Christians Mini-Kosmos




Patricia Holland Moritz

Ich wohne in den Kaßbergen. Und Ihr?
Kennt Ihr Renate Holland-Moritz?
Ich habe nichts von ihr gelesen.

Umso besser kenne ich Patricia Holland Moritz, die auf ihren Buchcovern den nervenden Bindestrich weglässt, um nicht mit erstgenannter Holländerin verwechselt zu werden.
Geboren 1967 in einer Stadt mit 3 Os und 2 Bindestrichen (Gorl-Morgs-Stod). Wenn man googelt, findet man Patricia H. M. seit neuestem in Wiki, und woanders, und da steht meist als Geburtsort Chemnitz, was falsch ist, weil es 1953 bis 1990 diese Stadt nicht gab.

Erste und einzige DJ weiblichen Geschlechts in ihrer Geburtsstadt.

"Ich lebte in einem Land, in dem ich nicht die gleichen schönen Sachen machen konnte wie meine Cousins und Cousinen im Westen, die etwa so alt waren wie ich und beispielsweise als Au-pair nach Kanada gingen. Karl-Marx-Stadt erlebte ich weniger cool als Berlin, wo meine Freunde und ich beinahe jedes dritte Wochenende hinfuhren, um etwas zu erleben. Und wir haben viel kopiert - in Frisur und Kleidung, Musikgeschmack. Wir konnten ja ARD und ZDF sehen und Bayern 3 hören. Wir wollten immer ein bisschen anders sein.
Wir versuchten irgendwann, uns unsere kleine Welt schön zu machen. Wir haben im Klub ,Kasch‘ im Flemming-Gebiet und im ,Markersdorfer Würfel' im Heckert-Gebiet nur Motown-Platten aufgelegt, die wir uns alle aus dem Westen schicken ließen. Mancher Soul-Liebhaber brachte gleich seine eigenen Platten mit, die wir dann spielten“.
Eine schöne Subkultur habe sie da in dieser komplett unterschätzten, "aber eben auch eher hässlichen Stadt" entwickelt.
Buchhändlerin in Leipzig, Speditionskauffrau in Paris, Kaltmamsell in Irish Pubs, Krimiautorin, Ghostwriter für einen Gottesmann, der friedlch revoltiert.

Sie brachte etwas mit, um in den Kaßbergen leben zu können, es hier auszuhalten, hier zu sterben, ohne vorher verrückt geworden zu sein.

Kaßbergen

Im Mauerbauen waren sie gut. Genetisch war der Mensch ein Maurer, schien es.
Kaum konnte er zählen und handeln, setzte er Gewonnenes in Steine um, die er aufeinandertiirmte, gebrannten Kalk mit gemahlenen Ziegeln und vulkanischen Aschen verkittete und über sich selbst hinauswachsen ließ. Hinzu kam sein Streben, das ihm auch der sonntägliche Kirchgang mit den Zehn Geboten nicht austreiben konnte, und vor den Todsünden scheute er schon gar nicht zurück.
Der Mensch lebte die Gier des Höher, Schneller, Weiter, und er strebte beim Mauerbau das Höchste an. Das ganze Land war ein einziger Festungsbau.
Der eine grenzte sich vom anderen ab, während der Dritte den Sturm darauf probte. Burgen mit Gräben wurden gebaut und ummauert und geschliffen, um dann wieder alles von vorn zu beginnen.


Tief ergreifend und erschütternd die Schilderungen der Pogrome der Kaßbergener gegen ihr Mitbewohner, Schändung und Vernichtung der Synagoge und Ermordung verdienter Chemnitzer Bürger. Die vielen Stolpersteine in unserer Stadt sollen uns drüber stolpern lassen, um das alles nie zu vergessen und uns rechtzeitig gegen neuen Hass und Geschichtsklitterung zu wehren. Ebenso, wie es nach dem Krieg weitergeht bei Wismut, dem krankmachenden Bergwerk der Sowjetunion auf deutschem Boden zum Atombombenbau.
Die Website, geschaffen von einem zugereisten begeisterten Einwohner, versucht seine von Patricia so wunderbar geschilderte neue Heimat durch Illustrationen und Quellen lebendig werden zu lassen. Denn welcher Leser aus dem Westen weiß schon, was Blämbe, Nischl oder FRÖSI sind ("Der Fuchs ist schlau und stellt sich dumm - beim Wessi ist es andersrum!").




Protagonisten:

Ich-Erzählerin Ulrike Umlauf
* 1969
Ich wünschte manchmal,
ich könnte meine Wände sprengen
und meinen Nachbarn dann Blumen schenken
als Trost für die kaputtgegangne Vase.




Vater Dieter Umlauf S. 12
* etwa 1950, Trennung, heiratet Brigitte Kempe und heißt Kempe





Großeltern väterlichseits Klaus und Karola Umlauf S. 86
Suizid





Urgoßvater väterlichseits Kurt Umlauf S. 86
Bürgermeister von Chemnitz. Klarname Kurt Berthel (1897 - 1960)

Urgroßmutter Gertrud S. 174







Mutter Rosemarie Uhlig S.7
* ca. 1942, mit 22 Tochter Ulrike, Sekretärin Textilbetrieb, verheiratete Umlauf
2. Mann Gustloff





Großvater mütterlichseits Emil Uhlig S.8
"Häuptling". Polizist. Junge Liebe: Frollein Leopold

Großmutter mütterlichseits Elli, verheiratete Uhlig S. 7
"Mininister", gelernte Näherin. 1. WK 2 ihrer Brüder gefallen (Albert zu Kriegsanfang, Otto in Kriegsgefangenschaft)




Urgroßvater mütterlichseits
Strumpfwirker, neue Partnerin Clara










Sonstige Handelnde



Abel, Rosa S. 200
Ehefrau des Kaufmanns Hermann Abel. Sie leben zunächst in Dessau, Ehrenfriedersdorf und Annaberg, wo ihre fünf Kinder geboren sind: Max (* 1889), Erna (* 1890), Ludwig (* 1895), Alfred (* 1900) und Hannah (* 1901). 1903 zieht die Familie nach Chemnitz. 1940 müssen Rosa und Hannah Abel in das „Judenhaus“ Apollostraße 18 ziehen. 1942 deportieren und ermorden die Nazis Hannah Abel, Rosa Abel weisen sie in das Jüdische Altersheim am Antonplatz 15 ein, bevor sie sie 1943 in das Ghetto Theresienstadt deportieren, wo sie 1944 an Hunger und Krankheit stirbt.


Agricola, Georgius S. 242
latinisiert aus Georg Bauer, 1494 - 1555, Arzt, Apotheker und Wissenschaftler, der als „Vater der Mineralogie“ und Begründer der modernen Geologie und Bergbaukunde gilt. Als herausragender Renaissance-Gelehrter und Humanist zeichnet er sich außerdem durch besondere Leistungen in Pädagogik, Medizin, Metrologie, Philosophie und Geschichte aus.
1531 Stadtarzt in Chemnitz, wo er viermal das Bürgermeisteramt innehat. Zudem im Staatsdienst sächsischer Hofhistoriograph. 2 Mal verheiratet, mindestens 6 Kinder. Erste Frau stirbt 1540. 2 Jahre später heiratet er im Alter von 48 die 30 Jahre jüngere Tochter Anna von Ulrich Schütz d. J., ehemaliger Besitzer der Saigerhütte Chemnitz, die damals reichste Chemnitzer Familie. 1555, mit 61, Tod in Chemnitz. Nach der Reformation in Sachsen verweigert die Stadt dem katholischen Agricola die Beerdigung auf Chemnitzer Flur, daraufhin in der Schlosskirche von Zeitz begraben.


Beck, Heinrich S. 195
1854 - 1933, Jurist, Chemnitzer Oberbürgermeister 1896 - 1907, die Stadt erlebt bedeutenden Aufschwung: Bau Neues Rathaus, König-Albert-Museum und Opernhaus. Kastanienstraße in Heinrich-Beck-Straße umbenannt, ab 1964 Johannes R. Becher-, ab 1990 wieder alter Name.
1914 faktisch die Stellung eines Ministerpräsidenten.






S. 27


Brückner S. 30
"Schladoht" Nachbar


Brühl, Georg „Schorsch“ S. 227
1931 - 2009, alias Johann „Schong“ Müller-Rabenstein, Museologe, Kunstwissenschaftler, Publizist und Kunstsammler, der vielseitige Kunstsammlungen (Bildende Kunst, Kunsthandwerk, Asiatika) anlegt. Prägt das künstlerisch-kulturelle Leben in Karl-Marx-Stadt vor der Wende entscheidend mit: 1972 bis 1978 Sekretär der Galerie Oben, Zusammenarbeit mit Schauspielhaus. Schreibt zur Kunst des Impressionismus und Expressionismus, lehrt an der örtlichen Volkshochschule. 1990 Gründung eines Kuratoriums zum Erhalt der Villa Esche. Nach der Wende wird jahrelange Tätigkeit als IM „Peter“ für das MfS bekannt.
2009 schreibt Jens Kassner:
Ich war in den frühen 90ern 2 Jahre zur Aufarbeitung seiner Bibliothek und Grafiksammlung bei ihm beschäftigt, habe ihn also ganz gut kennengelernt. Seine Persönlichkeit knapp zu charakterisieren, ist kaum möglich, zu schillernd und facettenreich ist sie - Kunstsammler mit sicherem Instinkt, Stasi-Berichteschreiber, Querkopf und Egozentriker, Quartalssäufer und bekennender Schwuler … Und vieles mehr. Genialität und Peinlichkeit lagen bei ihm immer dicht beeinander. Im Endeffekt war er schließlich eine tragische Figur. Die letzten Jahre soll er wohl sehr krank gewesen sein, ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen. Ein Teil der Sammlung ist zwar nun im Schloss Lichtenwalde dauerhaft zu sehen. Doch es wäre auch viel eher eine größere Präsentation machbar gewesen. In Chemnitz und Zwickau ist es wegen der Stasi-Vergangenheit gescheitert, in Lichtenstein aber wegen Brühls Fähigkeit, auch wohlmeinende Freunde vor den Kopf zu stoßen. Solange ich Kontakt zu ihm hatte, wollte er nie offen über die IM-Tätigkeit reden, behautete immer nur, damit niemandem geschadet zu haben. Das dürfte so nicht ganz stimmen. Immerhin hat er persönlichen Nutzen aus der Zwangsenteignung mancher ausreisewilliger Sammlerkollegen gezogen.
Auch seine Rolle als Kunstkenner ist zweideutig. Die Publikationen waren zumeist ein Gemeinschaftswerk vieler Beteiligter, denn sein Fachwissen blieb doch häufig genug an der Oberfläche. Allerdings hatte er ein untrügliches Gespür für Trends. In den 50gern und 60gern, als Jugendstil in der DDR als bürgerlich-dekadent verpönt war, konnte er eine beachtliche Sammlung mit Kunsthandwerk dieser Periode aufbauen. Dass er sie freiwillig dem Köpeniker Museum übereignet hat, stimmt nicht ganz. Das war eher ein Ausweg, um der Stasi ein Druckmittel weniger zu bieten. Es reichte ja schon, schwul zu sein, um erpresst werden zu können. Als Jugendstil dann zu teuer wurde, konzentrierte er sich auf Art déco, später auf Ikonen und schließlich ostasiatische Kunst. Um das finanzieren zu können, trennte er sich immer wieder von älteren Sammlungsbeständen, deren Marktpreis unterdessen gewachsen war. Seine dreietagige Wohnung an der Karl-Liebknecht-Straße in Chemnitz war eine faszinierende Wunderkammer. Manchmal war er selbst über Funde von Gegenständen, die er seit Jahren nicht in der Hand hatte, überrascht. Ob er aber jemals wirklich glücklich war, weiß ich nicht.


Buchheim, Klaus S. 160
* 1889 Schuldirektor Ulrikes, Bruder: Lothar-Günther Buchheim (Das Boot). Wächst in Chemnitz auf dem Kaßberg auf. 1942 Leutnant Jagdgeschwader, Fernaufklärer. Verwunderlich, dass Klaus, der stets Verkannte, der immer nur das schlechtere Essen bekam, sich bei der Luftwaff wohlfühlt? Kommt mit seiner Ju 88 bis nach Stalingrad.


Bucht S. 117
siehe unten


Doerzbacher, Hedwig S. 200
1942 deportieren und ermorden die Nazis in Belzyce die Witwe des Chemnitzer Strumpffabrikanten Max Doerzbacher, geboren 1883 als Hedwig Kohn, die in ihrem Haus Ahornstraße 32, zuletzt „Judenhaus“, lebt.






Einer S. 244
Arbeiter


Eisprinzessin Katarina S. 162


Elvira S. 212
Gast bei Roland Schaarschmidt


Enge, Ernst S. 89
* 1893 † 1944 in Chemnitz, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Aufgewachsen in Dittersbach bei Frankenberg, will Lehrer werden, wofür er das Geld nicht hat, lernt Gärtner. Ab 1912 Chemnitz in einer Spinnerei, später Packer. Nimmt an den Klassenkämpfen in Chemnitz teil. 1915 bis 1918 Militärdienst. Gegen Ende des Krieges wächst sein Hass gegen Imperialismus und Krieg. Spartakusbund, 1919 Unabhängige Sozialdemokratische Partei und 1921 KPD. 1933 und 1939 kurzfristig wegen antifaschistischer Tätigkeit inhaftiert. 1939 für die Chemnitzer Maschinenbaufirma Moll, Rüstungsbetrieb, zwangsverpflichtet. Organisiert gemeinsam mit Rudolf Harlaß weiterhin Widerstand. Seine illegale Gruppe hilft sowjetischen, französischen und tschechischen Zwangsarbeitern mit Lebensmitteln und Kleidung sowie mit Informationen über die Lage an den Fronten, besorgt Pässe, Kompasse und Kartenmaterial für die Flucht aus dem Zwangsarbeiterlager der Chemnitzer Astra-Werke.
Durch Motorbrand in einer Abteilung der Astra-Werke legen sie die Kriegsproduktion für 6 Tage lahm.
Enge hört nachts Radio Moskau, setzt verfasst Flugblätter, die er unter sowjetischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern verteilt.
1944 verhaftet und im Chemnitzer Gefängnis Hohe Straße erdrosselt (als Selbstmord getarnt).


Esche, Herbert Eugen S. 41
1874 - 1962 Unternehmer in der Textilindustrie und Kunstmäzen. Sohn des Chemnitzer Strumpffabrikanten Otto Moritz Eugen Esche, nach dessen Tod zusammen mit seinem Bruder Fritz Eugen Esche Miteigentümer und Geschäftsführer der Strumpfwarenfabrik Moritz Samuel Esche in Chemnitz.
Villa Esche
Ende 1945 verlässt Esche Chemnitz und zieht zu seiner Tochter nach Küsnacht/Schweiz.


Flieg, Daniel S. 150
1880 - 1935 Vater von Stefan Heym, kommt 1912 als kaufmännischer Vertreter nach Chemnitz. 1923 Vorstandsmitglied der Trikotagen- und Strumpfwarenfabrik AG. Das Ehepaar Flieg gehört zu den aktivsten Mitgliedern der Saxonia-Loge. Flieg unterstützt die Chemnitzer "Kunsthütte". 1933 verhaftet man ihn anstelle seines Sohnes Helmut, der sich in Berlin befand. Einige Wochen KZ Sachsenburg, von wo er als gebrochener Mann zurückkehrt, 1935 Freitod.


Flieg, Helmut siehe Stefan Heym


Flieg, Werner S. 152
Jüngerer Bruder Stefan Heyms


Fuchs, Hugo Chanoch S. 199
1878 - 1949 Rabbiner und jüdischer Historiker, Leipzig Dr. phil. 1907 bis 1938 Rabbiner der Israelitischen Religionsgemeinschaft Chemnitz.
Zentrale Figur des jüdischen Lebens in Deutschland, nach der Reichspogromnacht 1938 verhaftet und KZ. Von Mitmenschen unter Folter gezwungen, das Niederbrennen seiner Synagoge mit anzusehen. 1939 Erlaubnis zur Ausreise, emigriert nach Buenos Aires. In zweiter Ehe mit Else Flieg verheiratet, deren Sohn Helmut aus erster Ehe ist Stefan Heym. Im Chemnitzer Stadtteil Kapellenberg Straße nach Fuchs benannt.






Fürstenheim, Hermann S. 137
Warenhausdirektor Tietz: In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 dringen 4 SA- und SS-Männer in seine Villa in der Weststraße 4 ein, schleppen ihn in den Keller und töten ihn mit mehreren Schüssen. Die Leiche wird behördlich konfisziert, verbrannt und die Asche seiner Ehefrau Ida zugestellt.
Die Jusitz belangt zumindest einige der Mörder nach Kriegsende strafrechtlich.
Guido Immerthal, geboren 1909, tritt Anfang 1930 in die SA und ein Jahr später in die NSDAP ein. Im Oktober 1932 wird er Rottenführer bei der Allgemeinen SS. Während des Krieges gehört er zum Personal des Konzentrationslagers Stutthof. Gegen ihn erlässt das AG Chemnitz 1947 einen Haftbefehl, 1948 wird er in U-Haft genommen, zunächst jedoch auf Kaution wieder entlassen, 1951 wird der als Kaufmann in München lebende Immerthal erneut in U-Haft genommen. Die Justiz verurteilt ihn wegen Beihilfe zum Mord zur Freiheitsstrafe von 6 Jahren.
Gegen SS-Rottenführer Kurt Müller verhandeIt das LG Tübingen, es gibt den Fall ans OLG Stuttgart ab, das Müller 1962 vom Vorwurf der Beteiligung an der Tat mangels Beweisen freispricht.
Die Tatbeteiligten SA-Obersturmführer Werner Görner und SA-Sturmbannführer Werner Puchta bleiben anscheinend unbehelligt.


Glockenbach siehe Winkler


Gotsche, Otto S. 189
1904 - 1985, Widerstandskämpfer gegen die Nazis, Politiker (KPD, SED), Schriftsteller. Bis 1960 Ulbrichts persönlicher Referent, bis 1971 Leiter des Staatsratssekretariats. Bekanntestes Werk "Die Fahne von Kriwoj Rog" (Roman 1959).





Gustloff, Heinz S. 111
Neuer Partner Rosemarie Uhligs


Günther, Matthias S. 185
* 1947 Schauspieler und Hochschullehrer. 1973 bis Anfang der 1980er an den Städtischen Bühnen Karl-Marx-Stadt, wo er u. a. Mephisto spielt. Seit Anfang der 1970er im Fernsehen (zumeist in Theateraufzeichnungen) und in DEFA-Spielfilmen. Verlässt 1986 die DDR. Seit 2005 Professor an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ Berlin




Harlaß, Rudolf S. 50
1892 - 1944, KPD-Funktionär. Eisendreher, Leiter des Militärapparates der KPD im Erzgebirge/Vogtland.
Während des 2. Weltkrieges laufen bei ihm und Ernst Enge die Verbindungsfäden der Chemnitzer Widerstandskämpfer zu den großen Widerstandsgruppen in Berlin, Leipzig und Dresden zusammen. Sie leiten das Netz der antifaschistischen Widerstandsgruppen in den Chemnitzer Betrieben und unterhalten die Verbindung zu dem sowjetischen Widerstandskomitee in der Stadt, mit dem sie gemeinsame Flugblätter in russischer Sprache herstellen und unter den Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern verbreiten. Die Nazis verhaften sie im Zuge der Aktion Gewitter 1944 und ermorden sie mit weiteren 70 Chemnitzer Widerstandskämpfern.


Hartmann, Richard S. 53
1809 - 1878, "Lokomotivenkönig", Sohn eines elsässischen Weißgerbers, der in seinen Wander-jahren 1832 Chemnitz erreicht, wo er für verschiedene Fabrikanten arbeitet. Einer war Carl Gottlieb Haubold, der als Begründer des Chemnitzer Maschinenbaus gilt. 1839 erwirbt er für 1000 Taler von einem mittellosen Erfinder die Rechte an einer Streichgarn-Vorspinn-Maschine, mit der der Durchbruch seines Unternehmens beginnt. 1844 verlagert Hartmann den Produktionsstandort an die spätere Hartmannstraße in Schloßchemnitz. Er hat eine weites Spektrum an Maschinen in Produktion. 1847 wird er Freimaurer in der Loge Zur Harmonie. 1848 gelingt dem Unternehmen die Herstellung einer ersten Dampflokomotive. Sie ist gegenüber der aus Großbritannien importierten konkurrenzfähig und wird in den folgenden Jahrzehnten weltweit exportiert. 1857 zählt sein Unternehmen 1500 Mitarbeiter, das er 1870 in eine AG umwandelt. Hartmann wohnt in unmittelbarer Nähe zu seiner Fabrik in einer Villa an der Kaßbergstraße, wo er an einem Gehirnschlag stirbt.
Die Hartmannstraße heißt nach ihm, ebenso die 2002 eröffnete Vierfeld-Sporthalle Richard-Hartmann-Halle, die auf dem ehemaligen Werksgelände steht. Von den ehemaligen Fabrikbauten sind nur noch wenige erhalten, darunter das unter Denkmalschutz stehende, heute als Polizeidirektion dienende Gebäude.
Hartmann hat großen Anteil daran, dass sich Chemnitz nach 1870 zu einer der großen deutschen Industriemetropolen entwickelt.


Hasen-Siggi S. 159
Klasenkamerad Ulrikes


Haubold, Carl Gottlieb S. 246
1783 - 1856. Gilt als Vater des Chemnitzer Maschinenbaus und Gründer der nach ihm benannten Hauboldwerke (später ERMAFA). Die Spinnmaschinen bestehen zur damaligen Zeit noch weitgehend aus Holz. Haubold eignet sich in Reparaturwerkstätten das Wissen über die technische Funktionsweise von Spinnmaschinen an. 1811 richtete er eine kleine Maschinenbauwerkstatt zur Produktion mechanischer Spinnmaschinen in der Brüdergasse ein, angetrieben von einem Pferdegöpel. 1815 beginnt Haubold mit der Herstellung von Schlagmaschinen für Baumwolle.
1822 pachtet er die Wöhlersche Spinnerei in Furth, die älteste mechanische Baumwollspinnerei Sachsens mit Wasserkraft betrieben. 1826 kauft er das Unternehmen und betreibt neben der Spinnerei auch eine Weberei. 1828 beschäftigen seine Firmen 170 Erwachsene und 28 Kinder. 1830 macht er Studienreisen in mehrere Länder Europas. Haubolds Maschinenbauabteilung wird schnell über die Grenzen von Sachsen und Deutschland bekannt. Richard Hartmann und Johann Zimmermann, beide große Chemnitzer Unternehmer, beginnen bei Haubold ihre Karriere. 1838 bekommt das Unternehmen zusätzlich zum bestehenden Wasserrad eine 25 PS starke Dampfturbine - die erste in Chemnitz. In der Folge fertigt das Unternehmen neben Textilmaschinen auch Papier- und Drehmaschinen, Wasserräder, hydraulische Pressen sowie schließlich auch Dampfmaschinen und Turbinen.


Hauermann, S. 332
Wismutbergmann, seine Frau Renate


Hegewald S. 106
Lehrer Ulrikes


Heiler, Hans S. 243
(kyrillisch Gans Geiler) Klassenlehrer Ulrikes, "Geilergans"


Hermlin, Stephan S. 149
1915 - 1997 * Chemnitz, eigentlich Rudolf Leder, Jude, Übersetzer. Kommunist, Druckerlehre, 1936 Emigration Palästina, später Frankreich und Schweiz.
Nach Rückkehr 1947 Ost-Berlin, in wichtigen Gremien der sowjetischen Besatzungszone, schnell einflussreichster DDR-Schriftsteller. 1976 Engagement gegen die Ausweisung Wolf Biermanns.
ZEIT 1996: Hermlin im autobiographischen Text „Abendlicht“ falsche Tatsachenbehauptungen aufgestellt, etwa, dass er ein hervorragender Schüler gewesen sei und studiert habe, sein Vater im KZ umgekommen und er aktives Mitglied der französischen Résistance gewesen sei und als Offizier im Spanischen Bürgerkrieg gekämpft habe. Vorwurf: Hermlin habe es lange Zeit kommentarlos hingenommen, dass Biographen und Philologen das literarische Material für wahr hielten (DDR-Schriftsteller Stephan Hermlin hat seinen Lebensmythos erlogen. Dichtung in eigener Sache)



Heym, Stefan S. 215
1913 - 2001, eigentlich Helmut Flieg, * Chemnitz. Einer der bedeutendsten Schriftsteller der DDR, 1994 - 1995 Abgeordneter der PDS im 13. Deutschen Bundestag.
Sohn einer jüdischen Chemnitzer Kaufmannsfamilie, 1931 auf Druck der Nazis wegen seines antimilitaristischen Gedichts "Exportgeschäft" in der sozialdemokratischen Tageszeitung 'Volksstimme' vom Gymnasium verwiesen.


Exportgeschäft

Wir exportieren!
Wir exportieren!
Wir machen Export in Offizieren!
Wir machen Export!
Wir machen Export!
Das Kriegsspiel ist ein gesunder Sport!

Die Herren exportieren deutsches Wesen
zu den Chinesen!
zu den Chinesen!

Gasinstrukteure,
Flammengranaten,
auf arme, kleine gelbe Soldaten -
denn davon wird die Welt genesen.
hoffentlich
lohnt es sich!

China, ein schöner Machtbereich.
Da können sie schnorren und schreien.
Ein neuer Krieg -
sie kommen sogleich,
mit Taktik und Reglement und Plänen
Generale, Majore!
Als ob sie Hyänen der Leichenfelder seien.

Sie haben uns einen Krieg verloren.
Satt haben sie ihn noch nicht -
wie sie am Frieden der Völker bohren!
Aus Deutschland kommt das Licht!
Patrioten!
Zollfrei Fabrikanten von Toten!

wir lehren Mord! Wir speien Mord!
Wir haben in Mördern großen Export!
Ja!
Es freut sich das Kind, es freut sich die Frau.
Von Gas werden die Gesichter blau.
Die Instruktionsoffiziere sind da.

Was tun wir denn Böses?
wir vertreten doch nur die deutsche Kultur.


Reifeprüfung in Berlin, nach Reichstagsbrand 1933 flieht er in Tschechoslowakei, nimmt den Namen Stefan Heym an.
Nach der Wendeung äußert sich Heym sehr kritisch über die Benachteiligung der Ostdeutschen im Verlauf ihrer Integration in die Bundesrepublik und besteht auf einer gerechten sozialistischen Alternative zum nunmehr gesamtdeutschen Kapitalismus. 1992 gehört er zu den Mitbegründern des 'Komitees für Gerechtigkeit'. Hofft, dass sich daraus eine neue Partei gründen würde, denn „wenn alle anderen Parteien politisch bankrott seien, dann müsse eben eine neue geschaffen werden.“ Seine Rede bei der Gründung des Komitees gipfelt in der Warnung:
"wenn die Leute sich nicht artikulieren können, dann werden sie Häuser anzünden. Und wenn man ihnen nicht eine demokratische Lösung anbieten kann, eine linke Lösung, dann werden sie nach rechts gehen, werden wieder dem Faschismus folgen“
Bei der Bundestagswahl 1994 gewinnt er ein Direktmandat im Wahlkreis Berlin-Mitte-Prenzlauer Berg. Als Alterspräsident hält er die Eröffnungsrede zum 13. Deutschen Bundestag, bei der in einem viel diskutierten Traditionsbruch die Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion - mit Ausnahme der anschließend zur Bundestagspräsidentin wiedergewählten Rita Süssmuth - wegen kurz zuvor aufgekommener Vorwürfe gegen Heym (Zusammenarbeit mit der Stasi, die sich später als unbegründet erweisen) den Schlussapplaus verweigern.
Die Schmähschrift oder Königin gegen Defoe, erzählt nach den Aufzeichnungen eines gewissen Josiah Creech. Vom Autor übersetzt aus dem Englischen. Diogenes, Zürich 1970, DDR 1974.
In der Zeit, da dem Schriftsteller Stefan Heym im eigenen Lande zum ersten Mal dasselbe Schicksal widerfährt wie dem Historiker Ethan in seinem Roman Der König David Bericht, nämlich totgeschwiegen zu werden, bringt der Zürcher Verlag Diogenes im Frühjahr 1970 ein Büchlein heraus, das heute als eines der besten Prosawerke Heyms gilt. Die Novelle basiert auf einer Episode aus dem Leben des englischen Schriftstellers Daniel Defoe, Schöpfers des Robinson Crusoe, ein früher und leidenschaftlicher Vertreter der Aufklärung im englischen Königreich. In zahlreichen Schriften und Flugblättern setzt er sich für religiöse und politische Freiheiten ein, was ihn immer wieder in ernste Konflikte mit der Obrigkeit und an den Pranger bringt.
Parallelen zu Heyms eigener Situation in der DDR - seit dem 11. Plenum des Zentralkomitees der SED 1965 gilt er als anscheinend unbelehrbarer Verfechter falscher Sichtweisen auf die Geschichte von Staat und Partei - lassen damals rasch erahnen, dass es ihm in der Schmähschrift keineswegs nur um die Gestaltung eines historischen Stoffes geht. Vielmehr nutzt er die mehr als zweieinhalb Jahrhunderte zurückreichenden Ereignisse um Defoe zur Bloßstellung der aktuellen Verhältnisse im Lande, namentlich der Unterdrückung von Meinungen, die von den offiziellen Lesarten abweichen.
Um es den Zensoren in der DDR nicht allzu leicht zu machen, das Buch zu verbieten, lässt Stefan Heym sich von einem Gutachter bestätigen, dass seine Novelle ausschließlich auf nachprüfbaren historischen Fakten beruht. Trotzdem kann die Schmähschrift zunächst nur im Westen erscheinen und erst Jahre später auch in der DDR. Die Kritik reagiert überwiegend positiv, zum Teil regelrecht enthusiastisch. „Eines der raffiniertesten literarischen Pamphlete unserer Zeit“, urteilt etwa die Zeitschrift „Deutsche Bücherkommentare“.


Hoffmann, Jan S. 12
* 1955 Dresden. Eiskunstläufer, der mit 12 im Einzellauf für die DDR startet. Weltmeister 1974 und 1980, Europameister 1974 und 1977 bis 1979. Jan Hoffmanns Trainerin Annemarie Halbach, anschließend Jutta Müller in Karl-Marx-Stadt.
Studiert danach Medizin, heute Facharzt für Orthopädie in Radeberg.




Hofmann, Franklin S. 27
Pferdeschlächterei. Es ist die Zeit des technischen Fortschritts. Die Eisenbahnstrecke Chemnitz-Zwickau ist gerade erst ein paar Jahre alt und täglich fahren Züge über die stählerne Brücke, die über die Augustusburger Straße führt. Dort eröffnet F. A. Hofmann einen Pferdehandel an der Uferstraße. Denn noch hatten größere Fabriken und auch zahlreiche Handerksbetriebe ihren eigenen Fuhrpark, bestehend aus Wagen und Pferden, Arbeitspferde braucht die aufsteigende Industriestadt Chemnitz ständig mehr. Hofmann beschafft kräftige Rösser aus Deutschland, Holland und Belgien.
Um die Jahrhundertwende geht das Unternehmen an seinen Sohn Franklin Hofmann über.
Der Fleischermeister hat den Gewerbeschein für Pferdehandel und Rossschlächterei und ist ein brillanter Kaufmann. Ähnlich den Geschäftsgebaren heutiger Autohändler nimmt er auf Wunsch von seinen Pferdekäufern die betagten Rösser gleich mit in Zahlung. Der Rossschlachter weiß um das bekömmliche Fleisch vom Pferd, ausgereift und fettarm. Und vor allem ist es schmackhaft und preiswert! Jeder Arbeiter freut sich damals, wenn er nach Feierabend etwas Fleisch oder Wurst vom Ross auf dem Tisch hat - manchmal der einzige tierische Genuss, den er sich leisten kann.
Das Geschäft floriert. Eisenbahn und Kraftfahrzeuge verdrängen Pferde aus dem Transportgeschäft, aber die Schlachterei läuft gut. 1939 übernehmen die ein ansehnliches Unternehmen.
Als die Alliierten die Eisenbahnbrücke bombardieren, fällt der Firmensitz der Familie in Schutt und Asche. Nach Kriegsende wieder aufgebaut, Rossschlachterei mit Handel beginnt neu.
DDR-Gründung, Handelsbeziehungen sind einzig Sache des Staates, dem Unternehmen wird in den 1950ern Jahren der Handelsschein entzogen.
1954 eröffnen Hofmanns neben dem Ladengeschäft ein Speiselokal mit 60 Plätzen, in dem sie ausschließlich Gerichte vom Pferd anbieten. Zu den Stammgästen zählen bald neben Arbeitern und Angestellten auch Studenten der TU. Eine herzhafte Abwechslung zur Mensa-Kost ist schließlich immer beliebt.
1962 übernimmt Fleischermeister Hans Hofmann das Geschäft, Elinore Hofmann führt es nach seinem Tod weiter.
Die Wende läutet auch in der Firmengeschichte eine neue Epoche ein. 2000 bauen die Hofmanns 2 km vom alten Standort das neue Domizil an der Augustusburger Straße. Aus dem preiswerten Mittags-Imbiss wird ein Restaurant, das seinen Gästen auch abends offen steht. Und die 5. Generation ist mittendrin im Geschäft.


Ihle, Emma S. 162
1875 - 1946, verh 1900 mit Richard Paul Ihle, 5 Kinder geboren in Chemnitz


Kremer S. 135
Dr. praktischer Arzt


Krumbiegel, Michi S. 117
Nachbarskind Ulrikes, Michis Vater früher Dirigent an der Oper


Künstler, Reiner S. 369
Gastwirt


Kunze, Kurt S. 324
Mathelehrer an Brigittes Schule


Kupferbergs S. 135
Nachbarn, Ilse-Lotter, Tochter * 1926









Leder, Lola S. 187
Leder, David Sohn eines galizischen Einwanderers, Hausierer, Kaufmann. Mit Frau Lola nach Chemnitz eingewandert, 3 Kinder. Vater von Stephan Hermlin
Bis zu seiner Internierung als feindlicher Ausländer während des I. Weltkriegs Geschäft für Woll- und Baumwollabfälle. Der staatlich eingesetzte kommisarische Verwalter teilt Lola Leder während der Kriegsjahre so wenig Geld zu, dass sie ihm droht, ins Wasser zu gehen. Ungerührt stellt er ihr frei, dies zu tun.


Leder, Rudolf siehe Stephan Hermlin


Leder, Leon S. 149
1889 aus Rumänien nach Chemnitz gekommen, arbeitet sich Leon Leder, der Großvater Hermlins, vom Hausierer empor zum angesehenen Kaufmann, mit regen Handelsverbindungen zum Balkan. Seine 2 Söhne, David und Max, gehen beide dem väterlichen Geschäft nach, und zur Familie gehört als prominentes Mitglied außerdem ein Vetter, Karl Leder.
Man besitzt ein mehrstöckiges Miethaus und einen feudalen Wohnsitz auf dem Kaßberg. Man betätigt sich als ehrgeiziger und ziemlich erfolgreicher Kunstsammler und ist damit in Chemnitz nicht allein. Zu überregionalem Ruhm bringt es der vom Kaßberg stammende Strumpffabrikant Herbert Esche, der Edvard Munch beherbergt und fördert, der Bilder van Goghs und Signacs besitzt und dessen durch Henry van de Velde errichtetes und ausgestattetes letztes Wohnhaus in der Parkstraße zu einer förmlichen Ikone des europäischen Jugendstils gedeiht und noch heute Besucher anzieht.
Es gibt einen einflussreichen Verein, Kunsthütte geheißen, der wichtige Ausstellungen richtet und in dem die meisten Chemnitzer Sammler Mitglied sind. Die Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz galten bis 1933 als eines der wichtigsten Avantgarde-Museen in Deutschland. Eine Großzahl ihrer Stücke sortieren 1937 die Nazis als entartet, vernichten oder verkaufen sie ins Ausland.
Die Leders sammeln klassische und aktuelle Moderne. David Leders Gattin Lea Laura, genannt Lola, wird bevorzugtes Modell des alten Max Liebermann, der insgesamt 9 große Porträts von ihr verfertigt. Eines der letzten noch im Familienbesitz befindlichen Lola-Leder-Porträts versteigert anfangs der 1990er das Berliner Auktionshaus Villa Griesebach im Auftrage Stephan Hermlins.
"Ich sehe mich, winzig auf dem kleinen, kreisrunden Platz mit seinen Villen, den Kopf im Nacken (so deutlich hat dieser Platz von allen Seiten her sich um mich gelegt), dass ich ihn nach Jahrzehnten augenblicklich wieder erkenne) und eine Stimme neben mir, über mir fragt: 'Siehst du den Aeroplan?' Ich sehe ihn deutlich, er fliegt tief über den Baumwipfeln; deutlich sehe ich auch die geschweiften Eisernen Kreuze unter seinen Tragflächen: Es ist noch Krieg... Ich lebe im Haus meiner Großmutter, das an einer langen, stillen, nach einem ehemaligen Bürgermeister benannten Straße liegt. Diese Straße bildet den größten Teil meines Schulwegs; sie wird in Abständen rechtwinklig von anderen steilen Straßen geschnitten, die von der Stadt her auf den Berg führen. Die Straße erblicke ich nur in einem grüngoldenen Sommerlicht, das nie wechselt. Sie ist erfüllt vom dichten Laubwerk ihrer Bäume, die über Vorgärten schatten, über der Bäckerei, die einem Abgeordneten des Reichstags gehört. Träge Vogellaute erfüllen die Luft, die Glocke an der Tür des Bäckerladens schlägt manchmal an. Wolken zerrinnen über den Dächern."
Die Schule befindet sich nicht weit von der großelterlichen Wohnung entfernt, in der Hohen Straße: das früher Königliche und nunmehrige Staatsgymnasium. Hier hat im Jahre 1931 den jüdischen Primaner Helmut Flieg das consilium abeundi ereilt, da er es gewagt hatte, ein antimilitaristisches Gedicht zu veröffentlichen, in der linken Tageszeitung "Volksstimme". Er bleibt der schönen Literatur treu und legt sich, wie sein späterer Freund Stephan Hermlin, ein Pseudonym zu - Stefan Heym. Geboren und aufgewachsen am Kaßberg, die erste Wohnung der Familie liegt am Kaiserplatz, der später den Namen des Dichters Gerhart Hauptmann erhält, die zweite, größere und vornehmere, an der Hoffmannstraße.
1945 besucht US-Sergeant Stefan Heym die Stätten seiner Kindheit wieder:
"Die Hoffmannstraße. Das Haus, in dessen Parterre die Fliegs einst wohnten, steht noch; der wilde Wein jedoch, der an den Mauern rankte, ist verbrannt, und die Mauern selber sind besät mit Narben, die Kugeln und Granatsplitter in sie rissen. Die Wohnung ist abgeschlossen; er läutet, keine Antwort. Er steigt durch den Keller in den Hintergarten, dann die paar Stufen zur Terrasse hinauf; von dort gelangt er, ein kräftiger Druck genügt, durch die Küchentür in die Wohnung. Aber es ist nichts mehr da von früher..."
Die Texte der jüngeren Autoren erzählen von einem Kaßbergalltag, der keine Geschichte mehr zu kennen scheint, die Schäden der Vergangenheit sind störende Fassadenlöcher, die man kindlich mit Gips zu verschmieren sucht. Der Kappelbach, der südlich am Kaßberg vorüber fließt, führt manchmal Hochwasser, zur Schneeschmelze und nach anhaltenden Regenfällen, dass man genötigt ist, Sandsäcke heranzufahren und zu stapeln. "Hier flammt kein Dornbusch, hier brennen die Müllcontainer. Den Sternen nicht näher, doch der Himmel drückt tiefer manchmal", schreibt Barbara Köhler.
Seit 1990 werden auf dem Kaßberg die erhaltenen Gebäude saniert, manchmal sehr aufwändig, so kehrt etwas vom alten zivilisatorischen Glanz zurück, aber er bleibt gewissermaßen anonym, finanziert und unterhalten von gesichtslosen Immobilienfonds. Das Viertel wird zum Flächendenkmal. Die Preziosen zeigen sich auffälliger, als sie je waren: die so genannte Kyffhäuserburg in der Hübschmannstraße, die Majolikahäuser in der Barbarossastraße, auch die schöne Markthalle an der Kaßbergauffahrt, die, da sie als Markthalle immerhin genutzt wird, dem Ruch des Musealen entkommt. Dazwischen erheben sich kommerzielle Neubauten, wie man sie überall finden kann, mit den üblichen Glas- und Leichtmetallapplikationen der Postmoderne.
Kerstin Hensel beschreibt, was jedem lebendig bleibt, der jemals am Kaßberg lebte, nämlich "diese Straßenbahnen, die sich quälen. Die Kaßbergauffahrt hinauf, quietschend und scheppernd und mondgelb. Manchmal, wenn der Wind ungünstig steht oder wenn Unglück im Anzug ist, kippt die Straßenbahn in der unteren Kurve des Kaßbergs um. Sie fällt müde auf die Seite, und die Fahrgäste entkommen unverletzt dem Notausstieg."
Surreale Mythen. Sie reflektieren die Wirklichkeit, die am Kaßberg wie sonst in der Stadt mit ihren uniformen und allzu breiten realsozialistischen Straßenschneisen, in denen keine Erinnerung mehr ist an die Kleinteiligkeit der im Krieg ausgelöschten Innenstadt. Sie erzählen auch etwas von dem plebejischen Trotz, den es hier gibt. Die gemeinsächsische Neigung zur Larmoyanz ist in Chemnitz deutlich unterentwickelt.
Es scheint sich auszahlen zu wollen. Die mit dem benachbarten Zwickau unterhaltene Technische Universität, eine Nachwende-Gründung, überrascht auch mit geisteswissenschaftlichen Aktivitäten. Die städtischen Kunstsammlungen unternimmt einiges, dass sie jenen Rang zurückgewinnen, den sie vor 1933 hatten. Die Sammlung des Münchner Kunsthändlers Gunzenhausen gilt als eine der größten Privatkollektionen von Arbeiten der klassischen Moderne. Die schütteren Bestände, die nach dem Bildersturm der Nazis in Chemnitz verblieben, werden auf wundersame Weise ergänzt. Der Geist des alten Kaßberg kehrt zurück.


Liebermann S. 141
1847 - 1935, Jude, Maler und Grafiker, Impressionist
Fertigt Porträt der Ilse-Lotte Kupferberg




Löser, Alfred und Elli S. 140
Der Kaufmann aus Joachims-thal (* 1877) und seine Ehefrau Elli (* 1885 als Elli Muhr) gehören zu den am längsten in Chemnitz lebenden Juden. Die Nazis deoportieren sie 1942 in das Ghetto Belzyce bei Lublin, wo die SS bei dessen Räumung im Oktober 1942 etwa 5.300 Menschen ermordet, unter ihnen das Ehepaar Löser




Löß S. 157
Geographielehrer Ulrikes




Marion S. 286
"Schabracke"


Marschke S. 38
Zahnarzt auf dem Rosenhof


Mehnert, Jochen S. 252
Klarname: Joachim Meinert, geboren 1939 in Chemnitz. Lektor im Verlag Volk und Welt, bis 1990 im Aufbau-Verlag, danach freier Übersetzer. Er erzählt zur Zensur von Primo Levis Buch "Ist das ein Mensch?":
"Ich habe als Lektor im Verlag Volk und Welt als erstes "Die Atempause" gelesen, das Buch, in dem Levi über seine abenteuerliche Heimreise von Auschwitz nach Turin berichtet und habe es damals nicht angenommen. Das ärgert mich immer noch. Das Gutachten habe ich kurz nach dem sowjetischen Einmarsch in die Tschechoslowakei geschrieben. Das war eine grimmige Zeit in der DDR, politisch sehr gespannt. Und wie Levi in dem Buch die Sowjetarmee beschreibt, eigentlich mit viel Sympathie für seine Befreier, entsprach nicht dem strahlenden Bild, das man in der DDR verbreitete. Und da dachte ich: Das kriegen wir nicht durch bei der Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel des Kulturministeriums, das die Druckgenehmigungen erteilte.
Ein Fall von Selbstzensur; ein anderes wunderbares Buch: Jorge Semprúns "Was für ein schöner Sonntag!" Darin schildert er seine Erfahrungen im Konzentrationslager Buchenwald, in das er als ganz junger Mann kam. Er verknüpft dieses Motiv aber mit seinen späteren heftigen Konflikten in der spanischen KP. Dieses Buch hätte ich gerne gemacht, aber das wäre aussichtlos gewesen. Wegen der Kritik an der kommunistische Bewegung überhaupt und an der KPdSU. Die Bewegung war ja in jener Zeit von Moskau abhängig. Darum habe ich dafür wohl auch keine Option bei der HV angemeldet, obwohl unser Verlag schon 1965 Semprúns autobiografisches Buch „Die große Reise“ über seine Deportation gebracht hatte.
Ooption war ein System, durch das Doppelarbeit in den DDR-Verlagen vermieden werden sollte. Für alle Bücher, um die sich ein Verlag kümmern wollte, musste er bei der HV Verlage eine Option beantragen. Damit sicherte sich der Verlag den Autor. Das geschah eventuell noch vor der Lektüre, es war nicht Teil des Zensurprozesses . Freilich, Optionen auf allseits bekannte systemkritische Autoren wie Solshenizyn, Orwell oder Koestler wären wohl eher verwundert betrachtet und nicht erteilt worden. Das Verlagswesen wurde zentral geleitet und damit auch kontrolliert. Wir haben versucht, darauf hinzuarbeiten, auf bessere Zeiten zu warten, in denen sich ein Buch dann doch noch veröffentlichen ließ. Die offizielle Kulturpolitik durchlief Wandlungen, wenn auch nicht immer zum Besseren.
Ich glaubte es, irgendwann sei die Zeit reif für Primo Levi. Als ich 1978 zum Aufbau-Verlag wechselte, bekam ich als erstes Manuskript zur Bearbeitung Levis autobiografisches Werk "Das periodische System" auf den Tisch, von Edith Plackmeyer aus der DDR übersetzt. Mit dem Buch gab es bei der HV keine Schwierigkeiten. Und hier erwähnt Levi einige Male sein Hauptwerk "Ist das ein Mensch?" über seine Zeit in Auschwitz. Es war auf deutsch bereits 1961 als Fischer-Taschenbuch erschienen, übersetzt von Heinz Riedt. Und ich wollte es nun endlich auch bei uns machen, „Ist das ein Mensch?“ und „Die „Atempause“ in einem Band.
Ich hatte so etwas wie "Ist das ein Mensch?" über Auschwitz noch nie gelesen. Man spürt die absolute Ehrlichkeit und Genauigkeit seiner Schilderungen. Er beschreibt knapp und in schlichter und dennoch ergreifender Sprache, was ihm und anderen im KZ widerfahren ist: Schreckliches. Aber da ist kein Pathos, nichts Künstliches. Er hat öfters erklärt, er habe das unmittelbar nach der Heimkehr aus dem Lager, 1945-46, „wie in Trance“ geschrieben, neben seiner Berufsarbeit als Chemiker in einer Farbenfabrik, selbst in den kurzen Mittagspausen. Es war seine Methode, diese schreckliche Erfahrung, von der viele gar nichts wissen wollten, zu verarbeiten. Für mich ist es das Referenzbuch über das Thema KZ. Ich halte es für eines der wichtigsten Bücher, die weltweit nach dem Zweiten Weltkrieg und dem Zivilisationsbruch Holocaust geschrieben worden sind. Zumindest jeder Deutsche sollte es einmal gelesen haben, damit er nicht der verharmlosenden Legende aufsitzt, Holocaust und KZ seien nur "in Fliegenschiss auf Jahrhunderten erfolgreicher deutscher Geschichte"
Wir beantragten die Druckgenehmigung bei der Zensurbehörde. Normalerweise kam die nach ein, zwei Monaten. Aber bei diesem Buch war es nicht so.
Jeder wusste, dass Zensur die wichtigste Funktion der HV, also der Hauptverwaltung Verlage und Buchhandel, war. Man hat das nicht laut bei einer Sitzung gesagt, aber unter uns schon. Wenigstens bei Volk und Welt. Die Verlage in der DDR waren kleine Inseln der Liberalität. Wir konnten uns jedes Buch zur Prüfung bestellen, für die Romanisten also aus Italien, Frankreich, Lateinamerika, auch aus der Bundesrepublik. Bei Volk und Welt wurde auf Lektoratssitzungen offen diskutiert, was man machen könnte, sollte, müsste, was lieber nicht. Bei Aufbau, wohin ich 1978 wechselte, war die Atmosphäre etwas weniger offen, vielleicht eine Folge von Repressionen in den Jahren 1956/57. Da waren führende Leute aus dem Verlag verhaftet und in politischen Prozessen zu langen Haftstrafen verurteilt worden. So Walter Janka, der Verlagsleiter, ein Kommunist, der aus dem mexikanischen Exil in die DDR zurückgekommen war, ebenso Cheflektor Wolfgang Harich, der Redakteur Gustav Just und noch andere, in Leipzig 1957 zum Beispiel Erich Loest, Ralf Schröder. Es war ein Echo auf den Ungarn-Aufstand 1956. Man befürchtete das Übergreifen systemkritischer Ideen. Als Kopf bei Aufbau galt Wolfgang Harich, der Cheflektor. Er und auch Janka haben später darüber berichtet, durchaus konträr. Man hat wohl nach dieser Krise im Verlag Leute eingesetzt, die dafür sorgen sollten, dass so etwas nicht wieder passiert, ich meine, das spürte man auch viel später noch, aber dies ist meine subjektive Einschätzung. Den Namen Janka habe ich jedenfalls damals im Verlag nur hinter vorgehaltener Hand gehört.
Die HV teilte uns mit, dass sie ein weiteres Gutachten vom Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer einholen würde. Man munkelte, es habe bei anderen Titeln schon Konflikte mit dem Antifa-Komitee gegeben. Das KZ war eine heikle Thematik.
Die Prozedur war: Der Verlag musste bei der HV ein oder mehrere Exemplare des Textes und dazu zwei Gutachten, eventuell auch den vorgesehenen Kommentar, einreichen. Damals, 1981, stand der HV Klaus Höpcke vor, in dieser Eigenschaft stellvertretender Kulturminister. Wir legten für Levi ein Gutachten vom Verlag vor, von mir geschrieben, dazu ein Außengutachten von Fred Wander. Er hatte auch das Nachwort geschrieben, in Form eines enthusiastischen Briefs an Primo Levi. Und dazu noch eine Befürwortung der „Atempause“ durch Konrad Wolf, den Präsidenten der Akademie der Künste, der 1945 als junger Leutnant der befreienden Sowjetarmee nach Berlin gekommen war. Sie kennen vielleicht den Film "Ich war neunzehn."
Fred Wander war sicherlich Kalkül. Wir wollten einen Gutachter und Nachwortautor, der das KZ aus eigener leidvoller Erfahrung kannte. Der in der DDR lebende Fred Wander war österreichischer Kommunist jüdischer Herkunft und ein bekannter Autor in der DDR. Nach Lektüre der beiden Bücher sagte er zu mir: „Das ist das Beste, was ich je über das KZ gelesen habe.“ Deshalb dachten wir, das Projekt sei in guten Händen. Es war das Gegenteil, wie sich dann herausstellte. Denn Wander war als Person den Funktionären in dem Komitee gar nicht recht. Die Ablehnung war geharnischt. Der Vorsitzende des Antifa-Komitees schrieb, alle 13 Mitglieder der Leitung hätten das Manuskript gelesen und einhellig abgelehnt. Da haben Antifaschisten einen abgelehnt, der doch zu ihnen gehören sollte. Denn Primo Levi war Jude, hat sich aber auch am antifaschistischen Widerstand in Italien beteiligt. Er wollte im Herbst 1943 als frisch promovierter Chemiker in Turin mit Freunden zu den Partisanen in die Berge gehen, wurde aber fast sofort von italienischer Polizei verhaftet und in ein Lager eingeliefert, von dort nach Auschwitz. In der DDR war Antifaschismus die offizielle Staatsräson. Und daran hatte ich bis dahin nie gezweifelt. Dass nun das Komitee einem anderen Antifaschisten die Publikation verwehrte, hat mich beschämt.
Der springende Punkt war Levis Schilderung der politischen Häftlinge im Lager. In einem Gespräch mit Ferdinando Camon hat er später gesagt: „Ich habe das Lager unter schlimmsten Bedingungen, nämlich als Jude erlebt. In vielen Berichten von politischen Häftlingen werden ganz andere Geschichten erzählt, aber das ist kein Widerspruch. Die Bedingungen, unter denen die Politischen das Lager erlebten, unterschieden sich von den unseren, weil sie moralisch und auch politisch gewappnet waren, was für die meisten von uns nicht zutraf. Meine Lagergefährten waren keine Politischen, sie waren Abschaum der Erde, Unglückliche, die fünf Jahre unaufhörlicher Verfolgung hinter sich hatten. Und unter diesen Unglücklichen gab es keine Solidarität. Es gab sie nicht und dieses Fehlen war das größte Trauma.“
Im Buch gab es aber Stellen, von denen wir schon ahnten, dass sie Anstoß erregen könnten. Als das Lager von alliierten Flugzeugen bombardiert wird, schreibt Levi: „Auch die Reichsdeutschen im Lager, die Politischen inbegriffen, spüren in der Stunde der Gefahr wieder die Verbundenheit mit Blut und Boden ... die Politischen nicht anders als die Grünen Dreiecke und die SS, erkennen - zu Recht oder Unrecht - auf jedem unserer Gesichter die Schadenfreude und die böse Lust der Rache ... Kein Deutscher kann jetzt vergessen, dass wir auf der anderen Seite… stehen.“ Das war eine Einschätzung der politischen Häftlinge, die dem Antifa-Komitee nicht gefallen konnte. Anderswo schreibt Levi: „Schwieriger ist es schon, eine Erklärung dafür zu finden, wieso in Auschwitz die politischen Prominenten, Deutsche, Polen und Russen, mit den gewöhnlichen Verbrechern an Brutalität wetteifern.“ Das ist natürlich ein harter Vorwurf.
Die Antifa nannte das in ihrem Text eine „ungeheuerliche Beschuldigung, die den heldenhaften, antifaschistischen Kampf namhafter politischer Häftlinge vieler Nationen gegen den Vernichtungsterror der SS negiert und Lügen straft“. Hier stand Levis subjektiv ehrliche Sicht, die andere Berichte ausdrücklich zuließ, gegen eine andere, die zugleich belehrend und verbietend auftrat. In der Tat haben organisierte politische Häftlinge in den Lagern, zumeist wohl Kommunisten, mit ihrem Widerstand eigene Leute gerettet, wenn sie etwa die Listen der Arbeitstrupps zusammenstellten. In der DDR gab es dafür eine durchweg heroisierende Darstellung. So wie in Bruno Apitz’ bekanntem Roman "Nackt unter Wölfen" , wo er erzählt, wie in Buchenwald ein Judenkind von politischen Häftlingen versteckt und gerettet wird. Das ist ein authentischer Fall. Und so hätten die Geschichten erzählt werden sollen. Aber Primo Levi hat das eben nicht erlebt.
Das Gutachten des Antifa-Komitees ging an die HV. Die hat sich dann mit der Verlagsleitung verständigt. Und die HV hat dem Komitee später mitgeteilt, der Verlag habe auf die Veröffentlichung verzichtet. So lief das.
Ich musste Primo Levi verschleiert mitteilen, das sein Buch abgelehnt wurde. Natürlich durfte ich nicht offen sagen, dass das Antifa-Komitee dahinter steckt. Meinen verschwommenen offiziellen Brief auf italienisch musste ich übersetzt der Cheflektorin bei Aufbau vorlegen. Sie hat alles, was ihr immer noch zu präzise war, weggestrichen. In einem zweiten, privaten Brief, den ich einem französischen Freund mitgab und im Westen einstecken ließ - denn in der DDR war mit unerwünschten „Mitlesern“ zu rechnen - habe ich Levi mitgeteilt, dass Schicksalsgefährten von ihm ihn verworfen hätten.
Levi schrieb in seiner Antwort: „Meine Meinungen über die Politischen in Auschwitz waren von den Verhältnissen vor Ort diktiert und stark beeinflusst vom Einfluss der polnischen Politischen, die, wie man jetzt weiß, zum größten Teil Nationalisten, beinahe Faschisten waren. Und nicht nur antinazistisch, sondern auch antisowjetisch und antisemitisch. Wenn die negative Entscheidung lediglich durch meine Wendung betreffs der Politischen motiviert wurde, hätte ich nichts dagegen, sie abzuändern oder wegzulassen, wenn es hilft, das Buch zu retten.“ Primo Levi lag viel daran, dass es erscheint.
Merkwürdig und peinlich wäre gewesen, "Atempause" ohne das Kernbuch erscheinen zu lassen. Wir haben das nicht versucht. Wie sollte man die Lücke, das Fehlen der Vorgeschichte, erklären? Selbst wenn wir es versucht hätten, wäre es wohl nicht gegangen.
Wir konnten ja nicht so einfach nach Italien fahren. Ich hätte Primo Levi gern um ein Gespräch gebeten, nach dieser Geschichte. Aber ich hatte keine Gelegenheit. Als ich dann 1986, ein Jahr vor seinem Tod, doch einmal in Italien war, klappte es nicht. Und ein Jahr später hat er sich umgebracht. Das war ganz schlimm für mich. In seinen Texten tritt er dem Leser stets als ein sachlicher, unverzagter, sogar optimistischer, humorvoller Mensch entgegen. Er hat seine Leser immer ermutigt. Auch "Ist das ein Mensch?" ist nicht niederschmetternd. Seine zentrale Botschaft hat er wiederholt so formuliert: "Es ist einmal geschehen, also kann es wieder geschehen."
Siehe auch Interview


Mendelsohn, Erich S. 197
1887 - 1953, bedeutender Architekt des 20. Jahrhunderts, am bekanntesten seine Werke der 1920er, gilt er als einer der Pioniere der Stromlinien-Moderne (Einsteinturm in Potsdam, Mossehaus in Berlin).
Mitglied in der Zionistischen Vereinigung. In den besten Jahren beschäftigt er bis zu 40 Mitarbeiter in seinem Büro, kann sich vor Aufträgen kaum retten. Als Jude sieht er sich 1933 zur Emigration nach England gezwungen. In Israel entwirft er die Villa Schocken (für den Kaufhausbesitzer und Verleger Salman Schocken, für den er bereits in Deutschland eine Reihe von Kaufhäusern projektiert hat), die Schocken-Bibliothek, sein Atelier in einer umgebauten Windmühle, alle drei in Rechavia.


Mühlfelder S. 141
Jüdin, Kinder Amon und Therese


Müller S. 135
Elektroingenieur, Rau Maria Hebamme


Müller-Rabenstein, Johann „Schong“ siehe Brühl


Nebel S. 147
Biolehrerin Ulrikes


Otto, Oscar S. 227
Stadtrat, Villa auf dem Kaßberg


Pieps-Rosl S. 7
Rosa Mücke, die kleine "Migge"


Pötzsch, Anett S. 12
* 1960 Karl-Marx-Stadt, deutsche Eiskunstläuferin, im Einzellauf Olympiasiegerin 1980 und Weltmeisterin 1978. Ihre Karriere krönt sie 1980 mit dem Gewinn der Goldmedaille bei den Olympischen Winterspielen in Lake Placid, vor Linda Fratianne, der erste olympische Titel für eine deutsche Eiskunstläuferin.




Richter S.27
Kindergärtnerin, siehe Jessica


Rahel S. 355
Neue Schülerin Ulrikes Klasse


Rückwärts-Elli S. 7


Salgo, Ludwig (Lajos) S. 147
1889 - 1942 * Máramaross-ziget, verlässt seinen Heimatort, um in Budapest zu arbeiten. Dort lernt er Laura Friedrich (* 1894 Sátoral-jaújhely) kennen. Sie heiraten 1917 in Budapest, wo Tochter Livia, gen. Lilly 1918 geboren wird. Anfang der 1920er wandert die Familie nach Chemnitz aus (Strumpfwarenherstellung), Wohnsitz Weststraße 24, Fabrik in Talheim, wo Strümpfe unter dem Markennamen "Lilly" produziert werden.
Ludwig Salgo erfolgreicher Geschäftsmann mit abwechslungsreichen und beträchtlichen Beteiligungen, darunter Anteil am "Chemnitzer Hof" und umfangreiche Kunstsammlung. In den 1930ern, als die Judenverfolgungen zunehmen, muss Familie in die Weststraße 55 umziehen. Mitte der 1930er verliert Salgo trotz verzweifelter Anstrengungen sein ganzes Vermögen. Tochter Lilly gelingt es, 1936 nach Berlin und 1938 in die USA zu fliehen. 1939 müssen Laura und Ludwig Salgo in das Judenhaus Annaberger Straße 4 ziehen. 1942 deportieren und ermorden die Nazis beide in Belzyce.


Sassi S. 45
richtig Szaszi, Grundschullehrerin Ulrikes


Schickedanz, Grete S. 48
1911 - 1994, Leiterin Versandhaus Quelle
"Chefin der Wiratex im Westen".






Schmidt, Walter S. 175
1903 - 1962, NSDAP-Funktionär, 1933 - 1945 Oberbürgermeister Chemnitz, zusätzlich stellvertretender Oberbürgermeister und Stadtkämmerer. Er behält die Ämter bis zu seiner Flucht am 7. Mai 1945.
Um 1934 führt er den so genannten „Judenpranger“ ein, einen amtlichen Aushang, in dem man „Sympathisanten von Juden“ durch eine Meldung öffentlich denunzieren sollte. Walter Schmidt treibt als Vorstand des „Amtes für Leibesübungen“ zwei Großprojekte des städtischen Sportbaus voran, die auch heute noch das Stadtbild prägen: das Stadtbad als modernes und architektonisch beeindruckendes Hallenbad (1935) und die „Süd- bzw. Großkampfbahn“ (1938), heute „Sportforum“, als Großstadion und Aufmarschgelände für nationalsozialistische Propagandaveranstaltungen.
In der SA hatte Schmidt den Rang SA-Brigadeführer, in der Auto Union AG war er Mitglied des Aufsichtsrates.


Schmidt-Rottluff, Karl S. 227
1884 - 1976 * in Rottluff (Chemnitzer Stadtteil). Maler, Grafiker und Plastiker, gilt als Klassiker der Moderne und wichtigster Vertreter des Expressionismus.
Schmidts Vater Mühlenbesitzer Friedrich Schmidt. Karl Schmidt wird im Wohngebäude der Mühle in Rottluff geboren und nennt sich seit 1905 Schmidt-Rottluff.
Siehe auch Schmidt-Rottluff



Schmödel S. 324
Stasi-Leutnant


Schnakenberg S.130
Hausbesitzer, Vermieter


Schocken, Simon S. 197
1874 - 1929, gründet mit Bruder Salman Schocken das Kaufhaus Schocken. Sie entstammen einer Posener jüdischen Familie. 1898 übernimmt er Leitung des Warenhauses Leonhard Tietz in Braunschweig. 1904 eröffnen die Brüder ihr erstes Kaufhaus Schocken in Oelsnitz/Erzgebirge und in den Folgejahren viele Filialen.
Als Auftraggeber und Bauherr schafft Simon Schocken mit Erich Mendelsohn die wegweisende Gestaltung von Kaufhausbauten, die u.a. in Chemnitz ihren einzigartigen Ausdruck finden. Als unumstrittener Wortführer der Zwickauer Juden wählt man Simon Schocken 1911 zum Gemeindevorsteher.


Schönherr, Louis Ferdinand S. 245
1817 - 1911, gilt als deutscher Erfinder des mechanischen Webstuhls. Ausbildung zum Weber, Drehjunge in der Maschinenfabrik Carl Gottfried Haubold. 1833 - 1834 in Dresden polytechnische Ausbildung. 1837 - 1839 Praktika in Leeds und Manchester, 1840 gelingt ihm Konstruktion eines mechanischen Webstuhls für Tuchproduktion. 1851 Gründung Fabrik, die mechanische Webstühle fertigt.



Seine Webstühle sind die besten der Welt: mehr als 18.000 Maschinen waren in Schönherrs Unternehmen bis 1871 schon gebaut und gegen gutes Geld (umgerechnet mehr als eine halbe Milliarde €) überall hin verkauft. 1872 wandelt er seine Fabrik, mittlerweile nach Hartmann die zweitgrößte in Chemnitz, in eine AG um, 1880 zieht er sich aus dem Geschäftsleben zurück und genießt schwerreich 33 Jahre Ruhestand.


Schrag, Martha S. 257
1870 - 1957, Malerin und Grafikerin, Jugend in Dresden, 1884 Chemnitz. 1898 Studium an der Malschule für Damen in Dresden. 1904 erste Ausstellungen in Chemnitz. Der einflussreiche Chemnitzer Arzt, Kunstsammler und Rezensent Dr. A. E. Thiele entdeckt ihr Talent, verschafft ihr Zugang zu einer Chemnitzer Gießerei und Maschinenfabrik. Dort empfundene Eindrücke beeinflussen ihren weiteren Stil und Inhalt der Werke.
1907 Anschluss Künstlergruppe Chemnitz, 1908 kurz München.
Motive häufig der arbeitende Mensch in der Industriestadt und die von ihm veränderte Landschaft. Regelmäßig Ausstellungen, z. B. Chemnitzer Kunsthütte. Bekanntheit jedoch regional begrenzt. Kann durch den Verkauf ihrer Bilder kaum den Lebensunterhalt bezahlen, betreibt Malschule. 23 Arbeiten aus öffentlichen Sammlungen als „entartete Kunst“ beschlagnahmt. Der Bombenangriff auf Chemnitz zerstört ihr Wohnhaus auf dem Kaßberg und einen Großteil ihres Werkes. Nach dem Krieg bekannter.




Schwungrad-Elli S. 7


Simon, Julius S. 246
Seit Ende der 1860er dürfen sich jüdische Familien wieder in Chemnitz niederlassen. Der erste ist Julius Simon, der 1868 Prokurist eines Herrenbekleidungsgeschäftes am Markt wird und den später die „Jüdische Zeitung für Mittelsachsen“ als den „ersten in Chemnitz ansässig gewordenen Jude“ bezeichnet. Bereits 5 Jahre später haben sich 98 jüdische Kaufleute mit ihren Familien in der Stadt angesiedelt. Dank des Engagements einzelner hier lebender jüdischer Familien bilden sich alsbald feste Strukturen im religiösen Leben heraus, die 1885 schließlich zur offiziellen Konstituierung der „Israelitischen Religionsgemeinde zu Chemnitz“ führen.


Spiegel S. 54
Nachbar von des Nachtwächters Thieme Mutter in der Theaterstraße


Stahlknecht, Johann Friedrich S. 17
Ist das Haus des Lehrers eines der ersten auf dem Kaßberg? Die Inschrift "Ich habs gewagt", die er gleich vierfach auf die Fassaden aufmalen lässt, entbehrt nicht einer gewissen Theatralik. Zwar ist der Kaßberg zu dieser Zeit noch der Wilde Westen der jungen Industriemetropole, aber keinesfalls völlig unerschlossen und von wilden Tieren durchstreift. Abgesehen von mehreren Verbindungswegen und landwirtschaftlicher Nutzung nicht nur auf Altendorfer Flur gibt es auch schon vor der Mitte des 19. Jahrhunderts Bebauung des Areals von den Rändern her, also entlang der Limbacher Straße im Norden und der Niclasgasse im Süden.
Für das Gebiet der späteren Hohen Straße lassen sich schon auf dem Plan von 1828 mehrere Gebäude finden. Sie stehen links des Kappelbaches, ungefähr dort, wo sich heute die katholische Kirche befindet. Und ein abgewinkelter Weg nimmt schon damals den Verlauf des südwestlichen Teiles der Hohen Straße vorweg. "Hinter Peters Bad" nannte sich der Standort. Also war wohl Stahlknechts Haus doch das erste Gebäude auf dem stadtseitigen Kaßberghang?
Im Jahr 1855 beginnt der Bau des Bürgerschullehrers Stahlknecht. Das Haus befand sich auf dem Gelände, wo sich heute der Anbau des Gerichts erhebt, annähernd quaderförmig bemessen. Unter dem kräftigen Gesims wurde ein flaches Attikageschoß eingeschoben. Nur wenige Jahre nach dem Bau kam ein bescheideneres Gartengebäude hinzu. Nach Stahlknechts Tod kauft der Staat die Immobilie an. Hier befand sich das Baubüro für das Justizgebäude. 1927, mit Baubeginn für den Anbau des Gerichtsgebäudes, wird es weggerissen. Das Dekret der sächsischen Regierung 1868 verfügt die Gründung eines Gymnasiums in Chemnitz. Dei Stadt erwirbt ein Grundstück auf dem Kaßberg. Als Gegenleistung verpflichtet das Land sich, die Hauptkosten für den Ausbau der Hohen Straße zu übernehmen. Gleichzeitig wird die Kaßbergauffahrt als direkte Straßenverbindung zwischen der Innenstadt und dem aufblühenden neuen Stadtteil gebaut. 1908 wird sie verbreitert und verstärkt zur Errichtung einer Straßenbahnlinie entlang der Weststraße. Im Südwesten, nach dem Abzweig von der Reichsstraße folgt die Hohe Straße in einer langgezogenen S-Kurve dem Verlauf des Weges, der dort schon seit langem existierte. Danach nimmt sie die Biegung des Kaßberghanges auf, schneidet die Weststraße, um schließlich nach einer rechtwinklichen Kurve direkt in die Henriettenstraße überzugehen.

PS
Kantor der Schlosskirche war ein anderer, nämlich Andreas Heinrich Stahlknecht 1806 - 1857, Kantor und Musiklehrer in Chemnitz, der 1839 den Opernverein gründet (ab 1843 Singakademie).






Stelzer, Burkhart S. 182
"Gonzo" Freund Ulrikes


Stückl S. 159
Werkkundelehrer Ulrikes


Tamler, Jette S. 201














Tauber, Richard S. 157
* 1861 Wien, + 1942, Sohn eines jüdischen ungarischen Weinhändlers, konvertiert als Jugendlicher zum röm.-kath. Glauben, österreichischer Theaterschauspieler, ab 1912 Theaterdirektor, 1918 bis 1930 Generalintendant des städtischen Theaters in Chemnitz. Sohn "Belcanto Tauber"


Tauber, Belcanto S. 156
1891 - 1948, Richard, uneheliches Kind einer Soubrette und des Chemnitzer Theater-Intendanten Richard Tauber. Opernsänger (Tenor), dem Presse und Werbung den Namen „König des Belcanto“ verleihen. Von Geburt an römisch-katholisch, sieht sich selbst als Katholik, versteht zeitlebens nicht, dass die Nazis ihn verfolgen, nur weil seine Großeltern väterlicherseits praktizierende Juden waren.
Debütiert am Theater Chemnitz als Tamino in Mozarts Zauberflöte. 1912 adoptiert ihn sein Vater. Bis 1918 an der Oper Dresden Königlicher Hofopernsänger. Mit dem Lied „Dein ist mein ganzes Herz“ von Franz Lehár wird Tauber quasi über Nacht zum Weltstar. 1933 schlägt ein SA-Trupp ihn in Berlin vor dem Hotel Adlon mit den Worten „Judenlümmel, raus aus Deutschland“ nieder.


Tereschkowa, Valentina S. 289
Brieffreundin Ulrikes


Thieme S. 53
Nachtwächter, * Mitte des 19. Jahrhunderts, Sohn eines Schaustellers, zieht mit Mutter in die Theaterstraße


Tischendorf, S. 31
Straßenbahnfahrgast, Verehrer von Rosemarie Uhlig


Ullmann, S. 191
Kioskbetreiberin


Valentina, S. 289
russische Brieffreundin Ulrikes


Vogel, Hermann S. 187
1841 - 1917 Großindustrieller Chemnitz, Geheimrat, Medaillen- und Münzsammler, Mitglied des Verwaltungsrats des Internationalen Arbeitsamtes Genf. Beispiel für die umfangreiche und weltgewandte Ausbildung der Unternehmersöhne des 19. Jahrhunderts.
1837 gründet sein Vater Wilhelm Vogel eine Möbelstoffweberei mit Papierfabrik in Lunzenau und Chemnitz. Hermann Vogel bereitet sich frühzeitig auf die Übernahme des Familienunternehmens vor. Nach Lehre in Mittweida und Ausbildung in der Webschule in Chemnitz sammelt er Erfahrungen im In- und Ausland. Er erwirbt sich praktische Kenntnisse in der Firma von Louis Schönherr in Chemnitz, in Frankreich (Lyoner Webschule), Nordafrika, Spanien und Portugal. 1862 ist er als junger Kaufmann im sächsischen Ausstellungskomitee der Londoner Weltausstellung. Er besucht entsprechende Fabriken in Schlesien, Frankreich und England im Raum Manchester.
Die übernommene Firma führte er zu einem bedeutenden Textilunternehmen. Als Unternehmer selbst war er Mitglied in verschiedenen nationalen und internationalen Gremien.
Die Familie bewohnt bis 1928 die Villa Kaßbergstr. 5 und zieht danach ins Grundstück Beckerstr. 32 um.
Wohl die bedeutendste Privatsammlung an Münzen und Medaillen Deutschlands, ja vielleicht Europas. Bereits als 6-jähriger fängt Hermann Vogel an, Münzen zu sammeln, angeregt durch einen Bediensteten der benachbatien Knabenschule, dessen kleine Münzsammlung er später von der Witwe ersteht. Ab den 1860ern kauft der junge Kaufmann mit seinen Ersparnissen Münzen, vorwiegend Taler. Trotz seiner grossen industriellen Unternehmungen findet er auch später Zeit für seine Sammlung. Nach einem überreichen Tagwerk ist für Vogel die Beschäftigung mit seiner Sammlung, Ordnung, Beschreibung und Kommentierung fast ausschliessliche abendliche Erholung bis in die letzte Zeit seines Lebens. Er verfolgt die numismatische Literatur mit Eifer und auf Reisen begleiten ihn einschlägige Zeitschriften und Kataloge.
Im Juni 1946 wird seine Firma enteignet, seine Kunstsammlung dem Museum zugewiesen. Nach der Restitution schenkt seine Enkelin 1995 die Werke der Kunstsammlung Chemnitz.


Wächtler S. 123
"Bucht", 10-köpfige Nachbarsfamilie


Winkler S. 128
"Schladot", "Glockenbach" Hausmeister


Witt, Katarina S. 162
* 1965 "Eisprinzessin", schulische und sportliche Ausbildung u. a. an der Karl-Marx-Städter Kinder- und Jugendsportschule, dem jetzigen Sportgymnasium. Ab 1977 trainiert sie unter Jutta Müller. 2 Mal Olympiasiegerin (1984, 1988) und 4 Mal Weltmeisterin (1984, 1985, 1987, 1988), danach Schauspielerin und Moderatorin.


Zinser S. 171
Pfarrer Kreuzkriche


Zuer, Wolfgang und Witwe Zuer S. 201
Andréstraße 43































Stichworte

Abschnittsbevollmächtigter S. 318
ABV - 1952 nach sowjetischem Vorbild eingeführt, ein Polizist der DDR-Volkspolizei, zuständig für polizeiliche Aufgaben in Gemeinden, Stadtbezirken und Streckenabschnitten der Bahn.Polizeilicher Ansprechpartner für die Bewohner, der Streifendienst im Rang eines Unter- oder Leutnants versieht. Die ABV wurden ab Oktober.


Agricola-Buchandlung S. 254



Sitz: Innere Klosterstraße 1.


Aktuelle Kamera S. 287
1952 - 1990 Nachrichtensendung des DDR-Fernsehens
Wie alle Medien der DDR von der SED kontrolliert, wichtiges Propaganda-Instrument. Internationale Berichterstattung stark politisiert. Ereignisse, die Regierung verschweigen will (wie z. B. die ungesetzliche Grenzübertritte) nicht erwähnt. Aktuelle Kamera spiegelt die SED-Politik der SED wider, die Realität des Lebens in der DDR nur unzureichend - einer der Hauptgründe für die niedrige Popularität der Sendung. Für umfassendere Informationen bedienen sich viele DDR-Bürger, wo es technisch möglich ist, des „Westfernsehens“.


Anita S.347




Apitz, Bruno S. 255
1900 - 1979. Wächst in Leipzig auf. Mit 17 hält er eine Ansprache vor streikenden Arbeitern einer Munitionsfabrik, wofür er Gefängnisstrafe von 19 Monaten absitzen muss. 1918 beteiligt er sich an der Novemberrevolution. Schauspieler. 1924 erstes Theaterstück. 1927 Eintritt KPD. 1933 - 1945 KZs. 1945 Verwaltungsdirektor der Leipziger Theater, Gründungsmitglied der SED. 1958 "Nackt unter Wölfen" in 30 Sprachen übersetzt, Weltruhm.




Barkas S. 268
Der VEB Barkas-Werke Karl-Marx-Stadt wird 1958 gegründet und produziert u.a. nben den Barkas-Kleintransportern den Motor für den Trabant und später Rumpfmotoren für VW. Nach der Wende entwickelt sich der Betrieb innerhalb der Volkswagen Sachsen GmbH zu einem bedeutenden Hersteller von Motoren und anderen Fahrzeugkomponenten.


Baselitz, Georg S. 206
* 1938 Deutschbaselitz, eigentlich Hans-Georg Kern. Maler, Bildhauer und Grafiker. International bekannt ab den 1970ern mit figurativen, expressiven Gemälden. Malt seine Motive auf dem Kopf, was Werke unverkennbar macht.
Baselitz’ künstlerische Einflüsse ergeben sich aus einer Vielzahl von Inspirationen, wie Illustrationen der Sowjetzeit, manieristische Druckgrafiken und afrikanische Skulpturen. Zerstörung und Leid des Zweiten Weltkrieges beeinflussen den Künstler nachhaltig. „Ich bin in eine zerstörte Ordnung hineingeboren worden, in eine zerstörte Landschaft, in ein zerstörtes Volk, in eine zerstörte Gesellschaft. Und ich wollte keine neue Ordnung einführen. Ich hatte mehr als genug sogenannte Ordnungen gesehen. Ich war gezwungen, alles in Frage zu stellen, musste erneut ‚naiv‘ sein, neu anfangen.“


Bayern Drei S. 145
Der Fernsehturm auf dem Ochsenkopf ermöglichte den UKW-Empfang in weiten Teilen der DDR


Bebel, August S. 89
1840 - 1913 sozialistischer Politiker, Publizist. Einer der Begründer der deutschen Sozialdemokratie, gilt bis in die Gegenwart als eine ihrer herausragenden historischen Persönlichkeiten. Auf der Heimreise von einem Parteitag in Kopenhagen werden Bebel und zahlreiche andere Delegierte verhaftet. Freiberg verurteilt sie 1886 wegen „gesetzwidriger Verbindung“ (§ 129 StGB) zu neun Monaten Haft. Den Freispruch des Landgerichts Chemnitz hebt das Reichsgericht auf.


Becher, Johannes R. S. 184
1891 - 1958, Dichter, SED-Politiker, Minister für Kultur, verfasst DDR-Nationalhymne
Sohn eines jähzornigen Juristen beim OLG München. 1910 mit um 7 Jahre älteren Jugendliebe Doppelsuizidversuch, sie stirbt, er unzurechnungsfähig, staflos. Morphiumsüchtig, homosexuell. 1918 Suizid jüngerer Bruder, 1921 Scheidung, Kommunist, 12 Jahre Exil, Aufstieg DDR
Bobrowski: "... er ist der größte, gewiss; nämlich der größte tote Dichter bei Lebzeiten, einer den niemand hörte und las -, aber er lebte und schrieb."
Kastanienstraße in Heinrich-Beck-Straße umbenannt, ab 1964 Johannes R. Becher-, ab 1990 wieder Heinrich-Beck-Straße


Beimler, Hans S. 26
1895 - 1936, KPD-Politiker (KPD), kommunistischer Reichstagsabgeordneter und als politischer Kommissar des „Thälmann-Bataillons“ der XI. Internationalen Brigade im Spanischen Bürgerkrieg.
Antonia Stern, eine Freundin Beimlers, spricht von Mord seitens des sowjetischen Geheimdienstes GPU. Als Grund führt sie seine Kritik an der GPU an, die in die Auseinandersetzungen zwischen dem Partido Obrero de Unificación Marxista (POUM) und den Republikanern mehrfach tödlich eingriff, um die soziale Revolution in Spanien auf stalinistischen Kurs zu bringen. Beimler pflegte auch Kontakte mit Anarchisten, welche moskautreue Kommunisten als Feinde betrachteten. Stern erklärt, der Überlebende Staimer sei ein GPU-Agent gewesen, der Beimler (und Schuster) hinterhältig erschoss. Staimer soll Mitglied eines GPU-Kommandos unter Erich Mielke, dem späteren Minister für Staatssicherheit in der DDR, gewesen sein.
2016 findet sich im Schweizerischen Bundesarchiv eine Notiz des Informanten Arthur Bay: «Die Liquidierung des ehemaligen deutschen kommunistischen Reichstagsabgeordneten Hans Beimler, der von der kommunistischen Presse fälschlicherweise als an der Front gefallen gemeldet wurde, ist durch Richard Kindermann, Herz-Gruppe, ausgeführt worden. Laurencis, Detektiv der katalanischen Polizei, äußerte sich über den Fall Beimler, worauf dieser spurlos verschwand.»


Beyer, Hans-Jürgen S. 347
* 1949 deutscher Schlagersänger 1974 Durchbruch mit "Tag für Tag"


Benz S. 53



Umgangssprachlich das von Benz & Cie. ab 1886 produzierte Fahrzeug.


Berliner Illustrierte S. 42
Illustrierte Wochenzeitschrift (BIZ), Nr. 1 vom 4. Januar 1892, erste deutsche Massenzeitung. Technische Innovationen wie Offsetdruck, Zeilensetzmaschine oder die Verbilligung der Papierherstellung ermöglichen, die BIZ zum Preis von 10 Pfennig wöchentlich in den Berliner Straßen zu verkaufen, was sogar für Arbeiter erschwinglich war. Früh ist die Zeitschrift um größtmögliche Aktualität bemüht. Zum Ende der Weimarer Republik erreicht die BIZ eine Auflage von fast 2 Mio. Von 1926 bis 1931 liefert der Verlag die Zeitungen mit verlagseigenen Flugzeugen aus, die Nazis vertreiben die Verleger-Familie, das Blattist bis Kriegsende ein Organ der NS-Propagandisten. Ob Erich Ohsers Karikaturen 1934–1937 (Vater und Sohn) „diffizile Satiren auf die Nationalsozialisten enthalten“, ist umstritten.


Bersarin, Nikolai Erastowitsch S. 288
1904 - 1945, sowjetischer Generaloberst
1927 Kommandeur der gerade gegründeten Roten Arbeiter- und Bauernarmee. Als Kommandeur der 27. Armee kämpft er gegen die Heeresgruppe Nord der deutschen Wehrmacht nach deren Überfall auf die Sowjetunion. Oberkommandierender mehrerer Armeen, 1943 schwer verwundet. 1945 seine Truppen beim Angriff auf Berlin stark beteiligt. Erfolgreich als Stadtkommandant. Am 16. Juni 1945 stirbt Bersarin, nach 50 Tagen im Amt, bei einem Motorradunfall.


Beyer, Hans-Jürgen S.348
* 1949 Schlagersänger. Als 10jähriger in den Thomanerchor. Leadsänger mit der Klaus Renft Combo, Uve Schikora und der Bürkholz-Formation bis zu deren Verbot 1973. Gastiert auf zahlreichen internationalen Festivals, Tourneen Sowjetunion, Ungarn, der Tschechoslowakei, Afrika, Bulgarien, Indien, Japan, Polen, der Schweiz und Österreich.


Bitterfelder Weg S. 267
1959 veranstaltet der Mitteldeutsche Verlag eine Autorenkonferenz im Elektrochemischen Kombinat Bitterfeld, die klären soll, wie den Werktätigen ein aktiver Zugang zu Kunst und Kultur zu ermöglichen ist. Die „vorhandene Trennung von Kunst und Leben“ und die „Entfremdung zwischen Künstler und Volk“ sollte überwunden, die Arbeiterklasse am Aufbau des Sozialismus umfassender beteiligt werden. Dazu sollen Künstler und Schriftsteller in den Fabriken arbeiten und Arbeiter bei deren eigener künstlerischer Tätigkeit unterstützen (Bewegung schreibender Arbeiter). Die im Wesentlichen von Walter Ulbricht ausgegebenen Direktiven stehen unter dem Motto "Greif zur Feder, Kumpel, die sozialistische deutsche Nationalkultur braucht dich!"
In der Tat kommt es zu einem Aufschwung der Laienkunst, etwa durch regelmäßig veranstaltete Arbeiterfestspiele. Dichter KuBa: „Das wird ein bitterer Feldweg werden.“ Volksmund: „Es seufzt der positive Held - weil ihm der Weg oft bitter fällt!“.
1964 stellt die 2. Bitterfelder Konferenz den Kulturschaffenden die Aufgabe, insbesondere die „Bildung des sozialistischen Bewusstseins“ und der „sozialistischen Persönlichkeit“ zu fördern. Erst nach 1970 betreibt man in allen die Förderung begabter Laienkünstler betrieben, die Zirkelleiter verschiedener Kunstrichtungen leiten sollen. Die Zusammenarbeit von Schriftstellern und Betrieben hält sich in Grenzen; auch die meisten Künstler sind wenig gewillt, durch dauerhafte Mitarbeit in der Produktion ihre lebensweltliche Erfahrung auszuweiten.


Blämbe S.11
sächs. Dialekt: dünner Kaffee, dünne Suppe, geschmacklose oder nicht schmeckende Flüssigkeit


Blume, Renate S. 59
* 1944 Schauspielerin, DEFA- und Fernsehfilme


bodega S. 223



gefragtes Wein- und Spezialitätenrestaurant im 1968 fertiggestellten Haus der Industrieverwaltungen (RAWEMA-Haus) an der Straße der Nationen


Briketts S. 225
In der DDR gängige Bezeichnung - trotz Diskriminierungsverbot - für kubanische und andere dunkelhäutige Facharbeiter.


Charms, Daniil S. 192
1905 - 1942, russischer Schriftsteller und Dichter. Sein Werk ohne Kenntnis seiner Lebensumstände nur schwer zu erschließen. Die Mutter aus alteingesessenem Adel leitet 1900 bis 1918 in St. Petersburg ein Frauenasyl für entlassene Strafgefangene, der Vater aus Parkettpoliererfamilie 1883 als Mitglied der antizaristischen Narodnaja Wolja 1883 verhaftet, Todesstrafe, umgewandelt in 15 Jahre Haft als Zwangsarbeiter auf Sachalin. Unter dem Pseudonym Miroljubow (dt. „der Friedliebende“) veröffentlicht er bis Ende der 1920er Jahre zahlreiche Schriften. Seinem Sohn widmet er sich mit Erziehungsratschlägen, die seiner strengen und asketischen Lebensweise entsprechen. Schon früh beginnt die russisch-orthodoxe Erziehung der Eltern. In Charms’ Aufzeichnungen und Werk spielt religiöse Symbolik bis hin zur Beschäftigung mit okkulten Themen eine wichtige Rolle.
Die Eltern fördern die sprachliche Entwicklung der Kinder, indem sie englisch- und deutschsprachige Erzieherinnen einstellen und den Besuch der prestigeträchtigen deutschsprachigen St. Petri-Schule ermöglichen. 1924 die Hochschulreife. 1928 Heirat mit der geschiedenen Rusakowa. Scheidung 1933. 1934 Heirat Marina Malitsch. Charms erlebt Umbruch zwischen zaristischer Vergangenheit und sowjetischer Zukunft.
Er sieht nur 2 seiner Gedichte für Erwachsene gedruckt. 1931 verhaftet. 3 Jahre Verbannung nach Kursk. 1941 Gefängnis Kresty. Einweisung in die psychiatrische Anstalt.
Jakow Druskin bewahrt 1944 bis 1978 den Nachlass von Charms auf, überlässt sie kurz vor seinem Tod öffentlichen Einrichtungen.
„Der Umstand, dass das Schaffen von Charms in Russland und im Ausland erst lange nach seiner staatlichen Ermordung zugänglich war, ist tragisch, aber die positive Beurteilung und der Einfluss seiner Werke Jahrzehnte nach ihrem Entstehen beweisen die Gültigkeit dieser durch so viel Leid erkauften Dichtung.“


Chatschaturjan: Säbeltanz S. 144




Corvalán Lépe, Louis S. 52
1916 - 2010, chilenischer Politiker und Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chiles. Als 15-jähriger gegen Ende der Diktatur von Carlos Ibáñez del Campo in die Kommunistischen Partei. Lehrer. Zwischen 1948 und 1958 in Gefangenenlagern inhaftiert. Nach dem Putsch Pinochets 1973 verhaftet, ins KZ „Ritoque“ auf der Insel Dawson. Nach Ermordung Víctor Jaras prominentester politischer Gefangene in Chile. 1976 in Zürich gegen den sowjetischen Dissidenten Wladimir Bukowski ausgetauscht, Asyl in der Sowjetunion.
1988, zum Ende der Pinochet-Diktatur, Rückehr nach Chile. Wohnt bis zu seinem Tod in einem kleinen Haus in Santiago de Chile, Mittelpunkt einer großen Familie. Sein jüngstes Buch "Die Kommunisten und die Demokratie" 2008. Er plädiert darin für eine Gesellschaft auf Grundlage einer neuen sozialen Bewegung und fordert unter anderem die Wiederverstaatlichung der chilenischen Kupferminen.


Chemnitzer Kunsthütte S. 187
1860 gründen 30 Chemnitzer Künstler und Kunstfreunde den Verein, der zu Beginn 30 Mitglieder zählt und 1924 die Höchstzahl von 1291 erreicht. Erklärtes Ziel: Künstler und Kunstliebhaber zusammenzuführen und den Menschen Kunst auf verschiedene Art nahezubringen.
1909 Umzug in das im gleichen Jahr eröffnete König-Albert-Museum. In der Nazizeit wird Wilhelm Rüdiger Museumsdirektor, der das Ziel hat, „alles der deutschen Rassenseele Fremde“ auszutilgen. 1945 Friedrich Schreiber-Weigand wieder Direktor der Städtischen Kunstsammlung, die SMAD löst 1947 die Kunsthütte auf, die Bestände gehen in den Besitz der Städtischen Kunstsammlung Chemnitz über.


Das Magazin S. 126
DDR-Zeitschrift mit Schwerpunkten Kultur und Lebensart, eine der wenigen DDR-Zeitschriften, die auch nach der Wende noch erscheinen. Erscheint seit 1954, derzeit beträgt die Auflage etwa 45.000 Exemplare, 75 % davon gehen nach Ostdeutschland.


Dathe, Dr. Dr. Curt Heinrich S. 47
1910 - 1991, Zoologe und 34 Jahre
Direktor des Tierparks Berlin





Davis, Angela S. 52
* 1944, US-amerikanische Bürgerrechtlerin, Philosophin, Humanwissenschaftlerin und Schriftstellerin. In den 1970ern Symbolfigur der Bewegung für die Rechte politischer Gefangenen in den USA, 1960er- bis 1980er prominentes Führungsmitglied der Kommunistischen Partei der USA.


Deine Spuren im Sand S. 347


Deutschwehr S.43
Deutschwehr e. V. : Bund deutscher Offiziersfrauen


DIE-Reihe S. 318



Kriminal-Buchreihe im DDR-Verlag Das Neue Berlin, bis zur Wendezeit etwa 130 Titel. Neuerscheinungen, Wiederveröffentlichungen und Übersetzungen zeitgenössischer Schriftsteller der DDR und aus den sozialistischen, osteuropäischen Ländern und dem westlichen Ausland.


Dietz-Verlag S. 290
1946 gründen Alfred Oelßner und Richard Weimann im Auftrag der SED den Verlag, hervorgegangen aus den Verlagen Neuer Weg und Vorwärts. Verlagssitz Verlagsgebäude Neues Deutschland.
1947 gründet die SED mit Karl Dietz, Verlagsleiter des Greifenverlages zu Rudolstadt, sowie der VOB Zentrag als Gesellschafter die Dietz Verlag GmbH mit Sitz in Berlin. Der Verlag ist zentraler Parteiverlag der SED, an das ZK angegliedert. Die Publikationen unterstehen der ideologischen Anleitung und Kontrolle der Abteilung Propaganda, aber auch anderer Abteilungen und Kommissionen des ZK sowie weiterer Parteiinstitutionen wie des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Parteihochschule oder die Akademie für Gesellschaftswissenschaften beim ZK der SED beeinflussen das Verlagsprogramm, damit es der offiziellen Parteilinie entspricht.
Auf Grund Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin ist die PDS Hauptgesellschafterin des Verlages. 1999 macht die Rosa-Luxemburg-Stiftung den Verlag zu ihrem Hausverlag.


Erb, Elke S. 367
* 1938 Schriftstellerin und Übersetzerin
„Ich bin außerhalb der Form. Und das ist eine Chance und ein Risiko. Die Menschheit geht mit mir ein Risiko ein, ich diene als Risiko.“
Ihre Nähe zur unabhängigen Friedensbewegung, die Mitarbeit an einer inoffiziellen Lyrik-Anthologie und ihr Protest gegen die Ausbürgerung des Bürgerrechtlers Roland Jahn führen zur Überwachung durch die Stasi. Ein vom Schriftstellerverband der DDR betriebener Versuch, sie auszuschließen, nicht durchsetzbar.
„Den Sinn ihres Widerspruchs indessen hätten diese Texte nicht haben können, hätten sie nicht einen eigenen, autonomen Sinn aufgebaut. Der war es (und nicht Kampfgeist), der sich einen Weg aus Untertänigkeit, Konsumtion und unproduktiver Ausbeutung suchte.“
2020 Georg-Büchner-Preis


Esdas S. 266
sind Strumpfhosen. 1871 gründet Carl Wilhelm Schletter eine Strumpfwirkerei in der Nähe des Thalheimer Bahnhofes, 1906/1907 errichtet er im Nachbarort Dorfchemnitz eine neue Fabrik und im selben Jahr kommt in Chemnitz eine Fabrik für Appretur und Versand hinzu. In den Betrieben der Schletter Strumpfwarenfabriken arbeiten zeitweise 1400 Arbeiter, 500 davon im Werk Dorfchemnitz. Im 2. Weltkrieg brennt das Chemnitzer Werk nieder.
Die Sowjets demontieren ca. 50 % des Maschinenparkes, verlagern sie nach Russland und enteignen die Familie. Die Fabrikanlagen werden in den VEB ESDA Thalheim überführt. Häftlinge der StVE Hoheneck produzieren für ESDA Damenstrumpfhosen für den Export in die Bundesrepublik. Gabriele Stötzer, 1977 bis 1978 inhaftiert, nähte dort im „Nähkommando Esda“ Damenstrumpfhosen. Sie habe an einem 8-stundentag zwischen 450 und 550 Strumpfhosen geschafft und fünf Tage die Woche sowie ohne Urlaub durcharbeiten müssen. Gelegentlich seien Sonderschichten an den Wochenenden hinzugekommen. Birgit Schlicke, 1988 in Hoheneck inhaftiert: Nach dem Freigang teilte uns eine Wachtel Arbeit zu. Wir sollten ESDA-Strümpfe abzählen und zu je 50 Paar bündeln. Endlich ein bisschen Abwechslung! Die Arbeit war nicht schwer und ging uns leicht von der Hand. Zum Feierabend durften wir die Säcke mit den Strümpfen in den Südflügel schleppen. In der Zelle hatte ich das Gefühl, der Tag sei schnell vergangen.


Es fährt ein Zug nach nirgendwo S. 310 Zug





Essesszwanzig S. 288
Bezeichnung des US-amerikanischen Geheimdienstes (Akronym surface-to-surface „Boden-Boden“) für die sowjetische RSD-10, ballistische Mittelstreckenrakete zum Transport nuklearer Sprengköpfe. Gegenstand großer politischer Auseinandersetzungen zwischen NATO und Sowjetunion; ihre Stationierung hat NATO-Doppelbeschluss zur Folge. Gemäß INF-Vertrag bis 1991 zerstört.


Exquisit S. 50
Bekleidungsgeschäfte in der DDR mit hochpreisigem - verglichen mit den normalen HO- und Konsum-Läden - Angebot von Bekleidung und Kosmetika.


FF-Dabei S. 265




Fidschis S. 225
In der DDR gängige Bezeichnung – trotz Diskriminierungsverbot – für vietnamesische und asiatische Facharbeiter auf.


Frazer, Isabel S. 22

  Jessica Brenton


Freie Presse S. 11
Regionale Tageszeitung für den Bezirk Karl-Marx-Stadt, in der DDR auflagenstärkste Regionalzeitung, seit ihrer Fusion mit der Volksstimme (SED-Organ im Bezirk Karl-Marx-Stadt) 1963 Organ der SED-Bezirksleitung.
Nach der Wende geht sie - im Gegensatz zu anderen DDR-Zeitungen - ohne Ausschreibung für umgerechnet 100 Mill. € an die Medien Union GmbH Ludwigshafen, was auf die Intervention Helmut Kohls zurückgeht, der dafür sorgte, dass Verleger Dieter Schaub, ein langjähriger Weggefährte Kohls aus der heimatlichen Pfalz, die heute größte ostdeutsche Zeitung einheimste.


FRÖSI S. 191
Kinderzeitschrift der DDR, erscheint ab 1953, Name aus der Anfangszeile des Pionierlieds "Fröhlich sein und singen", ab 1956 monatlich, Maximalauflage bei etwa 600.000. Verkaufspreis 70 Pf. Propagandacomics, Aufrufe zum Sammeln von Sekundärrohstoffen, Kräutern und Beeren, Grundsätzen zu Hygiene und Gesundheitsprophylaxe, Bildgeschichten, Farbdruck klassischea Gemälde als Sammelbild, Bastelvorschläge, Weihnachtskalender. Nach der Wende Wiederbelebungsvesuch, 2005 eingestellt.


FZ S. 356
angesagtester Club Karl-Marx-Stadts, Freizeitzentrum Beimler, Olbersdorfer Str. Nach Ende der Veranstaltung und Auszahlung trifft man sich im hinteren Teil der Baracke erst zum "Lagerverkauf" und dann zur Vernichtung der gekauften Getränke. Im Saal selbst Rauchverbot wegen Brandgefahr. Dafür gab es einen Raucherraum, dort musste man gar nicht selbst rauchen. Der Raum war so voller Qualm, dass man sich dies sparen konnte.
Gern bespielten FZ Berliner Diskotheken, wenn der Bass sich schön herausarbeitete, bebte die gesamte Holzbaracke. Popperschuppen, Musikrichtungen wie New Wave, Dance, Funk waren da erste Wahl. Nach der Wende als soziale Einrichtung genutzt, später abgerissen. Jährlich im Brauclub unter der Galerie Roter Turm 1.Weihnachtsfeiertag FZ Revival Party. Geführt von einem Gastronomen, der hervorging aus dem ehemaligen FZ, erwartet er gern Gäste aus der damaligen Zeit. Auch DJs aus dieser Zeit (DJ Geyer ehemals Bürgermeisterbewerber oder Conny Oeser) waren zu Gast.


Glückauf, Glückauf! S. 249




Golem S. 186
Mittelalterliche Figur der jüdischen Literatur und Mystik: Ein von Weisen mittels Buchstabenmystik aus Lehm gebildetes, stummes, menschenähnliches Wesen, das oft gewaltige Größe und Kraft besitzt und Aufträge ausführt.


Goombay Dance Band S. 319






Griechischer Wein S. 347



Grin, Alexander S. 367
1880 - 1932 russischer Schriftsteller


Grünes Gewölbe S.310
umfangreichste Kleinodiensammlung Europas, die Schatzkammer der Wettiner Fürsten in Dresden. Der Name beruht auf den malachitgrün gestrichenen Säulenbasen.


Gustloff S. 91
Wilhelm Gustloff, Nazi und Landesgruppenleiter der NSDAP-Auslandsorganisation in der Schweiz
"Wilhelm Gustloff", von den Nazis eingesetztes nach ihm benanntes Kreuzfahrtschiff. Im 2. Weltkrieg Lazarett- und Wohnschiff sowie Truppentransporter. 1945 versenkt es ein sowjetische U-Boot vor der Küste Pommerns, zwischen 4.000 und mehr als 9.000 Menschen sterben, eine der verlustreichsten Schiffskatastrophen der Menschheitsgeschichte.


Gwisdek, Michael S. 355
* 1942 Schauspieler und Regisseur


Hansa-Kekse S. 8




Harfouch, Corinna S. 355
* 1954 Schauspielerin und Charakterdarstellerin


Heckert, Fritz S. 89
* 1884 Chemnitz † 1936 Politiker, Mitbegründer Spartakusbundes und KPD, führender Funktionär Komintern. 1923 kurz Wirtschaftsminister Sachsen. Maurer. Auf Wanderschaft lernt er 1911 in der Schweiz seine spätere Frau Wilma Stammberg (1885–1967), eine Lettin kennen, die ihn mit Lenin zusammen bringt, der ihn im Sinn der Bolschewiki beeinflusst.
1918 Vorsitzender des Chemnitzer Arbeiter- und Soldatenrates. Delegierter bei Gründungsparteitag KPD 1918. Unter Brandlers und Heckerts Führung wird Chemnitzer KPD-Organisation eine der stärksten in Deutschland. 1920 steigt Heckert ins Zentralkomitee der KPD (ZK) auf, wo er bis zu seinem Tod bleibt. 1923/24 aktiv an Bürgerkriegsvorbereitungen der Partei beteiligt. 1924 inhaftiert. 1924 - 1933 Mandat der KPD im Reichstag, ab 1928 im Präsidium Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale (EKKI). 1931 in Gelsenkirchen auf Kundgebung bei Zusammenstößen mit SA schwer verletzt.
1932 nach Moskau zum EKKI, dort bis zu seinem Tod (Schlaganfall)
In der DDR zahlreiche Einrichtungen, Straßen und Schulen nach Heckert benannt. Größte Karl-Marx-Städter Plattenbausiedlung "Wohngebiet Fritz Heckert". Sein Geburtshaus an der Mühlenstraße unter der Bezeichnung "Heck-Art-Haus" Teil der Chemnitzer Kunstszene.


Hennecke, Adolf S. 166
1905 - 1975 FDGB- und SED-Funktionär, wird als Bergmann Namensgeber der Hennecke-Aktivistenbewegung in der DDR


Herricht & Preil S. 23
Populäres Komikerduo der DDR. Ihre Shows und Auftritte im Fernsehen erlangen große Berühmtheit; einige Sätze werden geflügelte Worte. Fast 3 Jahrzehnte (bis zu Herrichts Tod 1981) führen sie gemeinsam Sketche auf, die Preil schrieb, der den oberlehrerhaften Neunmalklugen spielte; Herricht hatte den naiv-bauernschlauen Part und begriff nie, was Preil zu sagen versuchte, führte ihn aber immer wieder aufs Glatteis und war am Schluss oft glänzender Sieger.


Herz, Monika S. 347
* 1951 als Monika Schmidt, Schlagersängerin. Ab 1970 produziert sie regelmäßig für den Rundfunk der DDR, ab 1972 einer der am häufigsten auftretenden DDR-Stars und Fernsehlieblinge.


Hockauf, Frieda S. 166
1903 - 1974, geb. Kloß, Weberin im „VEB Mechanische Weberei Zittau“, dem größten Webereibetrieb der DDR. Bekannt durch die Verpflichtung zur Planübererfüllung im September 1953 über 45 laufende m Stoff bis Jahresende über ihren normalen Plananteil hinaus zu leisten.
„So wie wir heute arbeiten, werden wir morgen leben“


Humboldt, Alexander von S. 9
1769 - 1859. Forschungsreisender mit einem weit über Europa hinausreichenden Wirkungsfeld. Schafft in seinem Gesamtwerk „einen neuen Wissens- und Reflexionsstand des Wissens von der Welt“, wird zum Mitbegründer der Geographie als empirischer Wissenschaft; sein älterer Bruder Wilhelm von Humboldt.
1791/1792 führt Alexander von Humboldt, einer der bekanntesten Studenten der Bergakademie Freiberg, im „Kuhschacht“ mitten in der heutigen Freiberger Innenstadt Messungen der Gesteinstemperatur durch. In den 8 1/2 Monaten zwischen 1791 und Ende Februar 1792 schließt er seine wissenschaftliche Ausbildung ab. Auch danach besucht Humboldt Freiberg wiederholt. Die Verbindungen zu seiner letzten Studienstätte bleiben Zeit seines Lebens erhalten, sei es durch den Einbezug in sein geophysikalisches Messprogramm, das Aufeinandertreffen mit früheren Kommilitonen oder der hilfreichen Unterstützung für „Gesandte der Bergakademie“ im Ausland, vor allem für Ferdinand Reich während dessen Aufenthalts in Paris.
Der ausgestopfte Vasapapagei Jakob im Berliner Naturkundemuseum ist dessen Aushängeschild. Er gehörte dem Universalgenie Alexander von Humboldt, der von dem Tier fasziniert ist, das er bei sich zu Hause hält und zu dem er eine innige Beziehung pflegt. Als Humboldt am Hof des Großherzogs Carl August von Sachsen-Weimar-Eisenach auf Jakob trifft, konnte er nicht ahnen, dass der Vogel ihn die nächsten 30 Jahre seines Lebens begleiten würde. Der Wissenschaftler erfreut sich sehr daran, wie gelehrig der grauschwarze Vasapapagei ist. Der betagte Großherzog wiederum ist beeindruckt von Humboldts Faszination und vermacht ihm den Vogel in seinem Testament.
Keine zwei Jahre nach Humboldts Besuch stirbt der Großherzog. Jakob zieht zu seinem neuen Besitzer nach Berlin. Der Vogel offenbar genug zu hören bekommen, um auch von ihm neue Sätze zu lernen. Jakob unterbricht seinen Besitzer und dessen Besucher immer wieder mit »Viel Zucker, viel Kaffee, Herr Seifert!«: jenen Worten, mit denen Humboldt bei seinem Diener Johann Seifert seinen Kaffee bestellte.
1859 stirbt Jakob. Wie sehr Humboldt trauerte, ist nicht überliefert. Offenbar sollte Jakob aber nach seinem Tod zumindest der Wissenschaft von Nutzen sein, denn Humboldt schenkt den toten Vogel dem Naturkundemuseum. Erst beim Präparieren bemerkt man dort, dass Jakob in Wahrheit eine Jakobine war. Noch heute sieht man dem Vogel die lange Zeit in Gefangenschaft an: Schwielen unter den Zehen, extrem verlängerte und verformte Klauen.
Über Jakobs Lebensgeschichte ist viel bekannt. Darum konnten Wissenschaftler einiges über die Lebensspanne von Vögeln im Allgemeinen und Papageien in Gefangenschaft im Besonderen lernen. Sie schätzen, dass das Tier an die 75 Jahre alt wurde. Dieses hohe Alter entfachte bei Alexander von Humboldt selbst Interesse: Er schreibt 1859 einen verloren gegangenen Aufsatz über den Vogel, bricht 2 Tage später zusammen und stirbt im Alter von 89 Jahren.
Jakob hat eine Sonderrolle im Museum. Er - beziehungsweise sie - ist das ornithologische Objekt, das am engsten mit dem weltberühmten Forscher verbunden ist. Und es hat auch noch nach seinem Tod eine wechselvolle Geschichte. Wie Mitte des 19. Jahrhunderts üblich montierten die Präparatoren den Vogel aufrecht auf einer Stange sitzend, die sie wiederum auf einem hölzernen quaderförmigen Sockel befestigten. Dadurch war er ständig dem Licht ausgesetzt, was den Farben von Schnabel und Federn zugesetzt hat. Doch dieser schleichende Schaden ist nichts gegen das, was das Museum und unzählige Sammlungsstücke während des Zweiten Weltkriegs erlitten haben, in den Saal mit den Standpräparaten ist eine Granate eingeschlagen und hat große Zerstörung angerichtet.
Jakob fehlt nach dem Vorfall ein Flügel, am Kopf hat er kahle Stellen, am Bauch ist die Haut stellenweise ganz weggerissen, seine Schwanzfedern zerbrochen. Hätte Jakob nicht Alexander von Humboldt gehört – man hätte seine Überreste damals wohl auf den Müll geworfen.
1999, 140 Jahre nach Humboldts Tod, erwacht das Interesse an dem Papagei erneut. Die Präparatoren des Naturkundemuseums setzen die Einzelteile, so gut es ging, wieder zusammen. Betrachtet man Jakob von seiner Schokoladenseite, fällt erst mal gar nicht auf, dass mit dem Vogel etwas nicht stimmt.Jakob reist zu zahlreichen Ausstellungen über den Universalgelehrten.


Ich war noch niemals In New York S. 346
Udo Jügens



im März fünfundvierzig S.18
heulten Sirenen wie an zahllosen zuvor. An diesem Abend verlor die Stadt ihr Gesicht. In nur einunddreißig Minuten. Eine halbe Stunde lang Sterben, ausgelöschte Menschenleben unter Trümmern, auf schwelendem Asphalt. Am nächsten Tag sprachen die Zeitungen von der »Toten Stadt«. Die beiden Nachbarstädte waren ebenso getroffen. Die Kunstwelt beklagte die eine. Die Handelswelt die andere. Nur für die Stadt der Schlote fand sich keine trauernde Welt.
6. Februar bis 11. April 1945: Einheiten der Royal Air Force (RAF) und United States Army Air Forces (USAAF) fliegen 10 Luftangriffe auf Chemnitz, werfen über 7.700 t Sprengmittel und Brandsätze ab - vernichten die Innenstadt fast vollständig
Intershop S. 22
Einzelhandelskette in der DDR, deren Waren nur mit konvertierbaren Währungen, später auch mit Forumschecks, jedoch nicht mit Mark der DDR zu bezahlen waren. Unvermeidbarer Nebeneffekt: der normale DDR-Bürger konnte dadurch einen begrenzten Einblick in das Warenangebot des Westens bekommen.


Jähn, Sigmund S. 171
1937 - 2019, Jagdflieger, Kosmonaut, Generalmajor der NVA. Fliegt 1978 in der sowjetischen Raumkapsel Sojus 31 zusammen mit Waleri Fjodorowitsch Bykowski zur sowjetischen Raumstation Saljut 6. 125 Erdumkreisungen. Jähns Weltraumflug in den Medien der DDR ausgiebig behandelt und gefeiert, stellte doch der kleinere deutsche Staat den ersten Deutschen im All. Sonderausgabe des Neuen Deutschland mit der Schlagzeile „Der erste Deutsche im All - ein Bürger der DDR“


Jalta-Bar S. 61

Panorama-Restaurant im 26. Stock des Interhotels


Jara, Víctor S. 159
1932 - 1973, chilenischer Sänger, Musiker und Theaterregisseur. Soldaten bringen ihn zusammen mit vielen Dozenten und Studenten ins Estadio Chile, wo ihn ein Offizier erkannt. Sie foltern ihn - wie auch viele seiner Leidensgenossen. Unter diesen Umständen entsteht sein letztes Gedicht "Somos cinco mil" (Wir sind fünftausend). Später brechen ihm seine Peiniger die Hände, damit er nicht mehr Gitarre spielen kann. Als Reaktion auf die hämische Aufforderung der Soldaten, er solle doch singen, wenn er ein Sänger sei, erhebt Víctor Jara noch einmal seine Stimme, um das Lied der Unidad Popular Venceremos – „Wir werden siegen“, anzustimmen. Daraufhin schlagen sie ihn zusammen und ermorden ihn mit mindestens 44 Schüssen.


Jugendweihe S. 34
Festliche Initiation, den Übergang vom Jugend- ins Erwachsenenalter kennzeichnend, findet in der DDR breite Verwendung als Ersatz für kirchliche Feste.
In den ersten Jahren der SBZ/DDR vermeidet die SED zunächst die offene Konfrontation mit den Kirchen und lehnt die Mitwirkung der Partei, der Gewerkschaften und der FDJ an Jugendweihen im Sinne der früheren Freidenkerverbände deutlich ab.
Dass die Jugendweihe danach zum staatssozialistischen Fest avanciert, ist von Moskau gesteuert.
Ablauf: Vor der eigentlichen Jugendweihe besuchen die Jugendlichen, meist im Klassenverband, ein Jahr lang monatlich "Jugendstunden", meist aus Betriebsbesichtigungen, Vorträgen über Sexualität und Politik, Tanzstunden oder ähnlichen gesellschaftlichen Nachmittagen bestehend. Zu dem Festakt, der meist in einem größeren Saal oder Theater des Ortes stattfindet, sind die Angehörigen eingeladen. Nach einigen offiziellen Reden und dem Gelöbnis, in dem sich die Jugendlichen zum sozialistischen Staat bekennen, überreichen ihnen dann meist Junge Pioniere Blumen. Nach Abschluss des Gelöbnisses werden die Jugendlichen im Alter von 14 Jahren mit „Sie“ angeredet. Außerdem erhalten sie eine Urkunde und ein Buch, nach 1974 das reine Propagandawerk Der Sozialismus, Deine Welt abgelöst. Ab 1983 das Buch Vom Sinn unseres Lebens.


Junge, komm bald wieder S. 97


Just, Helmut S. 196
1933 - 1952, DDR-Volkspolizist, erschossen an der Sektorengrenze in West-Berlin, Täter nicht ermittelt. Die DDR-Propaganda verehrt ihn als einen von „westlichen Terroristen ermordeten Grenzschützer“. 1967 sieht das MfS den Täter in der organisierten Kriminalität in Berliner Boxer- und Schieberkreisen, in denen Just verkehrte.
In der Nacht zum 25. Dezember 1952 versuchen Sowjetsoldaten eine Entführung, bei dem folgenden Einsatz der West-Berliner Polizei erschießen die Sowjetsoldaten Polizeioberwachtmeister Herbert Bauer. Die Trauerkundgebung zieht hunderttausende Menschen an.
Am 30. Dezember 1952 findet ein Polizist Just mit einer Blutlache um den Kopf tot auf dem Bürgersteig, seine Dienstwaffe fehlt. An der Trauerveranstaltung, die den Eindruck einer Konkurrenz zu der vorangegangenen für Herbert Bauer macht, nehmen etwa 100.000 Menschen teil.
Zahlreiche Straßen, Schulen, Wirtschaftsbetriebe, Sportstätten und Freizeiteinrichtungen in der DDR tragen Justs Namen.
Die Schule, aus der Helmut wegen seines Gedichts verjagt wird, heißt 1948 Oberschule mit Altsprachenbezug, 1949 wird sie in Friedrich-Engels-Oberschule umbenannt ("der 2. Gesellschaftstheoretiker, der den Staat geprägt und weder das Gebäude, noch die Stadt je betreten hatte!").
" ... die Schulbank gedrück, wie 30 Jahre vor ihnen Karl Schmidt ... ein berühmter Expressionist": Karl Schmidt Rottluff
Im Internet wird nach wie vor die Legende tradiert, Just sei von zwei „faschistischen Mördern“ infolge einer „Westberliner Hetzkampagne gegen die DDR“ hinterrücks erschossen worden.


Kinetosin S. 281
Reisetablette
VEB Arzneimittelwerk
Dresden






Kischkes S. 150
Gericht, Spezialität der aschkenasischen Küche


Kljutsch S. 214
Künstlergruppe (russ. Kljutsch=Schlüssel)


Klub der Intelligenz Pablo Neruda S. 235
Einrichtung des Kulturbundes der DDR. Hauptaufgabe: Organisation interdisziplinärer Gespräche, kulturelle Veranstaltungen und Herausbildung regen geselligen Lebens. Man will die Schicht der Intelligenz in die Entwicklung des gesellschaftlichen Lebens der DDR einbinden.
Ab 1958 auch „Landklubs der Intelligenz“. Die Klubs heißen meist nach historischen Persönlichkeiten der jeweiligen Stadt und bekommen attraktive Villen oder andere zentrale Gebäude in den Städten. Einerseites sind sie gewisse Zone für freie Diskussionen und Begegnungen, andererseites begrüßen sie oft mit offiziellen Stellungnahmen die Politik der Partei- und Staatsführung. 1989 bestehen 170 Klubs mit jeweils zwischen 100 und über 2000 Mitgliedern. 1990 wandeln sich einige der Klubs in eigenständige Kulturvereine um.


Komplexannahmestelle S. 25
In der DDR Geschäft, in dem man Reparaturen von Haushaltsgeräten in Auftrag geben konnte. Ferner chemische Reinigung, Schuhreparatur. Der Abholschein teilte die voraussichtliche Bearbeitungsdauer mit. Altmaterialien konnte man in haushaltsüblichen Mengen gegen Barzahlung anliefern, sie wurden weitergeleitet an den VEB SERO.


Konsum S. 63
Kónsum (nicht Konsúm), auch in der DDR Marke der Konsumgenossenschaften. Die einzelnen Genossenschaften betrieben Lebensmittelgeschäfte, Produktionsbetriebe und Gaststätten.


Korn, Jirí S. 350
tschechischer Sänger, Stepptänzer und Schauspieler. Bekannt durch "Ich such die Yvetta". Inhaber eines Weltrekordes im Poolbillard.


Krug, Manfred S. 286
Hochzeitstag vergessen
S. 290: Jeden Tag das Weckerklingeln Ich geh nachhaus


Lacrimosa S. 299
gesungen von Theo Adam, mit singt Rolf Apreck, Leipzig, Onkel des Websitenverfassers
Mozart Requiem III. Sequenz 6. Lacrimosa


Levi, Primo S.255
1919 - 1987, italienischer Schriftsteller und Chemiker jüdischer Herkunft. Bekannt für sein Werk als Zeuge und Überlebender des KZs Auschwitz.
1938 erlässt die faschistische Regierung Italiens ein Rassengesetz, das es jüdischen Bürgern verbietet, staatliche Schulen und Hochschulen zu besuchen. Dennoch schafft es Levi 1941, sein Studium mit Auszeichnung zu beenden, Vermerk auf dem Abschlusszeugnis: „von jüdischer Rasse“.
Schließt sich 1943 der Resistenza an, gefasst von faschistischen Milizen. Vor die Alternative gestellt, entweder als Partisan auf der Stelle erschossen oder als Jude deportiert zu werden, gibt er seine jüdische Abstammung zu, KZ Fossoli, 1944 Auschwitz. Oktober 1945 Rückkehr nach Turin. Beschreibt Erfahrungen in Auschwitz 1947 in Ist das ein Mensch? (deutsch 1961) und 1963 in Die Atempause (deutsch 1982).
In seiner annähernd einjährigen Haftzeit in Auschwitzt hat er folgende Berufe ausgeübt: Maurergehilfe, Erdarbeiter, Straßenkehrer, Totengräber, Dolmetscher, Fahrradreparateur, Schneider, Dieb, Hehler, Krankenwärter, Steinklopfer und sogar Chemiker bei der IG Farben (für die letztgenannte Zwangsarbeit erhält er vom deutschen Chemiekonzern eine Wiedergutmachung von 122,70 Mark!)
Der in Auschwitz immer wiederkehrende Albtraum des Häftlings - er kommt nach Hause, und niemand ist bereit, ihn anzuhören, alle unterhalten sich über andere Dinge - hat sich auf diese Weise bewahrheitet, bis das Buch in den 1960ern endlich in seinem Rang erkannt wird. Levis Bericht über seine Erlebnisse in Auschwitz berührt wegen seiner kalten und unmittelbaren Präzision. Er habe, sagte Levi, der stets gern und ausführlich Auskunft gab, nichts nachträglich hinzugefügt und nur geschrieben, was er damals gewusst und erlebt habe.
Seine Verbindung zu Deutschland ist zwiespältig. Einerseits betont er die untilgbare "kollektive und allgemeine Schuld nahezu aller Deutschen, dass sie nicht den Mut besessen haben zu sprechen" - über das, was offensichtlich war. Andererseits besucht er noch als Rentner Deutschkurse im Turiner Goethe-Institut. Im Lager hat er privaten Deutschunterricht mit einem Teil seiner Brotration bezahlt, der kostbarsten Währung, die es je gab. In der DDR durften Levis Berichte nicht erscheinen, auch Wanders Brief an Primo Levi nicht, der als Nachwort für die Doppelausgabe "Ist das ein Mensch?" und "Die Atempause" 1981 gedacht war. Wander, Jude aus Wien, und überzeugter Kommunist, der von 1955 bis 1983 in der DDR lebt, weiß, wovon er sprach, denn er war selbst KZ-Häftling. Seine Fürsprache ist ebenso vergeblich wie die des Akademiepräsidenten Konrad Wolf, der sich bemühte, Levis Bücher den Lesern in der DDR zugänglich zu machen. Die Angelegenheit geht bis zu Kulturininister Höpcke und Otto Funke, Vorsitzenden des Komitees der Antifaschistischen Widerstandskämpfer der DDR. An seinem Einspruch scheitert die Publikation. Die Bücher enthalten Bemerkungen über die Rolle der politischen Häftlinge in der Lagerhierarchie, die nicht ins zementierte Bild vom kommunistischen Widerstand in den Lagern passten. Levi beschreibt, wie wenig solidarisch das Verhalten der Häftlinge unter den Bedingungen der Todesfabrik oft war, wie ein Teil der Bosheit des Terrorsystems Besitz von den Opfern ergriff - einer der schrecklichsten Aspekte der Lagerwelt. Dass Levi dies so scharf erkannte, dürfte eine der Voraussetzungen dafür sein, dass er so viel von seiner Humanität aus Auschwitz retten konnte. In der DDR ist solche Einsicht in die Anfälligkeit der Menschennatur unerträglich. Doch unfreiwillig bestätigt Antifaschist Otto Funke Levis Wahrnehmungen. Um dessen Bücher zu verhindern, schmäht er ihn als "Zionisten" und rückt Levi in die Nähe "mehr oder weniger krimineller Freunde" in Auschwitz. Funke war im "Dritten Reich" selbst politischer Häftling gewesen. Das bewahrt ihn aber nicht davor, sich im unangenehmen Bürokratenton des preußischen Sozialismus von einem so unsicheren Kantonisten zu distanzieren wie dem italienischen Juden Primo Levi.


Literaturinstitut Johannes R. Becher S. 262
1955 gründet das Zentralkomitee der SED das Institut für Literatur in Leipzig mit dem Ziel, die ideologische und künstlerische Ausbildung der Schriftsteller zu fördern, 1959 wird es nach Johannes R. Becher benannt und bietet neben dem Direktstudium auch die Möglichkeit eines Fernstudiums. Aufgabe war Erziehung von Schriftstellern zum Sozialistischen Realismus im Sinne der SED. Dennoch herrscht im Schutz des staatlichen Institutes eine Atmosphäre relativer Offenheit, die eine ansehnliche Zahl auch international anerkannter Autoren hervorbringt. Zentrale Gestalt ist der Lyriker Georg Maurer, der von 1955 - 1970 die Lyrik-Seminare leitet.
1990 löst Sachsen das Literaturinstitut mit der Begründung auf, das Studienangebot entspräche nicht den Anforderungen einer freiheitlichen Gesellschaft bzw. eines demokratischen Rechtsstaates und der sozialen Marktwirtschaft. Der Unterricht sei auf die Ideologie sowie die Staats- und Gesellschaftsordnung des real existierenden Sozialismus festgelegt.


Lord Knut S. 111
gemeint wohl Knud, 1944 - 2020, Beatmusiker, Diskjockey und Radiomoderator. Zur Institution wird er mit der Radiosendung Schlager der Woche beim Berliner Sender RIAS, die er von 1968 bis 1985 moderiert. Aufgewachsen in West-Berlin. Bassist in der Band The Lords. Nach Busunfall rechtes Bein amputiert.
Seiner schnoddrigen Art und Witze auf Kosten Honeckers und anderer linientreuer DDR-Genossen wegen avanciert Lord Knud mit seiner Sendung schnell zum Feindbild der DDR-Führung beim Kampf um den Einfluss auf die Jugend. Die mitunter derben Witze für seine Sendungen liefern ihm, der aus seiner Begeisterung für Haschisch keinen Hehl machte, oft Schreiber, etwa auch der Kabarettist Wolfgang Neuss. Sein ausgeprägter Haschischkonsum und seine immer abgedrehtere Art machen ihn schließlich für den Sender untragbar.


Mädchen mit dem Perlenohrring S. 302
Das Mädchen mit dem Perlenohrgehänge, populärstes Gemälde Jan Vermeers von 1665, Öl auf Leinwand. Das nicht datierte Porträt ist Bestandteil der Schausammlung des Mauritshuis.













Der Mann im Salz S. 264
Der junge, ungestüme und beneidete Bergmann Adelwart findet bei einer Sprengung im Salzbergwerk den gut konservierten Leichnam eines Urmenschen. Die abergläubischen Menschen, die der neuen ungewohnten Sprengtechnik mit Argwohn begegnen, vermuten in dem behaarten Entseelten den Teufel. Obwohl der Wahn der Hexenverfolgungen in Berchtesgaden gebrochen schien, flackert nun der religiöse Fanatismus wieder auf, geschürt durch die Hetzpredigten eines Gesandten des Fürsten. Schon bald wird die von Adelwart geliebte Madda als Hexe verleumdet, ihr wird der Prozess gemacht. Um sie zu retten, bleibt dem Liebespaar nur die Flucht. Gegen Ende des Romans, als die beiden einem spanischen Heer auf dem Weg nach Böhmen begegnen, kündigen sich die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges an.








Mann mit Goldhelm S. 12

Rembrandt


Marilyn S. 308

Andy Warhol


Marr, Wilhelm S. 247
1819 - 1904. Journalist, der Anarchismus und Antisemitismus popagiert. Er prägt den Begriff Antisemitismus für eine rassistisch statt religiös begründete Judenfeindschaft.
1848 Deputierter in Frankfurt am Main, wo er erstsmals gegen die Judenemanzipation polemisiert. Er führt als Grund seine Abneigung gegen den Liberalismus an, der sich den jüdisch konnotierten Kapitalinteressen verschrieben habe. Im antisemitischen Artikel "Der Judenspiegel" von 1862 behauptet er, Juden seien unfähig zur Assimilation. Sie bildeten aufgrund ihres religiösen Exklusivitätsanspruchs einen „Staat im Staate“. Ihre Emanzipation sei nur durch Aufgabe ihres Judentums erreichbar, andernfalls missbrauchten sie die Bürgerrechte für ihre Sonderrechte und um sich wirtschaftliche und politische Machtpositionen in der Hamburger Kaufmannsoligarchie zu sichern und hätten sie die demokratischen Ideale des Liberalismus verraten. Dies richtete sich vor allem gegen den Präsidenten der Hamburger Bürgerschaft, Gabriel Riesser, einen liberalen Juden und Vorkämpfer der Judenemanzipation.
1879 erscheint die Propagandaschrift "Der Sieg des Judenthums über das Germanenthum – Vom nichtconfessionellen Standpunkt aus betrachtet", siehe Wiki.
Marr prägt wesentliche Klischees und Schlagworte, die die „Judenfrage“ bestimmten. 1880 legt er mit seiner Schrift "Goldene Ratten und rothe Mäuse" die Basis für die verschwörungstheoretische Gleichsetzung von Judentum, Kapitalismus und Kommunismus, wie sie später Adolf Hitler in Mein Kampf vertritt. Die Assoziation von Juden und Ratten findet sich breit ausgewalzt im Nazi-Propagandafilm "Der ewige Jude" von 1940 wieder.
1879 gründet Marr die Antisemitenliga.


Mauer S. 207
Die Berliner Mauer steht vom 13. August 1961 bis zum 9. November 1989, sie umschloss alle drei Sektoren des Westteils vollständig und unterbrach damit auch seine Verbindungen zum Berliner Umland.
Die DDR-Grenzsoldaten töteten zwischen 136 und 245 Menschen beim Versuch, die Mauer zu überwinden.
Die SED-Führung legte die Bezeichnung „antifaschistischer Schutzwall“ fest, was das wahre Motiv verbergen sollte: Verhinderung von Flucht aus der DDR. In diesen letzten Jahren vor dem Mauerbau war die Zahl der Flüchtlinge in den Westen - auch von gut ausgebildeten Fachkräften - rapide angestiegen, was die ökonomische Krise der DDR erheblich verstärkte. Die Hälfte der Flüchtlinge war unter 25 Jahre. Der Mangel an Arbeitskräften war inzwischen so schwerwiegend, dass die DDR gefährdet war, ihre Wirtschaft aufrechtzuerhalten, denn allein im Ostteil Berlins fehlten 45.000 Arbeitskräfte. Der DDR drohte personeller und intellektueller Aderlass. Im Juli 1961 flüchteten 30.000, am 12. August 1961, also an einem einzigen Tag, 3.190 Personen.
Am 15. Juni 1961 fragt eine Journalistin: ..." Herr Vorsitzender, bedeutet die Bildung einer freien Stadt Ihrer Meinung nach, dass die Staatsgrenze am Brandenburger Tor errichtet wird? Und sind Sie entschlossen, dieser Tatsache mit allen Konsequenzen Rechnung zu tragen?“
Walter Ulbricht: „Ich verstehe Ihre Frage so, dass es Menschen in Westdeutschland gibt, die wünschen, dass wir die Bauarbeiter der Hauptstadt der DDR mobilisieren, um eine Mauer aufzurichten, ja? Mir ist nicht bekannt, dass solche Absicht besteht, da sich die Bauarbeiter in der Hauptstadt hauptsächlich mit Wohnungsbau beschäftigen und ihre Arbeitskraft dafür voll ausgenutzt wird ... Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“


Meine Art, Liebe zu zeigen S. 347
Daliah Lavi, 1942 - 2017 israelische Filmschauspielerin und Sängerin. Mutter stammt aus Breslau, Vater aus Russland, aufgewachsen nördlich von Akko/Israel, wo sie auch Wehrdienst ableistet. Überzeugt Publikum besonders im deutschsprachigen Raum mit Interpretationen anspruchsvoller Popsongs, die sich vom „Schlagereinerlei“ der Zeit absetzen.
Bis 2009 hält sich C’est la vie insgesamt 16 Wochen lang in den Top 100 Charts der am meisten verkauften Alben in Deutschland. Am 28. November 2009 erhält sie in der ARD-Sendung Das Adventsfest der 100.000 Lichter für C’est la vie die Goldene Schallplatte.




Mitropa S. 251
In der DDR bewirtschaftet sie nicht nur Speise-, Buffet- und Schlafwagen, sondern eine Vielzahl von gastronomischen Einrichtungen vor allem in den größeren Bahnhöfen. Außerdem gibt es auf vielen Bahnhöfen die MITROPA-Frisörsalons, und zeitweise ist die MITROPA auch für die Intershopläden verantwortlich. Ab 1954 übernimmt sie die gastronomische Versorgung auf den Schiffen der Weißen Flotte in Berlin und Sächsische Dampfschiffahrt Dresden sowie den Eisenbahnfähren auf der Ostsee, 1961 auch Autobahnraststätten. 1971 eröffnet sie mehrere Hotels.


Mitteilungen des Vereins für Stadtgeschichte S. 42




Muck S. 348
Hartmut „Muck“ Schulze-Gerlach, * 1948, Sänger, Komponist und Fernsehmoderator. Einer der Söhne der Schriftstellerin Tine Schulze-Gerlach (1920–2011). Als Solist unter dem Pseudonym Muck den Hit Isabell. 1976 Gründung Chor Cantus. 1981 zweite Karriere als Fernsehmoderator. Lebt auf Rügen.


Mühe, Friedrich Hans Ulrich S. 355
* 1953 Film- und Theaterschauspieler


Müller-Rabenstein, Johann „Schong“ S. 227
siehe Brühl


Nacht in Saint Cloud S. 187

Edvard Munch


NARVA taghell S. 63
Slogan des VEB NARVA Kombinats „Rosa Luxemburg“ Berliner Glühlampenwerk, zentraler Hersteller für Leuchtmittel, insbesondere Glühlampen in der DDR; zusammengesetzt aus „N“ für Stickstoff, „Ar“ für Argon und „Va“ für Vakuum.
Geschichte des Unternehmens eng mit dem Berliner Glühlampenwerk Osram verbunden, nach 2. Weltkrieg aufgeteilt: ab 1949 VEB Berliner Glühlampenwerk „Rosa Luxemburg“. 1952 kommt es zu Unruhen, überwiegend Frauen legen im Berliner Stammbetrieb die Arbeit nieder, weil sie gegen die Betriebskollektivverträge, mit denen eine Nachtschicht eingeführt werden soll, protestierten, sie können sich durchsetzen.
1966 NARVA Markenzeichen, 1969 Zusammenschluss mit den Glühlampenbetrieben in Plauen, Oberweißbach und Brand-Erbisdorf.
Seit 1994 entwickelt und produziert NARVA in Berlin verschiedenste Hochdruck-Entladungslampen wie professionelle Leuchtmittel für Straßen und Industrieanlagen, bedarfsgerechte Leuchten für die Pflanzenaufzucht oder hoch spezialisierte Lösungen für den medizinischen und analytischen Bereich.


NBI S. 105
Neue Berliner Illustrierte, in der DDR wöchentlich ab 1945 erscheinende auflagenstarke Zeitschrift, 1969 die bis dahin in Dresden erschienene Zeitschrift Zeit im Bild in die NBI integriert.
Die NBI enthielt politische Berichte, Informationen über ferne Länder, Fortsetzungsromane, Heimwerkertipps, Gesundheitsratgeber, Sportlerposter, eine Rätselseite mit Schachecke und eine Kinderseite mit dem Affen NUK. Durch die Themenvielfalt erreicht sie ein breites Publikum und ist trotz einer Auflage von 726.000 Exemplaren beliebte und schnell vergriffene "Bückware". Nach der Wende von Gruner + Jahr übernommene, im März 1991 einsgestellt.


Nerudaklub S. 250
Die Klubs der Intelligenz sind Einrichtungen innerhalb des Kulturbundes der DDR, der 1954 zur Schaffung und Unterstützung der Klubs Richtlinien herausgibt. Hauptaufgaben als Treffpunkte der Angehörigen der Intelligenz sind vor allem Organisisation interdisziplinärer Gespräche, Durchführung von kulturellen Veranstaltungen und Herausbildung eines regen geselligen Lebens, um die die Schicht der Intelligenz in die Entwicklung des gesellschaftlichen Lebens der DDR einzubinden. Als man in den Klubs mit Entwicklung der „Theorie“ einer gewissen Unabhängigkeit vom Kulturbund und den „Bestrebungen unseres Staates“ feststellt, unterstellt der Zentralrat 1957 die Klubs dem Kulturbund. Das soll die „Geistesschaffenden“ zusammenfassen.
Zum einen sind die Klubs eine gewisse Zone für freie Diskussionen und Begegnungen, zum anderen jedoch begrüßen sie oft in offiziellen Stellungnahmen die Politik der Partei- und Staatsführung der DDR.
1989 bestehen 170 Klubs in allen größeren Städten der DDR mit jeweils zwischen 100 bis über 2000 Mitgliedern. Sie benannten sich meist nach historischen Persönlichkeiten der jeweiligen Stadt und bekamen attraktive Villen oder andere zentrale Gebäude in den Städten zugewiesen.
In Karl-Marx-Stadt/Chemnitz ist der Georgius Agricola Klub, später Pablo Neruda Klub in der Stadthalle ansässig.


Neunerlei S. 338
Griene Kliess Un Schwammebrie (mundartlich Neinerlaa) Alter Weihnachtsbrauch im Erzgebirge, Kern ein Weih-nachtsessen aus neun Gerichten, die stark variieren können:

  • Bratwurst steht zum Erhalt von Herzlichkeit und Kraft („doß m'r Harzhaftigkeit un Kraft bewohrt“)                        
  • Sauerkraut steht dafür, dass einem das Leben nicht sauer wird („damit ens Labn net sauer wird“)                        
  • Linsen stehen dafür, dass einem das Kleingeld nicht ausgeht („doß ens klaane Gald net ausgieht“)                        
  • Klöße, Karpfen und Hering stehen dafür, dass das große Geld nicht ausgeht („doß es net an' grußen Gald fahlt“)
  • Gans, Schweinebraten und Kuhhase stehen dafür, dass einem das Glück treu bleibt („doß ens Gelick trei blebt“)
  • Kompott steht dafür, dass man sich des Lebens erfreuen kann („doß m'r sich 's ganze Laabn freie kah“)                
  • Semmelmilch steht dafür, dass man nicht erkrankt („doß en de Nos net truppt in neie Gahr“ oder Buttermilch, „doß mr ka Koppwiting (Kopfschmerzen) hat/kriecht“)                      
  • Nüsse oder Mandeln stehen dafür, dass der Lebensalltag im nächsten Jahr gut abläuft („doß dr Labnswogn gut geölt dorchs neie Gahr fährt“) und
  • Pilze oder rote Rüben schließlich sollen Freude, Glück und Gesundheit bringen („Freid un Gelick un rute Backen“) oder gutes Wachstum für das Getreide bedeuten                      


Neutsch, Erik S. 367
1931 - 2013 Schriftsteller. Seine letztlich stets parteitreuen Bücher setzen sich mit gesellschaftlichen Problemen des real existierenden Sozialismus in der DDR auseinander. Sein größter Erfolg "Spur der Steine", Thema: Entwicklung eines Arbeiters auf einer Großbaustelle vom Nonkonformisten zum angepassten Mitglied der sozialistischen Gesellschaft.


Niemandsland S. 335
Während der letzten Kriegstage im Frühjahr 1945 bleiben nach der Kapitulation der deutschen Wehrmacht der Landkreis Schwarzenberg im Erzgebirge und Teile des Landkreises Stollberg für 6 Wochen unbesetzt. Über den Grund gibt es mehrere Theorien und Spekulationen. Für die Version, dass nach Absprache mit den Sowjets die Amerikaner bis zum Fluss Mulde vorrücken sollten, spricht einiges. Da es jedoch drei Mulden gibt (die Zwickauer und die Freiberger Mulde vereinigen sich zur Mulde), sei es hier zu einer Verwechslung gekommen.
'Freie Republik Schwarzenberg' ist die erst Jahrzehnte spätere Bezeichnung für das Gebiet.


Nischl S. 16
sagen die Chemnitzer zu der 1971 eingeweihten Büste von Karl Marx, 7,1 m (mit Sockel über 13 m) hoch. Entworfen vom sowjetischen Künstler Lew Kerbel, das bekannteste Wahrzeichen von Chemnitz an der Brückenstraße, zweitgrößte Porträtbüste der Welt. Auf der Wand dahinter an der „Parteisäge“ (umgangssprachlich für das Gebäude des ehemaligen Rates des Bezirkes und der Stasi) der Schriftzug „Proletarier aller Länder vereinigt euch!“ aus dem Kommunistischen Manifest in 4 Sprachen.


nl S. 162



"neues leben", einzige auf Jugendliche (13 bis 26 Jahre) zugeschnittene Monatsillustrierte der DDR. Erscheint 1954 bis 1992 in Auflage von durchschnittlich einer halben Mio, die hauptsächlich an Abonnenten gehen, während der an die Kioske verteile Teil zur Bückwar gehört.
In den 1970ern und 1980ern enthält das Cover einen Comic Strip oder einen Cartoon von Thomas Schleusing, meist mit frivolem, zielgruppenrelevanten Inhalt. Seit den 1960er Fortsetzungsgeschichten mit reichlich Fotos, als Bildgeschichten bezeichnet, die sich um die Sorgen der pubertierenden DDR-Jugend ranken.


Onedin-Linie S. 22
Britische Fernsehserie aus den 1970er Jahren über den Segelschiffkapitän und Reeder James Onedin im England des späten 19. Jahrhunderts. Ab 1972 läuft sie auch im Vorabendprogramm der ARD und im ORF.


Panzer S. 293

Schilderung des Bombenanschlags, den Josef Kneifel am 9. März 1980 verübt (sehr nah am Wiki-Beitrag)


Pershing S. 288
ballistische militärische Rakete aus US-amerikanischer Produktion, Typ Pershing II durch den NATO-Doppelbeschluss bekannt. Gegen Stationierung protestiert westdeutsche Friedensbewegung in 1980ern. Im Vergleich zur russischen SS-20 Sprengkraft und Reichweite deutlich kleiner, aber Aufstellungsort und Reichweite definieren das Bedrohungsszenario klar: Osteuropa bis ca. 400 km vor Moskau.
1983 beide Seiten einem Atomkrieg gefährlich nahe. Gemäß INF-Vertrag bis 1991 alle Pershing-II-Raketen unter Kontrolle von USA und UdSSR zerstört.


Pramo S. 126
Untertitel "Praktische Mode", monatliche ab 1947 erscheinende Modezeitschrift der DDR. Bot modische Tipps und wendete sich an Frauen, die selbst schneiderten. Zu jeder Ausgabe gehörten mehrere Schnittmusterbögen.


Privileg-Rasierwasser S. 274
soll die Barthaare vor
der Trockenrasur auf-
stellen und für eine
perfekte Rasur sorgen"












Pramo S. 126
Untertitel "Praktische Mode", monatlich ab 1947 erscheinende Modezeitschrift der DDR. Bot modische Tipps und wendete sich an Frauen, die selbst schneiderten. Zu jeder Ausgabe gehören mehrere Schnittmusterbögen.


Puppchen S. 19

Den Wanderer W1 5/12 PS, genannt Puppchen, ein kleiner offener Tourenwagen, bringen die Wanderer-Werke 1912 heraus. Er hat zwei Sitze hintereinander und zwei Türen auf der linken Fahrzeugseite.



Vorn gegengesteuerter 4-Zylinder-Reihenmotor mit 1,15 Liter Hubraum, der 12 PS über ein 3-Gang-Getriebe rechts die Hinterräder antrieb. 1926 endet die Fertigung nach ca. 9000 Exemplaren.




RFT S. 63
Rundfunk- und Fernmelde-Technikherstellerverbund verschiedener Nachrichtentechnikunternehmen der DDR. Einheitsmarke, die von der Elektronenröhre, über Transistor, Mikrochip, Kondensator, Antennenanlage bis hin zum kompletten Kurzwellensender im 250-Kilowatt-Bereich alles vertrieb, was DDR-Nachrichtentechnik zu bieten hatte.


Rimski-Korsakow S. 359
cappriccio espagnol


Rotkäppchen S. 64
Nach dem 2. Weltkrieg stellt die Sowjetischen Militäradministration die Sektkellerei Kloss & Foerster unter Zwangsverwaltung. Ab 1948 heißt das Unternehmen in Volkseigentum VEB Rotkäppchen-Sektkellerei Freyburg/Unstrut und wird Marktführer in der DDR. Nach der Wende bricht der Absatz weitgehend zusammen. 1991 Übertragung auf die Rotkäppchen Sektkellerei GmbH, starkes Wachstum setzt ein, das 2002 in der Gründung der Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien gipfelt.


Sakko und Jacketti S. 362



Das Areal vom Mittelteil der Spreeinsel bis zum Alexanderplatz war als politisches Zentrum der DDR-Hauptstadt vorgesehen. Dort wollte man ein 25 m hohes Denkmal für Marx und Engels errichten, gab die Planungen aus finanziellen Schwierigkeiten auf, errichtet als repräsentativen Ersatz den Fernsehturm und den Palast der Republik, dazwischen eine Abfolge offener Plätze, Freiflächen und Magistralen als „die konsequenteste und verbindlichste Planungsleistung der DDR im Berliner Stadtraum“. Ein Teil ist das spätere Marx-Engels-Forum, wo die Einweihung der Bronzeplastiken von Karl Marx und Friedrich Engels 1986 stattfinden, von „intellektuellen Spöttern“ als „Sakko und Jacketti“ bezeichnet, während der Spiegel die Bezeichnung als Parodie des Berliner Volksmunds auf die sozialistischen Helden Sacco und Vanzetti deutet. Ein weiterer Spottname ist "Nahverkehrsdenkmal" - da einer immer stehen müsse.
Die Bevölkerung nimmt an den Einweihungsfeierlichkeiten wenig Anteil , nachdem sich Unmut darüber geregt hat, dass man Grünflächen für das Denkmal planierte und pflasterte.
Nach der Wende meint Cornelia Siebeck, eine Historikerin: Vor dem leerstehenden und mit der Zeit rückgebauten Palast der Republik wirke Marx, als sitze er auf gepackten Koffern, während sich Engels schon zum Aufbruch erhoben habe. 2010 wird das Denkmal an den Rand der Grünfläche zur Liebknechtbrücke hin versetzt.
Das Denkmal ist Anziehungspunkt für Touristen, insbesondere einer der beliebtesten Orte für Selfies. Die Beliebtheit als Fotomotiv zeigt sich an den durch Publikumskontakt polierten Händen, Knien und Schuhen von Marx.


Schneeberger Krankheit S. 335
veraltete Bezeichnung für eine besondere Form des Lungenkrebses, weil diese Tumorform erstmals bei Schneeberger Bergleuten beschrieben wurde.


Schöbel, Frank S. 347
* 1942, Musiker und einer der erfolgreichsten Schlagersänger der DDR. Als 7jähriger besucht er den Vorbereitungslehrgang für den Thomanerchor. Doch statt in den Chor einzutreten, interessiert er sich mehr für Popmusik. In den 1960ern startet Schöbel seine Karriere als Musiker, auch als Moderator und Entertainer in Fernsehshows und spielt in DEFA-Filmen. 1971 erster großer Erfolg in ganz Deutschland. 1989 weiterer Erfolg: Wir brauchen keine Lügen mehr. Sehr populär sein 1975 für Kinder produziertes Album Komm wir malen eine Sonne.


Schocken, Salman S.197
Siehe Salman Schocken


Der Schrei S. 190

Edvard Munch


Shakin' Stevens S. 308




Sibylle S. 126
„Zeitschrift für Mode und Kultur“, Frauenzeitschrift in der DDR. Gründerin und Namensgeberin Sibylle Gerstner. Erschien ab 1956 6-mal pro Jahr in einer Auflage von 200.000 Exemplaren, regelmäßig schnell vergriffen und galt als Ost-Vogue. Neben anspruchsvollen Modefotos waren auch ansprechende redaktionelle Beiträge ihr Markenzeichen. Auf frauenzeitschrifttypischen Ratgeberteile bewusst verzichtet. Die gezeigte Mode hatte mit der realsozialistischen Wirklichkeit nur wenig gemein.


Stadt der Moderne S. 228
Seit 2007 offiziell verwendeter Slogan, bezogen auf das wirtschaftliche Aufstreben der Stadt während der industriellen Moderne und auf die deutlichen Einflüsse der kulturellen und architektonischen Moderne, die sich in der kontrastreichen Architekturlandschaft sowie in der Liste der berühmten Söhne und Töchter widerspiegeln.





Stalagmiten/Stalagtiten S. 243
»Stalagtitten«, Gonzo blieb stehen, fasste sich mit beiden Händen an das Netzhemd, wo seine Brust war, »hängen. Logischerweise sind die anderen die, die stehen.


Stenmark, Ingemar S. 317
* 1956 schwedischer Skirennläufer, 2-maliger Olympiasieger, 5-maliger Weltmeister, gewinnt 3 Mal den Gesamtweltcup. Mit insgesamt 86 Weltcup-Siegen und in Summe 155 Podestplätzen, die er 1973 - 1989 erzielt, führt er die FIS-Statistiken klar an, einer der erfolgreichsten alpinen Skirennläufer.
In der relativ unbekannten jugoslawischen Firma Elan findet Stenmark anfangs einen Ausrüster. Als Dank bleibt er bis zum Ende seiner beispiellosen Karriere dieser Firma treu, trotz millionenschwerer Angebote von anderen Firmen. Ein bescheidener Sportler, auch nachdem er zum Superstar aufgestiegen ist, dem mammonistische Starallüren zuwider sind. Nicht zuletzt diese charakterlichen Eigenschaften sind der Grund, dass Stenmark nach wie vor nicht nur das Sportidol des alpinen Skilaufs ist, sondern allgemein ein Vorbild für die sportlich interessierte Jugend darstellt - vornehmlich in Schweden.
Den zeitgleich agierenden Björn Borg feiern die schwedischen Massenmedien als Star und verehrt das Publikum, seinen Stenmark aber liebt man als Held.


Strumpffabrikation Oberlungwitz S. 275
"Fitrz- und Triefeldorf Oberlungwitz", einer der weltweit wichtigsten Standorte der Strumpf- und Strumpfmaschinenindustrie im 19. und 20. Jahrhundert. Feinstgewirkte Strümpfe und die zur industriellen Produktion erforderlichen Cottonmaschinen aus Oberlungwitz genießen in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts Weltruf. Fünf Maschinenfabriken aus Chemnitz, Hohenstein-Ernstthal und Oberlungwitz teilen sich 75 % der Weltproduktion von Cottonmaschinen.
1928 in Sachsen 870 Strumpfwirkereien mit 57.073 Beschäftigten, die 35 Mill. Dutzend Paar Strümpfe herstellen.
Bis 1945 ist ELBEO mit 2800 Beschäftigten die größte deutsche Strumpffabrik. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges demontieren die Sowjets die Maschinen. 1953 entsteht der VEB Feinstrumpfwerke Oberlungwitz.


Stülpner, Karl S. 330
der „sächsische Robin Hood“, 1762 - 1841, erzgebirgischer Soldat, Wilderer, Schmuggler, Fabrikant und Lebenskünstler.
Darstellungen seiner Lebensgeschichte in Erzählungen, Romanen, volkstümlichen Theaterstücken und Verfilmungen führen zu umfangreicher Legendenbildung, seine Heimatregion sieht ihn noch heute als Volkshelden an. Es gibt kaum Belegbares in seiner Biografie.
Eine 7-teilige Serie im DDR-Fernsehen von 1973 mit Manfred Krug in der Hauptrolle schildert einige Episoden aus Stülpners Leben.


Subbotnikeinsatz S. 289
Subbotnik ist abgeleitet von russisch Subbota (Samstag) und bezeichnet einen unentgeltlichen Arbeitseinsatz, der an einem Samstag statfindet.


T-34 S. 293
mittlerer Panzer der Sowjets, gebaut 1940 bis 1958, den die Rote Armee hauptsächlich im Deutsch-Sowjetischen Krieg einsetzt. Mit über 50 000 Exemplaren der meistgebaute Panzer des 2. Weltkrieges, mit insgesamt über 80 000 einer der meistgebauten Panzer überhaupt, der durch seine enorme Überzahl maßgeblich zum Sieg der Roten Armee beiträgt. Nach dem Krieg in zahlreiche Staaten exportiert und in mehreren Kriegen eingesetzt (Koreakrieg, Kriege im Nahen Osten).


Thälmann, Ernst S. 49
1886 - 1944, kommunistischer Politiker in der Weimarer Republik. 1925 bis zur Verhaftung 1933 Vorsitzender der KPD, die er von 1924 bis 1933 im Reichstag vertritt. Führt 1925 den Roten Frontkämpferbund (RFB) bis zum Verbot 1929 an, der als paramilitärische Schutz- und Wehrorganisation der KPD in Straßenkämpfen mit politischen Gegnern und der Polizei in Erscheinung tritt.
1932 kandidiert er neben Adolf Hitler und Theodor Duesterberg für das Amt des Reichspräsidenten gegen Hindenburg (1. Wahlgang 13,2 %, 2. Wahlgang 10,1 %). KPD unter seiner Führung zunehmend stalinisiert, sieht SPD als politischen Hauptfeind. Auch Thälmann lässt stalinistische Säuberungen in der KPD durchführen. 1944, nach 11 Jahren Einzelhaft, gibt Adolf Hitler den Befehl, ihn zu ermorden.
DDR pflegt sein Andenken offiziell umfangreich und instrumentalisiert es politisch.
Das rechtsradikale Attentat auf Thälmanns Wohnung in Hamburg verübt 1922 die „Sprengkolonne Warnecke“, um ihn zu ermorden. Angehörige der Nazi-Organisation Consul werfen eine Handgranate in die Parterrewohnung. Frau und Tochter unverletzt, Thälmann selbst kommt erst später heim.
Kritik:
Clara Zetkin 1927: Thälmann ist kenntnislos und theoretisch ungeschult, steigert sich in kritiklose Selbsttäuschung und Selbstverblendung hinein, die an Größenwahnsinn grenzt und der Selbstbeherrschung mangelt.
Hermann Weber: „Thälmann muss bei allem Respekt für seine Standhaftigkeit in Hitlers Kerker nachgesagt werden, dass er nur ein Provinzpolitiker mit demagogischem Talent war.“ Klaus Schroeder: "Warum wir Thälmann nicht ehren sollten: weil der KPD-Führer ein Gegner der Demokratie war“. Götz Aly: "Im Hamburger Aufstand starben 14 Polizisten, 24 Aufständische und 61 unbeteiligte Bürger".


Thälmannpionier S. 144
Die Pionierorganisation „Ernst Thälmann“, politische Massenorganisation der DDR für Kinder, vollständig nach dem sowjetischen Vorbild des Komsomol aufgebaut und organisiert. Ihr gehören seit den 1960ern fast alle Schüler vom 1. bis zum 7. Schuljahr als Jung- oder Thälmannpioniere an. 1948 gegründet, 1990 aufgelöst.
„Ernst Thälmann ist unser Vorbild. Als Thälmann-Pionier gelobe ich, so zu leben, zu lernen und zu kämpfen, wie es Ernst Thälmann lehrt, getreu unserem Gruß bin ich: Für Frieden und Sozialismus immer bereit!“


Theater, Theater S. 347




Thermoskanne S. 150
verschließbares Gefäß, das die Wärmeübertragung zwischen Inhalt und Umgebung minimiert. Es eignet sich zur Aufbewahrung und Transport von heißen oder kalten Flüssigkeiten.
Zur Reduktion der Wärmestrahlung wird die Innenflächen der Glasgefäße verspiegelt, der Chemnitzer Professor Adolf Ferdinand Weinhold entdeckt das Prinzip und nutzt es 1881 in seiner Apparatur zur Quecksilberverfestigung.


Tief im Osten (Westen) S. 348
Bochum Songtext von Herbert Grönemeyer:
Tief im Westen,
Wo die Sonne verstaubt,
Ist es besser,
Viel besser, als man glaubt
Tief im Westen
Du bist keine Schönheit
Vor Arbeit ganz grau
Du liebst dich ohne Schminke
Bist 'ne ehrliche Haut
Leider total verbaut
Aber g'rade das macht dich aus
Du hast 'n Pulsschlag aus Stahl
Man hört ihn laut in der Nacht
Du bist einfach zu bescheiden
Dein Grubengold
Hat uns wieder hochgeholt,
Du Blume im Revier
Bochum Ich komm aus dir
Bochum Ich häng' an dir
Glück auf, Bochum
Du bist keine Weltstadt
Auf deiner Königsallee
Finden keine Modenschau'n statt
Hier, wo das Herz noch zählt,
Nicht das große Geld
Wer wohnt schon in Düsseldorf
Du bist das Himmelbett für Tauben
Und ständig auf Koks
Hast im Schrebergarten deine Laube
Machst mit einem Doppelpass
Jeden Gegner nass
Du und dein VfL


Timurhilfe S. 124
Für viele DDR-Rentner war es ein großes Ereignis, wenn die Timurhelfer kamen, Jung- oder Thälmannpioniere, die in ihrer Freizeit alte Leute unterstützten. Den Kindern verkaufte die DDR die Idee, Timurhelfer zu sein, mit einer Portion Abenteuer. Denn sie agieren im Verborgenen mit eigenen Regeln, wie eine Art Geheimbund.
"Ich schwöre, mich jedem gemeinsamen Beschluss des Trupps unterzuordnen, immer zur Stelle zu sein, wenn meine Hilfe gebraucht wird, über meine guten Taten zu schweigen, mir Timur und sein Trupp von Arkadi Gaidar zum Vorbild zu nehmen." 'Timur und sein Trupp', das Buch des sowjetischen Autors Gaidar, das in der DDR es zu den Klassikern der Jugendliteratur gehört, ist Vorbild für die Timurbewegung und wie gemacht für die Ziele der DDR: Neben Tugenden wie Hilfsbereitschaft und gegenseitigem Unterstützen enthält es auch eine Portion Kommunismus. „Hilfsbereitschaft, Menschlichkeit und Achtung des Alters, das sind echte Züge des neuen sozialistischen Menschen. In der Klasse gibt es 4, an der Schule 52 solcher Timur-Brigaden" heißt es 1965 im DDR-Fernsehen.


Trabant S. 34
Die ab 1958 in der DDR von Sachsenring produzierte Kleinwagen-Modellreihe. Technische Besonderheiten: Zweitaktmotor und Karosserieverkleidung aus Duroplast. 1976 stellt der Trabant 47 % aller in der DDR genutzten Pkw.
Kein PKW mit Zweitaktmotor, der wegen besonders umweltbelastender Abgase immer stärker in Verruf geriet, wurde länger als der Trabant gebaut (bis 1990). Ein weiteres Problem war, dass die produzierten Stückzahlen deutlich zu gering waren, sodass einerseits die Nachfrage nicht gedeckt werden konnte und sich andererseits die Investitionskosten in Produktionswerkzeuge schleppend amortisierten, was die Weiterentwicklung des Fahrzeugs zusätzlich hemmte.
Relativ große Stückzahlen erreicht der Trabant 601, der 1989/1990 zu einem Symbol der politischen Wende wird. Ähnlich wie der VW Käfer entwickelte sich der oft liebevoll „Trabi/Trabbi“ oder „Rennpappe“ genannte Wagen zu einem Kultfahrzeug mit umfangreichem Freundeskreis.



Treitschke, Heinrich von S. 247
1834 - 1896 Historiker, politischer Publizist und Mitglied des Reichstags von 1871 bis 1884, seinerzeit einer der bekanntesten und meistgelesenen Historiker und politischen Publizisten in Deutschland. 1879 löst er mit einem Aufsatz den Berliner Antisemitismusstreit aus. Der Aufsatz enthält den Satz „Die Juden sind unser Unglück“, der später zum Schlagwort des Nazi-Hetzblattes 'Der Stürmer' wird.




Trommel S. 191
Wochenzeitung der DDR, erscheint 1958 bis 1991 in einer Auflage von zeitweise 1,2 Mio. Organ des Zentralrates der FDJ für die Thälmann-Pioniere und andere Schüler der 4. bis 7. Klasse, Fortsetzung der ABC-Zeitung für die Jungpioniere.
Donnerstags direkt über die Schulen für 10 Pf. verkauft, aber auch im Abonnement oder am Zeitschriftenkiosk erhältlich. Unter den Pionieren benennt man Trommel-Reporter, die aus der Pionierarbeit berichten und die Basisarbeit in die Berichterstattung einfließen lassen. Ähnlich wie die FRÖSI von Schulen als Lesematerial empfohlen.


Tuba mirum S. 299
gesungen von Theo Adam
, mit singt Peter Schreier (S. 301)
Mozarts Requiem III. Sequenz Nr. 3


Tunnel S. 14





VEB Feinstrumpfwerke S. 275


Versteinerter Wald S. 14
Inmitten der Stadt befindet sich ein Wald im Alter von über 300 Mio. Jahren - der Versteinerte Wald von Chemnitz.
Schon Agricola schreibt in seinem Werk 'De natura fossilium' über Stämme von vielen in Stein verwandelten Bäumen.
Die nahe der Erdoberfläche liegenden Bereiche des Versteinerten Waldes befinden sich zum Großteil unter dem Stadtgebiet von Chemnitz. Den jüngeren Teil bilden bis zu 1550 m mächtige, permische Rotsedimente (Rotliegend). Die Chemnitzer Fossillagerstätte enthält Wurzelstöcke und Stämme sowie meist isolierte „belaubte“ Äste von baumartigen Farnen (Psaronien), Bärlapp (Sigillariaceae) und Schachtelhalmen sowie von baumartigen Samenfarnen (Medullosen) und anderen frühen Samenpflanzen (Koniferen, Cordaiten). Ihre Bildung steht im Zusammenhang mit dem Ausbruch des Zeisigwald-Vulkans im unteren Perm vor ca. 291 Mio. Jahren.
Immer wieder findet sich versteinertes Holz (Dendrolith) im Umkreis der Stadt, der letzte 2008.
Die größte Sammlung befindet sich im Innenhof des Kulturkaufhauses DAStietz, das auch das Museum für Naturkunde beherbergt, wo das größte Exemplar des Versteinerten Waldes zu sehen ist - ein 10 m langer und bis zu 22 cm dicker Schachtelhalm.


Volksbuchhandel S. 372
Der Literatur in der DDR war von Anbeginn eine zentrale und begründende Funktion beim Aufbau und bei Ausgestaltung des Sozialismus zugewiesen. Sie war Bestandteil der Strategie, sozialistische Verhältnisse zu schaffen und das Gebot der „Erziehung zur sozialistischen Persönlichkeit“ zu verwirklichen. 1953 beschließt die SED die „Verbesserung und Verstärkung des parteieigenen Buchhandels“ mit Auswirkungen auch auf den Volksbuchhandel. Lesen sollte ein gesamtgesellschaftliches Anliegen werden. Parteien, Gewerkschaften, Jugendverband und weitere Organisationen vom Kulturbund bis zu Kleintierzüchtern waren gehalten, im jeweils eigenen Einflussbereich das Lesen zu fördern und bei Auszeichnungen Bücher einzubeziehen.
Probleme mit der Deckung der Nachfrage nach bestimmten Buchtiteln spitzen sich in den 1980ern zu. Man unterschied zwischen „gekürzten“ und „ungekürzten“ Buchbeziehern. Nicht gekürzt wurde beispielsweise bei den Parteieinrichtungen der SED und bei Buch- und Zeitschriftenvertrieb der NVA, oft dagegen beim Volksbuchhandel. Leidtragende waren hauptsächlich Kunden und dortige Beschäftigte; denn damit waren weite Teile der ohnehin knappen Auflagen dem Normalgeschäft entzogen. „So kam es vor allem zwischen 1987 und 1989 vor, dass der Volksbuchhandel als gekürzter Bezieher selbst bei höheren Auflagen leer ausging. Wurden aber solche Blockierungen dann doch nicht benötigt und plötzlich aufgelöst, konnte es wiederum geschehen, dass Bücher in der Buchhandlung auftauchten, nachdem die Mitarbeiter wochenlang den Kunden erzählt hatten, sie seien vergriffen.“


Volksstimme S. 42




Wander, Maxie und Fred S. 255
Fred Wander (geboren als Fritz Rosenblatt) 1917 - 2006 österreichischer Schriftsteller jüdischer Herkunft.
Maxie Wander (geborene Elfriede Brunner) 1933 - 1977 österreichische Schriftstellerin.
Fritz Rosenblatt wächst in ärmlichen Verhältnissen als Sohn galizischer in Wien auf. Die Eltern im KZ Auschwitz ermordet, er selbst in mehreren KZs. 1950 Eintritt in die Kommunistische Partei Österreichs. 1955 Teilnahme am ersten Studiengang des Literaturinstituts "Johannes R. Becher" in Leipzig. 1956 Heirat mit Elfriede Brunner. 1958 Übersiedlung DDR, freischaffender Schriftsteller. 1982 Heirat mit dritter Frau Susanne, mit ihr Wien.
In seinem Werk setzt er sich insbesondere mit seinen Erfahrungen in den deutschen Vernichtungslagern während der Nazi-Diktatur auseinander. Schlüsselwerk Der siebente Brunnen. Maxie Wander lebt 1958 bis zu ihrem Tod mit Fred Wander in der DDR. Ihr bedeutendstes Werk: Guten Morgen, du Schöne. Protokolle nach Tonband.
Literaturwissenschaftler konstatieren, dass Fred Wanders Schlüsselwerk (DDR 1971, BRD 1972) leider keine seiner Bedeutung entsprechende Öffentlichkeit in Ost und West gefunden habe, obwohl es künstlerisch-thematisch mit seiner eigenartigen Verschränkung von Lebensbericht und Fiktionalität in eine Reihe mit den Werken über die Shoa von Primo Levi, Jorge Semprún, Imre Kertész und Ruth Klüger stehe.
Fred Wander durchleidet alle Konzentrationslager, die er im Roman aufzählt: Perpignan und Drancy in Frankreich, dann Auschwitz, Hirschberg im Riesengebirge und am Ende Buchenwald mit seinem Außenlager Crawinkel in Thüringen. In der DDR hat die geringe öffentliche Beachtung den Grund darin, dass von Wander eine völlig andere Stimme über Buchenwald zu hören ist als in den öffentlichen Verlautbarungen. Wander formuliert schon weit vor 1989 Positionen zur deutschen Vergangenheit, die den offiziellen Antifaschismus irritieren, weil sie religiöse, von jüdischen Traditionen inspirierte Züge tragen. An Primo Levi schreibt er: Es gibt keine Aufarbeitung der Vergangenheit durch einen politischen Akt oder durch Verfügung oder durch Macht, sondern durch das ›tägliche‹ Ringen mit sich selbst – um mit Goethe zu reden, das ›unersättliche Verlangen‹ nach Reinigung!
Der Aufwand von Buchenwalds am 11. April 1945 klingt nur kurz an. Dafür, und weil Wander sein Überleben in einer Kinderbaracke in den Tagen vor der Befreiung schildert, greift ihn die DDR scharf an. Denn in der antifaschistischen Heldengeschichtsschreibung durfte es nach Bruno Apitz’ Roman "Nackt unter Wölfen" nur ein überlebendes Kind geben. Christa Wolf erkennt früh den Rang des „Siebenten Brunnens“, und immerhin bekommt der Verfasser den Heinrich-Mann-Preis der DDR-Akademie.
Fred Wander schreibt einen ganz anderen Roman als Bruno Apitz. Man kann ihn durchaus als einen Gegenentwurf zu "Nackt unter Wölfen" lesen.
Wander: "Ein Schriftstellerkollege, der auch im KZ war, schrieb: ‚Wir sind Tote auf Urlaub.‘ Genau das ist es. Ich kann mich dank dieser Erfahrung an allem freuen – an einem Stück Kuchen, einem Stück frischem Brot, an einer Blume, einem grünen Baum. Alles Lebendige macht mir Freude, weil ich weiß, daß alles endlich, daß alles vergänglich ist." Andere lernten nie wieder, sich zu freuen. Primo Levi nahm sich 1987 das Leben.


Wanderer-Werke S. 19
Bedeutender Hersteller von Fahrrädern, Motorrädern, Autos, Lieferwagen, Werkzeugmaschinen und Büromaschinen, gegründet 1885. Den Namen „Wanderer“ bezogen die Firmengründer Winklhofer und Jaenicke aus der Übersetzung der Bezeichnung „Rover“, die der Engländer John Kemp Starley seinen Fahrrädern gegeben hatte. Die Kraftfahrzeugsparte geht 1932 in die Auto Union ein, wird Vorläufer der heutigen Audi AG. Die übrigen Betriebsteile enteignet die DDR nach dem Zweiten Weltkrieg und führt sie unter den Namen Werkzeugmaschinenkombinat Fritz Heckert, Astra/Ascota-Buchungsmaschinenwerk und Elrema fort.


Weiße Rosen aus Athen S. 347


Wegerein S. 293
In der DDR unter dem Namen „Wegerein“ ein Herbizid auf Basis von Chloraten, insbesondere Natriumchlorat im Handel erhältlich, ähnlich dem UnkrautEx im Westen, ein Breitbandherbizid zum Entfernen unerwünschten Pflanzenbewuchses auf Bahndämmen und Wegen. Als natriumchlorathaltiges Präparat starkes Oxidationsmittel, im Gemisch mit pulverförmigen Brennstoffen zum Bau von Sprengkörpern missbraucht.














Weltall Erde Mensch S. 301
In der DDR erschienenes Sammelwerk mit einer Auflage von rund vier Mio., das am weitesten verbreitete Druckwerk der DDR. Wegen seiner antireligiösen und atheistischen Grundhaltung 1954 bis 1974 vorzugsweise zur Jugendweihe an Jugendliche verschenkt.
Großformatiges Werk mit über 500 S., reichhaltigen Grafiken, Schaubildern und Zeichnungen, das ein „umfassendes System der Natur und der Gesellschaft nach marxistisch-leninistischem Muster“ darstellen sollte. Ziel, die Vorzüge des wissenschaftlich-technischen Fortschritts herauszustellen, um „für Fortschritt, Wahrheit und Gerechtigkeit zu kämpfen, gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Lüge.“ Weltbild negiert religiöse Einstellungen, demzufolge die Kirche auch protestiert.
Ansatz des Marxismus (wie jeder Ideologie) ist es, aus der Sichtweise von nicht hinterfragbaren endgültigen ewigen Wahrheiten (Dogmen) Vorgaben abzuleiten, die festlegen, in welchem Rahmen Wissenschaft arbeiten und Entdeckungen machen „darf“. Die Denkverbote sind vornehm mit vermeintlich „objektiv“ vorgegebenen Einschränkungen begründet.
Im Verständnis der modernen Wissenschaftstheorie dagegen ist der Erfahrungs- und Erkenntnishorizont der Naturwissenschaft methodisch begrenzt und erfasst nicht die ganze Wirklichkeit - Aussagen über diesen akzeptierten Horizont hinaus (z. B. Fragen nach dem Sinn und dem Ziel des menschlichen Daseins oder zur Ethik) sind im Rahmen der Naturwissenschaft nicht zulässig und nicht zu lösen, aber man darf sie „außerhalb“ durchaus stellen und beantworten.
Eine (kritische) Reflexion über Arbeitsgegenstand und Begrenzungen naturwissenschaftlicher Erkenntnis findet im Buch nicht statt. Siehe Ideologisierte Naturwissenschaft im Bildungssystem der DDR


Weltfestspiele S. 48
Weltfestspiele der Jugend und Studenten (kurz: Weltjugendspiele), unregelmäßig veranstaltete internationale Jugendtreffen, 1947 vom Weltbund der Demokratischen Jugend (WBDJ) ins Leben gerufen. Teilnehmende Jugend- und Studierendenverbände überwiegend links, oft kommunistisch


Willi Schwabes Rumpelkammer S. 147
sehr populäre Sendung des DDR-Fernsehens mit Willi Schwabe 1955 bis 1990. Ausschnitte aus alten deutschen Tonfilmen aus der Zeit 1929 bis 1945, z. T. auch bis 1956, Anekdoten und Wissenswertes über die Schauspieler


Wiratex S. 45
Die Wiratex, 'Exportgesellschaft für Wirk und Raumtextilien mbH' mit Sitz im Wiratext-Haus in Berlin vertrieb die Bekleidungsprodukte aus den Textilbetrieben der DDR in die gesamte Welt. VEB Berlin errichtet das Bauwerk 1962 - 64, hochmoderner und hochwertiger Bürobau der Zeit, der sich mit der "Berliner Traufhöhe" von 22 m in seine historische Umgebung einpasste.


WismutS. 263
Die Wismut AG ist bis 1990 weltweit viertgrößter Produzent von Uran. Das in Sachsen und Thüringen geförderte Uran, 1789 von einem Chemiker entdeckt, ist Rohstoffbasis der sowjetischen Atomindustrie, engstens verknüpft mit dem sächsisch-böhmischen Erzgebirge.
Mit Ende des 2. Weltkriegs kommen sowjetische Experten ins Land, finden mehr als 100 t Uranoxid in Neustadt-Glewe. 1946 beginnt die Wismut (Tarnbezeichnung) mit der Uranförderung. Sitz der AG wird Chemnitz, ab 1952 in der Jagdschänkenstraße.
Den hohen Bedarf an Arbeitskräften decken die Sowjets durch Arbeitsverpflichtungen sowie intensive Werbemaßnahmen. 1946 bis 1947 zwingen sie etwa 44.000 Arbeitskräfte zur Arbeit, ab Anfang der 1950er unter verschärfter Objektbewachung und Überwachung der Belegschaft, was zur Bestrafung hunderter Bergleute wegen kleinerer Vergehen mit drakonischen Strafen führt. Darüber hinaus verschleppen die Sowjets mindestens 70 Wismut-Mitarbeiter allein 1951 bis 1953 als vermeintliche Spione in die Sowjetunion und richten sie hin.
Mitte 1949 dehnt sich das Arbeitsgebiet der Wismut nach Thüringen aus. 1953 erreicht sie Zahl der Arbeiter mit 132.800 ihren Höhepunkt und sinkt bis 1962 auf etwa 45.000. 1990 einigen sich DDR und die UdSSR, die Tätigkeit der SDAG Wismut zum 1. Januar 1991 einzustellen, was die meisten der 10.000 Beschäftigten ihren Arbeitsplatz kostet. Die Bundesrepublik übernimmt das Unternehmen, deren Ziel es nun ist, eine ökologisch sinnvolle Sanierung der Wismut-Standorte durchzuführen und akzeptable Umweltverhältnisse zu schaffen.



Die Bergarbeiter sind schweren gesundheitlichen Gefährdungen ausgesetzt. Die minderwertige technische Ausstattung sowie mangelnde Erfahrung und Ausbildung der verpflichteten Arbeiter sind Grund für die hohe Zahl von Arbeitsunfällen vor allem in den 1940ern und 1950ern, 772 tödliche Arbeitsunfälle 1946 bis 1990.
Silikose löst feinster Staub aus, der beim Bohren, Transport und bei Bearbeitung des Erzes entsteht. Vor allem die quarzreichen Erze und Gesteine stellen die größte Silikosegefahr dar. Quarzstaub ist an vielen Arbeitsstellen bis zur Produktionseinstellung 1990 ein Gesundheitsrisiko. Bis 1997 werden im Zeitraum 1952 bis 1990 etwa 15.000 Silikosefälle als Berufskrankheit anerkannt.
Strahleninduzierter Lungenkrebs, genannt Schneeberger Krankheit, an zweiter Selle der Berufskrankheiten. Radioaktive Isotopen setzen sich in der Lunge der Bergarbeiter ab und das Gewebe radioaktiver Strahlung aus. Erst ab 1956 führt man Messungen der radioaktiven Belastung durch, stellt aber die Messwerte längere Zeit den für die Anerkennung von Berufskrankheiten zuständigen Ärzten aus Geheimhaltungsgründen nicht zur Verfügung.
Bis 1997 erkennt man aus der Zeit 1952 bis 1990 5.275 Fälle, von 1001 bis 2011 3.700 Fälle von Bronchialkrebs durch ionisierende Strahlung als Berufskrankheit an. Dazu sterben 100 Menschen mit Kehlkopfkrebs. Für Entschädigungen fließen bis 2011 fast eine Milliarde € an ehemalige Wismutmitarbeiter.
Weitere bergbautypische Berufskrankheiten sind Vibrations- und Überlastungsschäden, Gehörschäden, Hauterkrankungen und Erkrankungen durch toxische Stoffe - von den ungeheuren Umweltschäden genz zu schweigen.




Wolgadeutsche S. 346
Nachkommen deutscher Einwanderer, die im Russischen Reich unter der Regierung Katharinas der Großen an der unteren Wolga ansässig werden. Zentrum die Stadt Pokrowsk (seit 1931 Engels). Zwischen 1924 und 1941 in der Wolgadeutschen Republik organisiert.
Nach dem Angriff der Deutschen auf die Sowjetunion 1941 Erlaß Stalins „Über die Umsiedlung der im Wolgagebiet ansässigen Deutschen“. Darin beschuldigt er die etwa 400.000 Wolgadeutschen der kollektiven Kollaboration, lässt sie nach Sibirien und Zentralasien deportieren und in Arbeitslager zwingen, wobei Tausende sterben. Erst 1964 nimmt man – mit Einschränkungen – offiziell den Vorwurf der Kollaboration zurück.
Seit den 1970ern ermöglicht die Bundesrepublik Deutschland Wolgadeutschen Einreise und Einbürgerung. In Sibirien leben 2002 noch ca. 600 000 ethnische Deutsche, von denen viele Sibiriendeutsch als ihre Muttersprache angeben, 2010 ca. 400.000.
Bekannter Russlanddeutscher: Der US-amerikanische Unternehmer und Milliardär Philip Frederick Anschutz (* 1939), auf Rang 50 der reichsten US-Amerikaner, in Deutschland mit dem Immobilienprojekt (Mercedes-Benz-Arena Berlin) und im Eishockey-Sport aktiv (Eisbären Berlin, bis 2016 Hamburg Freezers).


Wolgograder Statue S. 307




Wolkow, Alexander Melentjewitsch S. 82
1891 - 1977. Der russische Schriftsteller erlangt mit dem Kinderbuch »Der Zauberer der Smaragdenstadt« und den folgenden Bänden der Zauberland-Reihe (auch Wunderland-Reihe genannt) große Bekanntheit.
Schon als Jugendlicher beschäftigt er sich intensiv mit Literatur. Von 1907 bis 1910 studiert er Mathematik in Tomsk. Danach arbeitet er als Lehrer, 1933 bis 1953 Lehrbeauftragter und später als Dozent am Lehrstuhl für Höhere Mathematik in Moskau.
Das Kinderbuch in den Staaten des Ostblocks und vor allem in deutscher Sprache in der DDR erfolgreich, immer wieder neu aufgelegt. Zur Beliebtheit der Bücher tragen auch die liebevollen Illustrationen des Grafikers Leonid Wladimirski bei.


Würfel S. 356
Wilhelm-Firl-Strasse 23, hat tatsächlich keine Würfelform. Neben Tanz/Disko konnte man dort an verschiedenen Zirkeln und Freizeitaktivitäten teilnehmen. Heute ringsum mit Graffiti beschmiert, Bürgertreff im Heckert.





Zauberer der Smaragdenstadt S. 48
Kinderbuch von Alexander Melentjewitsch Wolkow















Zirkel schreibender Arbeiter S. 260
Organisationsform des „Künstlerischen Volksschaffens“ in der DDR zum Thema Literatur. Ideologische Grundlage war der Bitterfelder Weg, die dazugehörige Losung lautete: Greif zur Feder, Kumpel! Nach der Bitterfelder Konferenz 1959 entstehen über 300 Literaturzirkel, in jeder Interessierte eintreten konnte. Jeder Zirkel hatte einen künstlerischen Leiter, Schriftsteller. z. B. Brigitte Reimann, Christa und Gerhard Wolf u.a. Wo Zirkelleiter allzu eigenständige Methoden entwickelten, kam es zu Überwachungen durch die Stasi. Aus den Zirkeln ging eine ganze Reihe namhafter Schriftsteller hervor.


Zores S. 150 jiddisch=Ärger, Wirrwarr, Kummer


Zuckerturm ?





Stadtplan - mit Vergrößerung


Orte, Straßen


Adelsberg S. 206

Stadtteil im Südosten von Chemnitz, höchste Erhebung der Adelsberg mit 508 m, beliebtes Ausflugsziel. Adelsberg 1934 durch den Zusammenschluss der Dörfer Ober- und Niederhermersdorf entstanden, um 1300 fränkische Ansiedlungen. 1950 nach Chemnitz eingemeindet.
Charakteristisch die zahlreichen Eigenheimsiedlungen. Ruhige Verkehrslage und direkte Anbindung an die vierspurig ausgebauten Schnellstraßen Südring und B 174.


Agricolastraße S. 199



früher Markgrafen- und Paul-Matz-Straße


Ahornstraße S. 194




Altendorf S. 374




Andréschule S. 24
Eingeweiht 1908, Namenspatron der 1903 verstorbene Dr. Heinrich Friedrich Wilhelm André, Oberbürgermeister bis 1896. Der große Schulbau beherbergte eine Knaben- und eine Mädchenschule. 1989 Gymnasium.











Andréstraße S. 57



Der südliche Teil der Andréstraße zeigt das für den Kaßberg typische Straßenbild bei Beginn des 20. ]ahrhunderts: Weiter Abstand zwischen den Wohnhäusern, breite Fußwege, begrünte Vorgärten, junge Bäume und Gaslaternen am Straßenrand. Trotz der Vielfalt des historistischen Formenschatzes, dessen sich die Architekten bedienten, sind sich die meisten Häuser sehr ähnlich. Wie bei einem Anker-Baukasten werden Stilelemente verschiedener Epochen miteinander verbunden, farbige Klinkerziegel und Putzflächen wechseln sich als Fassadenmaterial ab, viele Schmuckelemente sind aus rötlichem Rochlitzer Porphyrstein gehauen und dekorativ appliziert. Alles in allem wirken die Bauten miteinander verwandt und bewahren doch zugleich ihre Individualität.




Augustusburger Straße S. 280



Barbarossastraße S. 125
früher Kaiserstraße

"Bau" S. 56
1886 als königlich-sächsische Gefangenenanstalt in Chemnitz auf dem Kaßberg errichtet, bestehend aus dem Rund- und Verwaltungsbau, Haus A und B und Teilen des Hauses C.
In der Nazizeit dient das Gefängnis der Gestapo zur Inhaftierung politischer Gegner und der Verfolgung Chemnitzer Juden.
Nach 1945 bezieht der sowjetische Geheimdienst dort Quartier.
Ab den 1950ern bis 1989 betreibt das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) Untersuchungshaftanstalten (UHA) in allen DDR-Bezirken und hält dort politische Häftlinge bis zur Verurteilung fest. Seit 1950 befindet sich die UHA im Bezirk Karl-Marx-Stadt in der Kaßbergstraße und verfügt zuletzt über 163 Zellen für 329 politische Gefangene. Die Anstalt ist in drei Trakte gegliedert. A: U-Häftlinge, B: für Freikauf vorgesehene Häftlinge, C: Reserve. Der Gebäudekomplex D-Haus entsteht nach dem 2. Weltkrieg.
Als größten der insgesamt 17 UHAs kommt dem Gefängnis in Karl-Marx-Stadt seit den 1960ern eine besondere Funktion als zentrale Durchgangsstation im Rahmen des deutsch-deutschen Häftlingsfreikaufes zu. Von hier aus gelangen etwa 33.000 Menschen in die Bundesrepublik. Im Volksmind wird der die UHA zum "Vogelkäfig" mit zwei Ausgängen: Vor dem einen steht ein Bus nach Bautzen, vor dem anderen ein Anwalt namens Vogel.
In einem Verfahren gegen einen Richter der DDR wegen Rechtsbeugung sagte ein Zeuge, den die Stasi von Cehmnitz nach Bautzen brachte, aus, man habe ihn in den fensterlosen großen nackten Raum des Transporters gesperrt, sei mit hoher Geschwindigkeit wilde Kurven gefahren und habe ihn, der sich nirgends festhalten konnte, umhergeschleudert, wodurch er sich schwere Prellunge am ganzen Körper zuzog.



Für viele von ihnen symbolisiert das Kaßberg-Gefängnis deshalb das „Tor zur Freiheit“.
2010 schließt die Teilanstalt Kaßberg, bis dahin U-Haftanstalt.
Der "Verein Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis" setzt sich seit 2011 für den Bau der Gedenkstätte ein, der 2020 im ehemaligen Hafttrakt B beginnt.




Beimlergebiet S. 162



Im östlichen Randgebiet von Gablenz entsteht 1967 bis 1970 eine Siedlung mit Wohnblöcken in Plattenbauweise, noch heute Hans-Beimler-Gebiet genannt. .


Bernsdorfer Bad S. 114




Bethanienheim S. 36



1904 errichten zwei Diakonissen aus dem Schwesternheim Bethanien Hamburg eine Schwesternstation in der Henriettenstraße 26. Der Name leitet sich vom biblischen Ort Bethanien ab, der bedeutet: „Haus, in dem man sich des Elends annimmt“. Ab 1930 Krankenheilanstalt, 1931 eröffnet an der Zeisigwaldstraße, direkt neben dem Garnisonslazarett, das Belegkrankenhaus mit 40 Betten. Gynäkologen, Geburtshelfer, Urologen und HNO-Ärzte können ihre Patienten operieren und stationär betreuen lassen.
1945 übergeben die Sowjets das Krankenhaus zur Sicherung der medizinischen Betreuung der Bürger an die Stadt. Seit der Wende tragen die Kliniken den Namen „Zeisigwaldkliniken Bethanien Chemnitz“.


Bierbrücke S. 53



Zur kühlen und längeren Lagerung des Biers dienen die Keller im Kaßberg ab etwa 1500. 1536 Umbau der hölzernen Kellerbrücke zur steinernen Bierbrücke. 1694 durch Hochwasser zerstört, 1710 neu errichtet. 1768 bei Eisgang „hinweggerissen“, erneut aufgebaut. Die Brücke in der heutigen Form entsteht 1868/69.




Dresdner Straße S. 293



Dr. Richard-Sorge-Straße S. 87
vor 1933 und nach 1900 wieder Hohe Straße


Erich-Mühsam-Straße S. 77




ErMaFa S. 361



Erste Chemnitzer Maschinenfabrik, traditionsreiches und bedeutendes Maschinenbau-Unternehmen mit Sitz Chemnitz, gegründet 1852 von Carl Gottlieb Haubold , der neben dem Hauptsitz am Nordrand des Kaßbergs mehrere Gießereien und weitere Produktionsstandorte im Stadtgebiet unterhielt, Hauptprodukte vor allem Maschinen zur Textilveredelung und Papierverarbeitung, im 2. Weltkrieg zusätzlich Rüstungsgüter für die Wehrmacht.
1948 enteignen die Sowjets den Betrieb und demontieren ihn zu großen Teilen. Zu DDR-Zeiten gehört ERMAFA als Stammbetrieb zum Kombinat für Plast- und Elastverarbeitungsmaschinen und produziert u.a. Haushaltsgeräte wie z. B. Wäscheschleudern. Nach der Wende reprivatisiert, verlegt in Stadtteil Borna. Das ehemalige Hauptwerk an der Hartmannstraße unter Denkmalschutz: ERMAFA Passage Einkaufszentrum.
Ein Betriebsteil produziert bis heute an 2 Standorten in Chemnitz-Siegmar Sondermaschinen für die kunststoff- und gummiverarbeitende Industrie sowie Anlagen zur Sterilisation von Klinikabfällen und im vogtländischen Ellefeld Tiefbohrmaschinen für kubische und zylindrische Werkstücke, Fräsmaschinen und kombinierte Tiefbohr-Fräszentren.


Euba S. 206
Seit 1994 Chemnitzer Stadtteil im Osten der Stadt am Eubaer Bach, der bis heute dörflichen Charakter behalten hat. Bekanntestes Bauwerk Talsperre Euba im südwestlichen Ortsteil, die 1912 bis 1914 als Wasserspeicher der Deutsche Reichsbahn dient. Ab den 1950ern Jahren Naturbad, 1980 wegen Baufälligkeit geschlossen.


Fabrikstraße S. 240






FES S. 359 siehe Schimdt-Rottluff-Gymnasium


Frankenberger Straße S. 293



Furth S. 17



Nördlich gelegener, 1913 eingemeindeter Chemnitzer Ortsteil, von der Chemnitz durchflossen. Reich an Industrieanlagen, etwa Heizkraftwerk Chemnitz-Nord, Abfallentsorgungsbetrieb ASR, Stadtwerke und Envia Mitteldeutsche Energie.
Der Name deutet auf eine Furt durch die Chemnitz. An die Fischteiche des Chemnitzer Benediktinerklosters erinnern der Damm- und Fischweg.


Gablenz S. 7



Stadtteil im Südosten, gleichnamiger Bach, slawisch: „Apfelbaumbach“. 1888 zur Stadt hin überdeckt, Gablenzbach mündet unterirdisch in die Chemnitz.
1900 eingemeindet. In seinem östlichen Teil entsteht 1967 bis 1970 das "Hans-Beimler-Gebiet", eine Siedlung in Plattenbauweise.
Das außergewöhnliche architektonische Kleinod Gartenstadt Gablenzsiedlung besticht durch seine stilvollen Außenanlagen und abwechslungsreiche, harmonische Fassadengestaltung. Erbaut 1910 und 1937, saniert 1999 bis 2003, im selben Jahr mit dem Deutschen Bauherrenpreis ausgezeichnet.


Gerhardt-Hauptmann-Platz S. 126
Früher Kaiserplatz




Hartmannstraße S. 196




Heideschänke S. 207



2020 abgerissen.


Heinrich-Beck-Strasse S.180




Helenenstraße S. 57
heute Walter-Oertel-Straße


Helmut-Just-Straße S. 212



1945 - 1990, vorher und heute Hartmannstraße


Henriettenstraße S. 57



Öffentliche Einrichtungen ergänzen auch mitten im Quartier das neue Stadtbild - wie hier im Vordergrund die Höhere Mädchen-Bildungsanstalt, kurz HÖMBA, an der Henriettenstraße, Ecke Reichsstraße auf dem flach abfallenden Nordhang des Kaßbergs. Trotz seiner Größe fügt sich das städtische Schulhaus harmonisch in das Gesamtbild der im Jahrzehnt nach 1900 entstandenen Bebauung ein. Im Bildhintergrund ist die 1908 eröffnete Andréschule am Andréplatz zu erkennen. Während beide Schulgebäude bis heute erhalten sind, zählen alle Wohnhäuser dazwischen, bis auf zwei einzelne Bauten, zu den Kriegverlusten. Die hier noch beibehaltene Großzügigkeit der breiten Trottoirs verliert sich, je näher man der Limbacher Straße kommt.




Hoffmannstraße S.149



Nr. 58: Wohnung Flieg (Heym):






Hohe Straße S. 56




Innere Klostertraße S. 177





Interhotel Kongreß S. 62
1969 bis 1974 in der Auffassung der DDR-Moderne geplant, in Gleitbau-weise, z.T. mit Vorhangfassade verkleidet. Heute 3-Sterne-Hotel zentral in der Innenstadt, mit 97 m und 29 Geschossen höchstes Gebäude der Stadt, zur Gruppe der Mercure Hotels gehörig.



Johannisplatz S. 55



Einer der ältesten Plätze der Stadt, dessen Name sich auf die Johanniskirche in der Nähe bezieht, heute kein Platz mehr, sondern ein 200 m langer Nord-Süd-Straßenzug zwischen Rotem Turm und Zschopauer Straße. Früher einer der belebtesten und verkehrsreichsten Plätze Deutschlands, zentraler Umsteigeplatz für die meisten Straßenbahnlinien und Heimat der nobelsten Adressen der Geschäftswelt. Die Alliierten-Bomber zerstören fast alle Gebäude am Platz - mit Ausnahme des Chemnitzer Bankvereins, nach Kriegsende enttrümmert. Die DDR Stadtverwaltung nennt ihn Stalinplatz, nach dessen Entthronung Posthof. Heute auf dem südlichen Zuweg seit 2011 der restaurierte Saxoniabrunnen.




Kaiserplatz S. 43



Heute Gerhart-Hauptmann-Platz
Nachdem Käufer Grundstücke entlang der Kaiser-, Germania-, und Agricolastraße erworben haben, entschließen sie sich, das noch unverkaufte Karree dazwischen ebenfalls zu erwerben und der Stadt im ]ahr 1891 zu überlassen - mit der Auflage, hier einen Platz anzulegen und zu unterhalten. Die Idee geht auf: Der mit einer Vielzahl verschiedener Baumarten bepflanzte Platz erfreut noch heute seine Anwohner.
In die Literatur geht der Platz durch das Buch „Nachruf" von Stephan Heym ein, geboren Kaiserplatz 13.


Kaiserstraße S. 56



Heute Barbarossastraße
Das Bilder zeigen charakteristische Merkmale des südlichen und hinteren Kaßbergs: Zwischen 1895 und 1910 entsteht geschlossene Blockrandbebauung, einheitlich mit vier Voll- und einem Dachgeschoss. Die Eckhäuser der homogen angelegten Karrees mit individuell gestalteten Fassaden und Dachvolumen nehmen fast ausnahmslos Geschäfte oder Restaurants auf. Die Straßen selbst - hier noch unbefestigt - sind auffallend breit, die Trottoirs wie Alleen beidseitig mit Linden, Kastanien, Akazien, Ahorn oder Platanen bepflanzt, die eigentlichen Gehwege mit Granitplatten belegt und vor den Häusern befinden sich schmale Vorgärten: Anspruchsvolle Baukunst kombiniert mit großzügigem Stadtbild.



Von besonderer Originalität sind die so genannten Majolikahäuser, Kaiserstraße 48, 50 und 52 (heute Barbarossastraße). Reich geschmückt mit farbigen Majolika-Kacheln und figürlichem Schmuck verweist das Bildprogramm wie mancher Kaßberg-Straßenname auf die sagenhaften Urgründe der deutschen Geschichte. Fast am höchsten Punkt des Kaßbergs, 33 m über der Stadt, war die Aussicht hier besonders prächtig und die Luft dank des Westwinds besonders rein - verglichen mit den anderen Stadtteilen. Der nahe Kaiserplatz lud zum Entspannen ein. Überdies fuhr bald auch die moderne elektrische Straßenbahn gleich um die Ecke entlang der Weststraße in die Stadtmitte und weiter zum Hauptbahnhof und bis nach Hilbersdorf.


Kastanienstraße S. 194




Kaßberg S. 14



bevölkerungsreichster Stadtteil von Chemnitz, größtes Gründerzeit- und Jugendstilviertel Deutschlands, westlich des Stadtzentrums, am höchsten Punkt rund 30 m über dem Niveau der Innenstadt.
Bis Mitte des 19. Jahrhunderts ist der Katzberg nur an seinen Rändern besiedelt. Seit Beginn des 16. Jahrhunderts werden Gewölbekeller in den Fels geschlagen, um Bier zu lagern, heute noch ein weit verzweigtes Netz von Kellergängen. 1855 errichtet Lehrer Stahlknecht das erste Haus auf dem Kaßberg. Bald gelten die Höhen des Bergs als bevorzugte Wohngegend, vor allem wegen der weniger stark verschmutzten Luft. Charakteristisch das orthogonale Netz von Straßen, die Stadtverwaltung errichtet zahlreiche Bauten: Königliches Amts- und Landesgericht, Steuerbehörde, Oberpostdirektion, Gefangenenanstalt, Gymnasium etc.


Kaßbergauffahrt S. 7



Kaßberg, der neue Stadtteil, wird für die Chemnitzer immer interessanter. Sie bauen Häuser, legen Straßen und Plätze an. Mit zunehmender Bebauung errichtet man 1869/70 die Kaßbergauffahrt als direkte Verbindung zwischen Innenstadt und dem neuen Stadtteil. Für die Staßenbahn wird sie 1908 verbreitert und verstärkt, die "Elektrische" soll auch auf den Kaßberg hinauf "klettern". Sie hat nicht nur eine enorme Steigung, sondern auch eine S - Kurve zu absolvieren. 1983 fährt sie ein letztes Mal, jetzt sind Omnibusse in Betrieb. Die Kaßbergauffahrt ist noch heute eine der wichtigsten Brücken über die Chemnitz.




Kaßbergstrasse S. 57




Kleinolbersdorf S. 11



Die Dörfer Kleinolbersdorf und Altenhain, vereinigt 1974, sind seit 1997 eine Stadtteil von Chemnitz.
1322 übertragen die Herren von Schellenberg Olbersdorf an das Kloster Chemnitz. Die größere Zahl der Arbeitskräfte ging in Chemnitzer Fabriken. In den 1970er Jahren arbeiten drei Viertel der Werktätigen in Karl-Marx-Stadt. Ein Gedenkstein an der Dorfstraße erinnert an den Sozialdemokraten und NS-Gegner Georg Hofmann, der ein Jahr nach den 1933 erlittenen Folterungen stirbt.


Kloster S. 14
1136 stiftet es König Konrad III., mit Pegauer Benediktermönchen besetzt. 1546 Auflösung des Benediktinerklosters und Umbau der Klosteranlagen in ein kurfürstliches Schloss, seit 1930 in den verbliebenen Gebäudeteilen Schloßbergmuseum.


Königliches Gymnasium S. 56



Mit seiner langjährigen Tradition und wechselvollen Geschichte eng mit Chemnitz verbunden, ein Symbol der Stadt. Die verschiedenen Namen spiegeln die gesellschaftlichen Wandlungen seit der Gründung wider.
1871 Grundsteinlegung für den Schulneubau an der Hohen Straße am Rande des Kaßberges. 1868 hatte der Köngig mit einem Dekret das humanistische Gymnasium in der Tradition der 1399 eröffneten Lateinschule gegründet, die mit ihrer humanistischen Bildung und Erziehung Generationen von Schülern über Jahrhunderte prägt. Das erste Schulgebäude stand in der Annaberger Straße.
Einweihung des Nebaus 1872, das Gebäude gehört zu den schönsten Gebäuden des Historismus auf dem Kaßberg. Bis 1918 machen 1368 Schüler ihr Abitur.
Zu Beginn der Weimarer Republik in Staatsgymnasium umbenannt, die Stunden für Deutsch, Geschichte und Erdkunde erhöht, die für alte Sprachen verringert. Trotzdem bleibt es bei der humanistischen Ausrichtung des Gymnasiums. 1933 hisst eine SA-Abteilung die Hakenkreuzfahne am Schulgebäude. Jüdischen Mitschüler, deren Anteil hoch ist, müssen die Schule verlassen. Viele von ihnen fallen in den folgenden Jahren der rassistischen Verfolgung zum Opfer. 1937 macht Buchheim ("Das Boot") sein Abitur. Ab 1944 wird das Schulgebäude als Kriegslazarett genutzt.
Wiederaufnahme des Unterrichts im Herbst 1945. In der DDR verändert sich der Bildungsweg zum Abitur, die bis dahin übliche gymnasiale Bildung gibt es nicht mehr. Namen: 1948 Oberschule mit Altsprachenbezug, 1949 Friedrich-Engels-Oberschule (von den Schülern FES genannt). 1996 Teilrekonstruktion des Gebäudes. 2002 Karl Schmidt-Rottluff-Gymnsium
1997 erwägt Stadt Schließung, 1997 spricht sich Oberbürgermeister Seifert 1999 für Erhaltung der Schule aus. 2002 kommt neues Gebäude (Hohe Straße 35) hinzu.


Kreuzkirche S. 86
Otto Bartning, wichtiger Kirchenbaumeister, erbaut sie 1935/36. Der 40 m hohe freistehende Turm erinnert an italienische Campanile und ist Blickfang im Stadtviertel. 1945 zerstört, 1954 wiederaufgebaut.
















Küchwald S. 144



Naherholungsgebiet Im Nordwesten des Schloßchemnitzviertels, geschaffen 1900 bis 1915. Im Park fährt die Parkeisenbahn, ehemals „Pioniereisenbahn“. Die Freilichtbühne bietet kulturelle Veranstaltungen. Im Kosmonautenzentrum „Sigmund Jähn“ das 36 m hohen Modell einer Rakete. Am westlichen Rand die Eissporthalle, wo Katarina Witt trainierte.


Kyffhäuser Burg S. 183







Landgericht S. 72



In den 1920ern im expressionistischen Stil an der Hohen Straße auf L-förmigem Grundriss mit turmartiger Überhöhung im Winkel und schräg angeordnetem Treppenhaus erbaut, 5-geschossig auf hohem Sockel. Die Fassade dunkler Klinkerbau, hervortretendes, schräg im Gebäudewinkel angeordnetes Treppenhaus mit langen Rechteckfenstern und kräftigem Portal, zurückgesetztes Obergeschoss mit Walmdach.
Christian dort 1992 bis 2010 Staatsanwalt und Richter.


Leninstraße S. 289



vorher Planitzstraße, heute Heinrich-Schütz-Straße, 1945 bis 1990 Leninstraße
Mit Ende des 2. Weltkrieges nimmt die Rote Armee von den dortigen Kasernen sofort Besitz und zieht einen großen Teil der Planitzwiese zur militärischen Nutzung ein. 1956 Kasernen eingezäunt, anfangs Bretterzaun, später Betonmauer mit Stacheldraht, um den neu entstandenen riesigen Garagenkomplex für die Artilleriefahrzeuge und Kanonen vor neugierigen Blicken zu schützen. In den folgenden Jahren rücken wiederholt Kettenfahrzeuge mit Haubitzen zu Übungen und militärischen Einsätzen (etwa 1968 Prag) aus. Lärm und Dieselgestank hinterlassen bei vielen Sonnenbergern unangenehme Erinnerungen.



1965 gründet sich die Garagengemeinschaft „Leninstraße“, um 400 Garagen zu bauen. Bei den Rekultivierungsmaßnahmen (Austausch des stark konterminierten Bodens) stellt man fest: Tankstellen, Batterieladestationen, Ölabscheider richteten riesige Umweltschäden an, vieles muss abgerissen werden (16.000 m³ Bauschutt).

Der Betreiber der Website ist 1993, als die Russen abziehen, als Staatsanwalt mit einem tragischen Fall befasst:
Die Sowjet-Truppen verteilten in den Gruppen jeweils Ukrainer und Russen unterschiedlich. Den einzigen Ukrainer seiner Gruppe, 17, drückt ein Panzer auf dem Kasernenhof gegen eine Mauer - er stirbt auf dem Weg in die Klinik (der russische Fahrer gibt vor, den Gang verwechselt zu haben). Nach dem Einigungsvertrag war für Straftaten auf russischem Territorium die sowjetische Militärstaatsanwaltschaft zuständig. Als ich den zuständigen Beamten in Leipzig telefonisch informiert: "Nach meiner Information sind in Chemnitz keine sowj. Trupppen mehr stationiert" (?!), und lehnt ab, tätig zu werden.
Wochen später kommt der Vater des Getöteten, um die Leiche seines Sohne zu holen. Er schreibt mir, die russischen Grenzbeamten hätten ihn an der Grenze 4 Tage bis zur Einreiseerlaubnis warten lassen.


Markgrafenstraße S. 199
Markgrafenstraße, ab 1945 Paul-Matz-Straße, ab 1990 Agricolastraße


Museumsstraße S. 74



Heute Käthe-Kollwitz-Staße



Opernhaus S. 49



Nachbar Krumbiegel hier Dirigent


Pelzmühle S. 179




Petrikirche S. 136
Neben der Schloßkirche eine der 2 ev. Kirchen der St.-Petri-Schloßkirchgemeinde, errichtet 1885 bis 1888 nach einem Entwurf des Leipziger Architekten Hans Enger als neugotische Hallenkirche am Theaterplatz in unmittelbarer Nähe von Opernhaus und Kunstsammlungen. Mit 1200 Sitzplätzen besteht sie aus Sand- und Backstein, 82 m hoch, die heutigen Turmglocken stammen aus der im Krieg zerstörten Lukaskirche.
"Das herrliche Portal mit dem großen Relief am Wimperg darüber, das den Spruch: ‚Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid‘ bildlich darstellt und das, wie der übrige Skulpturenschmuck der Kirche, nach den Gipsmodellen des Bildhauers Werner Stein gefertigt ist, die dem Hauptturm flankierenden Treppentürme, die geschlossenen Querschiffe, die an den Altarraum sich anlehnenden Polygonanbauten für Sakristei und Taufkapelle, die großen, mit flachen Spitzbogen überdeckten Rosettenfenster zur Beleuchtung des Mittelschiffes, das alles vereint sich zu einem harmonischen Gesamtbild und verleiht der St. Petrikirche ein ganz besonders eigenartiges Gepräge.
Dem entspricht dann auch das prächtige Innere des Gotteshauses. Bis zu 22 Meter erhebt sich in der Vierung das breite Haupt- und Mittelschiff; durch die großen Mosaikfenster strömt das gedämpfte Licht des Tages in den geweihten Raum. In den hochemporstrebenden Spitzbogenfenstern der Apsis leuchten herrliche Glasmalereien, die die Geburt, Kreuzigung und Auferstehung des Herrn darstellen und, wie die Figurenfenster der Taufkapelle. Von der farbigen Ausstattung des Altarraumes und seiner Überwölbung heben sich Altar, Kanzel, Taufstein und Lesepult, die in feinem, weißem, französischem Kalkstein und in Zöblitzer Serpentinstein gehalten sind, wirkungsvoll ab. Den Altar zieren zwei schöne Reliefs, die Opferung Isaaks und Christus in Gethsemane darstellend; Statuetten der vier Evangelisten schmücken die Kanzel, zwei andere, Luther und Melanchthon, die Orgelempore, alle nach aus der Meisterhand des Bildhauers Peter Horst hervorgegangen, während der schöne Taufstein dem Architekten Theodor Roschig entstammt.“


Pfarrhübel S. 246






Poststraße S. 53



Sie entsteht, als die mittelalterlichen Stadtbefestigungen geschliffen und Straßen statt des bis dahin existierenden Stadtgrabens angelegt wurden. Sie bildet zusammen mit der Theaterstraße einen Ring, der dem Verlauf der ehemaligen Stadtmauer entspricht. Die Poststraße verlief in etwa auf der Fahrspur Richtung Hauptbahnhof, bis zum Warenhaus Tietz und bog dann halblinks Richtung Johannisplatz ab.
Die wichtige Ausfallstraße, einst als Poststraße nach Dresden bezeichnet, begann an der Augustusburger Straße und endete am späteren Dresdner Platz, 1847 sind im Adressbuch die Alte Dresdner Straße, das war die ehemalige Poststraße, und die Neue Dresdner Straße verzeichnet. Letztere verlief von der Äußeren Johannisstraße ebenfalls zum erstmals 1857 genannten Dresdner Platz. Ab 1858 wird die Äußeren Dresdner Straße angelegt, sie entsprach der heutigen Straßenführung ab Dresdner Platz bis zur Peterstraße. Die Weiterführung der Äußeren Dresdner Straße bezeichnete man als Dresdner Chaussee, 1872 vereinigte zur Äußeren Dresdner Straße. 1890 erhält die Alte Dresdner Straße den Namen Freiberger Straße und 1903 vereinigte man "Neue" und "Äußere" zur Dresdner Straße.
Entlang der Dresdner Straßen stehen ab 1830 zunächst Wohnhäuser mit Geschäften, später auch Villen, Betriebe und öffentliche Gebäude. Die Ansiedlung von Betrieben beginnt Mitte des 19. Jahrhunderts. Der im Vergleich zu anderen städtischen Industrieansiedlungen späte Zeitpunkt erklärt sich daraus, dass hier keine Wasserkraft zum Antrieb zu nutzen war. Erst mit dem Einsatz der Dampfmaschine erreicht man eine relative Unabhängigkeit bei der Standortwahl.
Das Spektrum der Betriebe ist breit gefächert, von der Armaturenfabrik bis zu Zinkschmelzerei. An der Spitze steht der Maschinenbau, gefolgt von den Gießereien und den Webereien. Andere Firmen befassen sich mit der Herstellung von Aufzügen, Bierapparaten, chemischen Produkten, Drahtbürsten, Gartengeräten; Geldschränken, Handschuhen, Heizungsanlagen, Kartonagen, Kinderwagen, Konserven, Korbwaren, Miederware.


Rabenstein S. 277



Stadtteil, aus den Gemeinden Oberrabenstein und Niederrabenstein, 1950 nach Chemnitz eingemeindet


Reichsstraße S. 57




Rosenhof S. 38
Früher Holzmarkt, 1965 in Rosenhof umbenannt. Mit der Pflanzung von 4.000 Rosen soll an die Schrecken und Leiden des Zweiten Weltkrieges erinnert werden. Heute in Größe wie Anzahl der Geschäfte drittgrößter Einzelhandelsstandort der City.


Roter Turm S. 63
Auf dem Spielbrett der Deutschlandausgabe von Monopoly zu sehen, das Wahrzeichen der Stadt Chemnitz und deren ältestes erhaltenes Bauwerk, das die Form der 500-ml-Flasche des Geschirrspülmittels 'fit' prägt, das der VEB Fettchemie produzierte.
Der Turm, gegen Ende des 12. Jahrhunderts als Bergfried errichtet, um die umliegenden Siedlungen zu schützen, wird später Sitz des Stadtvogtes. Sein Name geht auf die dominante rote Farbe des verwendeten Baumaterials zurück, den Chemnitzer Porphyrtuff. Bis etwa 1900 Gefängnis, wo u.a. August Bebel und Karl Stülpner einsaßen. Bei einem der Luftangriffe Ende des 2. Weltkriegs brennt der Turm aus. Der Turm gibt auch den Namen für das benachbarte Einkaufszentrum 'Galerie Roter Turm'.










Rottluff S. 17



Der Stadtteil im Westen, 1926 eingemeindet, liegt an der Chemnitz.
Das ehemalige Waldhufendorf entsteht vermutlich im 12. Jahrhundert. Erst 1900 entwickelt sich hier Industrie.
1884 wird in der Rottluffer Mühle der Sohn des Müllers Schmidt geboren, der spätere Expressionist Karl Schmidt-Rottluff.
Ab dem 19. Jahrhundert entwickelt sich der Ort zur Wohnsiedlung der Chemnitzer Arbeiter. Noch bis 1988 fährt die alte „rumpelnde“ Straßenbahn der Linie 3 über die Limbacher Straße nach Rottluff.








Rudolf-Harlaß-Strasse S. 34, heute Barbarossastraße






Schankwirtschaft Kellerhaus S. 41
Geht man von der Schloßkirche den Schloßberg hinunter zum Schloßteich, stehen links und rechts des Wegs liebevoll sanierte Gebäude. Die meisten von ihnen sind Fachwerkhäuser und zählen zu den ältesten Gebäuden der Stadt. Gebaut wurden sie nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieg, wobei nachweislich die Kellergewölbe des „Kellerhauses“ älteren Datums sind. Diese könnten bereits aus dem Jahr 1436 stammen.
Das Kellerhaus wurde nach dem Dreißigjährigen Krieg neu aufgebaut.












Schloss Augustusburg S. 27



Kurfürst August lässt es ab 1567 errichten. Er will mit dem Neubau des Schlosses nicht nur ein repräsentatives Domizil für seine Jagdausflüge schaffen, sondern auch seine führende Stellung in der Region unterstreichen. Das Jagdschloss steht oberhalb der gleichnamigen Stadt auf dem 516 m hohen Schellenberg 12 km östlich von Chemnitz, vor dem Bau lässt August noch vorhandene Teile der Burg Schellenberg abreißen.
Nach vielen erfolglosen Versuchen, Wasser auf den Schlossberg zu bringen, schlägt der Freiberger Bergmeister Hans Planer einen Brunnen in den Fels. Die schwere Arbeit führen erst Bergleute, später gefangene Wilderer aus. Erst in einer Tiefe von über 130,6 m finden sie Wasser.
m 18. Jahrhundert wird das Schloss Behördensitz, von 1790 bis 1849 ist es Gefängnis, ab den 1920ern Jugendherberge und Museum, 1933 bis 1935 Außenlager des KZs Sachsenburg. Ab 1933 ist die Augustusburg Sitz einer Gauführerschule für den NSDAP.
Heute beherbergt das Schloss neben Gaststätten und einer Jugendherberge ein Motorradmuseum, ein Kutschenmuseum sowie ein Museum für Jagdtier- und Vogelkunde. Die Schlosslinde, 1421 gepflanzt, zählt zu den ältesten Bäumen, deren Pflanzung belegt ist.


Schloßkirche S. 17
Die Kirche auf dem Schloßberg gilt als wertvollstes Bauwerk der Stadt. Sie erleidet 1945 Bombenschäden am neogotischen Turmhelm, am Dach und der Nordfassade. Zu den bedeutendsten Ausstattungsstücken zählt die vollplastische, unterlebensgroße Figurengruppe der Geißelung Christi, aus Eichenholz geschnitzt.




Schlossteich S. 41
Während seines mehr als 500jährigen Bestehens erfährt er vielfältige Umgestaltungen.
1860 kauft die Stadt den Teich, die Promenade verläuft auf dem Damm, den die Mönche zum Anstauen des Wassers aufschütteten. 1916 richtet eine Windhose große Schäden an Bäumen und Gebäuden an.
1847 erhält die „Gondelgesellschaft“ die Erlaubnis, Boote über den Schlossteich zu steuern. Bis 1990 kann man mit dem Motorboot „Thälmann Pionier“ Rundfahrten über den Schlossteich unternehmen.
Auf der Schlossteichinsel befindet sich ein Konzertpavillon und seit 1914 gibt es das „Milchhäuschen“.


Schocken S. 198



1930 eröffnet die Filiale des Schocken-Konzerns in Chemnitz. Die Entwürfe stammen vom Architekten Mendelsohn. Es ist vor allem durch seine dynamisch wirkende Fassade, deren Fensterbänder sich nachts als Lichtbahnen präsentieren, berühmt.
1936 übernimmt eine britische Bankengruppe die Mehrheit des Schockenbesitztes, um als „arisiert“ zu gelten. Ende 1938 folgt die vollständige „Arisierung“ des Konzerns durch den Verkauf an eine Bankengruppe unter der Führung der Deutsche Bank AG und damit die faktische Enteignung. Die Schocken AG heißt ab 1939 Merkur AG.
1949 werden die in der amerikanischen Besatzungszone liegenden Teile der Merkur AG an Familie Schocken zurückerstattet.
Der Name Schocken ist bis heute im Sprachgebrauch der Chemnitzer Bevölkerung erhalten. Im Chemnitzer Gebäude eröffnet 2014 das Staatliche Museum für Archäologie, wobei man im Zuge umfangreicher Sanierung die ursprüngliche Fassadengestaltung einschließlich des Schocken-Signets rekonstruiert.
Siehe auch Salman Schocken


Sonnenberg S. 17

Der Stadtteil, benannt nach der gleichnamigen Erhebung (345,3 m), umfasst ein großes geschlossenes Viertel in überwiegender Blockrandbebauung, das zwischen der Gründerzeit und dem Ersten Weltkrieg entsteht. Dort befindet sich das „Stadion an der Gellertstraße“ sowie das kleine „Gewerbegebiet Planitzwiese“. Zu den bekanntesten Bauwerken zählen u. a. die Markuskirche am Körnerplatz und der Wissmannhof.
Mit dem Kauf des westlichen Teilgebietes vom Klosterdorf Gablenz geht 1402 das Gebiet an die Stadt Chemnitz über und es entsteht eine ländliche Brücke zwischen der Stadt und dem schon ihr gehörenden Zeisigwald. Über viele Jahrhunderte ist das bis zur heutigen Zietenstraße reichende Gebiet Weideland. Erst ab den 1860ern Jahren beginnt man, den Sonnenberg zu bebauen. Es entstehen schachbrettartige Straßenverläufe mit Mietskasernen. 1892 bis 1895 entsteht die evangelische Markuskirche und unweit davon 1907 bis 1909 die katholische St.-Joseph-Kirche.
1920 entsteht Jahre in außergewöhnliche Architektur der sehenswerte Wissmannhof.




Stadthalle S. 63



1969 bis 1974 als Mehrzweckhalle im Zentrum erbaut. Für die großflächige Plattenverkleidung sind 4000 cbm Rochlitzer Porphyr verbaut. Im Großen Saal finden sich 1828, im Kleinen Saal 560 Plätze. Seit Eröffnung besuchten rund 16 Mio. Menschen Klassik- und Rockkonzerte, Shows, Musicals, Messen, Kongresse, Tagungen, Bälle, Gala-Abende und TV-Produktionen.
Neben der einzigartigen Architektur steht im Mittelpunkt der Lichthalle des Großen Foyers Fritz Cremers Plastik 'Und sie bewegt sich doch! – Galilei'.
Die Stadthalle verfügt über eine der größten Orgeln in einem Profanbau (5536 Pfeifen!).


Sternmühle S. 41
Erstmals 1541 als „Brettmühle“ erwähnt, wo man Stämme aus den Wäldern zu Brettern schnitt und gleichzeitig eine Mahlmühle mit Bäckerei und eine Schankwirtschaft betrieb. 1844 sucht August Bergt bei der hohen „Obrigkeit“ um Schankkonzession für die „Sternmühle“ nach, seit jenem Jahr gibt es Bier. Schon damals war es am großen Stammtisch recht gemütlich. 1928 Erweiterung der Gaststube, der alte Backofen muss weichen. 1937 Anbau, 1940 Einstellung des Mahlbetriebs. Vergessen, dass man unter unvorstellbaren Bedingungen die tonnenschweren Mahlsteine einst aus Frankreich mit dem Pferdegespann ins Sternmühlental holte. Seit 1984 Bewirtschaftung in 5. Generation.


St. Jakobi S. 53



Die evangelische Stadtkirche gehört zu den ältesten erhaltenen Sakralbauten, sie steht in unmittelbarer Nähe zum Alten und Neuen Rathaus.
Bei den schweren Luftangriffen 1945 verbrennt der hölzerne Dachstuhl der Jakobikirche ebenso wie der innere Ausbau mit Emporen und Gestühl. Im August 1945 bricht das Gewölbe des Langhauses zusammen, im Februar 1946 stürzt der Kirchturm in die Ruine des Alten Rathauses.
Bis 2009 wiederhergestellt.




Synagoge, Alt und neu S. 57
"Auf dem Reißbrett eines tschechischen Architekten entstanden"
Die Alte Synagoge am Stephanplatz in Chemnitz, erbaut 1897 bis 1899 für etwa 300.000 Reichsmaark nach den Plänen des Chemnitzer Architekten Wenzel Bürger (geboren 1869 in Jablonné v Podještedí, deutsch bis 1901 Gabel, ab 1893 Chemnitz). Die mit romanischen und gotischen Stilelementen versehene und für 700 Gottesdienstbesucher gebaute Synagoge ist das erstes jüdische Gotteshaus der Stadt.
Die Nazis verwüsten und stecken den Sakralbau in der Pogromnacht in Brand und beseitigen anschließend die Ruine schnell. Sie sprengen das noch stehengebliebene Mauerwerk und fordern die Jüdische Gemeinde zur Beseitigung dieses „öffentlichen Ärgernisses“ auf. 10 dienstfreie Feuerwehrleute und etwa 45 Helfer beseitigen in 5 Schichten bis 15. November die restlichen Trümmer, wofür die Jüdische Gemeinde 35.905 Reichsmark zahlen muss. Die Stadt kauft das Grundstück 1939 für 500 Reichsmark auf.
Gedenkstein: „An dieser Stelle stand die im Jahr 1899 von Rabbiner Dr. Mühlfelder geweihte Synagoge. Durch faschistische Brandstifter wurde sie in der Pogromnacht am 9. November 1938 in Schutt und Asche gelegt.“


Theaterplatz S. 74



An der Straße der Nationen in Nähe des Hauptbahnhofes, ihn umschließen das König-Albert-Museum, das Opernhaus und die St. Petrikirche sowie das Hotel Chemnitzer Hof. Seinen Namen erhält er, als das Opernhaus noch 'Neues Stadttheater' heißt.


Theaterstraße S. 195




Tietz S. 99



Wilhelm Kreis erbaut 1912 - 1913 das Warenhaus der H. & C. Tietz AG, mit seinen drei Lichthöfen für damalige Verhältnisse sehr modern mit aufwändigem Interieur. Zu Spitzenzeiten beschäftigt das Warenhaus bis zu 1200 Angestellte und Arbeiter, 1926 -1927 Erweiterungsbau.
Die Nazis schließen das Warenhaus 1938, da die Eigentümer-Familie Tietz und ihre leitenden Mitarbeiter Juden sind. SA- und SS-Leuten erschießen den Direktor Hermann Fürstenheim während der Novemberpogrome 1938 in seinem Wohnhaus. Das Warenhaus dient Lagerzwecken, in den Kellerräumen befindet sich während des 2. Weltkriegs ein Marinelager der Wehrmacht. Bei den Bombenangriffen 1945 brennt das Gebäude weitgehend aus, die Zivilbevölkerung plündert das Marinelager.
1963 eröffnet das HO-Warenhaus „Zentrum“, das mit der Wende die Kaufhof AG übernimmt. Bis 2004 aufwändig saniert, heute Kulturkaufhaus.


Tropfsteinhöhle Syrau S. 99
Die Drachenhöhle im Sächsischen Vogtland, 1928 entdeckt, 15 m tief, eine Karbonatkarsthöhle, erstreckt sich über 550 m.


Ulmenstraße S. 14




Unterführung S. 291
"Bazillenröhre",
bei Chemnitzern Mutprobe,
die düstere Unterführung
bei Dunkelheit zu passieren.




Versorgungszentrum „Hans Beimler“ S. 25
In den späten 1990ern komplett modernisiert und erweitert, heißt heute Gablenz-Center. Lebensmittel-, Drogerie-, Büchermärkte, gastronomische Einrichtungen, Apotheke, Frisöre, 2 Bankfilialen


Villa Esche S. 41



Herbert Eugen Esche, mit seinem Bruder Fritz Miteigentümer und Geschäftsführer der Strumpfwarenfabrik Moritz Samuel Esche in Chemnitz, lernt in Paris den Belgier Henry van de Velde kennen und beauftragt ihn mit dem Bau einer Villa an der Parkstraße. Esche lässt ihm dafür „freie Hand“, es entsteht ein großzügiges Einfamilienhaus, das Esche nach Fertigstellung 1903 mit seiner Fammilie bewohnt. Van de Velde übernimmt auch die gesamte Ausstattung des Hauses, neben Mobiliar und Teppichen, Fenstervorhängen und Wandbespannungen entstehen auch die Leuchten, das Geschirr und das Besteck nach seinen Entwürfen.
Heute ist Villa Esche Museum und dient als Begegnungsstätte für Wirtschaft, Kunst und Kultur.
1905 lädt Esche Edvard Munch nach Chemnitz ein, der die Familie in 6 Porträts und ein Landschaftsbild malt.





Siehe auch Edvard Munch


Walter-Oertel-Straße S. 103




Weststraße S. 7



Ist die Kreuzung West-/Barbarossastraße das Herzstück des Kaßbergs, ist die Weststraße mit der Straßenbahnlinie sein Rückgrat. Es handelt sich um einen altbewährten Handelsweg, leicht modifiziert eingebunden in das moderne rechtwinklige Straßenraster. Die Weststraße - von der Kaßbergauffahrt bis zum Altendorfer Grund - ist die längste Straße des Stadtviertels und in der Abfolge unterschiedlicher Bauformen vom Rand der Innenstadt bis in die ehemalige Vorstadt geradezu beispielhaft. Sind es im vorderen Teil noch einzeln stehende Villen, folgen im mittleren Teil die gründerzeitliche und weiter westlich die vom Jugendstil geprägte Blockrandbebauung.




Yorkstraße S. 360




Wilhelm-Piek-Straße S. 242



1945 - 1990, davor und danach Theaterstraße


Zeisigwald S. 12
Das Waldgebiet im Nordosten der Stadt ist ein Rest des alten Erzgebirgswaldes Miriquidi, größte zusammenhängende Waldfläche der Stadt. Ab 1331 im Besitz des Benediktinerklosters - bis 1549 sollen sich dort Fehmgerichte von Stadt und Kloster befunden haben. Nach einer Volkssage hätten während des Hussitenkrieges Bürger einen Schatz im Zeisigwald vergraben. Der Name beruht auf der Vogelstellerei, insbesondere dem Fang von Zeisigen.
Ab Mitte des 16. Jahrhunderts in großem Umfang Abbau von Porphyrtuff in dem Vulkangebiet. Seit dem 20. Jahrhundert - neben einer jahrzehntelangen wirtschaftlichen und militärischen Nutzung - Naherholungsgebiet (600 ha) der Stadt.
Im Bereich der ehemaligen Zeisigwald-Caldera der 420,9 m hohe Beutenberg. Der Waldboden besteht überwiegend aus Rotliegend. In der Tuffgesteinlagerstätte mit einer Mächtigkeit von bis zu 90 m waren gut erhaltene versteinerte Hölzer aus dem Perm des so genannten Versteinerten Waldes zu bergen. Die ausgeworfenen Vulkanaschen verfestigten sich zum Zeisigwaldtuff, zunehmend für Bauarbeiten in Chemnitz und Umgebung eingesetzt. br> Im östlichen Zeisigwald ein Anton-Günther-Gedenkstein und ein Gedenkstein für Heinrich Cotta (gestohlen). Durch den Zeisigwald führt der sächsische Jakobsweg.
Bei den alliierten Luftangriffen 1945 entstehen 260 Bombenkrater, viele noch heute zu sehen.


Zeisigwaldschänke S. 35



Seit 1794 existiert dort eine Kaffeestube, 1899 eröffnet die Schloß-Brauerei Chemnitz die Waldschänke, die bei der Bevölkerung sehr beliebt ist und über einen Konzertpavillon verfügt. Sie bleibt vom Krieg verschont und ist danach wieder ein beliebtes Ausflugslokal. Als HO-Gaststätte wird das Objekt heruntergewirtschaftet und muss Ende der 1980er aus Sicherheitsgründen geschlossen werden. Bis 2002 verfällt das Gebäude.
Neben dem Gasthaus befindet sich eine kleine Holzkapelle, die auch für Trauungen genutzt wird,

eine Rekonstruktion eines 1919 errichteten Gartenhauses.


Zeisigwaldstrasse S. 36




Zentralhaltestelle S. 63



Kombinierte Bus- und Straßenbahnhaltestelle im Stadtzentrum an der Kreuzung Bahnhof-/Rathaus-/Reitbahnstraße, eröffnet 1968, bis 1999 vollständig umgebaut. Die Einwohner nennen sie "Zenti".


Zschopauer Strasse S. 140




Zwickauer Strasse S. 212







Rätsel

im Kapitel "Stefan"

Wer ist S. H., der mit 66 beginnt, seinen Nachruf zu schreiben?
Wer ist der 2 Jahre jüngere S.H., der seinen Nachruf auf 140 Seiten prächtiger und gewichtiger schreibt, als sein Leben tatsächlich war und der sich statt Rudolf Stephan H. nennt?
Welche Orden machen Helmut alias Stefan stutzig?
S.H. alias Stefan alias Helmut Flieg, ist Stefan Heym, geboren am Kaiserplatz in Chemnitz vor den zwei Kriegen, also 1913, steht auf dem aus Hindenburgplatz in Gerhardt-Hauptmann-Platz umbenannten Platz auf dem Kaßberg und beginnt seinen eigenen Nachruf, der 1988 erscheint.



Der jüngere S.H. ist Stephan Hermlin, geboren Chemnitz 1915, alias Rudolf Leder, der 1979 "Abendlicht", autobiografische Texte, schreibt.
Hermlin bezeichnet Heym als seinen ältesten Freund. »Wir kennen uns seit meinem 13. und seinem 15. Lebensjahr“. Er sei zwei Jahre lang zusammen mit Heym auf dem Staatsgymnasium in Chemnitz zur Schule gegangen. Hermlin habe Heym damals schon bewundert, da dieser bereits ein gedruckter Autor gewesen sei - ein antimilitaristisches Gedicht von ihm sei in der berühmten »Weltbühne« erschienen. »Das war für mich etwas Ungeheures, dass ein 15jähriger Junge in einer berühmten Zeitschrift gedruckt wurde.« Diese Freundschaft habe bis heute gehalten. Es habe keine Brüche gegeben, sondern nur Unterbrechungen, »und daran war ein gewisser Adolf Hitler schuld«. Heym habe später die amerikanische Uniform angezogen »und ich die französische«, erinnerte sich Hermlin.
»Ich war übrigens auch der erste, dem er dieses Stasi-Dokument zeigte, das in seinem .Nachruf auch vorkommt und das der Mann in Heyms Garten verloren hatte.« Es war das Notizbuch des Stasi-Mannes mit dessen Aufzeichnungen zur Überwachung Heyms. »Es war grotesk und lächerlich«, erinnert sich Hermlin, der zu Heym sagte: »Gut aufheben!«
1996 ist in der ZEIT zu lesen:
Stephan Hermlin hat seinen Lebensmythos erlogen:
Ein Großteil seines autobiographischen Werks, der Bilanzschrift "Abendlicht" ist die Inszenierung einer großangelegten Lebenslüge.
Das 1979 erschienene Werk wurde immer als Hermlins Autobiographie gelesen.
Wahr ist: Sein Vater heißt David Leder, geboren 1888 in Jassy, Rumänien. 1889 zieht die Familie nach Chemnitz. Seine Mutter ist Lea Laura Bernstein, Jüdin, 1892 in Tarnov, Galizien geboren. Hermlin leugnet ihr Judentum.
So geht Hermlin mit der Rolle seines Vaters während des Ersten Weltkriegs um: "Ich sehe ihn, wie er das Kinderzimmer betritt . . . ich war etwa 6 Jahre alt. Ich solle die Hände aufhalten, sagte er, hier habe er etwas für uns zum Spielen. Es waren zwei kleine metallene Gegenstände, die beiden Orden, die er aus dem Krieg mitgebracht hatte. Wir wussten nicht, was mit ihnen anzufangen war, aber sie lagen noch lange zwischen unseren Stofftieren und kleinen hölzernen Automobilen. Später erfuhr ich, dass mein Vater, der 1914 die wilden nationalistischen Ansichten der großen Mehrheit geteilt hatte, verändert, verwandelt zurückgekommen war."
Ein rumänischer Staatsbürger ist im Deutschen Reich aber nicht wehrpflichtig und konnte deshalb auch schwerlich militärische Orden erringen. Zudem erklärte Rumänien 1916 Österreich-Ungarn den Krieg, David Leder ist plötzlich Angehöriger eines Feindstaates der Mittelmächte und wird wie die übrigen männlichen Familienmitglieder für die letzten Kriegsjahre im Lager Holzminden interniert. Nach dem Ersten Weltkrieg übersiedelt David Leder mit seiner Familie aus Chemnitz nach Berlin. 1925 verlegt Vater David Leder seine Geschäfte wieder von Berlin nach Chemnitz. Sohn Rudolf Leder alis Hermlin muss die Quarta wiederholen, und Vater David geht bankrott.

Im Fragebogen der amerikanischen Militärregierung 1946, gibt Hermlin an, er habe von 1930 bis 1932 das Steglitzer Gymnasium besucht und 1933 am Prinz-Heinrich-Gymnasium zu Berlin das Abitur abgelegt. Schon rein rechnerisch ist das unmöglich. Aufgrund seiner schulischen "Ehrenrunde" in der Quarta zu Chemnitz wäre er frühestens 1935 zum Abitur zugelassen worden, usw. usw. Unglaublich!

Welcher Rotbart des 12. Jahrhunderts droht mit Wiederkehr? Heute Barbarossa-Straße, damals Rudolph-Harlaßstraße, die zum Gerhardt-Hauptmann-Platz führt.

Wer war Helmut Just, der der Hartmannstraße den Namen nahm?

Goyim oder Gojim: Im Jiddisch Nichtjuden



im Kapitel "Helmut"

Wer ist Leon Leder?








wir

Der Betreiber der Webseite ist 1992 bis 2010 Richter und Staatsanwalt am Landgericht Chemnitz auf der Hohen Straße
Das Buch von Patricia Holland-Moritz vertieft seine Einblicke und die Sympathie für die Kaßbergener, danke!
Besonders interessant waren seine 62 Verfahren gegen Kollegen aus der DDR wegen Rechtsbeugung.
In Kleinolbersdorf hat sich der Richter ein Holzhaus gebaut, seine 2. Frau ist 1969 in Harthau, eine Tochter 1997 in Chemnitz geboren ...

Der Bau (Knast) stand (steht) hinter dem Landgericht. 1992 fanden wir "Wessis" im Keller des Gerichts in den Stasi-Verhörräumen das "Saunabuch", wo sich die Stasi-Leute mit Datum, Uhrzeit (auf die Minute genau) und Dienstgrad eintragen mussten.
Im Bau wurden die "Freigekauften" aus der ganzen DDR gesammelt und beim Menschenhandel mit Westbussen hinausbefördert. Freigekauft hat der Westen nur ab 2 Jahre aufwärts - ob das die DDR-Richter wussten und entsprechend höhere Strafen verhängten, haben wir nie rausgekriegt ...
Ein spektakulärer Fluchtversuch aus dem Bau - die Öffentlichkeit hat davon nichts erfahren - hat sich 1993 zugetragen: Zwei Schwerverbrecher bemächtigten sich eines Aufsehers und dessen Waffe, stiegen aufs Dach und drohten, falls man sie nicht freilasse, mit Tötung des Beamten durch Absturz in die Tiefe. Der Polizeipsyschologe beruhigte sie und gewann Zeit, das SEK flog mit einem Helikopter frontal auf die am Dachrand stehenden Täter zu, die sich erschrocken duckten und rückwärts auswichen, Polizisten überraschten sie von hinten: Festnahme.





Patricia Holland Moritz live:




WELT 9.2.2008:

Aschenputtel Chemnitz

Vieles im ehemaligen "deutschen Manchester" ist seit 1933 untergegangen. Aber der Geist des alten Kaßberg-Viertels kehrt zurück
Unter den drei großen Städten des einstigen Königreichs und nunmehrigen Freistaates Sachsen spielte Chemnitz immerfort die Rolle des Aschenputtels. Das hatte mit der vergleichsweisen historischen Unerheblichkeit zu tun und mit der geopolitischen Lage, unmittelbar am Eingang des Erzgebirges, das, seit der mittelalterliche Silberbergbau zum Erliegen und der darauf basierende Wohlstand abhanden gekommen waren, über Jahrhunderte zur Armeleute-landschaft herabsank, mit einer auffälligen Neigung zur religiösen Sektenbildung. Der ökonomische Aufstieg von Chemnitz begann im späten 19. Jahrhundert, durch eine bald prosperierende Textil- und Maschinenbauindustrie, ein Großteil aller deutschen Lokomotiven wurden hier hergestellt, man nannte die Stadt "deutsches Manchester" oder "Rußchemnitz", was erschöpfende Auskunft erteilt über ihre Funktionalität wie auch über ihre Ästhetik.
Die Industrialisierung schuf ein Proletariat von beträchtlicher Kopfzahl und mehrheitlich radikaler Gesinnung. Fritz Heckert, führendes Mitglied des Spartakusbundes und, später, der KPD, stammte aus Chemnitz. Dies alles konnte nicht verhindern, dass Adolf Hitler, als er deutscher Reichskanzler war, seine erste Ehrenbürgerschaft in Chemnitz erhielt: Die Stadt habe keinen Charakter, hieß es bei Beobachtern, und dies verstehe sich in einem durchaus umfassenden Sinn.
Übertreibung? Realismus? 1945, als die braune Herrschaft vorüber war und alliierte Bombardements ein zu mehr als drei Vierteln zerstörtes Weichbild hinterlassen hatten, schlug das Pendel des politischen Opportunismus zurück und erbrachte neben einer Bautätigkeit, die das einstige Gesicht bis zur Unwiederbringlichkeit entstellte, noch einen neuen Namen, Karl-Marx-Stadt, mitsamt eines entsprechenden Denkmals, wiewohl doch der Gründervater des wissenschaftlichen Sozialismus niemals einen Fuß hierher gesetzt hatte.
Zu solchen düster eingefärbten zivilisatorischen Hintergründen will es wenig stimmen, dass die Stadt Chemnitz eine erstaunlich große Anzahl von einflussreichen Intellektuellen hervorgebracht hat: den Maler Karl Schmidt-Rottluff und die DDR-dissidente Bildkünstlergruppe Clara Mosch, die Publizisten Peter von Zahn und Alexander Gauland, Literaten wie Stefan Heym, Stephan Hermlin, Irmtraud Morgner, Kerstin Hensel und Barbara Köhler.

Auch Walter Janka, Verlagsleiter in Mexiko wie in Ost-Berlin, politischer Häftling unter zwei deutschen Diktaturen und gegen Ende seines Lebens ein viel gelesener Autor, stammte aus Chemnitz.
In seinen Memoiren erinnert er sich dankbar der Humboldt-Schule, das war die erste weltliche Lehranstalt Sachsens, in der es keine Prügelstrafe und keinen Religionsunterricht gab, und er erinnert sich des damaligen Bürgermeisters, eines Austromarxisten, der ihm wie andere Arbeiterkindern zu einer Bildungsreise nach Österreich verhalf. Alles dies muss das herkömmliche Bild von einer Stadt, gemacht aus Industriedreck und feiger Anpassung, erheblich irritieren.
Für die auffällige Massierung von Kunstsinn in Chemnitz existiert eine zentrale Adresse. Sie trägt den Namen Kaßberg. Nicht alle in der Stadt beheimateten Künstler lassen sich auf jenen Stadtteil beziehen, aber sie werden durch ihn begreiflich. Er hat den furchtbaren Luftangriff vom 5. März 1945 leidlich überstanden, mit partiellen Schäden, doch die stadtgeographischen Strukturen blieben erhalten und weiterhin erkennbar. Das Viertel mit seinem etymologisch schwer erklärbaren Namen, westlich der Altstadt gelegen, am linken Ufer des Chemnitzflusses, war Bierkeller und Verteidigungsschanze, ehe im 19. Jahrhundert seine eigentliche Siedlungsgeschichte begann. Sie folgte einer überwiegend am rechteckigen Straßenraster US-amerikanischer Großstädte orientierten Planung, mit einigen zentralen Verkehrsadern, manche Straßennamen erinnerten an Personal und Ereignisse des deutsch-französischen Krieges von 1870/71. Es gab ein deutliches Sozialgefälle der Einwohnerschaft in der Richtung von Süd nach Nord, äußerlich ablesbar an der Qualität der entstandenen Architekturen. Die Häuser südlich der Weststraße waren die eleganteren. Hier lebte ein Gutteil der Chemnitzer Bourgeoisie.
Ihr gehörten zahlreiche jüdische Familien an, Fabrikanten wie Goeritz, Kupferberg, Fürstenberg und Ladewig. Jüdisches Leben in Chemnitz war auf den Kaßberg konzentriert, hier befindet sich der jüdische Friedhof, und hier, am Stephansplatz, stand die 1898 geweihte, im maurischen Stil errichtete Synagoge. Sie verfügte über eine Orgel, war also Tempel einer Reformgemeinde, im Synagogalchor sangen auch Nichtjuden. Das Gebäude wurde am 9. November 1939 niedergebrannt und fortgeräumt. Der Sitz der Chemnitzer Gestapo befand sich nahebei.



Das schreibt die Leipziger Volkszeitung:

Von Karl-Marx-Stadt nach Chemnitz:
Der Roman „Kaßbergen“ zeigt Zeitgeist und Lücken


Der Kaßberg war bis 1945 das Chemnitzer Stadtviertel der besseren Schichten - und ist heute wieder das beliebteste Wohngebiet. Karl-Marx-Stadt hat vor 30 Jahren den übergestülpten Namen wieder abgelegt. Marx hat die Stadt nie betreten.
Beim weiteren Lesen kommt die Ahnung auf, Thema des Romans sei das arrangierte Überleben in einem Staat der Mangelwirtschaft, Zensur und Überwachung. Geschimpft wird viel, doch Ulrike weiß schon früh, was man nicht laut auf der Straße sagen darf. Gesoffen wird auch viel, doch die geballte Faust bleibt in der Hosentasche stecken. Auch Gonzo, der Punker vom Gerhart-Hauptmann-Platz, Ulrikes einziger Freund, aber nicht Geliebter, ist kein Oppositioneller. Dennoch hat ihn die Stasi verhaftet, nachdem ein sowjetischer Denkmal-Panzer gesprengt wurde.
Er kommt frei, aus dem angeblich nicht existenten dritten Ausgang des Gefängnisses auf dem Kaßberg. Der erste führt nach Bautzen, der zweite über Anwalt Vogel in den Westen. Wer den dritten nimmt, ist nun wahrscheinlich „andersrum“, wurde also als Informant angeworben.
Mit etwas Fantasie kann man hinter dem schwulen Kunstsammler Johann „Schong“ Müller-Rabenstein den tatsächlichen Georg „Schorsch“ Brühl vermuten. Wer in der bis heute an Schriftstellern so armen Großstadt dieser Autor Ronald Schaarschmidt sein soll und wer die Künstlergruppe Kljutsch, benötigt noch mehr Vorstellungskraft. Es ist eben Belletristik.
Wer woanders herkommt, weiß mit Begriffen wie Timurhilfe, Natoplane und Scheuerhader vielleicht nichts anzufangen. Sie schaffen Kolorit, so wie Clogs und Nietenhose dem Zeitgeist der 70er entsprechen. Aber auffällig sind handwerkliche Mankos.
Der eingangs trotz seiner Schrullen so liebevoll beschriebene Großvater ist plötzlich tot, wie man nachträglich erfährt. Zwischen der Einschulung der Erzählerin und ihrer Jugend klafft eine unerklärte Lücke. Die schluckt sogar die Mutter, die nach der Scheidung einen Wessi heiraten will, über fast 200 Seiten verschwindet, dann doch wieder nur zwei Straßen weiter wohnt, ihren Geliebten ab und zu in Karlsbad trifft.
Auch die Namensfindung Kaßbergen ist fragwürdig, werden doch alle anderen Ortsnamen und Straßen korrekt benannt, bei Komposita wie Kaßbergauffahrt funktioniert es dann schon nicht mehr.
Am Ende bleibt ein Gefühl des Nichterzählten. Auf die historischen Ausflüge hätte man verzichten können zugunsten einer dichteren jüngsten Vergangenheit – und eines Ausblicks.



Hier stellt Patrica Holland Moritz psychologisch tiefsinnige Betrachtungen darüber an, wie ein Mensch zum Täter wird.
Der Krimi handelt von den Eberswalder Knabenmorden, die Hagedorn 1969 und 1971 begeht. Aufgrund des unermüdlichen Einsatzes des Gerichtspsychiaters Hans Szewczyk (1923-1994), dem medizinischen Direktor der Nervenklinik an der Charité Berlin, der Täterprofile in die Ermittlung einführt und die Voraussetzung für die heutige Prävention und Technik des Profilings schuf, findet die Kripo den Täter. Dabei muss der Forensiker sich gegen das dogmatische System der DDR durchsetzen, dessen Ideologie (Bürger als sozialistische Persönlichkeit) die individuelle Erstellung eines Täterprofils unter Berücksichtigung der sozialen Herkunft des Täters geradezu verbietet. Dementsprechend behindert der Staat die Mitarbeit von Szewczyk immer wieder.
Holland Moritz schildert professionell die Taten und politischen Verwicklungen. In Mini-Details lässt sie die Atmosphäre der DDR aufleben und Figuren lebendig werden, mit all deren ideologischen, wissenschaftlichen und menschlichen Grenzen: Geschichte der Täter- und Tatortanalysen in den DDR-70ern.




Kaßbergen-Gipfel



Kapellenberg - 334 m

Wirklich gebirgig ist die Stadt Chemnitz nicht, obwohl eine Reihe von Stadtteilen die Endung -berg im Namen führen. Auf dem Kapellenberg steht die Esche-Fabrik, deren ehemaliger Besitzer zum Bebauungsboom dort beitrug, als den Chemnitzer Superreichen wie Strumpfkönig Eugen Esche (1845-1902) der Kaßberg zu schäbig wurde. Nach welcher Kapelle der Berg heißt, weiß man nicht, solche Kapellen errichtete man früher etwa auch an Unglücksstätten.



Die Nikolaikirche war es eher nicht.

Kaßberg - 333 m

Der Poelzig-Bau an der Ulmenstrasse. Hinter diesem Bereich geht es zum höchsten Punkt des Kaßbergs (Karee Hoffmann- Agricola- Ulmen- Puschkinstraße).



Seine starke Bebauung begann etwa 1850 im Zuge der Industrialisierung ab 1850. Der Name könnte mit 'Katzen' zusammenhängen oder auch eine militärische Bezeichnung gewesen sein.

Sonnenberg - 346 m

Hier steigt er mit etwa 60 Meter Höhenanstieg von der Augustusburger Straße zur Zietenstraße auf und ist damit einer der größeren Stadtteil-Hügel. Heißt er so, weil er im Osten der Stadt liegt und hier die Sonne aufgeht? Könnte sein. Eher spricht aber dafür, dass er sich auf den 1761 gegründeten Gasthof 'Zur goldenen Sonne' bezieht



Schlossberg 315 m

1466 spricht Abt Caspar von Meckau von 'unserm kloster am Rotenberge'. Damit bezieht er sich wahrscheinlich auf den Untergrund aus rotem Porphyrtuff. Im 16. Jahrhundert, im Zug der Reformation wandelt sich das Kloster in ein Schloss - und der Name vom Rotenberg zum Schlossberg.

Adelsberg 508 m

In grauer Vorzeit gibt es auf dem Adelsberg eine Siedlung, benannt nach einer Person mit einem Rufnamen, dessen Erstglied Adal lautete, vielleicht Adalwald, Adalwolf ... Den Namen des vor 1500 aufgegebenen Dorfes führt der Berg bis heute fort.



Das Stadtzentrum, Luftbild aus südlicher Perspektive. Die inneren Stadtteil-Hügel liegen nicht sehr viel höher als das Herz von Chemnitz. Mit Ausnahme des Adelsbergs sind sie nur Hügel. Der Markt im Zentrum ist ihnen mit 297 m dicht auf den Fersen.

Und der höchste Stadtgebiet-Gipfel liegt ohnehin im südlichsten Süden: die Klaffenbacher Höhe, 523 m.





Januar 2022 veröffentlicht die Zeitung "Kaßbergen" als Fortsetzungsroman -
und Patricia schreibt uns:
Lieber Christian,
seit Kaßbergen erschienen ist, ist mir nur Wunderbares widerfahren. Allein die Leserbriefe, nun der Fortsetzungsroman. Aber was Du mit der Website für mein Buch geleistet hast, erfüllt mich mit unbeschreiblichem Stolz, mit Glück und wirklich großer Freude.
Wie kann ich Dir nur danken? Womit hab ich das verdient....
Einfach nur beglückend, wie Du jedes Detail aus dem Buch geklaubt und und mich (und Ulrike und die anderen Verrückten) wirklich verstanden hast.
Sehr herzlich,
Patricia