1. September

Mozart KV 458 Nr. 17 B-Dur "Jagdquartett"

Odyssee 16, 338 - 362


Der Herold hat Penelope die Rückkehr ihres Sohnes mitgeteilt.

Eumaios flüstert ihr zu, was ihm sein junger Herr aufgetragen hat, sie solle vor allem Laërtes die fröhliche Botschaft zukommen lassen.
Nachdem die Freier die Neuigkeit durch treulose Dienerinnen erfahren haben, setzen sie sich unmutig zusammen.
Eurymachos: "Das hätten wir doch nimmermehr gedacht, daß der Knabe diese Fahrt so trotzig vollenden würde! Lass uns nur geschwind ein Schiff ausrüsten, einen Schnellsegler, unsern Freunden im Seehinterhalte die Botschaft zu bringen, dass sie vergebens auf ihn warten und nur wieder umkehren dürfen."
Im selben Augenblick legen die Segler aber unten im Hafen an.

Mozarts Jagdquartett: Begleitmusik zur sich steigernden Dramatik in Ithaka.
Amadés Freund und geschätzter Lehrer ist Joseph Haydn. Ihm widmet er die 1784/85 entstandenen Streichquartette KV 387, 421, 428, 458, 464, 465. Der Zyklus ist in Anlehnung an das 1781 entstandene op. 33 Haydns konzipiert. Mozart handhabt souverän die Techniken Haydns, aber auch die von Händel und Bach, er findet in den sechs Werken sehr unterschiedlichen Charakters zu einem neuen, eigenen Stil und großer Anerkennung in Wien.
Das Streichquartett B-Dur wird als Jagdquartett 458 bezeichnet. Seinen Beinamen verdankt es dem Beginn des ersten Satzes mit dem Thema aus Dreiklängen im "unedlen" 6/8-Takt, einer zum Jagen auffordernden Musik. Im Finale, einem Sonatensatz mit drei Themen, verwendet Mozart eine Paraphrase des Vaudevilles "Wer soviel Huld vergessen kann" aus dem dritten Akt der "Entführung".

KV 458

Ulysses S. 570f.





2. September

Mozart KV 459 Konzert für Klavier Nr. 19 F-dur

Odyssee 16, 363 - 393


Die Freier beraten sich heimlich mit den nach Ithaka Zurückgekehrten.

Antinoos: Wir sind nicht schuld, dass der Mann uns entronnen ist, ihr Freunde! Späher um Späher hatten wir den Tag über auf den Höhen des Gestades aufgestellt, und wenn die Sonne untergegangen war, blieben wir nie die Nacht über auf dem Lande, sondern wir kreuzten beständig auf der Meerenge und waren nur darauf bedacht, den Telemachos zu erhaschen und in aller Stille umzubringen. Ihn aber muss einer der Unsterblichen heimgeleitet haben; denn nicht einmal sein Schiff ist uns zu Gesichte gekommen! Dafür wollen wir ihm hier in der Stadt selbst den Untergang bereiten. Denn der Jüngling wird klug und wächst uns allmählich über den Kopf. Auch das Volk wird uns am Ende aufsässig; bringt er es unter die Leute, dass wir ihm auflauerten, ihn zu morden, so fallen sie am Ende über uns her und jagen uns aus dem Lande. Ehe dies geschieht, lasst uns ihn aus dem Wege räumen; in seine Besitzungen teilen wir uns; den Palast lassen wir der Mutter und ihrem künftigen Gemahl.
Sein anderer Vorschlag ist, die Habe des Telemach nicht länger verzehren, jeder von ihnen solle sich mit Brautgeschenken bewerben, und sie solle den wählen, der ihr am meisten gibt.

Untermalung zur Beratung der Freier: Mozarts "Militärkonzert" von 1784.
Das punktierte 1. Thema beherrscht so ausschließlich die Tuttiexposition, dass ein zweites Thema erst der Solist einführt. Der Marschrhythmus bestimmt den ganzen Satz, die Führung der Bläser weist dem Klavier oft die Rolle der Begleitung zu. Das Allegretto, ein Unicum in den Mittelsätzen Mozartscher Konzerte, stellt er in den Dienst der Vitalität des ganzen Werkes. Alles steigert Amadé von Satz zu Satz hin zu einem Finale, in dem es Mozart gelingt (zwischen Rondo- und Sonatenform mit Durchführung anstelle des 2. Couplets), Buffo-Elemente und Kontrapunkt zu integrieren, eine geniale Verschmelzung von Homophonie und Polyphonie, wobei sich Klavier, Streicher und Bläser ständig bei der Rollenverteilung abwechseln.

KV 459

Ulysses S. 580





3. September

Mozart KV 464 Quartett Nr. 18 A-dur

Odyssee 16, 394 - 433


Geheimberatung der Freier über ihr weiteres Vorgehen.

Amphinomos will Telemach nicht umbringen.
Die Freier schieben ihren Plan auf, kehren in den Palast zurück. Medon, der heimliche Anhänger Penelopes, belauscht die Freier und gibt ihr Nachricht.
Penelope eilt sofort zu Antinoos und ruft erregt:
Du frecher Unheilstifter, mit Unrecht rühmt dich Ithakas Volk als den Verständigsten unter deinen Genossen; nie bist du das gewesen und verwegen genug, auf den Tod meines Sohnes Telemach zu sinnen. Erinnerst du dich nicht mehr, wie dein Vater Eupeithes, schutzflehend vor Seeräubern in unser Haus geflohen kam? Seine Verfolger wollten ihn töten und ihm das Herz aus dem Leibe reißen; Odysseus aber war es, der die Tobenden abhielt und besänftigte. Und du, sein Sohn willst zum Dank das Gut des Odysseus verschwenden, wirbst um seine Gattin und willst sein einziges Kind ermorden? Du tätest besser daran, auch die andern von solchem Frevel abzuhalten!

Ludwig van Beethoven ist von dem Streichqartett KV 464 derart beeindruckt, dass er es in seinem ersten Quartettzyklus (op.185) und dann später in op.132 als Modell verwendet. Bei aller Kunstfertigkeit - z.B. konstruiert Amadé alle Hauptthemen aus derselben absteigenden Linie - geht weder die ihm eigene Anmut und Leichtigkeit noch sein musikalischer Witz verloren, der sich hier in häufig hinausgeschobenen Kadenzierungen äußert.
Auch dieses Quartett, 1785 geschrieben, gehört zu dem Zyklus, den Mozart seinem Lehrer und Freund Haydn widmet.

KV 464

Ulysses S. 580





4. September

Mozart KV 465 Streichquartett Nr. 19 C-dur "Dissonanzen-Quartett"

Odyssee 16, 434 - 463


Penelope wirft den Freiern vor, ihren Sohn Telemach töten zu wollen.

Eurymachos beruhigt sie: Nie, solange er lebe, werde ein Mann wagen, Hand an Telemach zu legen. So sprach der Falsche mit der freundlichsten Miene, im Herzen aber sann er auf nichts als Verderben.
Penelope kehrt in ihr Frauengemach zurück, wirft sich aufs Lager und weint um ihren Gemahl, bis ihr der Schlummer die Augen zudrückt.
Am selben Abend kommt der Sauhirt in seine Hütte zurück, während Odysseus und sein Sohn Telemach ihr Nachtmahl zubereiten. Athene hat Odysseus wieder zum zerlumpten Bettler verwandelt.
Telemach: "Was bringst du Neues aus Ithaka? Lauern die Freier noch immer auf mich, oder sind sie von ihrem Hinterhalte zurück?"

Zum arglistigen Verhalten des Freiers Eurymachos spielt Amadé sein Quartett KV 465. Er leitet das - ebenfalls Haydn gewidmete - Quartett Nr. 19 langsam fast ausschließlich mit Reibungen und Querständen ein, spätere Herausgeber versuchten, es regelkonform zu bearbeiten. Während alle anderen "Haydn-Quartette" direkt in ihr Hauptthema einsteigen, tastet Mozart sich im letzten Werk des Zyklus 22 Takte in abenteuerlichen harmonischen Wendungen der Grundtonart C-Dur entgegen, wobei er mit dem Bezug auf ein Thema aus dem ersten der sechs Quartette, KV 387, einen Rahmen herstellt.
Die harmonischen Kühnheiten im einleitenden Adagio haben eine ganze Literatur hervorgerufen, daher auch der Name des Werks.
Er schreibt es 1785.

KV 465

Ulysses S. 581





5. September

Mozart KV 466 Konzert für Klavier Nr. 20 D-moll

Odyssee 16, 464 - Schluss


Eumaios meldet Telemach, was er in Ithaka gesehen hat, und Telemach winkt vergnügt lächelnd seinem Vater, doch so, dass es der Sauhirt nicht merkt. Nun schmausen sie traulich miteinander und legen sich dann zur Ruhe.

Es scheint alles gut in Ithaka und Wien, Vater Odysseus und Sohn Telemach haben sich wieder getroffen, ebenso Leopold und Amadé Mozart.

Die Uraufführung des Klavierkonzerts Nr. 20 findet einen Tag nach der Fertigstellung im Wiener Kasino „Zur Mehlgrube“ statt; Mozart selbst ist der Solist.
Und einen Tag nach der Uraufführung des Klavierkonzerts Nr. 20 - ausnahmsweise in moll - nennt Joseph Haydn, Freund und Lehrer Amadés, seinen Schüler den "größten Componisten, den ich von Person und den Nahmen nach kenne."
Vater Leopold Mozart ist am Tag seiner Ankunft in Wien am 11. Februar 1785 dabei. An Nannerl, Mozarts Schwester, schreibt er: "dan war ein neues vortreffliches Clavier Concert vom Wolfgang, wo der Copist, da wir ankamen noch daran abschrieb, und dein Bruder der das Rondeau noch nicht einmahl durchzuspielen Zeit hatte, weil er die Copiatur übersehen mußte".

KV 466

Friedrich Gulda
(1930 - 2000) österreichischer Pianist und Komponist. Gulda beginnt im Alter von sieben Jahren mit dem Klavierspiel. Mit 16 reüssiert er beim Internationalen Genfer Musikwettbewerb und gelangt rasch zu Weltruhm.
Seine äußerst exakten, um besondere Werktreue bemühten Mozart- und Beethoven-Interpretationen gelten bis heute als Meilensteine in der Musikgeschichte. Charakteristisch für Gulda ist ein äußerst präzises und rhythmisch akzentuiertes Spiel.
Schon in jungen Jahren entdeckt Gulda die Liebe zum Jazz, den er als die maßgebliche Richtung moderner Musikentwicklung ansah, als Interpret und Komponist. In Konzerten hebt er die Trennung zwischen E-Musik und U-Musik auf. Guldas Auftreten ist unkonventionell. So spielte er einmal auf der Bühne nackt die Blockflöte. Eine seiner berühmtesten Schülerinnen ist die argentinische Pianistin Martha Argerich.
Als Komponist schreibt er ein Konzert für Cello und Blasorchester und vertont Galgenlieder von Christian Morgenstern. Er veröffentlicht „moderne Wienerlieder“ zusammen mit dem ihm auffällig ähnelnden Sänger Albert Golowin, erst nach Jahren fand man heraus, Golowin und Gulda sind identisch.
Gulda stirbt am 27. Januar 2000, dem Geburtstag von Wolfgang Amadeus Mozart, den er unter allen Komponisten am meisten verehrte.

Ulysses S. 581f.





6. September

Mozart KV 467 Konzert für Klavier Nr. 21 C-dur

Odyssee 17, 1 - 30


Telemach macht sich am Morgen auf zum Palast, um seine Mutter Penelope zu sehen.

Eumaios befiehlt er: "Alter, ich muss jetzt nach der Mutter sehen. Du selbst komm nach mit diesem armen Fremdling, dass er sich in den Häusern umher seine Brosamen und seinen Wein erflehe; ich kann unmöglich aller Welt Last auf mich laden und habe genug an meinem eigenen Kummer zu tragen. Hält sich der Greis dadurch für beleidigt, desto schlimmer für ihn!"
Odysseus, sich über die geschickte Verstellung seines Sohnes im Herzen nicht genug wundernd:
"Lieber Jüngling, ich selbst begehre nicht länger hierzubleiben; ein Bettler bringt sich in der Stadt immer besser fort als auf dem Lande." Telemach eilt in die Stadt, lehnt seine Lanze an eine Säule des Eingangs und betritt den Palast.

Wiens begehrtester Klavierspieler ist Amadé. Mehr als 500 Gulden bringt er oft nach Hause - oder zu den Gläubigern, die auf die Einlösung der Wechsel warten. Das ist allemal mehr, als er während eines ganzen Jahres im Dienst des Fürsterzbischofs in Salzburg ver­diente. Sein Gesamteinkommen in diesem Erfolgsjahr 1785 beläuft sich unter Berücksichtigung der Kompositions- und Verlagshonorare sowie der Einkünfte aus den Lektionen auf fast 12.000 Gulden, was das Durchschnittseinkommen eines Wiener Bürgers um das Zwanzigfache übersteigt.

Mozart gehört jetzt zu den Großverdienern und glaubt, es sich leisten zu können, im Spiel der Mächtigen, das "Repräsentation" heißt, mitzumischen - bis zum Exzess.

Das Mobiliar wird erneuert, ein eigener Billardtisch muss her, ein Pferd wird angeschafft, und täglich kommt der Friseur ins Haus. Zu den Elfenbeinknöpfen, die er in einer Auslage sieht, passt nur ein eigens dafür geschneiderter roter Rock. Und zu den Bällen erscheint Amadé in immer neuer Aufmachung.

Als wollte er die jahrzehntelange Missachtung seines Genies rächen, tritt er Hof und Adel in einer eitlen Überheblichkeit entgegen, welche ihm bald Kopf und Kragen - sprich: Ansehen und Geld kosten wird.

Auch in seinen Klavierkonzerten ändert Amadé die Proportionen. Schon in dem Konzert F-Dur KV 459 hat sich ein Prinzip abgezeichnet, das er in den Werken KV 466 und hier in KV 467 weiterentwickelt: Die nun stärkere Bedeutung des Orchesters zeigt sich sowohl in ausgedehnten Zwischenspielen und Ritornellen als auch in der instrumentalen Bereicherung durch Trompeten und Pauken.
Das im Frühjahr 1785 komponierte Konzert Nr. 21 eröffnet mit einem so eindeutig orchestralen Ritornellthema, dass es dreimal auf verschiedene Weise wiederholt wird: kammermusikalisch, orchestral und kontrapunktisch. Der zweite Satz wirkt trotz, oder gerade wegen seiner Komplexität in Struktur und Metrik einfach und kann als Paradebeispiel Mozartscher Kantabilität gelten. Mit der nahezu durchgehenden Triolenbewegung verleiht Mozart dem Satz seine Gleichmäßigkeit. Wie in keinem anderen Konzert nähert er im Finalsatz die Rondo- der Sonatenhauptsatzform an.

KV 467

Ulysses S. 582f.





7. September

Mozart KV 468 Gesellenreise

Odyssee 17, 31 - 62


Telemach zurück im Palast auf Ithaka.

Als Eurykleia ihn erblickt, eilt sie mit Freudentränen auf ihn zu und heißt ihn willkommen. Seine Mutter Penelope kommt aus der Kammer, schlank wie Artemis und schön wie Aphrodite. Weinend schließt sie ihren Sohn in die Arme.
"Nun sage mir doch, was bringst du für Nachrichten, liebes Kind?"
"Ach Mutter, bade du dich jetzt, lege reine Gewande an, und gelobe droben in dem Söller mit deinen Jungfrauen den Göttern köstliche Dankopfer, wenn sie einst uns die Vergeltung gönnen."
Er selbst will zum Markte gehen, um einen Fremdling ins Haus zu führen. Penelope folgt seinem Rat, Telemach eilt, von seinen zwei Hunden begleitet, zum Markt.

Wie neue Logenbrüder, so ist Telemach auf seiner Gesellenreise.

Am 16. April 1785 wird Leopold Mozart in den zweiten Grad der Loge "zur wahren Einheit" befördert. Hierzu komponiert sein Sohn das vierstrophige Lied für Gesang mit Klavier- (bzw. Orgel-) begleitung.

Mozart schreibt in sein Verzeichnis: Maurer Gesellen-Lied für Singstimme und Klavier. Die ihr einem neuen Grade der Erkenntnüß nun euch naht. Mit vielen Achtelketten sorgt Mozart für einen flüssigen Melodielauf, zur Mitte moduliert er kurz zur Dominante F.

KV 468

Die ihr einem neuen Grade
der Erkenntnis nun euch naht,
wandert fest auf eurem Pfade,
wißt, es ist der Weisheit Pfad.
Nur der unverdross'ne Mann
mag dem Quell des Lichts sich nahn.

Nehmt, o Pilger, zum Geleite
eurer Brüder Segen mit!
Vorsicht sei euch stets zur Seite;
Wißgier leite euren Schritt!
Prüft und werdet nie dem Wahn
träger Blindheit Untertan!

Rauh ist zwar des Lebens Reise,
aber süß ist auch der Preis,
der des Wand'rers harrt, der weise
seine Fahrt zu nützen weiß.
Glücklich, wer einst sagen kann:
es ist Licht auf meiner Bahn!

Ulysses S. 590f.





8. September

Mozart KV 469 Davidde penitente Kantate für drei Soli, Doppelchor und Orchester: Fra l’oscure ombre funeste

Odyssee 17, 63 - 93


Telemach in Ithaka

Athene hat ihm besondere Anmut verliehen, Telemach verweilt nicht im Gedränge der Freier, sondern setzt sich zu drei alten Freunden seines Vaters, Mentor, Antiphos und Halitherses. Peiraios will, dass Telemach Dienerinnen in sein Haus schickt, um die Geschenke in Empfang zu nehmen, die ihm Menelaos mitgegeben hat.
Telemach: "Feund, die Gaben liegen besser bei dir. Falle ich im Meuchelmorde der Freier und teilen sie mein Erbgut, so gönne ich jene köstlichen Dinge dir besser als ihnen". Er führt den Seher Theoklymenos in seinen Palast. Dort nehmen beide ein erquickendes Bad und geniessen das Frühstück im Saal.

Amadé hofft (wie Telemach, dass die Freier besiegt werden) - vergeblich, durch Komposition der Kantate Davidde Penitente, Auftragswerk der Wiener Tonkünstlersozietät (eine Rentenkasse für die Witwen und Waisen von Berufsmusikern), dort Aufnahme zu erlangen.

Mozart unterlegt Kyrie und Gloria seiner unvollendet gebliebenen Missa KV 427 frei gedichtete Buß- und Reuegebete im Stil des Alten Testaments. Neu komponiert er die Arie "A te, fra tanti affanni" für Tenor und vier konzertierende Bläser, und die Koloraturarie "Fra l’oscure ombre funeste" für einen ersten Sopran sowie die Kadenz der drei Solisten im Schlusschor.



Fra l'oscure ombre funeste,
splende al giusto il ciel sereno,
serba ancor nclle tempeste
la sua pace un fido cor.
Alme belle, ah si godete!
né alcun fia che turbi audace
quella gioia a quella pace,
di cui solo è Dio l'autor.

Durch die düsteren, dunklen Wolken bricht für den Gerechten schon der heitere Himmel, er bewahrt noch in den Stürmen seinen Frieden, ein treues Herz. Schöne Seelen, ach, freut euch! Keiner wage es kühn, Diese Freude und diesen Frieden zu stören, deren Quelle Gott allein ist.

Ulysses S. 594ff.





9. September

Mozart KV 471 Die Maurerfreude "Sehen, wie dem starren Forscherauge"

Odyssee 17, 94 - 122


Menelaos mit dem Seher Theoklymenos beim Frühstück im Palast bei Penelope.
Die Mutter will vom Sohn wissen, was er über den Vater erfuhr. Telemach: "So liebreich mich der greise Nestor zu Pylos aufnahm, so wusste er mir doch gar nichts vom Vater zu melden; aber er sendete mich mit seinem eigenen Sohne zu Wagen gen Sparta. Dort ward ich von dem großen Helden Menelaos gastlich aufgenommen und sah auch die Königin Helena, um welche Trojaner und Griechen so vieles erduldet haben."

Telemach trifft auf seiner Erkundungsreise - wie Mozart in der Loge - wichtige Leute der Gesellschaft.

1785 im April komponiert Mozart die Freimarerkantate "Die Maurerfreude" mit einem Text von Franz Petran zu Ehren des Vorstehers der Wiener Loge "Zur Wahren Eintracht", Ignanz von Born. Bei den Freimaurern spielt die 3-Zahl-Symbolik eine große Rolle, und Amadé setzt sie hier bewusst ein: Das Stück steht in Es-Dur, hat also drei Vorzeichen, ist für Tenor und dreistimmigen Männerchor, Takte werden oft dreimal wiederholt und es gibt parallele Terzführungen der Oboen mit einem gleichzeitigen Pizzicato-Triolenbass.
Als Mozart 1784 Freimaurer wird, befindet sich die Freimaurerei in einer ernsten Krise. Rivalisierende Geheimgesellschaften, wie die alchimistisch-mystischen 'Asiatischen Brüder' und die 'Rosenkreuzer', schießen überall ins Kraut, auch innerhalb der regulären Logen ist Streit nicht selten, was Joseph II. veranlasst, festzusetzen, dass es in Wien 2-3 Logen mit maximal 180 Mitgliedern geben darf.
In einigen Wiener Logen sind die grössten Geister aus Politik, Kunst und Wissenschaften anzutreffen, und dies ungeachtet ihres Standes. Die Loge 'Zur wahren Eintracht' ist bedeutendste Loge dieser Art. Die freimaurerische Blitzkarriere Mozarts: Im Dezember 1784 Aufnahme in die Loge 'Zur Wohltätigkeit' - von Zeitgenossen als Fress- und Saufloge bezeichnet - , im Januar 1785 Beförderung zum Gesellen in der Born'schen Loge 'Zur wahren Eintracht', im Juni 1785 Meister. Mozart dürfte von Joseph II. nicht allzuviel gehalten haben, dennoch ist er pragmatisch genug, mehrere, nach heutigem Empfinden eher schwülstige und beinahe lobhudelnde Texte, zu Ehren des Kaisers zu vertonen. Der Zeitgeist des Rokoko ist schwärmerisch, in diesen Jahren werden auch die tragischen 'Leiden des jungen Werther' von einem anderen namhaften Freimaurer, Goethe, verfasst.

KV 471
Die Maurerfreude
Arie
Sehen, wie dem starren Forscherauge
die Natur ihr Antlitz nach und nach enthüllet;
wie sie ihm mit hoher Weisheit
voll den Sinn und voll das Herz mit Tugend füllet:
das ist Maureraugenweide,
wahre, heiße Maurerfreude.

Rezitativ
Sehen, wie die Weisheit und die Tugend
an den Maurer, ihren Jünger,
hold sich wenden, sprechen:
Nimm, Geliebter, diese Kron’
aus unsers ält’sten Sohns,
aus Josephs Händen.
Das ist das Jubelfest der Maurer,
das der Triumph der Maurer.

Arie mit Chor
Drum singet und jauchzet, ihr Brüder!
Laßt bis in die innersten Hallen
des Tempels den Jubel der Lieder,
laßt bis an die Wolken ihn schallen!
Singt, Lorbeer hat Joseph,
der Weise, zusammengebunden,
mit Lorbeer die Schläfe
dem Weisen der Maurer umwunden.
Lorbeer hat Joseph,
der Weise, zusammengebunden,
mit Lorbeer der Schläfe
dem Weisen der Maurer umwunden.

Ulysses S.597ff.





10. September

Mozart KV 472 Der Zauberer "Ihr Mädchen, flieht Damöten ja"

Odyssee 17, 123 - 150


Telemach erzählt seiner Mutter Penelope, was er von Menelaos erfuhr:

Der Meergott Proteus in Ägypten hatte ihm dieses mitgeteilt: Odysseus versinkt auf der Insel Ogygia in Kummer. Dort hält ihn die Nymphe Kalypso wider Willen in ihrer Grotte zurück, und es fehlt ihm an Schiffen und Ruderern, um die Heimat zu erreichen.

Kalypso war die Zauberin in weiblicher Gestalt, Damöten ist ein männlicher Zauberer.

KV 472

Der Zauberer

Ihr Mädchen, flieht Damöten ja!
Als ich zum erstenmal ihn sah,
Da fühlt’ ich, so was fühlt’ ich nie,
Mir ward - mir ward - ich weiß nicht wie!
lch seufzte, zitterte und schien mich doch zu freu’n:
Glaubt mir, er muß ein Zaub’rer sein.

Sah ich ihn an, so ward mir heiß’,
Bald ward ich rot, bald ward ich weiß,
Zuletzt nahm er mich bei der Hand:
Wer sagt mir, was ich da empfand!
Ich sah, ich hörte nicht,
Sprach nichts als Ja und Nein:
Glaubt mir, er muß ein Zaub’rer sein.

Er führte mich in dies Gesträuch,
Ich wollt’ ihn flieh’n und folgt’ ihm gleich:
Er setzte sich, ich setzte mich:
Er sprach - nur Silben stammelt’ ich;
Die Augen starrten ihm, die meinen wurden klein:
Glaubt mir, er muß ein Zaub’rer sein.

Entbrannt drückt' er mich an sein Herz,
Was fühlt’ ich! welch ein süßer Schmerz!
ich schluchzt’, ich atmete schwer!
Da kam zum Glück die Mutter her;
Was würde', o Götter, sonst nach so viel Zauberei’n
Aus mir zuletzt geworden sein!
(Christian Felix Weiße) Kapitel 15: Kirke

Ulysses S. 754f.




Kirke ist die Zauberin auf ihrer Insel in der Odyssee und in der Nachtstadt erleben Leopold und seine Begleiter allerhand Zaubereien - trotz der eifrigen Wachmänner ...





11. September

Mozart KV 473 Die Zufriedenheit "Wie sanft, wie ruhig fühl' ich hier"

Odyssee 17, 151 - 182


Der Seher Theoklymenos weissagt der Fürstin (er habe es durch ein Vogelzeichen erfahren), Odysseus sitze bereits irgendwo im Gefilde seiner Heimat, oder er schleiche heimlich umher, auf das Verderben der Freier sinnend!
Diese erfreuen sich vor dem Palaste auf dem Pflaster des Hofes wie gewöhnlich mit Diskuswerfen und Speerschleudern. Endlich brechen sie auf Einladung des Herolds zum Mittagsmahl ins Innere des Palastes auf.

Penelopes Sehnsucht spricht aus dem Lied, sie hat die Freier und ihr Treiben satt.

Amadé komponiert das Lied Die Zufriedenheit für eine Singstimme und Klavier nach einem Text von Christian Felix Weiße im Mai 1785 mit Vor- und Nachspiel. Mit dem ruhigen 6/8-Takt stützt Mozart die Aussage des Textes.

KV 473

Die Zufriedenheit

Wie sanft, wie ruhig fühl' ich hier
Des Lebens Freuden ohne Sorgen,
Und sonder Ahnung leuchtet mir
Willkommen jeder Morgen.

Mein frohes, mein zufried’nes Herz
Tanzt nach der Melodie der Haine,
Und angenehm ist selbst mein Schmerz,
Wenn ich vor Liebe weine.

Wie sehr lach’ ich die Großen aus,
Die Blutvergießer, Helden, Prinzen!
Denn mich beglückt ein kleines Haus,
Sie nicht einmal Provinzen.

Wie wüten sie nicht wider sich,
Die göttergleichen Herrn der Erden:
Doch brauchen sie mehr Raum als ich,
Wenn sie begraben werden?

(Christian Felix Weiße)

Kapitel 16: Eumaios

Ulysses S. 604f.






12. September

Mozart KV 474 Die betrogene Welt "Der reiche Tor, mit Gold geschmückt"

Odyssee 17, 182 - 214


Odysseus auf dem Weg zu seinem Palast.

Unterdessen haben sich von der Hütte des Eumaios er und sein Gast zum Weg in die Stadt aufgemacht; Odysseus der Bettler hat den hässlichen geflickten Ranzen umgeworfen und der Sauhirt ihm den Stab in die Hand gegeben. Sie kommen am Stadtbrunnen vorbei, den Vorfahren des Odysseus schön in Felsen fassten; ein Pappelhain ist rundum gepflanzt, aus den Steinen springt hohes, helles Wasser. Hier treffen sie den Hirten Melanthios, der den Freiern die besten Ziegen aus der Herde zum Schmaus in die Stadt hineintrieb.


C. F. Weiße

Wer Weißes Text liest und Mozarts Schicksal kennt ... hat sich etwas geändert seit Odysseus' Zeiten?
Amadé komponiert das Lied 1785 in Wien für eine Singstimme und Klavier nach dem Text von Christian Felix Weiße. Bei "bald hinkt die Reue hinterdrein" trübt er die Melodie durch verminderte Akkorde sowie einen Umbruch in die Molltonika ein.

KV 474

Die betrogene Welt

Der reiche Tor, mit Gold geschmücket
Zieht Selimenens Augen an:
Der wack’re Mann wird fortgeschicket
Den Stutzer wählt sie sich zum Mann.
Es wird ein prächtig Fest vollzogen,
Bald hinkt die Reue hinterdrein.
Die Welt will ja betrogen sein,
Drum werde sie betrogen!

Beate, die vor wenig Tagen
Der Buhlerinnen Krone war
Fängt an, sich violett zu tragen,
Und kleidet Kanzel und Altar.
Dem äußerlichen Schein gewogen,
Hält mancher sie für engelrein.
Die Welt will ja betrogen sein,
Drum werde sie betrogen!

Wenn ich mein Karolinchen küsse,
Schwör’ ich ihr zärtlich ew’ge Treu;
Sie stellt sich, als ob sie nicht wisse,
Daß außer mir ein Jüngling sei.
Einst, als mich Chloe weggezogen,
Nahm meine Stelle Damis ein.
Soll alle Welt betrogen sein,
So werd' auch ich betrogen!
(Christian Felix Weiße)

C. F. Weiße (1726 - 1804) war ein sächsicher Schriftsteller und Pädagoge, bedeutender Vertreter der Aufklärung und Begründer der Kinder- und Jugendliteratur. Als Hauslehrer beim Grafen von Geyersberg, Gesellschafter des Grafen Schulenburg, Kreissteuereinnehmer, hatte er neben seiner Lyrik und seinen Dramen mit seiner Zeitschrift Der Kinderfreund, erste Kinderzeitschrift Deutschlands, großen Erfolg.

Ulysses S. 605





13. September

Mozart KV 475 Fantasie für Klavier c-moll

Odyssee 17, 215 - 246


Odysseus und Eumaios am Stadtbrunnen von Ithaka.

Als der Hirte das wandernde Paar erblickt, fängt er laut zu schimpfen an. "Wahrhaftig, ein Taugenichts führt den andern, und gleich zu gleich gesellt sich gern. Wohin führst du den heißhungrigen Bettler, verdammter Sauhirt, dass er an den Türpfosten müßig stehe und um Brocken bettle?"
Er gibt Odysseus einen Fußtritt. Dieser erwägt, ob er ihm nicht mit seinem Stab einen Streich über das Haupt versetzen sollte, dass er nicht mehr aufstände; aber er bezwingt sich. Eumaios betet zu den Göttern, dass endlich einmal der Held Odysseus heimkehre! Er würde diesem trotzigen Müßiggänger den Übermut bald vertreiben; ist er doch der unbrauchbarste Hirte von der Welt und versteht nichts, als den ganzen Tag in der Stadt herumzulungern!

Im Mai 1785 komponiert Amadé die Fantasie und stellt sie der im Jahr zuvor entstandenen Sonate in c-Moll KV 457 (siehe 31. August) voran. Beide Werke sind Therese von Trattner (1758 – 1793 Tochter des Erbauers des Trattnerhofs am Graben, wo Mozart 1784 wohnt und Abonnementkonzerte gibt) gewidmet.

Trattnerhof

Der Grundcharakter der Fantasie ist ein tragischer und passt zur Szene in Ithaka. Das chromatische Hauptthema gestaltet Mozart nachdenklich, es lebt vom Forte-Piano-Gegensatz. Er schließt einen liedhaft-schlichten Teil in Dur an, in den er völlig unvermittelt ein mächtig ausholendes Allegro einbrechen lässt. Mit einer wilden Kadenz leitet er zum ruhigen Andantino über, und dann bringt er ein eindringliches Rezitativ als dramatischen Höhepunkt; im letzten Teil kehrt das Hauptthema wieder.

KV 475

Ulysses S. 605





14. September

Mozart KV 476 Das Veilchen "Ein Veilchen auf der Wiese stand"

Odyssee 17, 247 - 289


Odysseus und der Sauhirt vor dem Königspalast.

Auf dem Weg zum Palast streiten der Sauhirt und Ziegenhirt Melanthios.
"Du Hund" sagt der Ziegenhirt, "wärest wert, dass man dich auf den Inseln drüben als Sklave verkaufte und ein gutes Stück Geld aus dir löste. Möchte doch der Bogen Apollos oder der Dolch der Freier deinen Telemach treffen, auf welchen du pochest, dass er zugrunde ginge wie sein Vater!"
Melanthios setzt sich im Palast mitten unter die Freier dem Eurymachos gegenüber an die Tafel; denn dieser hatte ihn gern, er wurde immer bewirtet.
Als Odysseus sein Haus nach so langer, langer Zeit wieder erblickt, bewegt sich ihm das Herz im Leibe. "Das muss die Wohnung des Odysseus sein! Welch ein Palast, welch eine Reihe von Gemächern! Wie wohl umschlossen ist der Vorhof mit Mauern und mit Zinnen; welch mächtige Torflügel bilden den Eingang; wahrlich, diese Burg ist unbezwinglich!"
Der Sauhirt will vorangehen und sich für den Bettler/Odysseus im Saal umsehen, dieser soll solange vor dem Tor warten.

Das sich stiegernde Tempo in der Schilderung der Heimkehr und des Aufeinanderzu-Bewegens von Telemach und Odysseus zeigt, dass Homer im Herzen ein Dramatiker ist, ebenso wie dies wohl kein anderes Lied als das vom Veilchen (1785) besser belegt.
Aus den drei Strophen des Textes aus Goethes Singspiel 'Erwin und Elmire' formt Amadé eine kleine Szene, die an Spannung nichts zu wünschen übrig ließ. Dazu trägt nicht nur der durchkomponierte Textvortrag bei, in dem Mozart der achtlosen Schäferin das fröhlich-pastorale G-Dur und dem sehnsuchtsvollen Veilchen g-Moll zuweist, sondern auch die Klavierbegleitung, die gleichsam die Rolle des Kommentators übernimmt – das gebückte Veilchen in den abwärts gerichteten Sechzehntelakzentuierungen zu Beginn, der Gesang der Schäferin zwischen erster und zweiter Strophe, die schicksalsschweren punktierten Akkorde, als die unachtsame Schäferin das Veilchen "ertritt", und schließlich die chromatisch absinkende Melodie beim Tod des Veilchens.
Amadé hat das Lied durch eine Sammlung Deutscher Lieder entweder von J. A. Steffan oder Carl Friberth kennen gelernt.

KV 476



Das Veilchen

Ein Veilchen auf der Wiese stand,
Gebückt in sich und unbekannt;
Es war ein herzigs Veilchen.

Da kam eine junge Schäferin
Mit leichtem Gang
und munterm Sinn
Daher, daher,
die Wiese her und sang.

Ach! denkt das Veilchen,
Wär' ich nur
Die schönste Blume der Natur,
Ach, nur ein kleines Weilchen,
Bis mich das Liebchen abgepflückt,
Und an dem Busen matt gedrückt!

Ach nur, ach nur
Ein Viertelstündchen lang!
Ach! aber ach!

Das Mädchen kam
Und nicht in acht das Veilchen nahm;
Ertrat das arme Veilchen.

Es sank und starb
und freut' sich noch:
Und sterb' ich denn,
So sterb' ich doch
Durch sie, durch sie,
Zu ihren Füßen doch.

Ulysses S. 761f.





15. September

Mozart KV 478 Klavier-Quartett g-moll

Odyssee Odyssee 17, 280 - 310


Odysseus als Bettler vor seinem Palast.

Während er und Eumaios noch miteinander sprechen, hebt ein alter Haushund an der Türe Kopf und Ohren: Argos. Odysseus selbst zog ihn noch auf, ehe er gen Troja zog. Er begleitete sonst die Männer auf die Jagd, jetzt aber liegt er verachtet auf einem Düngerhaufen, mit Ungeziefer bedeckt. Als dieser den Odysseus bemerkt, erkennt er ihn, senkt die Ohren und wedelt mit dem Schwanz; aber näher kommen kann er vor Schwäche nicht. Heimlich wischt Odysseus sich eine Träne aus dem Auge.

1785 ist ein unglaublich produktives Jahr, wie schafft ein Mensch das? 6 Streichquartette für Joseph Haydn erscheinen, die Oper Le nozze di Figaro entsteht, das Es-Dur Konzert geistert in Amadés Kopf herum, er schreibt die Maurerische Trauermusik nieder und komponiert das erste Klavierquartett in g-Moll KV 478.
Und er schafft eine neue Gattung: Das Klavierquartett. Entstanden vielleicht als eine Erweiterung des Klaviertrios bietet sich Mozart hier ein Experimentierfeld, auf dem er durch die Gegenüberstellung von Klavier- und Streicherpart kammermusikalische mit konzertanten Ideen verbinden kann. Wegen ihres Umfangs und hohen musikalischen Anspruchs stoßen die Quartette (KV 478 und 493) beim Wiener Publikum auf geringes Interesse, obwohl es "Kurz-leicht-popular" sein sollte, "damit es die großbürgerlichen und adeligen Dilettanten eifrig kaufen und in ihren Salons zum Besten geben". Doch diese Erwartungen seines Verlegers Franz Anton Hoffmeister kann er nicht erfüllen. Das Quartett ist für den Hausmusikgebrauch viel zu anspruchsvoll, für die neue Gattung gibt es keine Gelegenheit, sich zu etablieren. Deshalb zieht der Verleger aus Sorge um sein Geld den Auftrag zurück. Von den drei Klavierquartetten, die er drucken wollte, kommt nur eines heraus. Den Vorschuss schenkt er Mozart, das zweite Quartett überlässt er gönnerhaft der Konkurrenz und ein Drittes hat Mozart nie komponiert. Schon allein die Tonart des ersten Klavierquartetts verursacht beim Verleger Bauchgrimmen: g-moll ist nicht geeignet zur Untermalung eines gemütlichen Diners.
Auch wenn die vornehme Gesellschaft das g-moll Quartett nicht selbst in Hausmusiken spielen konnte - es gibt drastische Zeitzeugenberichte darüber, wie furchtbar die Laiendarbietungen geklungen haben - verbreitet es sich dennoch in rasantem Tempo. Und heute steht es in der Hitliste Mozartscher Kammermusik weit oben.
Stehen sich alter Herr und alter Hund (Klavier und Streicher) vor dem Palast in Ithaka gegenüber?
Am g-Moll-Quartett ist neben der ungewöhnlichen Tonart Amadés Versuch hervozuheben, die im ersten und letzten Satz weitgehend unvereinbar erscheinenden Antipoden Klavier und Streicher im zweiten Satz mehr und mehr miteinander in Einklang zu bringen.

KV 478

Ulysses S. 605f.





16. September

Mozart KV 479 Quartett "Dite almeno, in che mancai"

Odyssee 17, 311 - 341


Vor dem Palast erkennt sein Hund Argos Odysseus.

Es sei, so Eumaios, der liebste Jagdhund seines unglücklichen Herrn gewesen. Jetzt liege er hier verachtet, die Mägde gäben ihm nicht einmal das nötige Futter!
Der Sauhirt verschwindet im Palast; der Hund aber, nachdem er im 20. Jahre seinen Herrn wiedergesehen, senkt seinen Kopf und stirbt.
Telemach sieht den Sauhirten und ruft ihn heran. Eumaios schaut sich vorsichtig um und setzt sich auf einen Wink an den Tisch seines Herrn, diesem gegenüber, wo ihm der Herold Fleisch und Brot reicht.
Bald darauf wankt Odysseus der Bettler am Stabe herein und setzt sich auf die Schwelle, an den schön geschnitzten Türpfosten aus Zypressenholz gelehnt.

KV 479 (wie auch KV 480) entstehen im November 1785 als Einlage in die Wiener Aufführung der Opera buffa "La villanella rapita" von Giuseppe Francesco Bianchi. Das Libretto stammt aus der Feder Giovanni Bertatis.
KV 479 schreibt Amadé für Coelestine Coltellini (Tochter von Marco Coltellini, des Librettisten von Finta semplice), Vincenzo Calvesi (Mozarts erster Ferrando in Così fan tutte), Stefano Mandini (Mozarts erster Amaviva) und Francesco Bussani (Bartolo und Antonio im Figaro). Erst kurz vor dem Allegro assai erweitert Mozart das Stück aus einem Terzett zum Quartett. Dies geht aus der ursprünglichen szenischen Anordnung hervor, die an dieser Stelle ein Secco-Rezitativ mit fortschreitender Handlung vorsieht.

KV 479

MANDINA
Dite almeno in che mancai.
BIAGGIO
Non parlar ch’è meglio assai.
MANDINA
Ma che feci meschinella?
PIPPO
Che facesti? bagatella,
Stetti li per dirla grossa.
MANDINA
Tu mi fai diventar rossa.
BIAGGIO
Ti rinunzio per figliuola.
MANDINA
Ah non dite tal parola.
PIPPO
lo disdico il matrimonio.
MANDINA
Il padron m'è testimonio.

PIPPO
Testimonio! eh peggio ancor.
MANDINA
Le gridate che mi fate
Mi riempion di stupor.
BIAGGIO
Quella vesta e quell’abito che porti
Ti rimprovera i tuoi torti.
PIPPO
Quella cresta e quell’abito che porti
Ti rimprovera i tuoi torti.
MANDINA
Abitaccio maledetto!
Or mi spoglio e via lo getto,
Se mi toglie il vostro amor.
Voi donne innocenti
Che a torto soffrite,
Voi solo capite
Le pene, i tormenti
Di questo mio cor.
PIPP0
Voi sposi traditi
Che a torto soffrite,
Voi solo capite
Le pens, i tormenti
Di questo mio cor.

BIAGGIO
Voi padri scherniti
Che a torto soffrite,
Voi solo capite
Le pene, i tormenti
Di questo mio cor.
IL CONTE
Cos’é questo fracasso?
PIPPO, BIAGGIO
Eccolo lo smargiasso.
MANDINA
Quest'abito briccone
E d'ogni mal cagione,
Or ora me lo straccio.
IL CONTE
Ma dimmi almen perché?
MANDINA
Per questo vestitaccio
Pippo m'ingiuria a torto.
IL CONTE
Che Pippo! che Pippo!
Pippo è morto.
BIAGGIO
Mono per or non é.
PIPPO

È Pippo verde e sano,
E vivo Pippo in me.
IL CONTE
Morto non è costui?
Discostati, villano!
MANDINA
Tremo da capo a piè.
BIAGGIO
Ci sono anch'io per lui
Se voi ci stuzzicate.
IL CONTE
Birbanti!
MANDINA
Oh Dio, fermate!
IL CONTE
Or, or, con questo ferro . . .
PIPPO, BIAGGI0
Aiuto, amici, aiuto!
Ci ammazza questo sgherro.
MANDINA
Ah se non ho perduto,
Signor, il vosiro amore,
Perdon, pictà, mercè
NIANDINA, IL CONTE, PIPPO, BIAGGI0
Qui v'è tutta l'apparenza,
Ch'or or siegue uno scompiglio.
Per levarsi dal periglio,
Meglio è assai partir di qua.
E il giudizio e la prudenza
poi consiglio ci darà.

MANDINA So sag mir zumindest, warum ich dich enttäuscht habe. BIAGGIO Besser ist es, nichts zu sagen. MANDINA Doch was habe ich getan, ich Arme? PIPPO Was du getan hast? O, Bagatelle, fast hätte ich was Schlimmeres gesagt. MANDINA Du läßt mich erröten. BIAGGIO Du bist nicht meine Tochter. MANDINA O, sag das nicht. PIPP0 Ich widerrufe die Heirat. MANDINA Der Herr ist Zeuge. PIPPO Ach, Zeuge! O, schlimmer noch. MANDINA Dein Schimpfen erfüllt mich mit Staunen. BIAGGIO Die Kleidung, die du trägst, verrät deine Missetat. PIPPO Der Kopfschmuck und die Kleidung, die du trägst, verraten deine Missetat. MANDINA Verfluchte Kleidung, die ich hasse! Ich ziehe sie aus und werfe sie fort, wenn sie mich deiner Liebe beraubt. Ihr unschuldigen Frauen, die ihr schuldlos leidet, nur ihr versteht die Leiden, die Verzweiflung dieses meines Herzens. PIPPO Ihr betrogenen Bräutigame, die ihr schuldlos leidet, nur ihr versteht die Leiden, die Verzweiflung dieses meines Herzens. BIAGGIO lhr verachteten Väter, die ihr unrechtmäßig leidet, nur ihr versteht - die Schmerzen und Qualen meines Herzens. DER GRAF Was ist das für ein Lärm'? PIPPO, BIAGGIO Da kommt der Prahlhans. MANDINA Die Kleidung dieses Schurken ist der Grund all meiner Leiden, ich werde sie zerreißen. DER GRAF So sage mir doch nur warum. MAN DINA Wegen dieser entsetzlichen Kleidung fügt Pippo mir Unrecht zu. DER GRAF Welcher Pippo? Welcher Pippo? Pippo ist tot. BIAGGIO Noch ist er nicht gestorben.PIPPO Pippo lebt und ist wohlauf und Pippo lebt in mir. Der Bursche ist nicht tot? DER GRAF Hinweg von mir, du Lümmel! MANDINA Ich zittre von Kopf bis Fuß. BIAGGIO Ich bin auch auf seiner Seite, wenn Ihr uns reizt. DER GRAF Ihr Schurken! MANDINA O Gott! Haltet ein! DER GRAF Jetzt, jetzt, mit diesem Eisen . . . PIPPO, BIAGGIO Helft, Freunde, helft! Dieser Grobian tötet uns. IVIANDINA Ach, wenn ich nicht verloren habe, o Gott, deine Liebe, Verzeihung, Mitleid, Erbarmen! MANDINA, DER GRAF, PIPPO, BIAGGIO Es hat ganz den Anschein, daß hier Verwirrung herrscht. Um der Gefahr zu entgehen, ist es besser, von hier zu verschwinden. Gesunder Verstand und Vorsicht werden uns guten Rat geben.

Ulysses S. 606


Castle Malahide





17. September

Mozart KV 480 "Mandina amabile"

Odyssee 17, 342 - 374


Odysseus als Bettler in seinem Palast

Sobald Telemach ihn erblickt, nimmt er Brot, dazu eine Handvoll Fleisch und gibt beides dem Sauhirten für den Bettler. Dieser soll sich nicht schämen und bei den Freiern herumbetteln! Das ganze Mahl über hat der Sänger Phemios die Gäste mit seinem Lied ergötzt; jetzt schweigt er, man hörte nur noch den wilden Lärm der Schmausenden durch den Saal. Athene treibt Odysseus an, bei den Freiern zu bettleln, um die anständigen von den rohen unterscheiden zu lernen. Dennoch war ihnen allen miteinander das Verderben von der Göttin zugedacht: es sollte nur einer milderen Todes sterben als der andere. Odysseus geht flehend von Mann zu Mann, streckt seine Hand hin, als wäre er seit lange den Bettel gewohnt. Die Freier fragen, woher der Mann wohl kommen möge. Der Ziegenhirt Melanthios sagt, der Sauhirt habe ihn hereingebracht.

Im November 1785 schreibt Amadé als Einlage in die Wiener Aufführung der Opera buffa "La villanella rapita" von Giuseppe Francesco Bianchi (Libretto von Giovanni Bertati) KV 479 und KV 480.
Das Terzett für Sopran, Tenor, Bass und Orchester steht an Stelle eines Rezitativs; es singen Coelestine Coltellini, Vincenzo Calvesi und Stefano Mandini. Wahrscheinlich das einzige Opern-Ensemble, das zu Mozarts Lebzeiten - vermutlich ohne sein Wissen - in Partiturdruck erscheint.

KV 480

IL CONTE
Mandina amabile,
Questo danaro
Prendilo, tientelo,
Tutto per te.
MANDINA
Oh come siete
Grazioso e caro!
Quante monete!
Tutto per me.
IL CONTE
La mano porgimi
D’amore in pegno.
MANDINA
Ecco, servitevi,
Ve la consegno.
MANDINA, IL CONTE
Oh che contento
In cor mi sento!
Più dolce giubilo
Per me non v’é.
PIPPO
Eccellenza, seguitate,
Io giá so che voi lo fate
Per bontà, per amicizia.
Qui non c’entra la malizia,
Oh non c’entra, signor, no.
IL CONTE
Resta pur colla tua sposa,
Io vi lascio e me ne vo.
MANDINA
Pippo ha in capo qualche cosa,
Vorria fingere e non può.
PIPPO
Ho un sospetto maledetto,
E cavarmelo non so.
MANDINA
Sono astratti, paion matti,
Cosa s’abbiano non so.
IL CONTE
Vado e torno, e come il giorno
Finir dee, sol io lo so.

DER GRAF Geliebte Mandina, dieses Geld, nimm es, behalte es, es ist alles für dich. MANDINA Oh, wie gutmütig und groß Ihr seid. So viele Münzen, und alle für mich. DER GRAF Gib mir die Hand als Zeichen deiner Liebe. NIANDINA Hier, zu Diensten, ich gebe sie Euch. MANDINA, DER GRAF O, welche Freude fühle ich in der Liebe. Für mich gibt es kein größeres Entzücken. PIPP0 Exzellenz, fahrt fort, ich weiß, Ihr tut es aus Güte und Freundschaft. Hier gibt es keine Böswilligkeit, nein, die gibt es nicht. DER GRAF Bleib nur bei deiner Braut, ich verlasse euch und gehe. MANDINA Pippo hat etwas vor, er will etwas vorgeben, aber er kann’s nicht. PIPPO Ich habe einen verfluchten Verdacht, den ich nicht loswerden kann. MANDINA Sie sind verwirrt, scheinen verrückt, ich weiß nicht, was mit ihnen ist. DER GRAF Ich gehe und komme wieder, und wie der Tag enden wird, nur ich weiß es.

Ulysses S. 765ff.





18. September

Mozart KV 481 Sonate Es-Dur für Klavier und Violine

Odyssee 17, 374 - 404


Odysseus bettelt in seinem Palast bei den Freiern.

Antinoos zu Eumaios:
"Du berüchtigter Sauhirt, sag uns, warum hast du diesen Menschen in die Stadt geführt? Haben wir nicht Landstreicher genug, dass du uns auch noch diesen Fresser in den Saal schleppst?"
Eumaios:
"Harter Mann, den Seher, den Arzt, den Baumeister, den Sänger, der uns durch seine Lieder erfreut, sie alle beruft man wetteifernd in die Paläste der Großen; den Bettler hat niemand berufen: er kommt von selber; aber man stößt ihn auch nicht hinaus! Und das soll auch diesem nicht geschehen, solange Penelope und Telemach dies Haus bewohnen."
Telemach heißt ihn schweigen:
"Bemühe dich mit keiner Antwort, Eumaios; du kennst ja die böse Gewohnheit dieses Mannes, andere zu beleidigen. Dir aber, Antinoos, sage ich: Du bist nicht mein Vormund, dass du mir gebieten dürftest, diesen Fremdling aus dem Hause zu treiben. Gib ihm vielmehr und schone meines Gutes nicht! Aber freilich, du willst lieber selbst verzehren als andern geben!"

Amadé komponiert die dreisätzige Es-Dur-Sonate KV 481 im Dezember 1785 in Wien. Der Anlass ihrer Entstehung ist unbekannt: Offenbar geht es Mozart um eine einträgliche Publikation der Sonate, was gewisse Rücksichten auf den Publikumsgeschmack nahe legen. Jedenfalls sind die technischen Anforderungen des Violinparts maßvoll, die Hauptrolle liegt beim Klavier. Mozart verzichtet gleichwohl nicht auf Experimente: Ungewöhnlich und besonders reizvoll ist die harmonische Komplexität des langsamen Mittelsatzes.

KV 481

Ulysses S. 767f.





19. September

Mozart KV 482 Konzert Nr. 22 Es-Dur für Klavier und Orchester

Odyssee 17, 405 - 444


Telemach rügt Antinoos, wie er den Bettler behandle.

"Siehe da, wie der trotzige Knabe mich schmäht!" ruft Antinoos dagegen; "wollte jeder Freier diesem Bettler eine Gabe reichen, er brauchte drei Monate lang das Haus nicht wieder zu betreten!"
Odysseus erzählt, wie er in Ägypten geschlagen wurde und verarmte.

Die drei Klavierkonzerte KV 482, 488 und 491 sind die einzigen, in denen Mozart Klarinetten vorschreibt. Alle drei komponiert Amadé im Winter 1785/86 in Wien, also unmittelbar vor der Aufführung von "Le nozze di Figaro".
Allen drei Sätzen von KV 482 ist gemein, dass neben den Holzbläsern auch die Hörner am konzertierenden Spiel Anteil haben, wie z. B. gleich zu Beginn des ersten Satzes. Das Kopfmotiv verwendete Mozart in ähnlicher Form schon in der Symphonie KV 132. Im zweiten Satz verwebt er Rondo- und Variationsform miteinander. Mit den langen Abschnitten, in denen nur das Orchester zu Wort kommt, verfolgt Mozart das sinfonische Konzept von KV 466 weiter. Darüber hinaus grenzt er die einzelnen Instrumentengruppen noch schärfer als zuvor voneinander ab. Das Abschlussrondo im 6/8-Takt unterbricht er durch eine Episode in langsamerem Tempo, die zu der außergewöhnlichen Länge des Konzerts beiträgt.
KV 482 steht ein wenig im Schatten des Klavierkonzerts C-Dur KV 467, das ihm vorausgeht, und des Werkes, das folgt (KV 488); aber wir vergessen nicht: Auch Nr. 22 ist ein unvergängliches Meisterwerk.

KV 482

Ulysses S. 768





20. September

Mozart KV 483 "Zerfließet heut', geliebte Brüder" Freimaurerlied für dreistimmigen Chor und Orgel

Odyssee 17, 445 - 476


Odysseus als Bettler im Streit mit Antinoos.

"Welch ein Dämon hat uns diesen zudringlichen Schmarotzer gesandt! Weiche von meinem Tisch, dass ich dir dein Ägypten und Zypern nicht zurückzahle!"
Als Odysseus sich murrend zurückzieht, wirft ihm Antinoos den Fußschemel nach, trifft ihn an der Schulter, dicht am Schlüsselbein. Odysseus steht unverrückt wie ein Fels, schüttelt schweigend sein Haupt. Dann kehrt er zur Schwelle zurück, legt den mit Gaben gefüllten Ranzen zu Boden und klagt niedersitzend den Freiern die Kränkung.
Diese Roheit empört selbst die Freier; einer erhebt sich, spricht:
"Antinoos, du hast nicht wohl daran getan, den Unglücklichen zu bewerfen. Wie nun, wenn es ein Himmelsbote wäre, der Menschengestalt angenommen? Denn solches geschieht ja manchmal!"
Antinoos achtet nicht auf diese Warnung. Telemach selbst sieht schweigend die Mißhandlung seines Vaters, er drängt seinen Ingrimm zurück.

Vermutlich 1785/86 schreibt Mozart die beiden Generalbasslieder KV 483 und 484 zur Eröffnung der neuformierten Freimaurerloge "Zur Neugekrönten Hoffnung" auf einen Text von Augustin Veith Edler. Beide Lieder baut er gleich auf: Einer Solostrophe folgt jeweils ein dreistimmiger, sehr einfach gehaltener Chorrefrain; sicher will Amadé die für die Freimaurer typische Dreiersymbolik u. a. in der Dreistimmigkeit verdeutlichen.

KV 483

(Tenor)
Zerfließet heut' geliebte Brüder,
in Wonn' und Jubellieder
Josephs Wohltätigkeit
hat uns, in deren Brust
ein dreifach Feuer brennt,
hat unsre Hoffung neu gekrönt.
(Chor)
Vereineter Herz und Zungen
sei Joseph dies Loblied gesungen,
dem Vater, der enger uns band,
Wohltun ist die schönste der Pflichten;
er sah sie uns feurig verrichten
und krönt uns mit liebvoller Hand.
(Tenor)
Dank auch der Schar, die eh uns wachte,
der Tugend Flamm' entfachte
und uns zum Beispiel war,
aus deren jedem Tritt
auf ihrem Maurergang
ein Quell des Bruderwohls entsprang.
(Chor)
Das innigste tätigste Streben,
zu ihnen empor sich zu heben,
ist allen der herzlichste Dank.
Drum lasst uns, verdreifacht die Kräfte,
beginnen die hohen Geschäfte
und schweigen den frohen Gesang.

Ulysses S. 607f.





21. September

Mozart KV 484 "Ihr unsre neuen Leiter" Freimaurerlied für dreistimmigen Chor und Orgel

Odyssee 17, 477 - 512


Odysseus als Bettler im Steit mit Antinoos:

"Schweige und friss, du Fremdling, oder packe dich, sonst zieht man dich an Händen und Füßen über die Schwelle, dass dir die Glieder bluten!"
In ihrem Frauengemach hört Penelope alles, was im Saale geschieht. Sie hat Mitleid mit dem Bettler, lässt den Sauhirten rufen und befiehlt ihm, jenen kommen zu heißen.
"Vielleicht weiß er mir etwas von meinem Gemahl zu berichten oder hat ihn gar selbst gesehen, denn er scheint weit in der Welt umhergewandert zu sein."

Mozart schreibt die Generalbasslieder KV 483 und 484 vermutlich 1785/86 zur Eröffnung der neuformierten Freimaurerloge "Zur Neugekrönten Hoffnung". KV 484 wird gegen Ende der Zeremonie zur Begrüßung der neugewählten Meister aufgeführt.

KV 484

(Tenor)
Ihr unsre neuen Leiter,
nun danken wir eurer Treue;
führt stets am Tugendpfad uns weiter,
dass jeder sich der Kette freue,
die ihn an bess're Menschen schließt
und ihm des Lebens Kelch versüßt.
(Chor)
Beim heilgen Eide geloben auch wir,
am großen Gebäude zu bauen wie ihr.
(Tenor)
Hebt auf der Wahrheit Schwingen
uns höher zu der Wahrheit Throne,
dass wir ihr Heiligtum erringen
und würdig werden ihrer Krone,
wenn ihr wohltätig für den Neid
Profaner selbst durch uns verscheut.
(Chor)
Beim heilgen Eide geloben auch wir,
am großen Gebäude zu bauen wie ihr.

Ulysses S. 769ff.





22. September

Mozart KV 485 Rondo für Klavier D-DurOdyssee 17, 477 - 512

Odyssee 17, 512 - 542


Eumaios erzählt Penelope vom Bettler.

Drei Tage schon beherbergt er ihn, und seine Berichte entzücken sein Herz, als wären sie das Lied eines Sängers. Er ist von Kreta und mit Penelopes Gemahl, wie er behauptet, durch väterliches Gastrecht verbunden. Und so will er denn auch wissen, daß Odysseus gegenwärtig im Lande der Thesproter lebe und nächstens mit vielem Gut heimkehren werde. Eumaios soll den Fremdling herbeirufen, dass er selber erzähle.
"Diese üppigen Freier! Es fehlt uns nur ein Mann, wie Odysseus war; käme dieser, so würden er und Telemach den Trotzigen bald vergelten!"
Als sie so spricht, niest Telemach im Saale so laut, dass das Gewölbe widerhallt.

Hat ein Schüler oder eine Schülerin Amadés auch geniest, als er das D-Dur-Rondo 1786 komponiert? Es ist kein virtuoses Werk, aber sehr populär, eben für den Unterricht bestimmt. Mozart stellt das Experiment mit der Form in den Vordergrund, denn KV 485 lässt sich sowohl als monothematischer Sonaten - wie auch als Rondosatz deuten, Ende des 18. Jahrhunderts ein beliebter Kunstgriff.

KV 485

Ulysses S. 771f.





23. September

Mozart KV 486 Der Schauspieldirektor Komödie mit Musik

Odyssee 17, 542 - 573


Penelope schickt nach dem Bettler

Penelope muss lächeln, weil Telemach nieste:
"Hörst du, wie mein Sohn mir zuniest, ist das nicht eine gute Vorbedeutung? Rufe mir geschwind den Fremdling herbei!"
Penelope - so der Bettler - solle sich bis Sonnenuntergang gedulden, dann ihn nah ans Feuer setzen, er friere in seinen Lumpen.

Amadé hätte die Szene Penelope/Bettler ebenfalls vertonen können. Wie die Freier um Penelope buhlen, so wetteifern die Sängerinnen um die Stelle in der Wandertruppe. Mozart schreibt 1785 zu einem Text von Hofschauspielleiter Gottlieb Stephanie d. J. aber den Schauspieldirektor, ein einaktige Schauspiel mit Musikeinlagen für ein höfisches Fest.
Den Auftrag hat er von Kaiser Joseph II. anlässlich des Besuchs des niederländischen Generalgouverneurs bekommen, dieser ist mit der Erzherzogin Marie Christine verheiratet. Das „Frühlingfest an einem Wintertage“ findet in der Schönbrunner Orangerie statt. Die Idee zur Handlung - eine Komödie über das Theater und seine Stars - stammt angeblich vom Kaiser selbst, um dem deutschen Singspiel zu mehr Renommee zu verhelfen. Das Stück wird gemeinsam mit Antonio Salieris Oper "Prima la musica e poi le parole" uraufgeführt, die ein ganz ähnliches Thema behandelt (und den Vorzug des Publikums genoss).
Die Handlung spielt im Zimmer von Schauspieldirektor Frank, der seine Wandertruppe vergrößern will. Diverse Bewerber versuchen mit verschiedenen Szenen ihr Können zu beweisen und Mitbewerber auszustechen. Besonders hart ist die Rivalität zwischen Primadonna Madame Herz mit ihrer empfindsamen Arie im italienischen Stil ("Da schlägt die Abschiedsstunde") und Mademoiselle Silberklang, die eine anmutige und virtuose Arie im französischen Stil ("Bester Jüngling") vorträgt. Deren Arien folgt das musikalische Hauptstück des Werkes, in dem der Sänger Monsieur Vogelsang hinzutritt und in einem Terzett die beiden sich mit hohen Tönen übertreffenden und gegenseitig ins Wort fallenden Primadonnen zu beschwichtigen sucht. Das Stück endet mit einem Ensemble-Lied als Lobgesang auf die Moral der Künstler.
Der Musikanteil des Einakters ist verhältnismäßig gering. Neben der Ouvertüre finden sich vier Gesangsnummern (eine Arietta, ein Rondo, ein Terzett und der Schlussgesang), ansonsten überwiegen gesprochene Dialoge. Vor allem wegen der vielen Anspielungen auf inzwischen längst vergessene Theaterstücke der damaligen Zeit wird das Stück bei heutigen Aufführen meist komplett neugestaltet.

KV 486

1 Ariette
MADAME HERZ
Da schlägt die Abschiedsstunde,
um grausam uns zu trennen.
Wie werd' ich leben können,
o Damon, ohne dich?
Ich will dich begleiten,
im Geist dir zur Seiten
schweben um dich.
Und du, und du,
vielleicht auf ewig
vergisst dafür du mich!
Doch nein!
wie fällt mir sowas ein?
Du kannst gewiss nicht treulos sein,
ach nein, ach nein.
Ein Herz, das so sehr Abschied kränket,
dem ist kein Wankelmut bekannt!
Wohin es auch das Schiksal lenket,
nichts trennt das festgeknüpfte Band.
2 Rondo
MADEMOISELLE SILBERKLANG
Bester Jüngling! Mit Entzücken
nehm' ich deine Liebe an,
da in deinen holden Blicken
ich mein Glück entdecken kann.
Aber ach! wenn düstres Leiden
unsrer Liebe folgen soll.
lohnen dies der Liebe Freunden?
Jüngling, das bedenke wohl!
Nichts ist mir so wert und teuer
als dein Herz und deine Hand;
voll vom reinsten Liebesfeuer
geb' ich dir mein Herz zum Pfand.
3 Terzett
MADEMOISELLE SILBERKLANG
Ich bin die erste Sängerin.
MADAME HERZ
Das glaub ich ja,
nach Ihrem Sinn.
MADEMOISELLE SILBERKLANG
Das sollen Sie mir nicht bestreiten!
MADAME HERZ
Ich will es Ihnen nicht bestreiten.
MONSIEUR VOGELSANG
Ei, lassen sie sich doch bedeuten!
MADEMOISELLE SILBERKLANG
Ich bin von keiner zu erreichen,
das wird mir jeder zugestehn.
MADAME HERZ
Gewiss, ich habe Ihresgleichen
noch nie gehört, und nie gesehn.
MONSIEUR VOGELSANG
Was wollen Sie sich erst entrüsten,
mit einem leeren Vorzug brüsten?
Ein jedes hat besondern Wert.
MADAME HERZ
Ich bin die erste Sängerin.
MADEMOISELLE SILBERKLANG
Ich bin die erste Sängerin.
MONSIEUR VOGELSANG
Ei, ein, was wollen Sie sich erst entrüsten,
mit einem leeren Vorzug brüsten?
MLLE SILBERKLANG, MME HERZ
Mich lobt ein jeder, der mich hört.
MONSIEUR VOGELSANG
Ei, ei, ein jedes hat besondern Wert.
MADAME HERZ
Adagio, adagio!
MADEMOISELLE SILBERKLANG
Allegro, allegrissimo!
MONSIEUR VOGELSANG
Pian, piano, pianissimo! Pianississimo!
Kein Künstler muss den andern tadeln,
er setzt die Kunst zu sehr herab.
MADAME HERZ
Wohlan, nichts kann die Kunst mehr adeln.
MADEMOISELLE SILBERKLANG
Ganz recht, nichts kann die Kunst mehr adeln.
MADAME HERZ
Ich steh' von meiner Ford'rung ab.
MADEMOISELLE SILBERKLANG
Ich stehe ebenfalls nun ab,
von meiner Ford'rung ab.
MADAME HERZ
(leise zu Mlle. Silberklang)
Ich bin die erste!
4 Schlussgesang
MADEMOISELLE SILBERKLANG
Jeder Künstler strebt nach Ehre,
wünscht der einzige zu sein;
und wenn dieser Trieb nicht wäre,
bliebe jede Kunst nur klein.
ALLE DREI
Künstler müssen freilich streben,
stets des Vorzugs wert zu sein,
doch sich selbst den Vorzug geben,
über andre sich erheben,
macht den größten Künstler klein.
MONSIEUR VOGELSANG
Einigkeit rühm' ich vor allen
andern Tugenden uns an,
denn das Ganze muß gefallen,
und nicht groß ein einz'lner Mann.
ALLE DREI
Künstler müssen freilich streben,
stets des Vorzugs wert zu sein,
doch sich selbst den Vorzug geben,
über andre sich erheben,
macht den größten Künstler klein.
MADAME HERZ
Jedes leiste, was ihm eigen,
halte Kunst, Natur gleich wert,
laßt das Publikum dann zeigen,
wem das größte Lob gehört.
ALLE DREI
Künstler müssen freilich streben,
stets des Vorzugs wert zu sein,
doch sich selbst den Vorzug geben,
über andre sich erheben,
macht den größten Künstler klein.
BUFF
Ich bin hier unter diesen Sängern
der erste Buffo, das ist klar.
Ich heiße Buff, nur um ein O
brauch' ich den Namen zu verlängern,
so heiß' ich ohne Streit: Buffo.
Ergo bin ich der erste Buffo;
und daß wie ich kein's singen kann,
sieht man den Herren doch wohl an.
ALLE DREI
Künstler müssen freilich streben,
stets des Vorzugs wert zu sein,
doch sich selbst den Vorzug geben,
über andre sich erheben,
macht den größten Künstler klein.

Ulysses S. 610ff.





24. September

Mozart KV 487 Zwölf Duos für 2 Hörner

Odyssee 17, 574 - Schluss


Am Abend im Palast des Odysseus.

Eumaios kehrt unter das Gewühl der Freier zurück und verabschiedet sich von Telemach:
"Ich will mich jetzt wieder nach meinem Gehege aufmachen, Herr; sorge du hier für das Nötige, zumal aber für dich selbst, und sei vor jeder Gefahr auf der Hut, welche dich von den arglistigen Freier bedrohen könnte."
Auf die Bitte Telemachs verweilt der Sauhirt bei Tische, bis es Abend wird; dann bricht er auf und verspricht, am frühen Morgen mit auserlesenen Schweinen wiederzukommen.

Wie Telemach unter den Freiern die Ruhe bewahrt, komponiert Amadé 1786 während eines Kegelabends drei Horn-Duette. Diese erweitert er später auf 12, von denen in seiner Handschrift wiederum nur drei - ohne Angabe eines Instrumentes – überliefert sind; zunächst in der ersten Auflage des Köchel-Verzeichnisses 487 für zwei Violinen, später für drei Bassetthörner. Allerdings gibt es bis heute keine abschließende Sicherheit über die authentische Besetzung, so dass die Duette mit ihrer anspruchsvollen Technik auch zum Repertoire der seinerzeit üblichen Naturhörner zählen.

KV 487

Ulysses S. 613





25. September

Mozart KV 488 Konzert Nr. 23 A-Dur für Klavier und Orchester

Odyssee 18, 1- 31


Odysseus und der Bettler Iros.

Ein berüchtigter Bettler aus der Stadt tritt auf, ein ungeheurer Vielfraß, groß von Gestalt, aber ohne alle Leibeskraft, genannt Iros. Die Eifersucht führte ihn herbei, er hat von einem Nebenbuhler gehört, und so kommt er, den Odysseus aus seinem eigenen Hause zu vertreiben.
"Weiche von der Türe, Greis; siehst du nicht, wie mir alles mit den Augen zuwinkt, dich am Fuß hinauszuschleppen? Geh freiwillig und zwinge mich nicht dazu!"
Odysseus: "Die Schwelle hat Raum für uns beide. Du scheinst mir arm zu sein wie ich. Beneide mich nicht, wie ich selbst dir deinen Anteil gönne. Reize meinen Zorn nicht, und fordere mich nicht zum Faustkampf heraus: so alt ich bin, so möchten dir doch bald Brust und Lippen bluten, und das Haus dürfte morgen Ruhe vor dir haben."
"Was schwatzest du da, Fresser, was plauderst du wie ein Hökerweib? Ein paar Streiche von mir rechts und links sollen dir Backen und Maul zerschmettern, dass dir die Zähne auf den Boden fallen wie aus einem Schweinsrüssel. Hast du Lust, es mit einem Jüngling aufzunehmen, wie ich einer bin?"

Wie die Szene zwischen Odysseus und Iros in nuce den Charakter der Odyssee und ihres Haupthelden offenbart, so zeigt Mozarts A-Dur-Konzert Nr. 23 - eines seiner populärsten Klavierkonzerte (mit KV 482, 488 und 491 das einzige, in denen er Klarinetten vorschreibt - alle drei im Winter 1785/86 komponiert, also unmittelbar vor der Aufführung von "Le nozze di Figaro") Amadés Klavierkonzert in Reinkultur. Mit fünf Holzbläsern, zwei Hörnern und Streichern vergleichsweise bescheiden besetzt, steht es in der Tradition der kammermusikalischen Konzerte des Jahres 1784 wie z. B. KV 450. Der erste Satz zeigt durch die fast gleichen Längen der Abschnitte die Ausgewogenheit des ganzen Konzertes besonders deutlich; er enthält eine von Mozart selbst ausgeschriebene Solokadenz. Der Siciliano-Rhythmus, die Tempobezeichnung Adagio und die ungewöhnliche Tonart fis-Moll verleihen dem zweiten Satz seine besondere Wirkung.
Der niederländische Schriftsteller


Maarten ’t Hart

bekennt, beim Anhören der Klavierkonzerte bekennender Mozartianer geworden zu sein. Er schreibt:
"Wenn man einen Menschen für Mozart begeistern will, sollte man zu den Klavierkonzerten greifen. Auch Nichtkennern gefällt die Musik, und darum ist sie so gut dazu geeignet, empfängliche, aber unbeschriebene Seelen für Mozart zu gewinnen. Man kann sich kaum vorstellen, wie ein Mensch binnen eines Monats (März 1786) zwei so unterschiedliche Werke wie KV 488 und KV 491 komponieren konnte. KV 488 in A-Dur ist unübertroffen. Einmal stritt ich mich mit meiner Mutter. Ich sagte, die Engel im Himmel spielten bestimmt KV 488. Sie erwiderte, nichts auf Erden sei ohne Sünde, also auch die Musik Mozarts nicht, und deshalb werde auch kein Mozart im Himmel gespielt.
Dass ich mich unter diesen Umständen nicht danach sehnte, in den Himmel zu kommen, behielt ich lieber für mich. Wenn es überhaupt einen Beweis für die Existenz einer besseren Welt, die Existenz einer Art von Himmel gibt, dann dieses Klavierkonzert von Mozart. Darin wird uns auf jeden Fall mehr »Wahrheit« offenbart als in allen Büchern der Bibel zusammen."

KV 488

Ulysses S. 614





26. September

Mozart KV 489 "Spiegarti non poss' io" Duett für Sopran und Tenor und Orchester

Odyssee 18, 32 - 65


Iros fordert Bettler Odysseus zum Kampf heraus.

Mit lautem Lachen kehren sich die Freier dem hadernden Paare zu, Antinoos: "Wisset ihr was, Freunde, sehet ihr dort die Ziegenmagen, mit Blut und Fett gefüllt, auf den Kohlen braten? Diese lasst uns den beiden edlen Streitern als Kampfpreis aussetzen: wer von beiden Sieger ist, nehme sich davon, soviel er mag, und kein anderer Bettler außer ihm soll künftig diesen Saal betreten!"
Odysseus indessen stellt sich als ein vom Elend entkräfteter Greis; er verlangt das Versprechen von den Freiern, dass sie nicht zugunsten des Iros eingreifen. Sie geloben es.
Telemach: "Fremdling, wenn du es vermagst, so bemeistere jenen. Ich bin der Wirt, und wer dich verletzt, der bekommt es mit mir zu tun."

Die beiden Stücke KV 489 und 490 schreibt Amadé für eine Liebhaber-Aufführung der Oper Idomeneo im Palais des Fürsten Karl Auersperg am 13. März 1786.
"Spiegarti non poss’io" fungiert als Ersatzduett für das Duetto im II. Akt, Szene 20. Die Sopranistin war Anna von Pufendorf, den Tenor sang Anton Pulini.

KV 489

Duetto
ILIA
Spiergarti non poss'io
Quanto il mio cor t'adora:
Ma il cor tacendo ancora
Potrà spiergarlo appien.
IDAMANTE
Voci dell'idol mio
Ah che in udirvi io sento
D'insolito contento
Tutto inondarmi il sen.
ILIA
Vita dell'alm mia,
Non sa piacer che sia,
Non sa che sia diletto
Chi non provò nel petto
Si fortunato amor.
IDAMANTE
Delizia del mio cor,
Non sa piacer che sia.
Non sa che sia diletto
Chi non prvoò nel petto
Si fortunato amor.

ILIA Ich kann dir nicht sagen, wie sehr mein Herz dich anbetet: doch mein schweigsames Herz kann dir alles sagen. IDAMANTE Worte meiner Teuren, ach wenn ich euch höre, fühle ich, wie sich meine Brust vor ungewöhnlicher Zufriedenheit hebt. ILIA Leben meiner Seele, der weiß nicht, was Freude ist, weiß nicht was Wonne ist, der nicht in seinem Herzen eine so glückliche Liebe gefühlt hat. IDAMANTE Wonne meines Herzens, der weiß nicht, was Freude ist, weiß nicht was Wonne ist, der nicht in seinem Herzen eine so glückliche Liebe gefühlt hat.

Ulysses S. 615





27. September

Mozart KV 490 "Non più, tutto ascoltai" - "Non temer, amato bene", Szene und Rondo für Sopran

Odysseus 18, 66 - 99


Odysseus' Kampf mit Iros

Odysseus gürtet sein Gewand und stülpt die Ärmel hoch. Da erscheinen – Athene hat seinen Wuchs verherrlicht – nervige Schenkel und Arme, mächtige Schultern und Brust, so dass die Freier staunen und Nachbar zum Nachbarn spricht:
"Welche Lenden der Greis aus seinen Lumpen hervorstreckt! Wahrlich, dem armen Iros wird es übel gehen."
Iros verzagt; die Diener müssen ihn mit Gewalt umgürten, seine Gelenke schlottern. Antinoos, der Anderes von diesem Wettkampf erwartete, voll Ärger:
"Großsprecher, wärest du nie geboren, dass du vor dem kraftlosen Greis erbebst! Ich sage dir, wenn du besiegt wirst, so wanderst du mir zu Schiffe nach Epiros zum König Echetos, dem Schrecken aller Menschen: der wird dir Nase und Ohren und Scham abschneiden und sie den Hunden vorwerfen!"
Odysseus überlegt, ob er den Elenden mit einem einzigen Streiche töten oder ihm nur einen sanften Schlag versetzen soll, um keinen Argwohn bei den Freiern zu erwecken. Als Iros ihn mit der Faust rechts auf die Schulter trifft, gibt Odysseus ihm eine leichte Schlappe hinter das Ohr. Dennoch zerbricht er ihm den Kiefer, dass das Blut aus dem Munde schießt und Iros sich zähneklappernd und zappelnd am Boden windet.

Und Penelope stimmt an: "Non temer, amato bene ..."
KV 489 und 490 entstehen für eine Liebhaber-Aufführung der Oper Idomeneo im Palais des Fürsten Karl Auersperg am 13. März 1786. KV 490 "Non più. Tutto ascoltai" - "Non temer, amato bene" singt Anton Pulini. Die Singstimme ist jedoch ursprünglich für Sopran notiert. Den Violinsolopart übernimmt der mit Mozart befreundete August Clemens Graf Hatzfeld. Das Orchester tritt angesichts des Konzertierens von Singstimme und Soloinstrument zurück. Die beiden Solostimmen behandelt Amadé gleichberechtigt.

KV 490

Non temer, amato bene,
Per te sempre il cor sarà.
Più non reggo tante pene,
L'alma mia macando va.
Tu sospiri? o duol funesto!
Pensa almen, che istante è questo!
Non mi posso, o Dio, spegar.
Non temer, amato bene,
Per sempre il cor sarà.
Stelle barbare, stelle spietate
Prechè mai tanto rigor!
Alme belle che vedete
Le mie pene in tal momento
Dite voi, sègual tormento
Può sofrir un fido cor.

Fürchte dich nicht, geliebtes Wesen, dies Herz wird immer für dich da sein. Ich kann icht mehr vor so großen Schmerzen bestehen.Meine Seele stirbt dahin. Du seufzt? Ach verhängnisvoller Schmerz! Bedenke wenigstens, welch ein Augenblick dies ist! Ach Gott, ich kann es nicht erklären. Fürchte dich nicht, geliebtes Wesen, dies Herz wird immer für dich da sein. Grausame Sterne, erbarbmungslose Sterne! Weshalb nur solche Härte? Ihr schönen Wesen, die ihr meine Schmerzen in diesem Augenblick anschaut, sagt doch, ob ein treues Herz eine solche Qual ertragen kann?

Ulysses S. 615





28. September

Mozart KV 491 Konzert Nr. 24 c-Moll für Klavier und Orchester

Odyssee 18, 99 - 137


Der Kampf zwischen Iros und Odysseus.

Unter unbändigem Lachen und Klatschen der Freier zieht Odysseus den anderen Bettler zum Haupttor hinaus, lehnt ihn an die Hofmauer und spottet: "Da bleib du sitzen auf der Stelle und verscheuche Hunde und Schweine!"
Die Freier aber zu Odysseus:
"Mögen dir Zeus und die Götter geben, was du begehrst, Fremdling, dass du uns den überlästigen Burschen zur Ruhe gebracht hast, der nun zum König Echetos wandern mag!"
Antinoos legt ihm einen mächtigen Ziegenmagen vor, mit Fett und Blut gefüllt, Amphinomos bringt zwei Brote, und trinkt ihm unter Handschlag zu.
Odysseus:
"Amphinomos, du scheinst mir ein recht verständiger Jüngling zu sein und bist eines angesehenen Mannes Kind. Nimm dir mein Wort zu Herzen! Es gibt nichts Eitleres und Unbeständigeres auf Erden als den Menschen; solang ihn die Götter begünstigen, meint er, die Zukunft könne ihm nichts Böses bringen; und wenn Trauriges kommt, findet er keinen Mut in sich, es zu ertragen."

Kongenial zum Wesen des Menschen in seiner Zerrissenheit Mozarts am 24. März 1786 vollendetes Klavierkonzert Nr. 24 c-Moll. Es ist (mit Ausnahme von KV 466) das einzige in einer Molltonart; ebenso einzigartig ist der gemeinsame Einsatz von Oboen und Klarinetten. Das mehrfach korrigierte Autograph zeigt deutlich die Arbeitsschritte Amadés. Gleich zu Beginn des Konzerts schafft er mit dem Unisono der Streicher und Fagotte im Piano eine düstere Stimmung, die er in allen drei Sätzen aufrecht erhält. Der dazu chromatisch absteigende Bass ist metaphorisch als Schmerzensausdruck zu verstehen. Im Vergleich mit dem ersten Satz sind die beiden andern Sätze einfach strukturiert. Der Finalsatz schließt im Gegensatz zum strahlenden Dur-Schluss des d-Moll-Konzerts KV 466 in düsterem Moll.

Der düstere Septimsprung (fis–e) in den Anfangstakten von KV 491 stellt den Menschen mit beiden Beinen wieder fest auf die Erde. Drückt dieser Septimsprung Verzweiflung aus, oder handelt es sich nur um einen bei Carl Philipp Emanuel Bach abgeguckten glänzenden Einfall? Wenn Letzteres timmt, dann hat Mozart mit dieser kühnen Septime dennoch ein Wunder vollbracht, von dem auch der zweite Sohn Bachs nie eine Ahnung hatte.

KV 491

Ulysses S. 615ff.





29. September

Mozart KV 492 Le Nozze di Figaro: Ouverture

Odyssee 18, 138 - 168


Odysseus philosophiert über die Menschen und warnt Amphinomos.

"Ich selbst habe, im Vertrauen auf meine Jugendstärke, in glücklichen Tagen auch manches getan, was ich nicht hätte sollen. Drum warne ich einen jeden, im Übermute nicht zu freveln, und rate ihm, die Gaben der Götter in Demut zu empfangen. So ist es auch nicht klug, dass die Freier sich jetzt so trotzig gebärden und der Gattin des Mannes so viel Schmach antun, der schwerlich lange mehr von seiner Heimat entfernt, der vielleicht so nahe ist! Möge dich, Amphinomos, ein guter Dämon aus dem Haus hinwegführen, ehe du jenem begegnest!"
Der Freier senkt nachdenklich sein Haupt, als ahnte ihm etwas Schlimmes. Und Pallas Athene senkt der Königin in die Seele, vor den Freiern zu erscheinen, einem jeden von ihnen sein Herz recht mit Sehnsucht zu erfüllen, sich durch ihr Betragen vor dem Gemahl, dessen Gegenwart sie freilich noch nicht ahnt, und vor ihrem Sohne Telemach im vollen Glanz ihrer Seelenhoheit und ihrer Treue zu zeigen.

Skandal um


Pierre Augustin Caron de Beaumarchais’

zeitkritische, 1784 in Paris uraufgeführte Komödie "La folle journée ou le mariage de Figaro": Joseph II. verbietet ihre Aufführung in Wien wegen der Kritik an der gräflichen Unmoral sowie des Sympathisierens mit dem dritten Stand - in Gestalt des Dienerpaares Figaro und Susanna. Mozart hofft, dass seine Oper davon profitiert, obwohl sich die Komödie aufgrund ihrer Länge und komplexen Handlung nicht unbedingt für ein Opernlibretto eignet.


Lorenzo Da Ponte

erschafft es - italienisch - kongenial mit Mozart.
Da Ponte, Vertreter der italienischen Aufklärung, 1782 an den Wiener Hof gekommen, jüdisches Adoptivkind eines Bischofs, hat ein abentuerliches Leben als Priester, Lebemann, Bühnenautor und Lehrstuhlinhaber hinter sich. Er plädiert getreu nach Rousseau für die 'Società naturale', eine Gesellschaft, die den Menschen nicht Gesetzen unterwirft, die seine Natürlichkeit, seinen Instinkt und die Liebe behindern. Amadé ist sich bewusst, welchen genialen Partner er in da Ponte für seine Musiksprache gefunden hat. Der rational-politisch denkende Schriftsteller trifft den empfindungsbegabten Komponisten: ein Synthese aus Ratio und Emotion, wie sie das 'Drama bourgeois' als Basis eines idealen Gesellschaftslebens propagiert.

Amadé beschreitet mit "Le nozze de Figaro" neue Wege, geht über die Konventionen der Opera buffa hinaus. Er vermenschlicht die typisierten Gestalten, individualisiert sie; er emotionalisiert die unter den Personen herrschenden Beziehungen, nimmt die späteren Errungenschaften der durchkomponierten Oper des 19. Jahrhundert vorweg:
Er tägt die Handlung in die Arien hinein; Szenen und ganze Akte erscheinen als zusammenhängende Komplexe. So sind die Finalensembles des II. und IV. Aktes in ihren rasanten Steigerungen nur aus dem dramaturgischen Zusammenhang zu begreifen.
"Figaro" zeigt Mozarts Kunst auf dem Höhepunkt seiner reifen Meisterschaft. Seit seiner letzten vollendeten abendfüllenden Oper, der "Entführung", sind vier Jahre vergangen. In dieser Zeit hat Amadé sein Können durch bahnbrechende Kompositionen vor allem auf dem Gebiet des Klaviers und Streichquartetts weiter vervollkommnet.
Als Amadé KV 488 und KV 491 vollendet, arbeitet er bereits an der Komposition des Figaro. Mit der Aufgabe, die im April 1786 abgeschlossen ist, hat er vermutlich im Oktober des Vorjahres begonnen. Wenn er in der Zeit von Oktober 1785 bis April 1786 nur Le nozze di Figaro geschrieben hätte, dann müsste man es bereits als ein Wunder bezeichnen, dass ein solches Werk in so unglaublich kurzer Zeit entstehen konnte. Zwischendurch aber schreibt Mozart noch seine beiden schönsten Klavierkonzerte. Und das übersteigt jedes Vorstellungsvermögen.

Die Overture zur Oper komponiert Mozart auch entgegen der Tradition, dort bereits alle Themen vorzustellen. Er vermeidet ohnehin stets, in einem Vorspiel etwas von dem Gang der folgenden Handlung zu verraten, vielmehr will er Stimmung erzeugen, die er für wichtig hielt. Häufig wird die Ouvertüre als 'Lustspielouvertüre' bezeichnet, der Herausgeber der Gesamtausgabe Hermann Abert beschreibt sie als "die Entfesselung eines unbändigen Lebensdranges, einer Daseinsfreude, wie sie hinreißender nicht zu denken ist."
Die Daseinsfreude erweckt Amadé durch ein rasendes, heiteres Presto, das er die ganze Ouvertüre über beibehält. Inmitten all dieser frechen Gesänge der Holzbläser und der fröhlich-frechen Melodien der Streicher vernehmen wir den aufrührerischen Geist Mozarts. Hier in der Ouvertüre, noch außerhalb der Oper, bietet sich ihm die Möglichkeit, revolutionäre Gesinnung anzubringen, ohne mit dem Adel in Konflikt zu geraten. Es ist ein Diener - Figaro, der sich gegen seinen despotischen Grafen auflehnt und die Position Figaros bestärkt Mozart mit der Gestaltung seiner Ouvertüre, was in dieser Schärfe und Klarheit in der Oper selbst zu äußern ihm aus den gegeben gesellschaftlichen Umständen nicht möglich ist.
Urauffühung ist am 1. Mai 1786 im Wiener Burgtheater.
Äußerst geteilte Rektionen des Wiener Publikums in der Premiere: Begeisterungsstürme von Musikliebhabern, eisiger Protest des Wiener Adels, der sich durch Joseph II. nicht lächerlich gemacht sehen wollte.
Zu nah an der Wirklichkeit ist dieses Musikdrama vom bürgerichen Untertan, der mit List die Ehre seiner Geliebten vor den Nachstellungen des Grafen rettet. Die Wiender Aristokratie will mit diesem Parvenü nichts mehr zu tun haben. Eine Ablehnung, die auf Gegenseitigkeit beruht. Amadés Identifikation mit der Freimaureridee und seine Begegnung mit da Ponte lassen das enfant terrible auf Distanz zu Hof und Adel gehen.

KV 492 Ouverture

Ulysses S. 619ff.





30. September

Mozart KV 492 Le Nozze: Cavatina Se vuol ballare

Odyssee 18, 169 - 205


Penelope will zu den Freiern.

Die alte vertraute Schaffnerin billigt ihren Entschluss: "Aber bade und salbe dich zuvor, und alsdann zeige dich den Freiern."
Penelope, kopfschüttelnd: "Mute mir das nicht zu, gute Alte; alle Lust, mich zu schmücken, ist mir vergangen, seit mein Gemahl mit seinen Schiffen gen Troja fuhr. Aber rufe mir meine Dienerinnen Autonoe und Hippodameia, dass sie im Saale mir zur Seite stehen; denn unbegleitet zu den Männern hinabzugehen, verbietet mir ja die Scham."
Athene lässt Penelope schlummern, verleiht ihr überirdische Schönheit; das Gesicht wäscht sie mit Ambrosia, womit sich Aphrodite zu salben pflegt, wenn sie mit den Charitinnen den Reigen führen will; ihren Wuchs macht sie höher und voller; ihre Haut lässt sie wie Elfenbein schimmern. Die Mägde kommen, Penelope erwacht:
"Ei wie sanft habe ich geschlafen, möchten mir die Götter nur auf der Stelle einen so sanften Tod senden, dass ich mich nicht länger um meinen Gemahl härmen und im Hause Kummer ausstehen müsste!" ??

Amadés Musik ist - wie die Odyssee - nicht einfach jederzeit "schön", sondern enthält ebenfalls viel Psychologie und subtilen Humor. Er beginnt bereits in der ersten Szene zwischen Figaro und Susanne, setzt sich in den Figuren des Pagen Cherubino und den auf ihn bezüglichen Arien fort und bestimmt alle Arien und Ensembles mit den Figuren aus der italienischen 'Commedia dell'arte', Dr. Bartolo, Marcellina, Basilio und Don Curzio. Aber auch der Graf selbst, und natürlich Figaro, werden in der Musik psychologisch und subtil humorvoll charakterisiert.

Die Handlung der Oper Le Nozze di Figaro ist die direkte Fortsetzung von Beaumarchais’ Theaterstück "Le Barbier de Séville". Rosina ist nun die Gräfin Almaviva; ihr Mann bemüht sich um die Liebe von Susanna, der Verlobten Figaros. Als er den Pagen Cherubino bei der Gräfin entdeckt, versucht er ihn loszuwerden, indem er ihm ein Offizierspatent verschafft. Figaro ist in den Dienst des Grafen getreten und trifft gerade die Vorbereitungen für seine Hochzeit mit Rosinas Kammermädchen Susanna. Die Rolle des Cherubino ist eine Hosenrolle – von einer Frau gesungen.
Figaro, der Diener des Grafen, und Susanna, das Kammermädchen der Gräfin, treffen für ihre Hochzeit, die an diesem Tag stattfinden soll, die letzten Vorbereitungen. Susanna erzählt, dass der Graf ihr nachstelle; Figaro will die Herausforderung annehmen; aber er ist in arger Bedrängnis. Denn Marcellina hat ihm früher einmal Geld geliehen, unter der Bedingung, dass er sie heiraten müsse, falls er die Schulden nicht begleichen könne. Sie erscheint mit Dr. Bartolo, der seine Haushälterin Marcellina nur zu gerne loswerden möchte: beide fordern die Einhaltung des Eheversprechens. Susanna spürt in Marcellina die Rivalin und gerät mit ihr in ein Wortgefecht. Da erscheint plötzlich der Page Cherubino und bittet Susanna um Beistand: Der Graf will ihn entlassen, weil er ihn bei einem Stelldichein mit Barbarina, der Gärtnerstochter, erwischt hat; Cherubino jedoch möchte unter allen Umständen in der Nähe der Gräfin bleiben.
Als der Graf ins Zimmer tritt, versteckt er sich und wird Zeuge, wie Almaviva um Susanna wirbt. Doch muss sich auch der Graf verstecken, denn Basilio erscheint und macht Andeutungen über Cherubinos Schwärmereien. Wütend kommt der Graf hinter dem Sessel hervor und entdeckt schließlich Cherubino im Lehnstuhl, wo er sich unter einem Kleid verborgen gehalten hat. Figaro führt Burschen und Mädchen ins Zimmer, die dem Grafen für seinen Verzicht auf das alte 'jus primae noctis' danken. Cherubino wird begnadigt, muss aber das Schloß verlassen und eine Offiziersstelle im Regiment des Grafen antreten.

Triumphe feiert der Figaro in Prag, wo dieser Erfolg Anlass für den Auftrag zu Don Gionavanni wird.
Um die Protagonisten Susanna und den Grafen Almaviva scharen sich acht weitere Geprellte und Intriganten, Mozart auch in großen musikalischen Ensembles zu Wort kommen lässt.
Selbst seine ärgsten Kritiker geraten ins Staunen über Amadés Kunstfertigkeit, mit der er sieben Personen gleichzeitig ihre unterschiedlichen Anliegen vortragen lässt, ohne die einzelnen Charaktere zu verwischen und wie er das Orchester dabei auch noch zu Kommentaren anregt ...

KV 492 "Se vuol ballare"

FIGARO
Se vuol ballare,
Signor Contino,
Il chitarrino
Le suonerò
Se vuol venire
Nella mia scola,
La capriola
Le insegnerò.

Saprò... ma piano,
Meglio ogni arcano
Dissimulando
Scoprir potrò.

L’arte schermendo,
L’arte adoprando,
Di qua pungendo,
Di là scherzando,
Tutte lemacchine
Rovescierò.

FIGARO Wollt Ihr nun tanzen, Mein lieber Herr Graf, Die Gitarre dazu. Spiel ich Euch auf. Wollt Ihr kommen, Bei mir zu lernen, Die Sprünge Werd’ ich Euch lehren. Ich weiß ... aber sacht, Durch Verstellung Kann ich leichter Jedes Geheimnis enthüllen. Mal im Angriff, Mal in der Abwehr, Dort stichelnd, Da scherzend, Werde ich alle Pläne Durcheinander wirbeln.

Ulysses S. 622