1. Januar ![]()
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2. Januar
FRIEDRICH SCHILLER Die Teilung der Erde »Nehmt hin die Welt!« rief Zeus von seinen Höhen Den Menschen zu. »Nehmt, sie soll euer sein! Euch schenk ich sie zum Erb und ewgen Lehen, Doch teilt euch brüderlich darein.« Da eilt, was Hände hat, sich einzurichten, Es regte sich geschäftig jung und alt. Der Ackermann griff nach des Feldes Früchten, Der Junker pirschte durch den Wald. Der Kaufmann nimmt, was seine Speicher fassen, Der Abt wählt sich den edeln Firnewein, Der König sperrt die Brücken und die Straßen Und sprach: »Der Zehente ist mein.« Ganz spät, nachdem die Teilung längst geschehen, Naht der Poet, er kam aus weiter Fern; Ach! da war überall nichts mehr zu sehen, Und alles hatte seinen Herrn! »Weh mir! so soll ich denn allein von allen Vergessen sein, ich, dein getreuster Sohn?« So ließ er laut der Klage Ruf erschallen Und warf sich hin vor Jovis Thron. »Wenn du im Land der Träume dich verweilet«, Versetzt der Gott, »so hadre nicht mit mir. Wo warst du denn, als man die Welt geteilet?«- »Ich war«, sprach der Poet, »bei dir. Mein Auge hing an deinem Angesichte, An deines Himmels Harmonie mein Ohr- Verzeih dem Geiste, der, von deinem Lichte Berauscht, das Irdische verlor!« »Was tun?« spricht Zeus. »Die Welt ist weggegeben, Der Herbst, die Jagd, der Markt ist nicht mehr mein. Willst du in meinem Himmel mit mir leben: So oft du kommst, er soll dir offen sein.« |
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3. Januar
NOVALIS Der ist der Herr der Erde
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4. Januar
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5. Januar
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6. Januar
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7. Januar
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17. Januar
ERICH FRIED Was es ist Es ist Unsinn sagt die Vernunft Es ist was es ist sagt die Liebe Es ist Unglück sagt die Berechnung Es ist nichts als Schmerz sagt die Angst Es ist aussichtslos sagt die Einsicht Es ist was es ist sagt die Liebe Es ist lächerlich sagt der Stolz Es ist leichtsinnig sagt die Vorsicht Es ist unmöglich sagt die Erfahrung Es ist was es ist sagt die Liebe |
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Gespräch über Bäume Für K. W. Seit der Gärtner die Zweige gestutzt hat sind meine Äpfel größer Aber die Blätter des Birnbaums sind krank. Sie rollen sich ein In Vietnam sind die Bäume entlaubt Meine Kinder sind alle gesund Doch mein jüngerer Sohn macht mir Sorgen er hat sich nicht eingelebt in der neuen Schule In Vietnam sind die Kinder tot Mein Dach ist gut repariert Man muß nur noch die Fensterrahmen abbrennen und streichen. Die Feuerversicherungsprämie ist wegen der steigenden Häuserpreise erhöht In Vietnam sind die Häuser Ruinen Was ist das für ein langweiliger Patron? Wovon man auch redet er kommt auf Vietnam zu sprechen! Man muß einem Ruhe gönnen in dieser Welt: In Vietnam haben viele schon Ruhe Ihr gönnt sie ihnen |
18. Januar
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19. Januar
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20. Januar
PAUL CELAN Ein Blatt, baumlos für Bertolt Brecht: Was sind das für Zeiten, wo ein Gespräch beinah ein Verbrechen ist, weil es soviel Gesagtes mit einschließt? |
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Gauner- und Ganovenweise des Paul Celan Damals, als es noch Galgen gab, Da, nicht wahr, gab es Ein Oben. Wo bleibt mein Bart, Wind, wo Mein Judenfleck, wo Mein Bart, den du raufst? Krumm war der Weg, den ich ging, Krumm war er, ja. Heia. Krumm, so wird meine Nase. Nase. Envoi - Transport - Judentransport Aber, Aber er bäumt sich, der Baum. Er, Auch er Steht gegen Die Pest. |
21. Januar
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22. Januar
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CHARLOTTE WARSEN verschickt verschickt an hände die wie troddeln hängen kobolde als hofmarschall agil wie chrome schon wie schwall erwachte drohnen vor dem latz geknallte stromtote „wie schroff“ daneben schön: auf diesen wiesen kam wie weggebissen schon der tag vom schlaf fast in den mund wie schorf pantones stöhnen mund der mir heraushängt, lider wir spannten viel geschicktes in den wind und drahtseilakte wie gewindestille mehr als in mir aufkam kannst du gar nicht fühlen im gelände farbe die noch warm ist buden und gerätschaften vielleicht ein fluchen funken in den hunden nebenbuhler die noch zu erwärmen wären |
23. Januar
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24. Januar
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25. Januar
JOHANN WILHELM LUDWIG GLEIM
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26. Januar
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TIMO BRANDT Lorca nicht vergessen Abendland als ein Vogelbecken, in dem Spatzen sich necken. Abperlen …; darüber Adler kreisen und Bussarde, in den Nebel, das Tropf, Tropf von den langen Samen der Linden wo die Schneisen leise das Sonnenlicht gondeln, wenn die Nachtigall auf ihrem weit entfernten Zweig zu dir dringt. Weiteratmen. Weitergehen. Kaltschale klingt. Nieseln, Abflussdichtung, Glatteis, fauliges Laub, Wolkenauftakt. Kriege, in notierten Zivilisationen – Rhein-Main- Wetter schlägt Wind, Gemüt – wackelt, schluckt, auf den Wellen. Die Äpfel, Weide, Stachel, Böe und Stiel. Am Hang, wo sie rollen, ein Herbsthumpeln, abwärts. Die Demokratie der Natur. Entfernt klapp-flappen die Wildvögel, die notorischen Abseits- weißheitswahrer mit ihren Flügeln – Knack(-knick/schabernack)-Piep. Erdbeeren, zu Brei zertreten, glänzen in den Gullys, tanzen auf der Ölhaut deiner Fragen nach der Zukunft. Keine Angst, wir bauen neue Dämme, neue Häuser, neue Rohre für die Post. Abfall, festgetretene Flecken auf Granit, Putz und Himmelsleck, skizziert auf Papierrest. – Steck es weg, es fängt bereits zu regnen an. Milchig, glasig, von Vergessen getrieben. Bleibt: Erinnern. Tropf, vom Haar: schnabelig. Kropf, Versehen/Sicht. Rauschen. Lynnz. Schubkarrenleicht. Blass: die Vergangenheit. Wie Grün. Aber: Lorca nicht vergessen. Ratten, fiep, nicht verschließen in Konservendosen. Nicht mehr aufs Land fahren, nicht mehr anzünden das Stroh auf den pferdeschwarz verkohlten Feldern, aus dem Autofenster gesehen: wie Tomaten, tief vergraben im Nirgendwo. Berge: Nirgendwo. Und überall steigt Klage, Rauch, Angst, Klappe: Klick. Müdigkeit, seltsam ... Wachs auf Neuigkeiten, rosa oder grau, nicht einmal dran gerochen, nicht ... das Lila wusch das Wasser raus: blitz, kalt, klar, blank, fehl am Platz in dieser Hütte, wo das Holz sich auf der toten Katze stapelt. Im Lidsein/-schlag wachsen Kerzen. Kein Streichholz (: Frier). Die Nachtigall hat der Hund geholt. Regentonne. Tannen, Tannen, Tannen, soweit, Tannen, Tannen, das Auge reicht nicht aus. Tropfen, Tau, Rinnsal, Sure, Licht aus: -keit, aber Glockenklang aus der Eiszeit, meterweit zu hören. Nur innen nicht. Augen zu. Kapseln, die dir der Tiger aufgedrängt hat, mit seinem Gang. Dein Tag modert unter dem Bett. Plastik gibt es nicht. Holz, Seele und Süßwasser. Stunden, Uhren: Bergwerke aus kaputten Fideln. Nester stehen auf dem Dach der Kirche. Sauerstoff wildert in der Gruft: Choral – Luft – Kammern _ Coltkammern: von irgendwoher dröhnt es rinn-inn aus den Schatten. Heilige, das Heilige in ihnen: zu Staub verfallen. Angst vorm Atmen. Mund und Kugel. Weltkugel, a-round. Handstück, Ballen, Biss. Schlucken von Striemen auf dem Rücken, alte Striemen: unlängst gelotst in die Schale, das Becken auf der Wiese ... Keine Striemen – Blüten, faustnussgroß. Blüten: hilftnichtsklein. Wasser an der Unterseite. An der Oberfläche: sie selbst. Treibend, Stille, Verlust. Also bitte: Lorca nicht vergessen. Musik nicht lernen. Schluss. |
28. Januar
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29. Januar
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30. Januar
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31. Januar
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