Novoměstská radnice
Neustädter Rathaus






Prag und seine Fensterstürze:
Am Neustädter Rathaus, erbaut 1367 am Karlsplatz, prangt Jan Želivsky in Bronze, 1419 Anführer des ersten Prager Fenstersturzes.

1784 schließen sich die vier Prager Städte zusammen, das Rathaus hat ausgedient, 1811 wird es Gericht und Gefängnis, seit 1958 nutzt man den aus der Bauzeit erhaltenen zweischiffigen Säulensaal im Erdgeschoss als Trausaal.
Eine weitere Gedenktafel an der Fassade zur Vodičkova ehrt Teilnehmer der Revolution von 1848 (im Rathaus eingekerkert), Vorkämpfer der Arbeiterbewegung von 1879 sowie Mitglieder der Omladina von 1893.










Johann von Seelau/Jan Želivský (1380 - 1422)

Die radikalsozialen Predigten des Hussitenpriesters auf tschechisch - Hus ist vor vier Jahren auf dem Scheiterhaufen in Konstanz verbrannt - kommen beim Volk gut an, er avanciert zum Volkstribun.
Unter seiner Führung stürmt 1419, direkt von der Kirche aus, wo er eine feurige Predigt gehalten hat, eine etwa tausendköpfige Menschenmenge das Neustädter Rathaus und verlangt die Freilassung der reformatorischen Gefangenen. Der Bürgermeister soll einen Stein auf die Monstranz geworfen haben, da bricht die Hölle los: Die aufgebrachte Menge wirft die deutschen katholischen Ratsherren und Richter (insgesamt 10 Personen) aus dem Fenster, ersticht oder erschlägt die Überlebenden. Ein weiterer Ratsherr stirbt in der Folterkammer.
König Wenzel IV. gerät darüber so in Wut und Angst, dass er einen Schlaganfall erleidet, an dessen Folgen er stirbt.
In den nächsten Tagen werden Kirchen ausgeraubt, die meisten Katholiken Prags fliehen, die Hussitenkriege beginnen.
Želivský reißt, gefördert von seiner großen Volksbeliebtheit, die Macht an sich. 1420 erhält ist er absoluter Herrscher in Prag, was Neider auf den Plan ruft, Opposition entsteht. Er verbietet Glücksspiel, Bordelle und Frauenschmuck.
1421 entmachtet ihn eine Kommission. Der Feldzug nach Nordböhmen endet mit der verlorenen Schlacht bei Brüx.
1422 wird Želivský wegen der begangenen Gewalttätigkeiten hingerichtet.
Blutige Unruhen brechen aus, der Hass des Mobs richtet sich gegen die Juden (die mit der Sache nichts zu tun haben).

Zum 2. Prager Fenstersturz
Zum 3. Prager Fenstersturz





Omladina

Feudalismus und österreichische Herrschaft über Böhmen gehen zu Ende ...
In Prag toben wilde Straßenkämpfe, 1893 findet ein Prozess gegen die Omladina (tsch.: Jugend) statt, von tschechischen Historikern als skandalös charakterisiert.
Polizei und Staatsorgane nennen die Omladina einen staatsgefährdenden Geheimbund gegen die Monarchie, angeblich zentral geführt und gesteuert. Es gibt eine radikale Zeitschrift namens "Omladina", für den Staatsapparat verdächtig als Basis des Geheimbundes. Die Jugendlichen besitzen auch (illegal) Hektographiermaschinen für ihre Flugblätter.
Die Gruppe besteht aus Gliedern der jüngeren Generation der Arbeiterbewegung, der sich auch Studenten anschließen. Ihre Ziele sind allgemeines Wahlrecht, mehr nationale Rechte für Tschechen, Vorbilder sind u.a. Friedrich Nietzsche.
Die jungen Kämpfer nutzen die Geburtstagsfeier des Königs zu Demonstrationen und zeigen Plakate gegen die herrschende Dynastie. Ihre Rufe und Parolen übertönen die Militärkapelle der offiziellen Zeremonie auf dem Altstädter Ring, schmähen den Kaiser in seinem edlen Casino.
Die Behörden verhängen Kriegsrecht und Pressezensur. Viele Jugendliche, aber auch eine Reihe prominenter Persönlichkeiten und späterer Politiker (so etwa Alois Rasin, erster tschechoslowakischer Finanzminister) werden verhaftet. Die Polizeimaßnahmen schüren die Antiregierungsstimmung in Stadt und Land. Das Gericht verurteilt 68 meist junge Leute - der Kaiser amnestiert später. Rilke verwendet den Prozeß in "König Bohusch", siehe .

Zdenko sah freilich nicht, wie weit diese Antworten über seine Fragen hinausragten, und so konnte es geschehen, daß seine Kraft und die naive Klugheit seiner reinen Jugend bald blind im Dienste des energischen Agitators standen, dem sie sehr gelegen und günstig sein mußten. Die verschärfte Strenge des Polizeidienstes, die Geschichte des »König Bohusch« und andere halbpolitische Ereignisse hatten die jungen Leute vorsichtig und ängstlich gemacht, und Rezek mußte sich zu manchem seiner Zwecke des bezahlten Pöbels bedienen, der ihm dann bei nächster Gelegenheit als Angeber gegenübertrat. So aber war der Traum des dunklen Mannes: unverdorbene junge Leute guten Standes finden, welche überzeugt von dem Recht ihres Beginnens, mit der ganzen blinden Bärenkraft ihrer Gesinnung einer nationalen Befreiung entgegenstreben und in jugendlicher Unverzagtheit einem Ziele nachgehen, das er selbst nicht immer glauben wollte.











zurück zum
Panorama