Den Nazis Vorschub geleistet?
Kronprinz Wilhelm von Hohenzollern 1882 - 1951



Mussolini-Fan und Hitler-Verehrer

Im Oktober 2020 fordert Eva Schlotheuer, Vorsitzende des Deutschen Historikerverbandes, die Familie Hohenzollern auf, ihre aggressiven Angriffe auf Historiker, Journalisten und Blogger zu beenden. Hintergrund: Im Rechtsstreit zwischen dem ehemaligen Herrscherhaus und dem Land Brandenburg geht es um 1,2 Millionen €, die es als Entschädigung für Immobilien erhalten möchte, welche die Sowjets 1945 enteignet haben. Weil das Land dieses Ansinnen mit der Begründung ablehnt, "das Haus Hohenzollern habe den Nazis Vorschub geleistet", erheben die Kaiserkinder Klage beim Verwaltungsgericht Potsdam (ich möchte dort kein Richter sein!).
Schlotheuer führt aus, der Anwalt der Kläger versuche mit Hilfe von Falschaussage-Vorwürfen ein Klima der Angst unter Historikern zu schaffen. Da die Wissenschaftsfreiheit geschützt sei, versuche dieser über den juristischen Wahrheitsbegriff kritische Stimmen zu diskreditieren. Er ziehe sich dabei häufig an Formulierungsdetails hoch: Bereits der Begriff "Ausstellungsstücke" für die in staatlichen Museen gezeigten "Leihgaben" der Hohenzollern führe ihn zum Vorwurf der Falschaussage. (Wie kommt ein Volljurist auf sowas?)
Die Professorin: Es müsse möglich sein, konträre Meinungen zu verhandeln, wenn es um die Rolle der Hohenzollerfamilie vor und in der Nazizeit gehe. Es sei der richtige Zeitpunkt für eine öffentliche Debatte.

Danke Jan! Böhmermanns Website: Gutachten

Vorgeschichte:



Friedrich Wilhelm Victor August Ernst (traurig: ich hab' nur 3 Vornamen - bin natürlich auch kein Prinz ...), Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen, * Potsdam † Hechingen.
Wilhelm, erster Sohn des preußischen Prinzen Friedrich Wilhelm, der im Dreikaiserjahr 1888 als Wilhelm II. deutscher Kaiser wird (leider - wir hatten schon bessere!), und der

Auguste Viktoria von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, Herzogin zu Mecklenburg
(fast hätte die Zeile nicht gereicht! Warum nur haben wir Deutschen es nicht geschafft, den Adel abzuschaffen - wie die Österreicher?) verbringt die Schulzeit im Plöner Prinzenhaus. Er studiert dann 1901 bis 1903 an der Universität Bonn Staats- und Verwaltungsrecht sowie Jura und wohnt in der für das Studium der 6 Kaisersöhne eigens (natürlich standesgmäß) gekauften Kronprinzenvilla, wird - wie sein Vater - Mitglied des Corps Borussia (kein linker Verein mehr wie in den 1820ern! Aber pflichtschlagend - für die Körperverletzungen haben sie den Namen "Schmiss" erfunden - Erkennungszeichen von nah und fern fürs Vitamin B ...)



1905 hieratet er in der Schlosskapelle des Berliner Stadtschlosses Cecilie die Herzogin zu Mecklenburg. Kronprinz Wilhelm ist immer - ander als sein Vater - ein vorzüglicher Reiter, der viele Reitwettbewerbe bestreitet. Cecilie: „Viele Remonten hat er selbst eingeritten. Seine Begeisterung ging so weit, dass er einmal, trotz ausdrücklichen kaiserlichen Verbots, ein öffentliches Rennen im Berlin-Potsdamer Reiterverein mitritt.“
Ab 1911 wohnt er als Kommandeur des Leib-Husaren-Regiment Nr. 1 in Danzig mit seiner Familie in der Villa Seehaus in Zoppot. Im 1. Weltkrieg kommandiert er formal machtlos (direkter Befehl seines Vaters: „Ich habe Dir das Oberkommando der 5. Armee anvertraut. Du bekommst Generalleutnant Schmidt v. Knobelsdorf als Chef des Generalstabes. Was er Dir rät, musst Du tun.“) die 5. Armee, unter anderem in der Schlacht um Verdun.

Die tatsächliche operative Führung lag indessen bei General Konstantin Schmidt von Knobelsdorf, danach General Walther Freiherr von Lüttwitz.
Im sich 1917 zuspitzenden Machtkampf zwischen der Obersten Heeresleitung (Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff) und der Reichsregierung, die sich, zunächst mit der Rückendeckung des Kaisers, um eine Mäßigung in der deutschen Kriegszielpolitik bemüht und nach Ansicht ihrer Gegner einem Verständigungsfrieden zuneigt, nimmt Kronprinz Wilhelm sehr entschieden Partei für die Militärführung und schwächt durch vehemente Äußerungen und interne Kritik die Stellung der zivilen Berater seines Vaters. Den Rücktritt des Reichskanzlers Theobald von Bethmann Hollweg bezeichnet er als den „schönsten Tag seines Lebens“. Auch zum Sturz des Leiters des Kaiserlichen Zivilkabinetts, Rudolf von Valentini, 1918 von den Militärs aus dem Amt gedrängt, trägt er durch druckvolles Auftreten bei. All dies schwächt die politische Position Kaiser Wilhelms II., der seinen Einfluss auf die Regierungsgeschäfte verliert und die Kontrolle der Geschicke Deutschlands vollends der Heeresleitung überlässt.



Während der Novemberrevolution 1918 meutert Wilhelms Bedeckungstruppe bei der 5. Armee. Seine Generäle bestärken ihn, nicht seinem Vater ins Exil zu folgen. Der Rat der Volksbeauftragten lehnt sein Gesuch, die Heeresgruppe geordnet in die Heimat zurückführen ab und enthebt ihn seiner militärischen Stellung. Wilhelm folgt dem Vater ins niederländische Exil. Von der niederländischen Regierung auf der Insel Wieringen in einem ehemaligen Pfarrhaus untergebracht, darf er die Insel nur zu Besuchen der Eltern in Doorn verlassen.



Wilhelm steht auf der Liste von 895 echten und vermeintlichen Kriegsverbrechern, deren Auslieferung die Siegermächte des Ersten Weltkriegs im Friedensvertrag von Versailles verlangen. Das Deutsche Reich kommt der Forderung nicht nach, 1920 erklären die Siegermächte, sich mit einer Aburteilung vor einem deutschen Gericht zu begnügen. Aber auch dazu kommt es nicht. Ende 1923 kehrt Wilhelm unter Mitwirkung Reichskanzlers Gustav Stresemann nach Deutschland zurück.
Der Staat Preußen behält 75 Schlösser, die Hohenzollern bekommen 39 Gebäude und etliche landwirtschaftliche Güter zurück, darunter den Cecilienhof in Potsdam, wo Wilhelm seinen Hauptwohnsitz nimmt. Die Eheleute, Eltern von 6 Kindern, entfremden sich während der 1920er endgültig; Wilhelm hat neben seiner Ehe viele Liebschaften, Cecilie gerät aus Kummer an den Alkohol. Wilhelm 1928 an seinen Vater aus Rom: „Sozialismus, Kommunismus, Demokratie und Freimaurerei sind ausgerottet, und zwar mit Stumpf und Stiel; eine geniale Brutalität hat dies zuwege gebracht.“ Der italienische Faschismus sei eine fabelhafte Einrichtung. 1930 tritt Wilhelm dem Stahlhelm bei.



Wilhelm und Cecilie 1934 mit Enkelin

Auf die Verständigungspolitik Stresemanns gegenüber Frankreich und den Beitritt des Deutschen Reichs zum Völkerbund reagiert Wilhelm enttäuscht. Beim Sturz der letzten parlamentarischen Regierung der Weimarer Republik arbeitet Wilhelm mit Freund Kurt von Schleicher und Graf von der Schulenburg hinter den Kulissen aktiv mit. 1932 lädt Wilhelm Hitler auf Schloss Cecilienhof, um eine Machtteilung zwischen ihm als Präsidenten und Hitler als Kanzler zu erörtern. Hitler stimmt dem Plan zu, jedoch scheitert er am Einspruch von Wilhelm II.:
Wenn Du diesen Posten übernimmst, so musst Du den Eid auf die Republik schwören. Tust Du das und hältst ihn, so bist Du für mich erledigt. Ich enterbe Dich und schließe Dich aus meinem Hause aus. Schwörst Du nur, um den Eid bei Gelegenheit zu brechen, so wirst Du meineidig, bist kein Gentleman mehr und für mich auch erledigt. Hohenzollern brechen ihren Eid nicht. Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, dass die Hohenzollern über den republikanischen, roten Ebertschen Präsidentenstuhl wieder zur Macht gelangen.

Hitler und Wilhelm 1933

Hitler macht sich Wilhelm geschickt zu Nutze. Bereits 1926 versichert Hitler Wilhelm, allein die Wiederherstellung der Monarchie und der Herrschaft des Hauses Hohenzollern zu verfolgen. 1931 protestiert Wilhelm gegen das Uniformverbot, das die Regierung Brüning gegen die SA erlässt. Bei der Reichspräsidentenwahl 1932 unterstützt Wilhelm die Kandidatur Hitlers, protestiert gegen das Verbot von SA und SS:
"Ich kann diesen Erlass nur als schweren Fehler bezeichnen. Es ist mir auch unverständlich, wie Sie als Reichswehrminister das wunderbare Menschenmaterial, das in der SA und SS vereinigt ist (!!) und das dort eine wertvolle Erziehung genießt, zerschlagen helfen."
Im Januar 1933 setzt sich Wilhelm bei Hindenburg für die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler ein und zeigt seine Freude über die Kanzlerschaft Hitlers, äußert die Erwartung, dass dieser Mann für Deutschland schaffen könnte, was Mussolini in Italien gelungen sei (der dem Land einen wirtschaftlichen Aufschwung beschert hat und seine Diktatur nominell unter dem Monarchen Viktor Emanuel III. ausübte). Im selben Jahr tritt er der Motor-SA bei, die im Folgejahr in das NS-Kraftfahrkorps (NSKK) übernommen wird.

Der ehemalige Kronprinz wirbt in der Folgezeit für das junge Regime und verteidigt es mit offenen Briefen gegenüber der Weltöffentlichkeit. An Geraldine Farrar schreibt er, die Juden hätten christliche Eliten vertrieben und seien verantwortlich für die Wirtschaftskrise. Dem ‚genialen Führer Adolf Hitler‘ müsse man die notwendige Zeit für ‚gewisse Aufräumarbeiten‘ lassen, sein Kampf gegen den Kommunismus werde ‚für die ganze Welt‘ geführt, die ihm noch danken werde. Gedankt wird ihm das von den Nationalsozialisten nicht.
Als 1936 ein privates Glückwunschtelegramm von Wilhelm von Preußen an den erfolgreichen Kriegsherrn Benito Mussolini durch die Weltpresse geht und als unerwünschte politische Stellungnahme zu einem Konflikt mit der NS-Führung führt, tritt Wilhelm aus dem NSKK aus, was aber seiner Unterstützung für Hitler keinen Abbruch tut. Nach der Eroberung der Niederlande und Belgiens gratuliert Wilhelm Hitler mit den Worten: "Gott schütze Sie und unser deutsches Vaterland!"
Wilhelm unterhält Verbindungen zum deutschen Widerstand, der nach einem erfolgreichen Putsch gegen Hitler ihn, den Kronprinzen oder seinen zweiten Sohn Louis Ferdinand als neuen Repräsentanten Deutschlands einsetzen wollte. Dem Staatsstreich vom 20. Juli entzieht er sich aber und weist auch Louis Ferdinand an, sich davon fernzuhalten. Eine saubere Familie ...



So titelt der "SPIEGEL"
Er schreibt: Ein dunkelgrün gestrichenes Wohnzimmer im ersten Stock der Burg Hohenzollern oberhalb von Hechingen. Kaiser Wilhelm II. blickt ernst aus einem Ölporträt herab. Ein elektrischer Kronleuchter hängt über dem runden Tisch mit den Medaillonstühlen, auf der weißen Tischdecke liegt eine schmale Akte.
Ihr Hausarchiv stehe kritischen Forschern offen, hatten die Hohenzollern im Sommer erklärt. Allerdings kann der Besucher nicht selbst recherchieren, sondern muss hoffen, dass die Hohenzollern alle relevanten Dokumente vorlegen. Selbst wenn es für die ehemals kaiserliche Familie unerfreulich wird - wie in dieser Akte.

Darin geht es um ein düsteres Kapitel der wohl wichtigsten Familie der preußisch-deutschen Geschichte. Es spielt im Zweiten Weltkrieg, 1940/41.

Auf der einen Seite: die Unternehmerfamilie Wolf, von den Nazis als jüdisch eingestuft. Auf der anderen: Ex-Kaiser Wilhelm II. Professorin Cornelia Rauh und ihr Kollege Andreas Dornheim stoßen unabhängig voneinander auf den Fall Wolf, eine Familie aus Stuttgart-Untertürkheim. Der weltweit agierende »Wolf & Söhne-Konzern« verwertet Abfälle aus der Textilproduktion. Nach Hitlers Einzug in die Reichskanzlei 1933 beginnen die Schikanen. Anonyme Drohungen, SA-Herden ziehen grölend am Haus des Konzernchefs vorbei. 1934 forcieren die Nazis die Arisierung jüdischen Besitzes. 1938 scheiden die Wolfs aus dem Aufsichtsrat der Sapt-AG, Schlüsselbetrieb für die Baumwollversorgung der Textilindustrie, in der sie die Mehrheit der Aktien halten, aus dem Aufsichtsrat aus. Im Sommer 1940 kreuzen sich die Wege der Familien Wolf und Hohenzollern. Für knapp 1,6 Mill. Schweizer Franken gehen die Aktien zunächst an die Schweizerische Bankgesellschaft, die 4 Tage später die Wertpapiere für einen leicht höheren Preis an die »Iduna Aktiengesellschaft für Handel und Industrie« in Zürich weiterverkauft. Die lduna zählt zum Auslandsvermögen von Wilhelm II., für den sich die Arisierung als lukratives Geschäft erweist. Der Wert cler Aktien begträgt das 6- bis 8fache des Kaufpreises - was die Hohenzollern bestreiten. Nach Kriegsende kehrt Familie Wolf zurück und verlangt Herausgabe ihres Eigentums.
Kronprinz Wilhelm hat Wilhelm II. beerbt, nach seinem Tod 1951 übernimmt Louis Ferdinand Prinz von Preußen die Leitung der Familie. Man behauptet, die Wolfs seien nicht »durch irgendwelchen Druck des Naziregimes« zum Verkauf gezwungen worden, sondern hätten Aktien abgegeben, weil es unter den damaligen Verhältnissen ein reizvolles Geschäft gewesen sei. »Das Haus Brandenburg-Preußen ist mit den Aktien durch alle Tiefen gegangen und erhebt mit Recht Anspruch darauf, auch die Höhen für sich zu haben«. Die Hohenzollern seien die wahren Opfer: Sie hätten »an den Folgen der nationalsozialistischen Herrschaft erheblich bedeutendere Verluste erlitten« als die Wolfs. Es kommt zum Vergleich, die Arisierungsgeschäfte werden rückabgewickelt. Kann man die Teilnahme an den Arisierungen als bedeutenden Versuch werten, das NS-Regime zu unterstützen?
Siehe Preußen.de

Nach Kriegsende nehmen marokkanischen Truppen den Kronprinzen in Vorarlberg gefangen und inhaftieren ihn auf Befehl des französischen Generals Jean de Lattre de Tassigny für drei Wochen in Lindau. Laut Aussage seiner Frau kommt er aus dieser Gefangenschaft als gebrochener Mann zurück. Anschließend stellt man ihn in Hechingen mehrere Jahre unter Arrest, wo er bis Oktober 1945 auf der für Wohnzwecke kaum geeigneten Burg Hohenzollern lebt.

Im selben Jahr enteignet die sowjetische Besatzungsmacht die Familie Hohenzollern entschädigungslos. Im Cecilienhof teilen die Siegermächte auf der Potsdamer Konferenz das Deutsche Reich in Besatzungszonen auf.
Wilhelm, starker Raucher, stirbt 1951 an Herzinfarkt.



Hat der Kronprinz durch sein politisches Wirken in den 1920ern und 1930ern der Etablierung und Festigung des NS-Regimes in erheblichem Umfang Vorschub geleistet? Opfer von Enteignung und Ansprüchen auf Lastenausgleich verwirken gemäß der Ausnahmeklausel ihren Anspruch auf Lastenausgleich, wenn sie durch ihr Handeln der Etablierung der NS-Diktatur in erheblichem Umfang Vorschub geleistet haben.

Aufgrund von Anträgen des Sohnes des Kronprinzen, Louis Ferdinand von Preußen, sowie seines Urenkels, Georg Prinz von Preußen, auf Lastenausgleichsleistung für enteigneten Familienbesitz untersuchen fachwissenschaftliche Gutachten und Aufsätze die Frage, welche Rolle der Kronprinz in den 1920ern und 1930ern Jahren gespielt hat. Die Ergebnisse - wie könnte es anders sein?! - widersprechen einander deutlich.

Ladet Euch die Gutachten runter - bevor irgendein abwegiges Gericht sie einzieht!



Wir sind gespannt auf das Urteil - wenn es denn eines geben sollte: Die Parteien - hier

Georg Friedrich Prinz von Preußen

haben im August 2020 ein Ruhen des Verfahrens für 1 Jahr vereinbart!