Skyros - Rupert Brooke

Die griechische Insel Skyros ist nicht nur durch seine Ponys, Pardon, Kleinpferde (seine Bewohner betonen, dass das Skyros-Pony ein Kleinpferd und kein Pony ist) bekannt: Seine Proportionen sind tatsächlich die eines Pferdes, aber es wird nicht größer als 1,20 m.

Die europäischen Völker lernen viel - bis heute - von den Griechen. Nur leistungsstarke Pferde können sie auf dem kargen Boden Griechenlands nicht züchten. Bereits zu Zeiten Xenophons, des Schrifstellers (und auch Verfassers einer Reitlehre), klagen die Griechen, dass sie ihre Pferde im Ausland beschaffen müssen, weil wegen des trockenen Bodens nur rustikale, kleine Ponys wachsen. Sie kreuzen das orientalische Ferghana ein, das dem Pony Feinheit und feuriges Temperament verlieh.

Skyros aber ist auch die Insel, vor der Rupert Brooke, berühmter englischer Dichter, 1915 bei einem Fronteinsatz als Marineoffizier auf einem franzöischen Lazarettschiff an Blutvergiftung stirbt, in der Bucht O. Tristomo wird er beerdigt.
Brooke, geboren 1887 in Rugby/Warwickshire, studiert in Cambridge. Sein erster Gedichtband "Poems" kommt 1911 heraus.

Sein Aussehen - William Butler Yeats nannte ihn "den schönsten Mann Englands" - und die Eleganz seiner Gedichte trugen erheblich zur Mythenbildung um den früh verstorbenen "goldhaarigen jungen Apoll" bei.

The Soldier

If I should die, think only this of me:
That there's some corner of a foreign field
That is for ever England. There shall be
In that rich earth a richer dust concealed;
A dust whom England bore, shaped, made aware,
Gave, once, her flowers to love, her ways to roam,
A body of England's, breathing English air,
Washed by the rivers, blest by suns of home.

And think, this heart, all evil shed away,
A pulse in the eternal mind, no less
Gives somewhere back the thoughts by England given;
Her sights and sounds; dreams happy as her day;
And laughter, learnt of friends; and gentleness,
In hearts at peace, under an English heaven.





Die Nacktheit des Denkmals von Brooke auf Skyros missfällt der Geistlichkeit:
Während der Gottesdienste in der benachbarten Kirche und
an wichtigen religiösen Feiertagen lässt sie seine Blöße verhüllen ...



Der Soldat

Du sollst nur daran denken, wenn ich sterbe:
Dass jener Winkel auf dem fremden Feld
für immer englisch ist. Es wär mein Erbe,
dass diese Erde reichen Staub enthält.
Ein Staub, den England einst gebar und weckte,
dass er den Weg geht und dem Glück begegnet,
wo sich der Himmel über England streckte,
getauft von Flüssen und vom Licht gesegnet.

Und denk: Dies Herz warf alles böse ab;
Impuls des Ewigen, um nichts geringer
ist, was es gab, als das, was England gab;
Ein Traum, den man aus guten Tagen kennt,
Der Freunde Lachen und die sanften Finger,
und Herzen unterm Heimatfirmament.

Nachtrag 1:
1911 verbringt Brooke drei Monate in München, wo er Bekanntschaft mit dem Kreis um Stefan George schließt. Nach seiner Rückkehr beschäftigt er sich vor allem mit seiner Dissertation über John Webster, die ihm eine Professur am King’s College einbringen soll.
Silvester wollte er mit mehreren Freunden in Dorset verbringen. Als ihm seine Freundin anvertraut, dass sie sich in einen Maler verliebt hat, erleidet er einen Nervenzusammenbruch.
Man schickt ihn nach Cannes, wo er zunehmen und sich von seinem „Wahnsinn“, wie er ihn selbst bezeichnet, kurieren soll. In seiner ohnehin instabilen Gemütslage erreichen ihn Nachrichten aus Cambridge, dass die Professur an einen anderen gegangen ist. Seine Eifersucht und sexuelle Verwirrung steigert sich, Brooke kehrt nach England zurück, wird langsam paranoid, seine Abneigungen gegen „Schmutz“ und das Altern nahmen zu – sein Verhalten pendelt zwischen dem eines enttäuschten Kindes und eines überheblichen Egozentrikers.



Die düstere Seite des Rupert Brook

Hatten die Popen von Skyros eine Ahnung?
War der als der ultimativ romantisch gefeierte Poet in Wirklichkeit ein bösartiger Sadist, der alle Frauen für "Biester" hielt?
Grantchester Meadows hatte so etwas sicherlich noch nie gesehen, besonders in der eher konservativen Zeit der Edwardianer. Das junge Paar, das nackt aus Byrons Pool auf den Feldern außerhalb von Cambridge auftauchte, tanzte im Sommersonnenschein, mit ihren glitzernden Körpern jagten sie sich über das sonnendurchflutete Gras.
Er: Brillanter Dichter und Gelehrter mit einem Verehrerkreis, die Welt liegt ihm zu Füßen. Sie: Phyllis Gardner, Bohème-Künstlerin und Suffragette, entschlossen, die strengen sozialen und sexuellen Regeln der konventionellen Gesellschaft und der Welt zu brechen, frei und einfach leben.
Dann, plötzlich, die die Szene verdunkelt sich. Brooke bringt Phyllis mit einem groben Rugby-Griff zu Fall, gelernt auf der Public-School, wo sein Vater Hausmeister war. Seine Hände schließen sich um ihre Kehle, der Dichter fängt an, sie zu erwürgen. "Angenommen," zischt er, "ich würde dich töten". Gefangen zwischen Todesangst und ‘a sort of heaven’ fragte sie, wie lange es dauern würde, bis er sie erwürgt hat. "Oh, zwei oder drei Minuten", antwortet er lässig, bevor er widerwillig seinen Griff lockert.
Phyllis war gerade eine glückliche Flucht gelungen. Denn Brooke – strahlender Star einer brillanten Generation an der Universität von Cambridge, wo Edwardians groß wurden, wie der Ökonom John Maynard Keynes, die Schriftsteller W. B. Yeats, Virginia Woolf und Lytton Strachey, und Politiker wie Winston Churchill und Premierminister Herbert Asquith - hatte eine ausgesprochen finstere Seite.

Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs hatten Brookes glänzendes Aussehen und die Handvoll patriotischer Gedichte, die er schrieb, darunter "Der Soldat" die Nation begeistert, und Tausende junger Männern dazu veranlasst, seinem Beispiel zu folgen und sich zur Armee zu melden.
Als Brooke vor 100 Jahren, im April 1915 starb, trauerte England um einen Helden, der einem Artusritter glich.
In der "Times" schreibt Churchill: ‘Joyous, fearless, versatile, deeply instructed with classic symmetry of mind and body, he was all that one would wish England’s noblest sons to be.’
Aber er war viel mehr als das. Brookes fieberhafte Briefe an seine Liebhaber und Freunde offenbaren einen gequälten Geist, der im krassen Gegensatz zu seinem griechischen Gott steht und eine nur scheinbar geradlinige Persönlichkeit, aus deren dunklen Tiefen kranker Hass auf Frauen, Antisemitismus und manchmal purer Wahnsinn aufsteigen.
Phyllis Gardners Memoiren, fast ein Jahrhundert lang verborgen, zeigen auf, wie nahe Brooke mit seiner Schauspielerei an seine sadistischen Fantasien kam.
Die Details ihrer seltsamen Begegnung am Flussufer liefert Phyllis aus eigener Hand. Der Bericht über ihre Affäre und und der Briefwechsel mit Brooke ging nach ihrem Tod an Brustkrebs 1939 an die British Library .

Sie blieben ungeöffnet und ungelesen bis 1998, als Ann Payn, die damalige Leiterin der Bibliothek, sie als "ohne Zweifel die aufregendsten Dokumente, die ich je veröffentlicht habe" beschrieb.
Die Bibliothek hat sie in "The Second I Saw You" veröffentlicht. Phyllis war von Brooke von dem Moment an besessen, als sie sich im November 1911 in der Teestube der King es Cross Station trafen. Sie teilten den gleichen Wagen nach Cambridge und sie skizzierte heimlich den Mann, den sie so beschrieb: ‘this strong and brilliant creature ... this rushing whirlwind ... the more I drew him, the better I liked him’.

Der naiven jungen Künstlerin, war Brooke – ein Serienverführer – unbekannt, er hatte gleichzeitig Verhältnisse mit einer sozialistischen Kollegin, Katherine 'Ka' Cox, einer jungen Frau namens Noel Olivier, Kusine des Schauspielers Laurence Olivier und Schülerin an der progressiven Bedales Schule in Hampshire.
Brooke liebte es, sein Leben bis zum Neujahr 1912 zu zerteilen, als ein paar Monate nach dem Treffen mit Phyllis sein Hauptinteresse Ka' Cox galt, und mit ziemlicher Sicherheit wusste keine seiner Freundinnen, dass er auch mindestens eine leidenschaftliche körperliche schwule Affäre mit einem jüngeren Mann, einem Rugby-Schulkameraden namens Denham Russell-Smith in seinem Haus in Grantchester hatte.

1912 schrieb Brooke einen Brief an James Strachey – den jüngeren Sohn des Bloomsbury-Set-Stars, den Schriftsteller Lytton –, in dem er sexuell intim und detailliert schildert, wie er Russell-Smith verführte. Die Enthüllung trieb den wahnsinnig eifersüchtigen Brooke an den Rand des Wahnsinns, und alle seine lange unterdrückten Neurosen platzten ins Freie wie ein Strom von Abwasser aus einem Abfluss. Diesen offensichtlich gestörten Geisteszustand schien Phyllis nicht zu registrieren.
Sie beschreibt ihre nächste Begegnung nach diesem beunruhigenden Tag des Schwimmens: ‘There was a strange gripping of my heart’ (an improvement, surely, on the strange gripping of her throat). ‘And the feel of him made my blood run fire.’ On returning home, Phyllis appeared so dishevelled and distracted that her mother asked anxiously: ‘Has R. been making love to you then?’
Phyllis gab zu, dass er es hatte. "Und das war alles, was gesagt wurde."
Aber einige Ahnungen über Brookes Persönlichkeit fingen an, Phyllis' stumme Anbetung zu durchdringen. Als sie zu Fuß in London Baukräne passierten, äußerte er den Wunsch, ihre Lasten auf die Köpfe der Menschenmassen darunten fallen zu sehen.


Am Ende seiner Beziehung zu Phyllis Gardner trifft sich Brooke mit einer weiteren Geliebten, der irischen Schauspielerin Cathleen Nesbitt (die Jahre später 1986 mit Gene Hackman in dem Film "French Connection II" ein Star werden sollte).
Einmla schnappte sich Brooke, als Phyllis mit dem Schlüssel zu ihrem Liebesnest in einer geliehenen Wohnung in Londons Gray's Inn herumfummelte, den Schlüssel, sperrte auf und sagte, dass sie dies nicht könne, "weil du ein faules Weib bist", und fügte hinzu: "Alle Frauen sind Biester!"
In diesem Moment brach Phyllis Anbetung ihres Adonis zusammen. ‘My heart sank within me. Where was my castle in the air, where my visionary child?’
Im Mai 1913 beginnt Brooke eine Weltreise, die ihn zu den Südseeinseln führen sollte. Dort schwängerte er ein Mädchen namens Tattamata, das eine Tochter zur Welt brachte.

Als er zurückkam, warteten alle seine Geliebten auf ihn, aber in den kurzen Wochen vor Ausbruch des Krieges hatte er noch Zeit, sich ein weitere zu holen: Lady Eileen Wellesley, Tochter des Herzogs von Wellington.
Ein letztes Treffen hatte Phyllis Gardner in einem Charing Cross Café im November 1914 unter dem wachsamen Auge von Phyllis' Mutter Mary. Brooke wird Monate später in den Tod segeln - und Phyllis schreibt:
Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich ihn gern in meine Arme genommen und gesagt: „Armer Junge. Es tut mir so leid für dich". Es scheint, dass die vom dunklen, aber blendenden Rupert Betrogenen, halb erdrosselt und als Bestien entlassen, sich bis sich zu seinem Ende in seinem Bann befanden.