Der größte Dichter und Schriftsteller ist –
das Leben.
Noch nie ist es einem Romancier gelungen,
auch nur im entferntesten die phantastischen Überraschungen und Begebenheiten nachzuempfinden,
die das Schicksal für uns bereithält.
Manchmal scheint es,
als sei ein Freund oder ein uns lieber Mensch für immer von der Szene unseres Lebens verschwunden
oder unserem Blick entrückt –
da begegnen wir ihm im unverhofftesten Augenblick wieder,
an einem Ort,
wo wir ihn niemals vermutet hätten.
Oder wir meinen,
einen uns bekannten Mann ganz und gar zu durchschauen –
und dann,
eines Tages,
er mag vielleicht schon von der Bühne des Lebens abgetreten sein,
erfahren wir Dinge über ihn,
die wir niemals vermutet hätten, die man bei ihm gar nicht für möglich gehalten hätte.

Karl May



Kommunist
Schloss
Märchenerzähler

Thälmann - Miramare - May

   

Wenn ihr im Golf von Triest segelt oder dort an Land unterwegs seid, dann besucht unbedingt Schloß Mirarmar!
Jeder kennt diesen Namen, denn nicht wenige Kneipen auch bei uns in Deutshland heißen so …
Jeder Chemnitzer kennt Ernst Thälmann, jedenfalls seine Steinbüste, auch wenn ihr Teddys typische Kopfbdeckung fehlt. Er schaut nach innen zur Stadt und nicht über den See zum "Miramar".



Ob junge Leute aber noch wissen, wer Thälmann war und wie er starb, und ob sie die absurde Story Karl Mays von den Mädchenhändlern unter dem Schloß Miramar kennen?
Die Nazis verhafteten Thälmann, KPD-Vorsitzenden, der seine Partei zusehenst stalinisiert und die SPD gnadenlos bekämpft hatte, 1933. Die Gestapoleute schlagen ihm 4 Zähne aus und traktieren ihn mit einer Nilpferdpeitsche.
Stalin ging davon aus, Thälmann stehe unter dem Einfluß der faschistischen Ideologie und sei kein prinzipientreuer Marxist. Die Nazis würden ihn nicht umbringen, um „ihn sich bei Bedarf als vernünftigen Kommunisten zunutze machen zu können“. 1945 erfahren Thälmanns Angehörige, dass sein Rivale Walter Ulbricht alle ihre Bitten ignoriert und sich nicht für die Befreiung Thälmanns eingesetzt hatte.

Die genauen Umstände von Thälmanns Tod 1944 sind umstritten: Er soll erschossen und seine Leiche im Anschluss sofort verbrannt worden sein.

Das Schloss, das seinen Namen „Miramare“ vielen Kneipen borgt, lässt Erzherzog Ferdinand Maximilian von Österreich, Bruder Kaiser Franz Josephs I., von 1856 bis 1860 auf einer Felsenklippe an der Bucht von Grignano fünf Kilometer nordwestlich Triests erbauen, sich dort 1864 zum Kaiser von Mexiko krönen (er schläft die ersten Tage auf einem Billardtisch) und 1867 von Benito Juarez hinrichten.

Maximilians Lieblingslied soll La Paloma gewesen sein. Der Legende nach spielte man es zu seiner Hinrichtung ...
Das Lied wird jedenfalls bei der Ausschiffung seines Sarges am Anlegesteg von Schloss Miramare gespielt. Zum Andenken an dieses traurige Ereignis beschließen die anwesenden Marineoffiziere, dass La Paloma auf österreichischen Kriegsschiffen von nun ab nie mehr erklingen darf. Diese Tradition halten bis heute traditionsbewusste österreichische Segler ein - und sie wird auch bei den Kursen zur Erlangung des Segelscheines unter „Seemannschaft“ vorgetragen

In der Mitte der Piazza Venezia in Triest steht ein Maximilian-Denkmal, 1875 in Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph eingeweiht. Mit einer Höhe von 8 Metern zeigt es Maximilian als Admiral auf einer hohen Trommel, verziert mit Hochreliefs: der österreichischen Flagge, der Flagge des Krieges und der Handelsmarine. Auf der achteckigen Basis wechselt die Reproduktion der Personifikationen der vier Kontinente mit Inschriften und kleinen Medaillons, die die Symbole von Wissenschaft, Poesie, Kunst und Industrie enthalten. 1961 im Miramare-Park abgelegt, kehrt das Denkmal 2009 nach neunzigjähriger Abwesenheit an den ursprünglichen Ort zurück. Maximilian „überblickt“ nun wieder einen Teil des Hafens von Triest.

Denkmal des Kaisers Maximilian in Hietzing bei Wien.
Es sind Verschwörungstheorien in Umlauf, die besagen, dass Maximilian nicht im Gewehrfeuer gestorben sei, sondern bis 1936 unter falschem Namen in El Salvador weitergelebt habe. Seine Ehefrau jedenfalls bestritt, als sie seine Leiche sieht, dass dies ihr Mann sei.

Triest und Umgebung sind bis 1918 österreichisch.
Miramare (italienisch/spanisch) bedeutet Meeresblick.
Schloss, Inneneinrichtung und umliegende Parkanlage sind gemäß den detaillierten Anweisungen und Vorstellungen des Erzherzogs erbaut und spiegeln dessen große Liebe zum Meer wider.

Maximilian ist seit 1857 mit der belgischen Prinzessin Marie Charlotte Amélie Augustine Victoire Clémentine Léopoldine, später Carlota von Mexiko, (geboren 1840 im Schloss Laeken bei Brüssel) - reichste Prinzessin Europas - verheiratet.

Maximilian und Charlotte haben keine Kinder. Maximilian hat 1859/60 eine Reise nach Südamerika unternommen, bei der er sich bei einer seiner Liebesaffären eine Geschlechtskrankheit zuzieht. Man vermutet, er sei dadurch unfruchtbar geworden. Allerdings brachte 1866 eine seiner Geliebten, Concepción Sedano, die Frau des Gärtners, einen Jungen zur Welt, der nach Maximilians Hinrichtung einem reichen Landbesitzer übergeben wurde. Dieser brachte ihn später nach Frankreich, wo er sich Sedano y Leguizano nannte. Er wurde seiner immensen Schulden wegen Spion für Deutschland, bei seiner Enttarnung gab er sich als Maximilians Sohn aus – wobei die Ähnlichkeit als groß galt. So wie sein angeblicher Vater wurde er 1917 wegen Spionagetätigkeit erschossen.
Maximilians Kammerdiener Grill berichtet, Maximilian habe häufig Besuch von Damen des Hofes erhalten. In Mexiko ließ der Kaiser die Verbindungstür zu den Gemächern seiner Frau zumauern - nun wurde auch nach außen hin nicht mehr versucht, den ehelichen Schein zu wahren.
Als Napoleon III. seine Truppen aus Mexiko zurückzieht und Maximilian im Kampf gegen die revolutionären Bewegungen alleine zurücklässt, reist Charlotte nach Europa, um in Paris, Wien und schließlich in Rom beim Papst um Unterstützung zu bitten. Ihre Bemühungen bleiben erfolglos. Sie erleidet einen schweren Nervenzusammenbruch.

Während eines Besuchs in Rom zeigt Charlotte erste Anzeichen geistiger Verwirrung und wird daraufhin im Gartenhaus von Miramare eingesperrt.
Nach Maximilians Hinrichtung 1867 verschlechtert sich ihr Zustand und Ärzte erklären sie für wahnsinnig. Den Rest ihres Lebens verbringt sie sehr zurückgezogen, zuerst auf Schloss Miramare und dann auf Schloss Bouchout im belgischen Meise, wo sie 1927 stirbt. Man sagt, sie habe bis zu ihrem Tod geglaubt, amtierende Kaiserin in Mexiko zu sein.
Auch wird behauptet, Charlotte habe 1867 ein außereheliches Kind vom belgischen Oberst Alfred Baron van der Smissen zur Welt gebracht. André Castelot (1911–2004), ein belgischer Historiker, veröffentlicht 1968 ein Buch, das Fotos von van der Smissen und Weygand enthält. Ihre Ähnlichkeit ist frappierend.
Charlotte gilt zu ihrer Zeit als sehr gebildet – sie beherrscht vier Sprachen fließend und wird in den Fächern Philosophie, Geschichte, Naturwissenschaft, Musik sowie Malerei unterrichtet. Außerdem liebte sie die Musik von Johann Sebastian Bach. Sie war eine ausgesprochene Schönheit, die selbst Kaiserin Elisabeth Konkurrenz machte. Diese hasste ihre Schwägerin und nannte sie verächtlich „kleine Coburgerin“. Dies mag auch an Charlottes altkluger und stets überlegen wirkender Art gelegen haben. Ebenso wie ihr späterer Gatte war sie stets überzeugt davon, dass sie zum Herrschen bestimmt sei. Zeitgenossen und auch viele Historiker sehen in ihr eine ehrgeizige Frau, die den gutmütigen Träumer Maximilian aufgrund ihrer Machtgier ins Unglück gestürzt habe.

Die Liebe der willensstarken Frau zu ihrem romantischen Ehemann war jedoch größer als umgekehrt. Bereits bei den Verhandlungen hinsichtlich ihrer Mitgift zeigt sich, dass er viel mehr Geschäftsmann als verliebter Träumer war, hatte er doch schon damals riesige Schulden angehäuft, und ihr Vermögen konnte ihm aus dieser Bedrängnis helfen.

Als unser bayerischer König Ludwig II. das Schloss besichtigen und eventuell kaufen wollte, wird er in einer Fallgrube im Höhlengang gefangen und mit dem Tode bedroht, weshalb er nichts mehr mit Schloss und Stadt Triest zu tun haben will.

Und schließlich:

Er platziert nördlich des Schlosses Miramare eine sehr kleine Insel, auf welcher ein Teil seiner Story spielt: ein Mädchenhändlerring hält dort seine "Ware" gefangen: junge Damen, die als Sexsklaven an Bordelle in den USA teils verkauft werden sollen, teils auch wollen. Die Insel ist durch einen ausgebauten Höhlengang mit einem kleinen Pavillion im Schlosspark verbunden.
In der Geschichte taucht auch wieder der Wurzelsepp auf, der eine entscheidende Rolle spielt und König Ludwig II. begleitet, den viel zu früh dahingeschiedenen Mäzen der schönen Künste, Schützer seiner Untertanen und großzügigen Förderer manch armer, aber wertvoller Erdenbürger...

May:
Ja, es ist wahr, vielen Menschenkindern hatten der König und sein Freund, der bescheidene Wurzelsepp, den ‚Weg zum Glück‘ gezeigt. Die folgende Erzählung ist eines jener Erlebnisse, die auch den engsten Freunden des Wurzelsepp weder zu dessen Lebzeiten noch nach seinem Tod an jenem verhängnisvollen 13. Juni 1886 je bekannt geworden sind. Wir erzählen sie nach den Aufzeichnungen, die Max Walter, der einstige Lehrer von Hohenwald, in seinem Tagebuch überliefert hat. Warum Max, der begabte Dichter, daraus nicht selber eine Novelle gestaltete, ist uns freilich unbekannt – und es soll nach dem Willen des bescheidenen Verfassers auch Geheimnis bleiben. Da die folgenden Begebenheiten manche Gestalten auf die Szene treten lassen, die dem Leser vertraut sein mögen, verzichten wir darauf, die Lebensgeschichte des Wurzelsepp und seiner Freunde hier zu wiederholen; vieles davon ist an anderer Stelle bereits geschildert worden. – – –
Obgleich der Frühling noch längst nicht angebrochen war, lag das herrliche Triest in seiner immergrünen Umgebung wie eine weißglänzende Perle zwischen schimmernden Smaragden im Sonnenlicht eines wunderschönen Tages. Von Süden her wehten milde Lüfte, und heller Tagesschein drang selbst in die engen und dunklen Gässchen der ehemaligen Judenvorstadt, die unweit des alten Kastells auf dem Schlossberg gelegen ist.
In einem dieser engen Gässchen lagen zwei kleine, einstöckige Häuser nebeneinander; ihre Fenster waren so klein, dass kaum ein Mensch hätte herausblicken können, und die Türen waren so niedrig, dass selbst eine mittelgroße Person sich beim Ein- und Ausgang bücken musste.
Eines dieser Häuser wurde von einem Griechen bewohnt, einem der vierzehnhundert seiner Landsleute, die in Triest lebten, das andere von einem der fünftausend Juden, die in dieser Stadt wohnten und arbeiteten. Der Grieche hieß Kolyma, der Jude Baruch Abraham.
Alle Welt wusste, dass diese beiden Männer die besten Freunde waren. Beide handelten mit Altwaren, doch munkelte man, dass sie außerdem noch heimliche Geschäftsbeziehungen unterhielten, über die freilich niemand etwas Genaues wusste. Leute, die scharfe Augen und sichere Urteilskraft besaßen, behaupteten sogar, beide spielten die Rollen der armen, aber ehrlichen Trödler nur nach außen, seien aber in Wirklichkeit bedeutend reichere Männer. Ob das wirklich stimmte, konnte aber niemand sagen; vielleicht entsprangen solche Gerüchte ja auch nur dem Neid.
Heute nun kamen zwei junge Männer die Gasse heraufgeschlendert, in der sich die Häuser Kolymas und Abrahams befanden. Sie blickten sich nach rechts und links um und gaben sich ganz wie Leute, die hier fremd waren und die Stadt auch in ihren nicht ganz so bekannten Vierteln kennen lernen wollten.
Der ältere der beiden mochte an die dreißig Jahre zählen. Er war kräftig gebaut, und seine Augen blickten so ruhig und sicher drein, wie es bei jemandem der Fall zu sein pflegt, der trotz seiner Jugend bereits eine sichere Position im Leben erreicht hat. Der andere, wohl um einiges jüngere, war schmächtiger, mit zarten sensiblen Gesichtszügen, die von manch überstandenem Leiden kündeten. Seine blauen Augen blickten mild und freundlich in die Welt; er schien mehr einen anpassungsfähigen als einen befehlenden Charakter zu besitzen. Beide Männer mochten dem Künstlerstand angehören, wenigstens ihrer Kleidung nach zu schließen. Sie kleideten sich ganz ähnlich: blausamtene, einfache Anzüge und breitkrempige Kalabreser. Ihre Gesichter waren tief gebräunt wie die zweier Reisender, die längere Zeit in südlichen Gefilden verbracht hatten.
Der gewitzte Leser wird in den jungen Männern den einstigen Lehrer von Hohenwald, Max Walter, und seinen jüngeren Freund Johannes Weise, den man früher in seiner Familie den ‚Elefantenhans‘ genannt hatte, wieder erkennen. Nach dem großen Erfolg der Oper ‚Götterliebe‘ bei ihrer Uraufführung in Scheibenbad waren sie nach Italien gefahren, um sich dort die Kunstschätze zu besehen; außerdem schrieb Max gerade an dem Libretto einer neuen Oper, die sein Freund, der frühere ‚Fex‘ und jetzige Baron Curty von Gulijan in Musik setzen sollte.Über Triest wollten sie nach Wien und von dort nach Hause reisen; sie hatten beschlossen, ein wenig in Triest und Umgebung herumzustreifen und besonders das berühmte Schloss Miramare zu besuchen, den Lieblingsaufenthalt des unglücklichen Kaisers Max von Mexiko, der ein so unglückliches Ende gefunden hatte.

Unverkennbar ist, dass May sich entweder in Triest gut auskannte oder aber zeitgenössische Reiseliteratur benutzte, etwa den einschlägigen Baedeker, was er immer wieder tat, etwa auch für seine Indianerbücher. Denn Beschreibung des Schlosses und der Eremitage sowie der ganzen Umgebung sind detailgetreu, authentisch und entsprechen dem Wissensstand von 1887. Wer anders als Karl May hätte sich dermaßen gründlich für eine doch eher nebensächliche Seitenhandlung kurz vor Schluss eines Romans präparieren können und dazu die Fähigkeit besessen, aus Quellen so geschickt zu exzerpieren? Wer hätte sich ein so typisches May-Thema ausdenken können wie die unterirdischen Gänge und Höhlen, für die May zeitlebens eine Vorliebe hatte? Die Triest-Episode weist deutliche motivische Überschneidungen mit Mays Orientzyklus auf. Der üble Mädchenhändler Baruch Abraham züchtigt die Italienerin Anita mit der Peitsche. Auch in einer Szene aus Der letzte Ritt wird auf dem unsäglich schmutzigen Hof eines Armeniers eine Magd gepeitscht, was Kara Ben Nemsi veranlasst, energisch einzugreifen. Zudem findet sich am Ende der Triestepisode eine Stelle, wo der Wurzelsepp die unterirdischen Gänge der Isola piccola stürmt und dabei so tut, als befinde er sich in Begleitung einer ganzen Soldatentruppe.
Mehr verraten wir nicht, lest den Kurzkrimi selber!
Gute Unterhaltung.

 







Mehr vom Meer