Christians Mini-Kosmos




Alexei Anatolijewitsch Nawalny

Was wissen wir über ihn?

Im August 2020 landet er in ernstem Zustand (Vergiftung?) in der Berliner Charité. Er behauptet, der russiche Geheimdienst habe versucht, ihn in Putins Auftrag mit Nowitschok zu ermorden.




Alexander Murachowski, Chefarzt der Klinik, steigt danach zum Leiter des regionalen Gesundheitsministeriums auf. Er schloss eine Vergiftung Nawalnys aus und lehnte seine Ausreise nach Deutschland ab.
Nawalny war Ende August auf einem Flug von Tomsk nach Moskau zusammengebrochen. Zunächst behandelt ihn das Krankenhaus Omsk nach einer Notlandung der Maschine. 2 Tage später wird er nach Berlin in die Universitätsklinik Charité ausgeflogen - im Koma liegend.
Die Berliner Ärzte gehen von einer Vergiftung aus. Die Befunde deuteten auf eine Intoxikation mit Substanzen aus der Wirkstoffgruppe der Cholinesterase-Hemmer hin. "Cholinesterase-Hemmer sind eine große und gut erforschte Gruppe von Stoffen, die von Pflanzenschutz-mitteln bis hin zu Kampfstoffen reichen", erklärt Martin Göttlicher, Toxikologe des Helmholtz-Zentrums München. Dabei handle es sich um "sehr potente Giftstoffe". Aus dieser Stoffgruppe stammt auch das Nervengift Nowitschok, bekannt seit der mutmaßlichen Vergiftung des ehemaligen Doppelagenten Sergej Skripal, die international für Schlagzeilen sorgt.
Am 17. Januar 2021 kehrt Nawalny nach Russland zurück, wo die Polizei ihn sofort unter dem Vorwurf festnimmt, gegen Bewährungsauflagen aus einer Verurteilung von 2014 verstoßen zu haben. Am 2. Februar ersetzt die Justiz seine Bewährungs- durch eine Gefängnisstrafe von 3½ Jahren im Arbeitslager.



Nawalny veröffentlicht 2020 auf YouTube - er hat mehr als 6 Mill. Abonnenten und mehr als 2 Mill. Twitter-Follower - u. a. eine Dokumentation über Putins Palast am Schwarzen Meer:



Tagesschau
Deutschland weist russischen Diplomaten aus
Stand: 08.02.2021
Als Reaktion auf die Ausweisung eines deutschen Diplomaten aus Russland muss ein Mitarbeiter der russischen Botschaft in Berlin das Land verlassen. Das Auswärtige Amt teilte mit, dass der Diplomat zur "unerwünschten Person" erklärt wurde. Die Bundesregierung reagierte damit auf einen entsprechenden Schritt Russlands vom Freitag, so das Auswärtige Amt weiter.
Die Entscheidung der Regierung in Moskau sei "in keiner Weise gerechtfertigt", erklärte das Ministerium. In Kreisen des Auswärtigen Amtes hieß es zudem, der Schritt sei "eng mit Polen, Schweden und dem Europäischen Auswärtigen Dienst abgestimmt". Das schwedische Außenministerium teilte über Twitter mit, es habe ebenfalls einen russischen Diplomaten gebeten, das Land zu verlassen. Polen teilte mit, dass ein russischer Konsulatsmitarbeiter zur "Persona non grata" erklärt worden sei.
Hintergrund ist der Streit zwischen Moskau und Berlin über die Inhaftierung des Kremlkritikers Alexej Nawalny, der sich immer weiter zuspitzt. Russland hatte am Freitag nach Demonstrationen in ganz Russland für eine Freilassung Nawalnys und gegen Präsident Wladimir Putin drei Diplomaten aus Deutschland, Polen und Schweden ausgewiesen. Sie hätten am 23. Januar an nicht genehmigten Protesten teilgenommen, hieß es zur Begründung. Solche Aktionen seien unvereinbar mit dem diplomatischen Status. Die Ausweisung der Diplomaten erfolgte während eines Aufenthalts des EU-Außenbeauf-tragten Josep Borrell in Moskau. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, die russische Entscheidung zur Ausweisung des deutschen Diplomaten sei "in keiner Weise gerechtfertigt" gewesen. "Der betroffene deutsche Diplomat war allein seiner im Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen vorgesehenen Aufgabe nachgekommen, sich mit recht-mäßigen Mitteln über die Entwicklung vor Ort zu informieren." Die Ausweisung beschädige das Verhältnis Russlands zu Europa weiter.

Soweit die Aktualitäten.



Nawalny, russisch-ukrainischer Herkunft, geboren 1976 in Butyn, ca. 100 Kilometer südwestlich von Moskau, verbringt während seiner Kindheit die Sommer bei der Großmutter in der Ukraine, wo er die ukrainische Sprache lernt. Seine Eltern besitzen eine Korbflechterei.
Nawalny studiert Jura, Wertpapier- und Börsenwesen und geht 2010 mit einem 4-monatigen Stipendium für aufstrebende Führungskräfte an die Eliteuniversität Yale (auf Empfehlung u. a. von Schachweltmeister Kasparow). Er ist verheiratet, die Eheleute haben eine Tochter, die an der Stanford University studiert, und einen Sohn.
1999 titt Nawalny der Partei Jabloko („Apfel“) bei, einem Sammelbecken demokratisch-liberaler Kräfte. Als die Partei bei den Parlamentswahlen 2007 nur 1,6 % erringt und dadurch ihre letzten Abgeordneten verliert, übt Nawalny öffentlich massive Kritik am Gründer und Vorsitzenden der Partei, Grigori Jawlinski. Die Parteispitze schließt ihn danach wegen nationalistischen und fremdenfeindlichen Äußerungen aus. Nawalny verabschiedet sich mit dem nationalistischen Gruß „Ehre sei Russland“. 2005 gründet er die Bewegung „Da!“ (Ja!), die mit landesweiten öffentlichen Diskussionen zu politischen Themen auf sich aufmerksam macht.
Aus 45 der 75 auf seine Anzeige hin eröffneten Verfahren (Stand Dezember 2011) wegen Veruntreuung von Staatsgeldern durch Beamte und Angestellte nach § 160 des Strafgesetzbuches folgt eine Rückführung von knapp 40 Milliarden Rubel (knapp eine Milliarde €) in die Staatskasse.
2010 veröffentlicht Nawalny vertrauliche Dokumente von Transneft, die - angeblich original - bewiesen, dass Transneft etwa 4 Milliarden US-Dollar veruntreut hat, was Putin koordiniert habe.

2011 startet Nawalny die Webseite „RosPil“(http://rospil.info):





2013 nimmt Nawalny an der Bürgermeisterwahl in Moskau teil und belegt mit 27 % den 2. Platz hinter Amtsinhaber Sergei Sobjanin mit 51 %, dem er - weil mit diesem Stimmenanteil knapp einer Stichwahl entgangen - Wahlbetrug vorwirft. Seither gilt Nawalny nach seinem überraschenden Abschneiden als unbestrittener Führer der Anti-Putin-Opposition.

Vorgeschichte: 2010 tritt Juri Luschkow, langjähriger Bürgermeister von Moskau, zurück. Dmitri Medwedew, zu dieser Zeit Präsident der Russischen Föderation, ernennt Sergej Sobjanin für eine 5-jährige Amtszeit zum Bürgermeister, was Proteste auslöst.
2013 erklärt Sobjanin, dass ein gewählter Bürgermeister vorteilhafter sei als ein ernannter. Er wolle Putin treffen, um ihn zu einer vorgezogenen Wahl zu bitten, bei der auch gleichzeitig Gouverneurswahlen stattfinden sollten. Die Moskauer Stadtduma legt den Wahlermin auf 8. September, den nationalen Wahltag, fest.
Navali sitzt - wieder mal - im Gefängnis, was Schwierigkeiten für seine Kandidatur bedeutet. Nach Berufung wird er freigelassen - man munkelt, das sei vom Kreml angeordnet worden, um die Wahl legitimer erscheinen zu lassen.
Bei Wahlumfragen am 13. Juni kommt Michail Prochorow, ein Milliardär, auf 12%, Nawalny auf 3% und Sobjanin auf etwa 60%.
Im Wahlkampf sorgt eine beispiellose große Spendenaktion und Kampagnenorganisation, an der rund 20.000 Freiwillige teilnehmen, die Flugblätter verteilen, Transparente aufhängen und mehrere Kampagnenkundgebungen pro Tag, in der Stadt für eine Sensation.



Nawalny fordert vergeblich TV-Sendungen und -Debatten.
Er behauptet, Sobjanins Pflasterstraßen und Plantagen in der Stadt bewiesen die Korruption, Sobjanin und seine Stadtarbeiter würden Nawalny-Plakate stehlen, eine Tochter Sobjanins besitze eine Wohnung im Wert von 173 Mill. (5,27 Mill US-Dollar), die andere eine im Wert von 116 Mill. Rubel (3,53 Mill. US-Dollar).

Nawalny wiederum wird beschuldigt, eine Firma in Montenegro gegründet zu haben, die während der Wahlen rechtlich "aktiv" sei. Eine Graphologen-Expertise ergibt die Fäschung von Nawalnys Unterschrift in den Firmenpapieren.

Sergei Semjonowitsch Sobjanin: Wahlprognosen sagen voraus, er werde die Wahl mit bis 64% gewinnen, Nawalny komme auf bis zu 20 %. Experten beurteilen die Wahl als fair, die Zahl der Unregelmäßigkeiten sei viel geringer als bei anderen Wahlen im Land und hättten sich kaum auf das Ergebnis ausgewirkt.
Am 12. September wendet sich Nawalny vergeblich ans Moskauer Stadtgericht, um das Ergebnis zu kippen.







2015 eröffentlicht er auf YouTube die investigative Filmdokumentation Tschaika („Möwe“), in der er die Geschäftsinteressen des Generalstaatsanwalts namens Juri Jakowlewitsch Tschaika darlegt.



Nawalnys Versuch, Putin 2016 wegen Korruption vor Gericht zu bringen, scheitert, weil das Gericht seine Klage nicht annimmt. Es ging um Zahlungen des Staates an den Petro-Chemiekonzern Sibur, an welchem Putins Schwiegersohn mit zirka 17 % beteiligt ist.



Realität??
Man könnte sich im falschen Jahrhundert wähnen, wäre die Botschaft des Chefs der russischen Nationalgarde Viktor Solotow an Alexej Nawalny nicht per Youtube-Video in die Welt getragen worden. In einer Mischung aus Gossensprache und dem Gehabe eines Adligen verlangt Solotow in dem 6-minütigen Clip nicht weniger als Satisfaktion von Nawalny und fordert ihn zu einem Faust-Duell im Ring heraus. "Ich werde ein saftiges Schnitzel aus Ihnen machen", kündigt der in mit Orden geschmückter Uniform gekleidete Solotow im Clip an. Fast 2 Mill. Mal wird das Video innerhalb von 48 Stunden auf dem Youtube-Kanal der Nationalgarde angesehen, 1.000-fach in sozialen Netzwerken geteilt.
Dabei gehört Solotow nicht gerade zu den Männern in Russland, die im Rampenlicht stehen. In den frühen Nneunzigern ist er Leibwächter von Putins damaligem Vorgesetztem Anatoli Sobtschak, dem ersten demokratischen Bürgermeister von Sankt-Petersburg. Nach der Jahrtausendwende steigt er zum Chef von Putins Wachdienst auf und später zum stellvertretenden Innenminister. Vor 2 Jahre wird der heute 64-Jährige Chef der 370.000 Mann starken Nationalgarde und damit einer der einflussreichsten Männer des Landes (Quelle: MDR)
Im Dezember 2016 verkündet Nawalny, er wolle für die Präsidentschaftswahl 2018 kandidieren.
Vorgeschichte:
Ende Juli 2012 erhebt das Ermittlungskomitee der Russischen Föderation Anklage gegen Nawalny wegen Veruntreuung und wirft ihm vor, als Berater des Gouverneurs der Oblast Kirow den dortigen staatlichen Holzbetrieb Kirowles um eine Summe von circa 1,3 Mill. Rubel (etwa 33.000 €) geschädigt zu haben. Im Juli 2013 spricht ihn das Gericht der Veruntreuung für schuldig und verurteilt ihn zu 5 Jahren Gefängnis. Der Generalstaatsanwalt beantragt, Nawalny freizulassen, bis das Urteil rechtskräftig sei. Am 16. Oktober setzt das Gericht die Strafe zur Bewährung aus.



Spiegel Online 2013: „Selbst die Ermittler verhehlen nicht, dass das Verfahren politisch motiviert ist. Hauptzeuge der Anklage ist der ehemalige Kirowwald-Geschäftsführer Wjatscheslaw Opalew. Opalew hatte im vergangenen Jahr eine Beteiligung an der Unterschlagung von 16 Mill. Rubel gestanden, eine Übereinkunft mit den Ermittlern geschlossen und war zu 4 Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Nawalny glaubt, die Ermittler hätten Opalew eine milde Strafe zugesichert, wenn der Kirowwald-Chef im Gegenzug den Oppositionellen belaste." Der Chef des Bezirksgerichts Kirow lässt durchblicken, dass Nawalny mit einer Strafe zu rechnen hat. Ein Freispruch sei eben ‚siebenmal schwieriger als eine Verurteilung‘, so Richter Konstantin Saizew. Er selbst habe ‚im Leben noch nicht einen einzigen Freispruch gefällt‘.“
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte rügt die Verurteilung Nawalnys als willkürlich, es sei ein Urteil politischer Natur. 2013 bringt Putin ein Gesetz in der Duma ein, das Vorbestraften verbietet, bei Wahlen zu kandidieren. 2016 urteilt der Europäische Gerichtshof, die Verurteilung des Bezirksgerichts Kirow sei unrechtmäßig, er weist die Regierung in Moskau an, Nawalny 8.000 € Schmerzensgeld zu zahlen.
Im Februar 2017 verurteilt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Russland zur Zahlung von 63.000 € an Nawalny wegen mehrfacher Verletzung seines Rechts auf friedliche Demonstrationen.
Gemäß BBC-Recherchen kann das rechtskräftige Urteil im Fall Kirowles (5 Jahre Haft auf Bewährung) Nawalny für die nächsten 20 Jahre das passive Wahlrecht bei Präsidentschaftswahlen verwehren.

Und das sind Nawalny Positionen zum Ukraine-Konflikt, zur Annexion der Krim, zum Nationalismus:

In einem Interview 2014 erklärt Nawalny, die Krim sei Teil der Russischen Föderation, auch wenn sie „unter ungeheuerlicher Verletzung jeglicher internationaler Normen“ übernommen worden sei. Zur Lösung des Konflikts und zur Wiederherstellung der Gerechtigkeit sei ein erneutes, „normales“ Referendum der Krimbevölkerung über den Status der Krim erforderlich. Er kommentiert, die Loslösung der Krim sei auch von Vorteil für die Ukraine, weil die 2 Mill. prorussischen und konservativen Wähler der Krim die Antikorruptionsbewegung in der Ukraine gebremst hätten. Die Stellungnahme löst eine Vielzahl kritischer Kommentare aus. Auf die Frage, ob Russen und Ukrainer 2 verschiedene Nationen seien, zögert er mit der Antwort, beruft sich auf eigene Erfahrung und Verwandte, er denke, seine Ansicht werde eine gigantische Empörung in der Ukraine auslösen, für die es wesentlich sei, zu beweisen, dass Russen und Ukrainer zwei verschiedene Völker seien. „Ich sehe keinerlei Unterschied zwischen Russen und Ukrainern.“
Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine lehnt er ab.
Mitte 2017 erklärt er, den Anschluss der Krim an Russland nicht zu unterstützen, da die Ukraine und Russland das Budapester Memorandum unterzeichnet hätten. Es müsse ein „ehrliches“ Referendum stattfinden, da das Referendum über den Status der Krim von 2014 gefälscht gewesen sei.
2011 berichtet "Economist", Nawalny bezeichne sich selbst als „nationalistischen Demokraten“, "Guardian" schreibt, Nawalny habe als einer der wenigen Oppositionspolitiker mit seinem Nationalismus und Charisma die Fähigkeit, nicht nur „Moskauer Hipster“, sondern auch die Massen in den Provinzen anzusprechen. Gerhard Mangott, Politikwissenschaftler, bezeichnet ihn als unerschrockenen Aktivisten gegen Korruption, aber auch als „radikalen russischen Nationalisten“




Zur Website Nawalnys:

Reiche Russen in London