutete".
Dass er hier oben kein Bad hat, im Winter die Winde ganz schön um das ungedämmte Gemäuer pfeifen und auch schon einmal ein Kugelblitz durch den Turm donnerte, nimmt er in Kauf. Dafür bieten sich ihm nunmehr ungeahnte Chancen, in die Urgründe seiner Stadt einzutauchen. Denkmalexperten werten die Schlosskirche als wertvollstes Baudenkmal von Chemnitz. Stolz verweist Weber auf Highlights seines "Wohnhauses": ein prachtvoll bemalter Flügelaltar und eine mysteriöse Geißelsäule aus der Dürer-Zeit. Für Auswärtige sei es jedoch oft der Höhepunkt, mal einen Blick in sein Turmdomizil zu werfen, das er nur mit Kater Kasimir teilt, erzählt er schmunzelnd.

Seit Ende der 80er-Jahre gilt Stefan Weber sogar als Herr zweier Türme. Zum Wohnturm gesellte sich ein Dienstturm hinzu - der Hohe Turm der Stadtkirche St. Jacobi, der sich direkt an das Chemnitzer Rathaus anschließt. Es ist traditionell der Türmersitz der Stadt. Ab 1846 ist der Posten vakant. Anfangs gestattet man ihm nur probeweise, in historischem Gewand Gäste aufwärts zu führen und seine Rufe über die Stadt schallen zu lassen. Als dies aber gut anlief, darf er sein Hobby sogar zum Beruf machen - einzigartig in einer deutschen Großstadt. Natürlich müsse er nicht mehr wie seine Vorgänger im Mittelalter "winters und sommers dy nachwach" versehen sowie morgens, mittags und abends die Zeit blasen. Auch das Achthaben auf Feuer, Unwetter oder nahende Feinde sei Geschichte. Dennoch wehre er sich strikt dagegen, die wiederbelebte Tradition als Klamauk zu betreiben. So nutzt er etwa eine nostalgische "Flüstertüte" statt neumodischer Mega- oder Mikrophone. Auch Inhalt und Anlass seiner Verkündigungen halten sich streng an historische Vorgaben. Noch immer beginnt jeder Ruf mit: "Hört ihr Leut und lasst euch sagen..."
Ab 1991 führt Weber im historischen Gewand schätzungsweise 200.000 Gäste durch die Stadt, wirkt an mehreren Buchveröffentlichungen zu Chemnitz mit und ist begeisterter Maler. Seine Motive, die meist Chemnitz zeigen, sind im Ratskeller im Neuen Rathaus und im Restaurant „Miramar“ auf dem Schlossberg zu sehen.
Die Türmerwohnung auf Uhren-Höhe ist die höchstgelegene der Stadt. Die Wendeltreppe beginnt aus Stein, geht oben in eine Stahlkonstruktion über.

Grandios indes ist der Ausblick auf Klinikum und Eins-Esse. Weber hatte einen Flaschenzug am Schlossturm. Und wenn jemand klingelte, sprach er oben in ein Rohr, das unten an der Tür endete.



Die Kirchgemeinde hat einen ersten Versuch gestartet. Man will die Jahre leerstehende Türmerwohnung sanieren - als wunderbaren Ort für künstlerische Residenzen, ganz besonderes im Kulturhauptstadtjahr. Nina Kummer, eine junge Chemnitzer Künstlerin, will für eine Woche testen, wie es ist, auf dem Kirchturm zu wohnen und wie inspirierend es wirken kann für die künstlerische Arbeit: Facebook


Die Jahre ...

1774

1836

1906

1910








heute








Bildtafel


Gnadenstuhl


Enthauptung des Jakobus






Kanzel


Kapitell


Taufstein


Sakramentshäuschen


Westportal


Romanische Kapelle

Das Gesamtbild der heutigen Schloßkirche geht auf den Bau des Abtes Hilarius von Rehberg zurück, wobei die dreischiffige Hallenkirche den kreuzförmigen Grundriss einer romanischen Basilika beibehalten hat.
Der Neubau des Südflügels des Schloßbergmuseums hat die bauliche Geschlossenheit der ehemaligen Klausur wiederhergestellt. Im Schloßbergmuseum ist der Kreuzgang, dessen erhaltener östlicher Flügel aus dem letzten Viertel des 13. Jahrhunderts stammt, modern ergänzt, und stellt auch hier den Raumeindruck wieder her.
Die Dauerausstellung des Schloßbergmuseums befindet sich im ersten Obergeschoß, der in seiner Form auf die spätere Nutzung des Klosters als landesherrliches Schloß zurückgeht.
Den ursprünglich einzigen Eingang für Laien, das Portal auf der Nordseite der Kirche, versetzte man später an die Südwand des Langhauses ins Kircheninnere.



Außen an der Nordseite des Turmes, oberhalb der früheren Tordurchfahrt finden sich drei schwer lesbare lateinische Inschriften. Sie beziehen sich auf den Baubeginn des Westwerks unter Abt Heinrich von Schleinitz und den Weiterbau unter seinem Nachfolger Hilarius von Rehburg.

Ann. christiano millesimo quingentesimo quarto decimo cepta fuit hec structura ad honorem dei eiusque genetricis Marie per Henricum de Sleinitz abbatem Kempnitz
(Im Jahre Christi 1514 wurde dieser Bau zur Ehre Gottes und seiner Mutter Maria durch Heinrich von Schleinitz, Abt zu Kempnitz begonnen)
Darüber befindet sich ein Doppelwappen, das sich wahrscheinlich auf die beiden Äbte bezieht. Über ihm sitzt die Inschrift:

VBI HVIVS TVRRIS EDIFITI PER DOMINVM HENRICVM DERELICTVM IBI PER DOM HILARI ANNO MILESIMO QVINGENTESIMO VIGESIMO QVINTO EST PROSEQ (... Rest fehlt) (Wo der Bau dieses Turms durch Herrn Heinrich aufgegeben wurde, da wurde er unter Herrn Hilarius 1525 ... [fortgesetzt])

Rechts und links neben dem Doppelwappen befindet sich die jüngste Inschrift, die sich auf die Vollendung des Kirchturms bezieht:

TVRRIS AVTEM IPSA EXSTRVCTA EST PER PAROCHIANOS


MDCCCLXXXXVII
(Nun aber ist dieser Turm durch die Gemeinde errichtet worden 1897)

Eigentlich müsste es jetzt noch eine vierte Inschrift geben, die sich sinngemäß auf den Umbau des Kirchturms im Jahre 1949 bezieht. Damals erhielt er seine heutige Gestalt mit dem gedrungenen Walmdach. Leider hat damals wohl niemand daran gedacht...